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Aktionsbericht: Der Katholikentag zeigte sich in Regensburg von seiner besseren Seite

Die folgenden Eindrücke von Felizitas Küble über den diesjährigen Katholikentag wurden in der jüngsten Ausgabe der Zeitschrift „Theologisches“ (Nr.5-6/2014) veröffentlicht:

Schon seit Jugendtagen ist mir der Katholikentag ein Begriff und ein praktisches Erlebnis: Meinen ersten Katholikentag erlebte ich als 17-jährige Schülerin gemeinsam mit meiner jüngeren Schwester Anne 1978 in Freiburg. Mir klingt heute noch das glaubensfrohe Lied „Sag Ja zu Jesus“ in den Ohren, das Inge Brück damals vor riesigen Teilnehmermassen gesungen hatte. 022_18A

Ab Anfang der 80er Jahre des vorigen Jahrhunderts wurde aus dem beschwingten Kirchenfestival zunehmend ein Tummelplatz „reformkatholischer“ Initiativen und linkslastiger Protestgruppen. Es war damals die „Hoch-Zeit“ der Grünen und „friedensbewegter“ Massendemonstrationen gegen den NATODoppelbeschluß, an dem Bundeskanzler Helmut Schmidt gegen den Widerstand des linken SPD-Flügels festhielt.

FOTO: Eröffnungsmesse des Katholikentags an Christi Himmelfahrt in Regensburg

Dieser auch in den Medien vorherrschende rot-grüne Trend färbte zunehmend auf Programm und Gestaltung des Katholikentags ab. Insofern war es wenig verwunderlich, daß unser Christoferuswerk sowie der KOMM-MIT-Verlag aus Münster in den 80er Jahren trotz mehrfacher Anmeldungen keinen Infostand erhielten.

Besser erging es freilich ultralinken Gruppierungen wie z.B. einer „Aktion gegen Berufsverbote“  –  gemeint war damit der sog. „Extremistenerlaß“, der vorsah, daß Staatsbeamte keiner links- oder rechtsextremen Partei angehören durften.

Der bekannte „Straßenprediger“ Pater Johannes Leppich SJ hatte sich damals bei der Katholikentagsleitung über diese offensichtliche Einseitigkeit bei der Auswahl der Gruppen für die Infostände beschwert. Plakat

Diese zeitgeistangepaßte Welle widersprach im Grunde auch dem Ursprung und der Tradition dieses einstigen „Bekenntnistages“: Den ersten Katholikentag gab es hierzulande bereits im Herbst 1848. Damals diente er neben seinem allgemeinen Charakter als Glaubenskundgebung gleichsam auch als Protestversammlung gegen die zunehmende Unterdrückung der katholischen Bevölkerung im preußischen Staat.

Während des 1. Weltkriegs und in der Zeit der kirchenfeindlichen NS-Diktatur konnten keine Katholikentage stattfinden, was wenig erstaunt.

Ende Mai dieses Jahres begann nun der 99. Deutsche Katholikentag in Regensburg, danach steht das Hunderter-Jubiläum vor der Tür – und zwar 2016 in Leipzig.

Daß der Katholikentag diesmal in der stark katholisch geprägten Donaustadt stattfand, geht auf eine Initiative des ehem. Oberhirten von Regensburg, Gerhard Kardinal Müller, zurück. (Der Glaubenspräfekt verzichtet wie kardinalsüblich seit Beginn seiner Kardinalwürde auf seinen Zweitnamen.)
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Natürlich wäre die Erwartung naiv, daß sich Regensburgs Bischof Dr. Rudolf Voderholzer (siehe Foto) beim Katholikentagsprogramm mit seinen Vorstellungen in allen Punkten hätte durchsetzen können.

Schließlich wird der Katholikentag im wesentlichen vom „Zentralkomitee der deutschen Katholiken“ (ZdK) organisiert, mit dem sich der neue Regensburger Oberhirte über strittige Fragen wohl oder übel einigen mußte. Daß sich hierbei insgesamt eine Kompromißlinie ergab, liegt also nahe.

Immerhin wurde diesmal eine gewisse jahrzehntelange Vernachlässigung glaubenskonservativer Persönlichkeiten und Gruppierungen zurückgefahren. Besonders die Initiativen und Sprecher aus der Lebensrechtsbewegung erhielten deutlich mehr Gewicht; auch bei öffentlichen Veranstaltungen, Podiumsdiskussionen, auf der Katholikentagsmeile (Infostände) etc. waren sie in Regensburg gut vertreten.

Weniger zufrieden äußerte sich hingegen Christian Weisner, der Sprecher jener reformkatholischen Gruppierung „Wir sind Kirche“, die regelmäßig mit modernistischen Forderungen an die Kirchenleitung herantritt. Gegenüber der Tageszeitung „Die Welt“ vom 28. Mai 2014 erklärte er: „Ich hätte mir mehr kontroverse Diskussionen auf den Podien gewünscht.

Das liegt aber wohl auch am Regensburger Bischof, der zwar sagt, wir dürfen dabei sein, aber uns nicht auf den Podien sehen will.“ 

Scharfe Kritik von ultralinker Seite

Geradezu wütend über den diesjährigen Katholikentagsverlauf äußerten sich betont linke Kreise. So polemisiert z.B. Mathias Roth auf der Webseite „Regensburg digital“ vom 2. Juni 2014 unter dem Titel „Lebensschützer beim Katholikentag“ bereits einleitend wie folgt: images (2)

„Ein Brückenschlag sollte der 99. Katholikentag werden. Auf der einen Seite moderate Katholiken um den Verein Donum Vitae und auf der anderen Seite radikale Schwangerschaftsabbruchs-Gegnerinnen, die sich selbst ‚Lebensschützer‘ nennen. Letztere bekommen viel Raum, um homophobe, völkische, antifeministische und andere rechte Positionen zu verbreiten.“

Danach folgt eine seitenlange Lawine von Beschwerden, z.B. folgende:

„Am Mittwoch bezeichnete Voderholzer den legalen Schwangerschaftsabbruch als ein ‚Massaker im Mutterleib‘. ‚Ich kann es als Bischof nicht verantworten, dass Frauen eine Lösung annehmen, die keine Lösung ist.‘  –  Es verwundert daher nicht, dass das Bistum Regensburg in seinem Rundbrief insbesondere auf Veranstaltungen hinwies, bei denen radikale ‚Lebensschützer‘ auch offen rechte Inhalte propagieren konnten.“

Tatsächlich hatte der Regensburger Oberhirte die Abtreibung couragiert als „Massaker im Mutterleib“ verurteilt, was an die einstige Äußerung von Joseph Kardinal Höffner erinnert, der in den 80er Jahren von „Mord in Massen“ sprach, was eine entsprechende Empörungswelle im Blätterwald und in den TV-Anstalten auslöste.

Das Leitwort des 99. Katholikentags „Mit Christus Brücken bauen“ war in mehrfacher Hinsicht geschickt gewählt. Erstens ist Regensburg bekannt als Stadt der vielen Brücken (teils noch aus antik-römischer Zeit); zweitens wurden tatsächlich in mancherlei Hinsicht „Brücken gebaut“, etwa  –  wie bereits erwähnt  –  in Richtung der Lebensrechtsbewegung und romtreuer Gruppen. 018_14A

Zudem bewährte sich der diesjährige Katholikentag auch als Brückenbauer für Behinderte:

Es gab für diese Teilnehmer nicht nur viele Teilnahme-Vergünstigungen, sondern auch praktische Hilfen, dauerhaft präsente Ansprechpartner, ein Extra-Programmheft in leichtverständlicher Sprache und weitgehende Barrierefreiheit. Insgesamt wurde ihnen schon im Vorfeld das gute Gefühl vermittelt, auf diesem Glaubensfest hochwillkommen zu sein.

Eigene Erfahrungen auf der Katholikentagsmeile

Den Eindruck, daß sich der Katholikentag diesmal quasi von seiner besseren Seite zeigte, konnte ich auch selber gewinnen: teils bereits im Vorfeld (hinsichtlich der organisatorischen Vorbereitungen für unser Infozelt), sodann während der Regensburger Tage selbst.

Unser – vom katholischen Jugendschriftsteller Günter Stiff gegründetes und nach seinem Tod im September 2002 von mir geleitetes – Christoferuswerk e.V. war auf der sog. „Katholikentagsmeile“ mit einem großen Infozelt vertreten. Wir erhielten einen gut plazierten Stand direkt neben ARD/ZDF/Phönix.012_9

Meine Freundin und Mithelferin Cordula Mohr und ich freuten uns sehr über den regen Andrang und das lebhafte Interesse an unseren Plakaten, Buttons, Aufklebern, apostolatischen Büchern und Schriften (siehe Foto).

Wir legten zudem Broschüren und Infos von vielen befreundeten Gruppen (darunter evangelikalen Initiativen) auf unseren Tischen aus. Diese „konservative Ökumene“ hat bei bibelorientierten evangelischen Christen, die unseren Stand besuchten, natürlich recht viel Anklang gefunden. Es gab sogar Evangelikale, die unseren Aufruf für eine Seligsprechung von Erzbischof Johannes Dyba unterzeichneten, weil sie diesen tapferen Oberhirten von Fulda als entschiedenen Abtreibungsgegner in bester Erinnerung haben.

Bekanntlich hatte der einstige Bischof von Fulda in einem Interview mit der „Neuen Bildpost“ erklärt, etwa die Hälfte der zustimmenden Post, die er erhalte, stamme von glaubenskonservativen Protestanten. In fromm-evangelischen Kreisen war der vielleicht fast schon sehnsuchtsvolle Seufzer „Ach, wenn wir doch auch einen Dyba hätten“ weit verbreitet.

Gespräch mit dem Fuldaer Bischof

Am Freitag, dem 30. Mai, kam der heutige Bischof von Fulda, Heinz-Josef Algermissen, zu meiner Überraschung in unser Infozelt herein. Er sah dort unser großes Dyba-Plakat und sagte: „Das ist ja mein Vorgänger.“ 

Meine Mitarbeiterin Cordula Mohr und ich nutzten die Chance, dem Bischof unsere Anti-Gender-Broschüre zu überreb1050954 - Kopieichen (siehe Foto).

Unter dem Titel „JA zur Ehe, JA zur Familie, JA zur Schöpfungsordnung Gottes“ hatten wir in diesem farbenfroh gestalteten Heft die gesammelten Stellungnahmen von Bischofskonferenzen aus vielen europäischen Ländern gegen die immer mehr um sich greifende Gender-Ideologie dokumentiert.

Bischof Algermissen zeigte sich interessiert und erwähnte, wie bedeutsam dieses Thema sei. Auf unser Drängen hin, daß sich auch deutsche Bischöfe zu einer klaren Anti-Gender-Erklärung aufraffen sollten, trat er aber ziemlich auf die Bremse nach der Devise „jetzt mal halblang“. Es sei unlängst doch erst ein neuer Vorsitzender der Bischofskonferenz gewählt worden; zudem sollte abgewartet werden, bis alle „mit einer Stimme“ gemeinsam sprechen wollen bzw. können.

Ich erlaubte mir etwas hartnäckig den Vorschlag, daß einzelne Oberhirten schon vor einer gemeinsamen Erklärung klar Stellung beziehen könnten, wie dies z.B. Bischof Vitus Huonder (Bistum Chur) für die Schweiz getan hat; sein ausgezeichnetes Hirtenwort ist ebenfalls in der erwähnten Broschüre (siehe Titelfoto) enthalten. Gender-Dokumentation Titelcover

Doch der Fuldaer Oberhirte meinte ausweichend, derzeit stände vor allem das Thema „wiederverheiratet Geschiedene“ auf dem aktuellen kirchlichen Programm. Meine Mitstreiterin Cordula Mohr, eine katholische Familienmutter von drei Kindern, betonte hierbei, daß sich die Kirche unzweideutig zum unauflöslichen Eheband und zum Ehesakrament bekennen und sich keineswegs vom Zeitgeist benebeln lassen solle.

Zudem fühle sich der verlassene Ehepartner, der bewußt zölibatär lebt, von der Kirche verkannt und vernachlässigt, wenn der Ehebruch bzw. eine danach folgende Zivilehe nicht mehr klar abgelehnt würden, erläuterte meine Freundin dem Bischof. Doch dieser ging hierauf nicht ein, sondern erwähnte nur allgemein, die Kirche solle sicherlich auch die Bedeutung des Ehesakraments beachten.

Wir haben unsere Dokumentation gegen die immer mehr um sich greifende Gender-Ideologie zudem weiteren katholischen Oberhirten persönlich überreicht, z.B. den Bischöfen von Passau, Rottenburg-Stuttgart, Bamberg, Essen und Augsburg. Ich konnte beobachten, wie einige Bischöfe sich die Broschüre bald danach mit ihren Begleitern auf der Straße genauer angeschaut haben.

Dasselbe stellten wir auch bei vielen Priestern, Ordensleuten und Laien bzw. „Weltchristen“ fest. Vor allem junge Erwachsene und Familien zeigten sich sehr interessiert an unseren vielfältigen Infos gegen den Genderwahn, wozu auch fundierte Schriften von evangelikaler Seite gehörten.

Würdigung von Erzbischof Dyba

Neben diesen Verteil-Aktionen wurde durch Plakate und Postkarten auf Erzbischof Johannes Dyba (siehe Foto) hingewiesen, diesen mutigen und unbeugsamen Bischof, der im Juli 2000 ganz unerwartet verstarb und den viele Gläubige als „Löwen von Fulda“ bewundern und damit in eine Reihe mit dem seligen Kardinal von Galen stellen, der als „Löwe von Münster“ bezeichnet wird.

In der „Katholikentagszeitung“ (Ausgabe von Christi Himmelfahrt) findet sich ein ausführliches Interview zur Abtreibungsthematik mit dem Osnabrücker Sozialwissenschaftler, Prof. Dr. Manfred Spieker, einem führenden Lebensrechts-Experten, der dem päpstlichen Rat “Justitia et Pax” als Consultor angehört.

Daß Prof. Spieker seine unmißverständlichen Positionen zur Abtreibung und konkret auch gegen den sog. „Beratungsschein“ in dieser massenhaft in Regensburg verteilten Zeitung erläutern konnte, wurde im linken Spektrum übel vermerkt.

Dieser Punkt gehört auch zur Beschwerdeliste der bereits eingangs zitierten Internetseite „Regensburg-digital“:

„Den notwendigen Beratungsschein für einen Schwangerschaftsabbruch bezeichnet Spieker als ‚Lizenz zum Töten‘ und als ‚Passierschein ins Elend‘. In der ‚DonnerstagsZeitung‘ für den Katholikentag wird Spieker auf einer ganzen Seite zum Thema Schwangerschaftsabbruch interviewt.“

Im allgemeinen kann man es als Kompliment verstehen, wenn der Gegner sich empört. So wird man dem Regensburger Katholikentag insgesamt  –  bei aller durchaus angebrachten Detailkritik  –  bescheinigen können, daß er seinem Motto „Mit Christus Brücken bauen“ weitgehend gerecht wurde. Aus meiner Sicht handelte es sich um den vergleichsweise besten Katholikentag der letzten Jahrzehnte.

Felizitas Küble leitet den KOMM-MIT-Verlag und das Christoferuswerk in Münster

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