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Auch wir Christen wollen unsere religiöse und kulturelle Identität wahren

Von Lucia Tentrop

In unserem christlich geleiteten Berliner Mehrgenerationenhaus habe ich mich kürzlich bereit erklärt, ehrenamtlich an einem Projekt teilzunehmen, in dem Flüchtlinge Deutsch lernen können. tentrop_neu

Bei aller Hilfsbereitschaft wehre ich mich aber dagegen, das allgemeine Unverständnis für die Ungarn mit christlich erscheinenden Argumenten zu begründen. Es ist für Außenstehende bequem, die Freiheit des Christen vorwurfsvoll in die Pflicht zu nehmen, weil man zu wissen glaubt, was man als Christ tun hat.

Kultur setzt Kultus voraus

Laut Medienberichten schützen sich die Ungarn schon seit längerer Zeit durch stark kontrollierte Begrenzung fremder Einflüsse und Maßstäbe unter wörtlicher Berufung auf ihre christliche Kultur. Kultur ist ja mehr als politisch geordnetes Zusammenleben. Kultur im klassischen europäischenVerständnis setzt Kultus voraus. Das Christentum ist eine kultische Gemeinschaftsreligion, deren Kraft sich aus einer gemeinsamen geistig-seelischen Mitte nährt und der daraus entstehenden gegenseitigen Liebe ihrer Mitglieder bezieht.

„Einer trage des Anderen Last“ (Gal 6,2)

Echte Christen sind nicht nur eines Geistes in der Liebe, sondern betrachten sich und ihre Gemeinschaft, als den Leib ihrer kultischen Mitte, d.h. sie verwirklichen Christi Liebe in Zeit und Raum. In dieser Intention gehen sie in die Welt hinaus nach außen, um Menschen aller Lebensrichtungen in Wort und Tat ihre Botschaft der Hoffnung der Liebe zu bringen. Das ist ihr Auftrag, den sie – wenn man von manchen Entgleisungen und Oberflächlichkeiten des Christentums mal großzügig absieht – seit über 2000 Jahren zu erfüllen suchen. flyerstralsund2

Dieses christliche Ideal ist in seiner verbürgerlichten Gestaltung nicht gut zu erkennen. Und wo es gelebt wird, ist es für die Öffentlichkeit uninteressant. Wer weiß denn, wie viele Angehörige unserer Ordensgemeinschaften u.a. sich nicht nur im Orient, sondern überall auf der Welt für Flüchtlinge und Hilfsbedürftige aller Weltanschauungen engagieren? Auch wenn sie dafür verschleppt, gefoltert oder getötet werden, erfährt man das in der Regel nur in speziell christlichen Medien.

Auch der Christ schätzt seine eigene Gemeinschaft

Mit der Aufnahme nichtchristlicher Menschen und Maßstäbe in ihren Kreis hinein tut sich das Christentum aber schwerer als mit dem Hinausgehen in die Welt, weil es seinen gemeinschaftlichen Geist wahren und sich bzw. diese Kraftquelle nicht zugunsten fremder Denkweisen aufgeben möchte.

Welcher moslemische, jüdische oder atheistische Flüchtling hätte denn auch Lust, sich wirklich in eine christliche Gemeinschaft zu integrieren, um kein Fremdkörper zu sein? Er möchte bleiben, was er ist. Und genau das möchte der Christ ebenfalls. Warum sollte er sich und seine Gemeinschaft aufgeben? Würde er den Hilfsbedürftigen unserer Welt damit nützen?

Der barmherzige Samariter tut, was nötig ist

Und was den oft zitierten mitleidigen Samariter in der Bibel als Vorbild des Christen anbetrifft, so gibt auch er sich für den von mörderischen Räubern überfallenen Fremden nicht selber auf. In mitfühlender Liebe versorgt der Samariter notdürftig die Wunden des Hilfsbedürftigen und hebt ihn auf sein Tier –  aber nicht, um ihn zu sich nach Hause zu bringen und zeitlebens in seine Wohnung aufzunehmen.

Er tut das, was nötig ist, bringt ihn in eine Herberge und pflegt ihn dort bis zum nächsten Morgen. Dann zahlt er für sich und den Verwundeten die Rechnung für Kost und Logis und garantiert dem Wirt zusätzlich die Kostenübernahme ggfls. weiterer erforderlicher Hilfeleistungen für den Fremden. Dann geht er wieder seines Weges (vgl. Lk 10,30-37).

Vielleicht könnten die Ungarn sich ja in diesem Sinne Jesu an der Aufnahme von hilfsbedürftigen Flüchtlingen in die europäische Gemeinschaft beteiligen. Das wäre eine positive Alternative zur Gewalt. Hat man sie schon mal gefragt?

Unsere Autorin Lucia Tentrop ist Theologin, Musikerin, Malerin und Pädagogin; sie lebt in Berlin; hier ihre Homepage: www.lucia-tentrop.de

Kommentare

Eine Antwort

  1. Ja, liebe Frau Tentrop, die Situation mit den vielen Flüchtlingen verlangt viel ab, und ein Ende dieser Völkerwanderung ist erstmal nicht in Sicht. Da ist es allzu natürlich, daß man sich auch als praktizierender und tiefgläubiger Christ so seine Gedanken macht. Klar, ich habe auch keine Probleme damit, anderen zu helfen oder zu spenden. Aber ich sage Ihnen ganz ehrlich, daß mir die vielen Muslime schon Angst machen. Und – bei aller Hilfsbereitschaft – möchte ich mich als Christ von diesen Leuten nicht als ,Affe‘ und ,ungläubiges Schwein‘ beschimpfen lassen. Es begann schon damit, daß wir unsere Kruzifixe aus öffentlichen Gebäuden entfernen mußten, damit andere Leute sich nicht von uns beleidigt fühlen.
    Die Kanzlerin hat vor Kurzem wohl darüber geäußert, daß hier unsere Traditionen und Werte verloren gehen, und dann sollen wir Christen wieder klein beigeben ?
    Ehrlich: die meisten Fremden wollen hier im Land bleiben und nicht eines Tages weiterziehen.
    Ich hoffe nur, daß wir weiter Christen sein dürfen mit allem was dazugehört !
    Von Muslimen will ich mich nicht regieren lassen ! Niemals !!!

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