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Berlin: Der CDU-Innenstaatssekretär äußert sich abgehoben und schönfärberisch

Von Michael Leh

In Berlin gebe es keine „No-Go-Areas“, hat Innenstaatssekretär Bernd Krömer im Märkischen Presse- und Wirtschaftsclub verkündet. Die Realität besonders in den „ethnischen Kolonien“ der Stadt sieht anders aus. CDU-Mann Krömer selbst wohnt im ruhigen Lichtenrade am Südrand Berlins.033_30

Eigentlich hätte Innensenator Frank Henkel (CDU) im Märkischen Presse- und Wirtschaftsclub Rede und Antwort stehen sollen. Da er zu einer kurzfristig einberufenen Aufsichtsratssitzung der Olympiastadion GmbH musste – deren Geschäftsführer wurde seines Postens enthoben – vertrat ihn sein Staatssekretär Krömer.

In der Einladung des Clubs hieß es: „Berlin ist eine sichere Stadt, beteuert der Senat nicht müde werdend. Aber immer wieder wird die Öffentlichkeit durch brutale Schlägereien, Bank- und Geschäftsüberfälle sowie Bandenkriege aufgeschreckt.“ 

Es dränge sich der Eindruck auf, dass die Polizei dem Verbrechen nur noch hinterher laufe. Zu häufig würden die Täter nicht gefasst. „Hat der Rechtsstaat kapituliert?“, hieß es in der Einladung weiter. Und: „Wie geht die Stadt mit den ,No-Go-Areas´ um?“

Wie abgehoben und schönfärberisch auch ein Berliner CDU-Staatssekretär mit diesen Fragen umgeht, wurde beim Auftritt Krömers deutlich. „Es gibt in Berlin keine sogenannten No-Go-Areas“, verkündete er. Leh - Görlitzer Park Foto 1

„Dass in jeder Großstadt Ecken sind, wo das Risiko Opfer einer Straftat zu werden größer ist, das ist einfach so“, fügte er nur noch hinzu.

BILDER: Die Berliner Polizei bei bisher unzureichenden Kontrollen am Görlitzer Park (Fotos: Michael Leh)

Aus dem Publikum wurde ihm entgegen gehalten, dass diese „Ecken“ längst große Teile ganzer Stadtviertel sind und sich dort viele Menschen spätestens ab Dunkelheit auf zahlreiche Straßen nicht mehr trauten.

Krömer erwiderte phrasengestählt: „Berlin ist eine der sichersten Hauptstädte Europas.“  –  Und weiter: „Es gibt in Berlin keine Orte, in denen der Rechtsstaat nicht im Ernstfall durchgesetzt wird.“

Krömer, dies wurde deutlich, kennt die reale Sicherheitslage in der Hauptstadt nicht. Wie viele Politiker wohnt der Verwaltungsjurist selbst in einer guten Gegend. In seinem Wohnort Lichtenrade ganz im Süden des Bezirks Tempelhof-Schöneberg gab es im Jahr 2013 nur 31 Fälle von Raub.

Bereits in Schöneberg-Nord, das dieselbe Einwohnerzahl hat, 241 Fälle. Die Zahl der schweren und gefährlichen Körperverletzungen in Lichtenrade betrug 64, in Schöneberg-Nord 237. Lichtenrade hat mit 17,6 Prozent den geringsten Anteil von Personen mit Migrationshintergrund in diesem Bezirk, Schöneberg-Nord hingegen 48 Prozent. Wie viele Politiker weiß Krömer nichts von den Gefahren besonders in den Problemkiezen Berlins, sie sind ihnen nie selbst ausgesetzt.

Wie wenig der Rechtsstaat in Berlin „im Ernstfall“ tatsächlich durchgesetzt wird, kann man schon an der bundesweit niedrigsten Aufklärungsquote von nur 34,7 Prozent beim Gewaltdelikt Raub ablesen. Die Mehrheit der Raubtaten kommt in Berlin gar nicht erst vor die Justiz, da die Täter nicht gefasst werden. Leh - Görlitzer Park Foto 2

Die Zahl der Wohnungseinbrüche ist im Verhältnis zur Bevölkerungszahl wesentlich höher als in New York City. Beim Görlitzer Park, einem der vielen Kriminalitätsschwerpunkte Berlins, warnt längst auch die Polizei vor dessen Betreten. Doch statt die vielen Täter dingfest zu machen, informierten dort jüngst Polizeibeamte lieber mit Postkarten darüber, wie gefährlich es im Park sei und man ausgeraubt werden könne. 

Die Alibi- und PR-Aktion der Polizei fand wohl auch nur deshalb statt, nachdem trotz Razzien weiter unübersehbar schwarzafrikanische Dealer an den Eingängen des Parks Spalier stehen und Medien die Lage schilderten. Doch auch bezüglich des Görlitzer Parks versuchte Krömer die Lage schönzureden, als gäbe es dort relevante Fortschritte.

Die vielen übrigen Kriminalitätsschwerpunkte Berlins werden von der Polizei bewusst erst gar nicht öffentlich bekannt gemacht. Mit dem Argument, die betreffenden Gegenden sollten „nicht stigmatisiert“ werden, lässt man die Menschen lieber uninformiert buchstäblich in die Messer der häufig türkisch- und arabischstämmigen Täter laufen.

„Politische Angst lähmt die Sicherheitspolitik“

Auf die Frage der „Preußischen Allgemeinen Zeitung“, warum die Berliner Polizeipressestelle systematisch die Herkunft von Tätern verschweigt und ob man bereit sei, dies zu ändern, antwortete Krömer zunächst ausweichend, dafür gebe es „keine breite politische Mehrheit“.

Auf die Nachfrage, was er damit genau meine, schließlich gebe es in Berlin eine Regierungskoalition von SPD und CDU, versuchte Krömer erneut auszuweichen. Erst auf eine dritte Nachfrage hin erklärte er zögerlich: „An der CDU liegt es jedenfalls nicht.“

Falls dies wahr sein sollte, so bedeutete dies zugleich das Eingeständnis, dass der Berliner Innensenator nicht einmal in seinem eigenen Ressort bestimmen könnte, in welcher Form Pressemitteilungen herausgegeben werden. Dies erscheint zweifelhaft. Wahrscheinlicher ist, dass Henkel es erst gar nicht wagt, gegenüber einer ungeschriebenen linken Political Correctness anzuecken.

Ähnliches gilt für die Polizeiführung. „Politische Angst lähmt die Sicherheitspolitik der Hauptstadt“, schreibt der Landesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Bodo Pfalzgraf, in der jüngsten Ausgabe seines Verbandsorgans.

„Einige Polizeiführer“, so der Hauptkommissar, träfen „keine sachgerechten Entscheidungen“ mehr, weil – und hier zitiert er eine nicht namentlich genannte Person aus der Polizeiführung – „sich sonst die Oppositionsparteien im Innenausschuss wieder so aufregen und der Polizeipräsident womöglich in Erklärungsnöte gerät“.

„Dieses Originalzitat“, so Pfalzgraf, „ist bezeichnend.“  –  Seiner Überzeugung nach sei der Polizeipräsident durchaus in der Lage, „sachfremde Anwürfe“ von Mitgliedern des Innenausschusses zu meistern. Doch inzwischen gebe es „eine Stimmung aus Unsicherheit bis in die letzte Führungsebene, die sich wie Mehltau auf alle kritischen Entscheidungen legt.“

Unser Autor Michael Leh ist politischer Journalist und lebt in Berlin

Erstveröffentlichung in der Preußischen Allgemeinen Zeitung (PAZ) vom 8. November 2014, hier eine vom Autor etwas ergänzte Fassung.

Kommentare

6 Antworten

  1. Frank Henkel – in Funktion CDU Innensenator von Berlin – ist wohl die größte Enttäuschung für die Berliner, die hier geboren, sozialisiert und zu sogen. “ Bürgerlichen “ gehören.

    Gleichwohl potenzielle und treue Wahlklientel der CDU , nennen v.g. Frank Henkel eine Null – Nummer, immer wohlgemerkt in seiner Funktion als oberster Wächter zum Schutz Berliner Bürger.

    Fakt ist, jeder kann es sehen :

    Ältere Berliner fahren nach Einbruch der Dunkelheit weder mit S-Bahn noch mit Bus. U – Bahn entweder nur am Tage bis in den frühen Abend, wenn Berufsverkehr besteht.

    Die Gefahr von “ dunklen Gestalten “ angemacht zu werden ist permanent gegeben, fast jeder Ältere hat das persönlich erlebt, auf dem Bahnhof / Haltestelle, im Zug, im Bus.

    Oft reicht es bereits, wenn sich 3 – 4 Jüngere in die Sitze werfen, Beine auf dem Polster, mit oder ohne Bierflasche, Zigarette , laut grölend auf Deutsch oder in einer anderen Sprache.

    Das verschlägt der älteren Generation die Sprache, ducken sie sich weg oder flüchten an der nächsten Haltestelle, mit Flüchen hinaus komplementiert.

    Ängstlich und wehrlos wie nun mal Ältere sind, meiden sie einfach diese “ Zonen “ . Manch ein Berlinbesucher wundert sich , wie “ jung “ Berlin nach Einbruch der Dunkelheit im öffentlichen Nahverkehr ist.

    Der älteren Generation – zumeist auch noch die am wenigsten Begüterten – wird damit perfide Abends, zu Veranstaltungen, Theater, Kino, Bummel etc. Teilhabe am Leben verwehrt.

    Nicht jeder hat einen PKW, will und kann Abends fahren, abgesehen davon dass ein Parkplatz am Ku – Damm – immer noch bevorzugtes Flaniermeile – nicht zu bekommen ist.

    Der herrschenden Clique Politiker – SPD / CDU geht das völlig am A …….. vorbei, sind nicht Betroffene, Grund ist profan, die sind eben jünger.

    Auch daß Berlin Regierungssitz ist, viele Abgeordnete in Berlin unterwegs und präsent sind, dort , verändert nichts, konzentrieren sich auf eigenes ausgefülltes Leben, geniessen “ bunte Treiben / Leben “ , in verkifften Görlitzer Park trauen sie sich nicht.

    Weibliche Abgeordnete wird man Nachts nicht im Ö.Verkehr antrefffen.

    Rechtsfrei Räume wie Parks in Kreuzberg , inzwischen auch Spandau am Spreeufer ( !!! ) gibt es an jeder Ecke in Berlin .

    Ausnahmen Zehlendorf, Lichtenrade, Lichterfelde Süd, Dahlem, aber da wohnt, lebt Großteil der Berliner Bevölkerung nicht.

    Die CDU hat und sieht offensichtlich keine Chance diese katastrophale Lage für die Bevölkerung, auch für junge Mütter mit Kind, positiv zu ändern oder nur zu verbessern.

    Der Ausländeranteil – Schwerpunkt der Kriminalität – in manchen Bezirken wie Neukölln, Kreuzberg, Pankow, Reinickendorf und Spandau ist inzwischen so groß, daß die “ alten “ Berliner in der Minderheit sind.

    Staatssekretär Krömer von der CDU ist in seiner Rechtfertigung mit Behauptung “ …….in Berlin gibt es keine rechtsfreien Räume, alles o.k. … “ so lächerlich daß auch hier die alten Berliner resignieren ob dieser offensichtlichen Blindheit oder bewussten Verniedlichung.

    Die Berliner Polizeit hat längst vor den unhaltbaren Zuständen auf den Straßen resigniert, ergriffene Täter sind am anderen Tag an gleicher Stelle präsent, Berliner Justiz ist bundesweit
    als “ Kuscheljustiz “ bekannt, zieht magisch Problembürger aller Nationen an.

    Frank Henkel ist ein Versager in seiner Funktion als Berliner Innensenator, analog seinem Chef Wowereit als Aufsichtsratsvorsitzender vom BER.

    1. Sehr geehrter Herr Mueller,

      vielen Dank für Ihren Leserbrief zu meinem Beitrag. Sie haben völlig recht, genau so ist es leider. Es werden überdies aber auch viele junge Menschen Opfer von Gewalttaten, das will ich noch anfügen. Ich nenne stellvertretend für viele nur Guiseppe Marcone, der infolge eines Angriffs von zwei Türken ums Leben kam (ich kenne seine Mutter) oder Jonny K., den sechs türkischstämmige Täter totschlugen bzw. tottraten. Ich hatte den ganzen Prozess im Gerichtssaal verfolgt. Ich selber wohne (leider) in Gesundbrunnen, wo es eine Gewalttat nach der anderen gibt. In der Gegend hat sich seit der Übernahme Amtes als Innensenator durch Henkel auch nichts gegenüber der Situation unter zuvor Körting (SPD) geändert. Auch die Zahl der Wohnungseinbrüche ist unterm Strich seit 2011 noch gestiegen. Ich selber habe CDU gewählt. Niemand erwartet dabei, dass ein CDU-Mann Wunder vollbringt, und Henkel mag einige wenige Verbesserungen ewirkt haben. Aber es ist insgesamt zuwenig und was mich besonders ärgert ist, wenn noch schöngefärbt wird à la Krömer.

      Mit freundlichem Gruß
      Michael Leh

      1. Lieber Michael Leh,

        Danke für Zustimmung, Leserbrief kann nur kleiner Abriss einer Kolumne sein, meiner war eh fast ein Roman, viele Aspekte sind nicht berührt.

        Selbstverständlich sind auch „Jüngere“ Opfer bzw. Zielscheibe überbordender Gewalt. Allein traut sich ein 12-Jähriger – Mädchen wagen das erst gar nicht – auf keinen Fall um 21:00 in U oder S-Bahn, gleichwohl sie zum Musikunterricht, zu Freunden wollen.

        Nachweislich tragen Immigranten – gleich ob hier geboren, später zugezogen – zum größten Anteil – lt. Polizei 60 % – zu gemeiner Gewalt bei, sicher sind auch verrohte Deutsche dabei.

        Skrupellos, Justiz sanktioniert mit Tatenlosigkeit, will nicht strafen, sondern bessern.

        Es geht uns nicht um Anprangern, Jammern allgemeiner gesellschaftlicher Moral/Werte-Veränderungen – Gewalt, Aggression ohne Anlass – in Gesamt-Deutchland, auf Europa 1 : 1 zu übertragen.

        In Ihrem Beitrag benennen Sie zun Recht völlige Tatenlosigkeit, Ignoranz der Partei CDU, die dem Bürger vorspiegelt, vorgaukelt, sie sei alleinige Hüterin von Recht und Ordnung.

        Gesundbrunnen war immer der sogen. Arbeiterbezirk, rustikal, hart aber herzlich. Gefährlich war es nie, wenn man nicht provozierte, Gewalt gab es nur bei Kneipenschlägereien.

        Nach unserer Auffassung wird es wegen fehlender Konsequenz gegen Gewalt und Terror, fehlendem Recht und Ordnung die CDU nicht mehr zur Oberbürgermeister-Stellung bringen. Warum auch ?

        Jedenfalls nicht mit dem kraftlosen Frank Henkel und seinem blinden Krömer.

    2. Ja liebe Berliner, es kommt eine weitere Folge dieser Missstände hinzu: Meine Frau und ich (65 und 62) sind nach der Wende noch nicht in Berlin gewesen und hatten eigentlich vor, das mit einem Kurzurlaub nachzuholen. Dieses Vorhaben ist aber für längere Zeit auf Eis gelegt (nicht erst seit diesem Artikel und Ihren Kommenteren!).
      Was meinen Sie, wieviele Bundesbürger, eventuell auch Bürger aus anderen Ländern, genauso denken?
      Berlin muss wohl „arm und sexy“ bleiben – wobei ich nicht weiß, was daran sexy sein soll ..

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