Von Thomas Dapper
Die Wallfahrt der donauschwäbischen Überlebenden verschiedener Internierungs- und Hungerlager sowie ihrer Nachkommen nach Bad Niedernau an Christi Himmelfahrt erfuhr am 29. Mai 2025 bei Sonnenschein und blauem Himmel gleich mehrere Besonderheiten.
Anlässlich der am selben Tag stattfindenden Eröffnung und Einsegnung des Dokumentationszentrums Filipowa reiste auch der emeritierte Erzbischof Dr. Robert Zollitsch an und beteiligte sich nicht nur an der Eucharistiefeier in der Kirche, sondern gestaltete die Einsegnung des Dokumentationszentrums Filipowa sowie der dazugehörenden und würdig gestalteten einzelnen Räumen.
Die Einladung hatte traditionsgemäß das St.-Gerhardswerk ausgesprochen und das gesamte Programm der Wallfahrt der Donauschwaben in Bad Niedernau bestens organisiert.
Mit Johann Sebastian Bachs Toccata und Fuge begann die hl. Messe würdevoll. Auf diese schönen Momente in der Votivkirche zu Bad Niedernau folgte die Eröffnung durch Pfr. Rapp und Erzbischof Zollitsch, dem Ehrenvorsitzenden des St. Gerhardswerks, der selbst aus Filipowa (srb. Bački Gračac) stammt.
Gedenken an die verstorbenen Landsleute
Pfr. Klaus Rapp, Vorsitzender des St.-Gerhardswerks, wandte sich an die Wallfahrer: „Sie eint, dass sie ihre Heimat verloren haben. Sie fanden und schufen sich eine neue Heimat. Hier sind sie jetzt zuhause. Wir gedenken an jene, die auf der Strecke geblieben sind.“
Die Wurzeln sollen bestehen bleiben, denn sie spenden die Kraft zum Leben. „Liebe Schwestern und Brüder, wir sind in derselben Situation: Neue Generationen sind geboren worden. Auch in ihrem Leben gibt es eine Wurzel: Die Liebe Gottes zu uns Menschen“.
Erzbischof em. Dr. Robert Zollitsch erinnerte die Gläubigen mit einem Fürbittgebet an den donauschwäbischen Autoren Stefan Teppert, den Gott in diesem Winter zu sich gerufen hat.
Nach dem Segen und dem letzten gemeinsamen Lied „Großer Gott, wir loben dich“ lud der Vorsitzende des St. Gerhardswerks nach der hl. Messe zu weiteren Programmpunkten.
Dokumentationszentrum Filipowa
Die feierliche Ausstellungs-Eröffnung des Dokumentationszentrums Filipowa fand vor dem Mittagessen statt. Erzbischof em. Dr. Robert Zollitsch segnete das modern gestaltete Dokumentationszentrum sowie die einzelnen Ausstellungsräume sicher auch in Gedanken an seine eigenen Angehörigen aus Filipowa.
Eine besondere Würde erhielt die Ausstellung auch durch die allseits diskutierten und besprochenen Geschichten von der Rettung der Statuen aus der Kirche in Filipowa, die 1967 abgerissen wurde.
Die vielen Ausstellungsstücke und deren stilvolle Präsentation liefert einen beeindruckenden Blick in die Vergangenheit der Donauschwaben und der selbstbewussten Katholiken in der Batschka.
Hierbei sei auch an das Gelübde des Pfarrers Wendelin Gruber und den Gläubigen Donauschwaben in den Todeslagern Gakowo und Rudolfsgnad erinnert, dem die Wallfahrer an Christi Himmelfahrt nach Bad Niedernau folgten. Das Versprechen besagte, wenn wir das überleben, wollen wir eine Kirche bauen und jährlich wallfahren.
Das St.-Gerhardswerk zeigt damit einmal mehr, dass die tiefe Verbundenheit mit dem Orden der Armen Schulschwestern in Bad Niedernau auch nach dem Ableben der Nonnen – nicht nur mit dem Stelenpark, sondern mit dem Dokumentationszentrum, der alljährlichen Wallfahrten – eine zentrale Adresse in der donauschwäbischen Erinnerungskultur einnimmt.
Café der Nachgeborenen
Nach dem Mittagessen trafen sich die Nachkommen der donauschwäbischen Vertriebenen zu einem Gedankenaustausch, an dem auch der Bundesvorsitzende und Präsident des donauschwäbischen Weltdachverbandes, Jürgen Harich, Rede und Antwort stand.
Die besonderen Aspekte der Familiengeschichte(n) der Urenkel bestehen in den Überlieferungen voriger Generationen. Hier und da liegen schriftliche Berichte vor, die Jugendliche voll Interesse lesen. Dadurch ergeben sich oft neue Fragestellungen und erst in der Gemeinschaft mit anderen jungen Donauschwaben stellen sie fest, dass sie mit diesem „Rucksack“ ihrer Vorfahren nicht allein sind.
Das „Café der Nachgeborenen“ war die gute Idee von Pfr. Klaus Rapp und stieß auf das steigende Interesse von Jugendlichen, deren junggebliebenen Eltern und einiger engagierter Donauschwaben.
Die Wallfahrt unter dem diesjährigen Motto „Voll Vertrauen auf dem Weg“ fand ihren inspirierenden Abschluss durch eine Maiandacht mit Pfr. Rapp. Neben dem Gedanken an die Auferstehung des Heilands gehörte das Gedenken an Maria zur Andacht, zumal jene, die in den Vernichtungslagern Jugoslawiens das Gelübde zu Wallfahrten abgelegt hatten, in ihrer Not einst Trost, Schutz und vielleicht auch Rettung von Marias Fürsprache erhofft hatten.
Die nächste Wallfahrt in Bad Niedernau findet am 14. Mai 2026 statt.
Fotos: Thomas Dapper
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Vorkriegsgeschichte
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