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Bischof Vitus Huonder über die Gottesfurcht: "Gott ist kein Kollege, Gott ist der HERR"

Wortlaut einer ausgezeichneten Predigt des Bischofs von Chur am 3.6.2012 in der Kirche St. Anton in Zürich

Brüder und Schwestern im Herrn,
anlässlich der Gespräche mit Firmlingen werde ich gelegentlich eigens auf die siebte Gabe des Heiligen Geistes, auf die Gottesfurcht angesprochen.
Ist die Furcht nicht etwas Negatives? Ist das Wort Gottesfurcht nicht ein Ausdruck, der nicht mehr in unsere Zeit hineinpasst? Ein “Fremdwort”? Was sollen wir uns darunter vorstellen?
Wir müssen festhalten, dass uns der Ausdruck “Gottesfurcht” durch die ganze Heilige Schrift begleitet. Er gehört zur religiösen Sprache und umschreibt einen bestimmten Aspekt des Glaubens. Weil er zur Sprache des Glaubens gehört, müssen wir seine Bedeutung erkennen und seinen Inhalt erläutern, so dass ihn auch der Mensch unserer Zeit verstehen und sein Leben damit zu gestalten vermag. Wir können ihn nicht einfach beiseite schieben.
Dabei werden uns die Worte Jesu helfen:
“Fürchtet euch nicht vor denen, die den Leib töten, die Seele aber nicht töten können, sondern fürchtet euch vor dem, der Seele und Leib ins Verderben der Hölle stürzen kann” (Mt 10,28).
Jesus spricht von der Gottesfurcht und stellt sie jeder Menschenfurcht entgegen.
Die Furcht ist zunächst die Reaktion des Menschen gegenüber einem Mächtigeren, besonders wenn seine Macht für ihn bedrohend werden könnte. Gott ist mächtiger als der Mensch. Das löst im Menschen eine entsprechende Reaktion aus, einerseits Ehrerbietung, anderseits aber auch Furcht. Das ist “normal”, das ist mit dem Menschsein verbunden.
                         Wallfahrtskapelle im westfälischen Kevelaer (Foto: Dr. Bernd Pelz)
Der Mensch ohne Gottesfurcht hat das Bewusstsein um die Größe Gottes verloren. Ihm fehlt eine wichtige Dimension des Lebens: Das Empfinden dafür, dass Gott über ihm steht, das Empfinden dafür, dass er von Gott abhängig ist.
Gott ist nicht ein Kollege. Gott ist der Herr.
Wenn wir warm und kalt nicht mehr unterscheiden können, die Wärme oder Kälte nicht mehr wahrnehmen, fehlt unserem Körper eine grundlegende Eigenschaft, ein wichtiges Warnsystem, so dass wir die Gefahr der Verbrennung oder der Unterkühlung laufen. So steht unser Leben auf dem Spiel.
Analog verhält es sich beim Mangel der Gottesfurcht. Es fehlt uns eine lebenswichtige Eigenschaft. Unser seelisches Leben steht dadurch auf dem Spiel.
Die Gottesfurcht bewirkt, dass ich die, von Gott gegebenen Lebensregeln ernst nehme und dadurch dem Gericht Gottes entgehe, eben wie Jesus es andeutet. Ich spiele mich Gott gegenüber nicht als Herr auf, sondern ich begegne ihm als sein Geschöpf und sein Werk, einerseits, indem ich Gott liebe, anderseits indem ich Gott als Urheber des Lebens anerkenne.
In diesem Sinn sind Gottesfurcht und Gottesliebe sich ergänzende Begriffe und Haltungen. Der eine bringt den Respekt zum Ausdruck, der andere die Zuneigung zum Schöpfer und Vater. Beide gehören zusammen.
Die Gottesfurcht hat einen starken Bezug zum Leben als solchem. Die Gottesfurcht bewirkt in mir die Achtung vor dem Leben und vor den Grundlagen des Lebens. Das legt uns in dieser Feier in allgemeiner Weise die Lesung aus dem Buch Deuteronomium vor:
“Heute sollst du erkennen und dir zu Herzen nehmen: Der Herr ist der Gott im Himmel droben und auf der Erde untern, keiner sonst. Daher sollst du auf seine Gesetze und seine Gebote, auf die ich dich heute verpflichte, achten ….” (Dtn 4,39-40).
Die Gottesfurcht leitet mich an, Gott als Herrn anzuerkennen und auf seine Gebote zu achten. Das wird konkret im Umgang mit dem Leben, mit meinem Leben, aber auch mit dem Leben des Mitmenschen. Nicht ich bin Herr über das Leben des Mitmenschen, auch nicht über mein eigenes Leben. Gott allein ist Herr über Leben und Tod.
Deshalb betont die Kirche, das Leben des Menschen sei heilig von seinem Beginn im Mutterschoß an bis zum Tod. Das heißt, der Mensch kann über keine Phase des Lebens verfügen und darf sich nie als Herr des Lebens aufspielen. Er bleibt immer Verwalter des Lebens und wird einmal über seine Verwaltung Rechenschaft ablegen müssen.
Das Zweite Vatikanum sagt in der Pastoralkonstitution Gaudium et spes  –  und fasst damit zusammen, was die Kirche schon immer gelehrt hat :
“Gott, der Herr des Lebens, hat den Menschen die hohe Aufgabe der Erhaltung des Lebens übertragen, die auf eine menschenwürdige Weise erfüllt werden muss. Das Leben ist daher von der Empfängnis an mit höchster Sorgfalt zu schützen. Abtreibung und Tötung des Kindes sind verabscheuungswürdige Verbrechen” (51).
Diese Botschaft tragen wir heute ein weiteres Mal in die Welt hinaus, entsprechend dem Evangelium:
“Geht zu allen Völkern, und macht alle Menschen zu meinen Jüngern; tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, und lehrt sie, alles zu befolgen, was ich euch geboten habe” (Mt 28,19-20).
Quelle: http://www.bistum-chur.ch/Tag_des_Lebens_2012.pdf

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