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STATIONEN auf dem WEG zur FREIHEIT

ZUCHT.
Ziehst Du aus,
die Freiheit zu suchen,
so lerne vor allem
Zucht der Sinne
und Deiner Seele,

daß die Begierden
und Deine Glieder

Dich nicht bald hierhin,
bald dorthin führen.

Keusch sei Dein Geist
und Dein Leib,
gänzlich Dir selbst
unterworfen

und gehorsam,
das Ziel zu suchen,
das ihm gesetzt ist.

Niemand
erfährt das Geheimnis
der Freiheit,

es sei denn durch Zucht.

TAT.
Nicht das Beliebige,
sondern das Rechte
tun und wagen,
nicht im Möglichen schweben,
das Wirkliche tapfer ergreifen,
nicht in der Flucht der Gedanken,
allein in der Tat
ist die Freiheit.

Tritt heraus
aus ängstlichem Zögern 

in den Sturm des Geschehens,
nur von Gottes Gebot
und Deinem Glauben getragen
und die Freiheit
wird Deinen Geist
jauchzend umfangen.

LEIDEN.
Wunderbare Verwandlung.
Die starken tätigen Hände
sind Dir gebunden.
Ohnmächtig einsam
siehst Du das Ende
Deiner Tat.

Doch atmest Du auf
und legst das Rechte
still und getrost
in stärkere Hände
und gibst Dich zufrieden.

Nur einen Augenblick
berührtest Du selig
die Freiheit,
dann übergabst Du sie
GOTT,

damit ER sie
herrlich
vollende.

TOD.
Komm nun,
höchstes Fest
auf dem Weg
zur ewigen Freiheit.

Tod, leg nieder
beschwerliche Ketten
und Mauern

unseres vergänglichen Leibes
und unserer
verblendeten Seele,

daß wir endlich erblicken,
was hier uns zu sehen
mißgönnt ist.

FREIHEIT.
Dich suchten wir lange
in Zucht und in Tat
und in Leiden.
Sterbend
erkennen wir nun

im Angesicht Gottes
dich selbst.

Dietrich Bonhoeffer

Verfaßt am 21. Juli 1944,
einen Tag nach dem mißglückten Attentat auf Hitler

 

Gemälde: Dr. Rolf Braun

 

HINWEISE dazu von Felizitas Küble:

Der evangelische Theologe Dietrich Bonhoeffer ist ein bekanntes Opfer der NS-Diktatur; gerade in diesem Jahr wird oft an ihn erinnert, zudem läuft ein Spielfilm über sein Leben in den Kinos.

Der tiefsinnige Buchautor hat in seinen Schriften auch manches Gedankengut aufgenommen, das dem katholischen Glauben nahesteht.

So äußerte er sich zB. in seinem Buch „Gemeinsames Leben“ positiv über den Wert der persönlichen Beichte. Er verstand auch recht gut den Sinn des Ordenslebens. Bonhoeffer betonte zudem die Bedeutung der göttlichen Gebote für unser Leben (das irdische und das ewige).

Zugleich warnte er im Zusammenhang mit der protestantischen Rechtfertigungslehre („Allein die Gnade, allein der Glaube“) vor der Verkündigung einer „billigen Gnade“, denn das Erlösungswerk ist Christus „teuer“ zu stehen gekommen, kostete es ihn doch sein menschliches Leben, das ER unter großen Leiden als vollkommenes Opfer hingab für das Heil der Welt.

Daher sind wir zur Nachfolge Christi aufgerufen – auch dieses Wort hat Bonhoeffer oft verwendet, um einen Kontrast zur „billigen Gnade“ zu setzen.

Somit darf kirchliche Lehre die Gnade Christi nicht zum Schleuderpreis „anbieten“, sondern muß neben dem Zuspruch auch auf den Anspruch Gottes hinweisen.  Dies immer neu zu betonen war für den Theologen Bonhoeffer sehr wichtig.

Von ihm stammt überdies dieses obige, leider weitgehend unbekannt gebliebene Gedicht mit dem Titel „Stationen auf dem Weg zur Freiheit“.  Selbst in manchen Bonhoeffer-Biographien wird es mitunter verschwiegen oder nur verkürzt wiedergegeben.

Das erstaunt wenig, denn die Verse passen kaum zum heutigen Zeitgeist, heißt es doch darin schon in der ersten Strophe: „Niemand erfährt das Geheimnis der Freiheit  –  es sei denn durch Zucht.“

Scheinbar „veraltete“ Tugenden wie Zucht, Selbstbeherrschung, Disziplin etc.   –  das ist doch so ziemlich das Letzte, was ein „moderner“ Zeitgenosse hören will.

Die zweite Strophe erwähnt klar die Gebote Gottes –  auch dies ist nicht nach dem Geschmack weltlich denkender „Christen“ gebastelt. Dabei bringt Bonhoeffer die Gebote des Ewigen sehr richtig in einen engen Zusammenhang mit der wahren, der inneren, der gottgeschenkten Freiheit.

 

 

Kommentare

3 Antworten

  1. Ein wunderbares Wort ganz im Kontext zu 2.Timotheus 1,Vers 7!
    Ja es stimmt: gerade an diesen Tagen werden wir an die unfassbare Liebe des Vaters im Erlösungswerk Seines geliebten Sohnes erinnert! Das war alles andere als „billig“! Also sind diese „Ansprüche“ von Gott an uns in allem total gerechtfertigt!

  2. Wie tiefsinnig! Da merkt man erst, wie bildungsfern, mittelmäßig und geschichtsvergessen heutige Klerikale bis in die Spitzen sind. Wieviel dummes ideologisches Geschwätz von Kanzeln u Kathedern in diesen Tagen. Danke, liebe Frau Küble, für diesen Text

  3. Dieses ergreifende Gedicht von Friedrich Bonhoeffer und die treffenden Hinweise von Frau Küble passen ausgezeichnet als Stütze für alle – Christen und Nicht-Christen -, die sich aktuell weltweit für die Freiheit und gegen Totalitarismus und Kriegseskalation einsetzen.

    https://www.youtube.com/watch?v=WBRxkid8y7w
    „Das Christentum: Aufstand des Lebens, Revolution der Vernunft, Urknall der Freiheit – Weltwoche“

    https://www.youtube.com/watch?v=ObJTPhnTTuQ
    „Der Westen zerfällt“ – Dr. Christian Hacke über Krieg, Trump und Europas Zukunft

    https://tkp.at/2025/04/17/europas-krieg-und-die-ukrainische-frage/

    https://www.youtube.com/watch?v=okyj2ZJksyk
    „Der Zug Europas fährt Richtung Krieg – NATO-General warnt Deutschland“

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