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Causa Grass: Jüdischer Autor Alfred Grosser kritisiert „kollektive Selbstanklage“

Verschweigen der Waffen-SS-Zugehörigkeit war „skandalös“

Der deutsch-französische Publizist Prof. Dr. Alfred Grosser beurteilt den verstorbenen Autor Günter Grass zwiespältig. Der jüdische Schriftsteller hält dessen häufig erhobene kollektive Selbstanklage der Deutschen für übertrieben. 019_15A

Der verstorbene Literaturnobelpreisträger Grass habe hinsichtlich des Nationalsozialismus und seiner Verbrechen stets von einer Kollektivschuld der Deutschen gesprochen.

BILD: Deutsche waren nicht nur Täter, sondern auch Opfer der NS-Diktatur und ihrer Auswirkungen (z. B. Vertreibung, Bombardierung deutscher Städte, Massenvergewaltigungen)

Dabei seien zahlreiche Deutsche nicht nur keine Täter gewesen, sondern Opfer des NS-Systems geworden und z.B. in KZs inhaftiert gewesen:

„Abertausende von Deutschen waren ab 1937 im Konzentrationslager, Kurt Schumacher war ab 1933 im KZ – dieses Deutschland: von dem hat Grass eigentlich nie gesprochen. Und ich mache ihm das zum Vorwurf.“

Der 1925 in Frankfurt geborene jüdische Professor Grosser fügt hinzu:

„Meine ganze Arbeit auf deutsch-französischem Gebiet war immer, zu sagen: Es gibt keine Kollektivschuld – und vor allem, wenn ich daran denke, wie viele meiner Freunde z.B. im KZ Buchenwald zusammen waren mit Deutschen, die ab 1937 dort waren.“

Günter Grass und die „Bitburg-Affäre“:

Der linksorientierte Schriftsteller Grass hatte jahrzehntelang seine Mitgliedschaft in der Waffen-SS verschwiegen, zugleich aber Vorwürfe gegen andere erhoben, zumal gegen konservative Persönlichkeiten bzw. Politiker. Dies tat er lautstark vor allem im Zusammenhang mit dem sog. „Bitburg-Skandal“. images

Damals übte er scharfe Kritik am CDU-Vorsitzenden und Bundeskanzler Helmut Kohl, weil sich auf dem von Kohl und US-Präsident Ronald Reagan (siehe Foto) besuchten Soldatenfriedhof in Bitburg auch Gräber von Angehörigen der Waffen-SS befanden.

In der erregten Debatte von 1985 wurde in den Medien oft nicht zwischen der eigentlichen („schwarzen“) SS und der feldgrauen Waffen-SS unterschieden; zudem wurde nicht berücksichtigt, daß viele Soldaten zwangsweise in die Waffen-SS versetzt wurden.

Auch darauf weist Grosser eindeutig hin: „Die Waffen-SS war nicht die SS.“  – Und er ergänzt: „900.000 junge Deutsche waren zwangsverpflichtet bei der Waffen-SS.“

(Näheres dazu siehe hier in unserem –  vor drei Jahren veröffentlichten  –  Bericht: https://charismatismus.wordpress.com/2012/04/12/bitburg-1985-gunter-grass-und-der-gipfel-der-linken-heuchelei/)

Dass Grass jahrzehntelang seine Zugehörigkeit zur Waffen-SS verschwieg  – und dies bei gleichzeitiger Anklage gegen andere  –  bezeichnet Grosser in einem heute veröffentlichten Interview mit dem Deutschlandradio als „skandalös“.

Die lange gepflegte Würdigung des Schriftstellers als „moralisches Gewissen der Bundesrepublik“ nennt der deutsch-französische Publizist ebenfalls „sehr fragwürdig“.

Positiv äußerte sich Grosser über das Buch „Die Blechtrommel“ von Grass, ebenso über seine Begabung als Zeichner und Bildhauer.

Unsere Redakteurin Felizitas Küble leitet den KOMM-MIT-Verlag und das Christoferuswerk in Münster, das diese Webseite betreibt.

Zum Thema GRASS haben wir bislang 12 Artikel veröffentlicht: https://charismatismus.wordpress.com/category/causa-gunter-grass/

HIER ein Nachruf auf Grass von Bettina Röhl: http://www.rolandtichy.de/daili-es-sentials/guenter-grass-ist-tot/

Kommentare

3 Antworten

  1. Ich stimme mit dem Autor überein, dass das ein „dicker Hund“ von Günter Grass war, dass er die Verbrechen des NS-Regimes und der SS anklagte und gleichzeitig sich freiwillig zu dieser Verbrecherorganisation gemeldet hatte.

    Ansonsten habe ich aber oft eine andere Auffasung als der Autor.

    1. Guten Tag,
      die SS war eine Verbrecherorganisation, von der Waffen-SS (um die es hier geht) haben das nicht einmal die Alliierten behauptet. Es wird sowohl von uns wie von Grosser ausdrücklich zwischen der (schwarzen) SS und Waffen-SS unterschieden. Daß freilich auch die Waffen-SS kritisch zu betrachten ist, liegt auf der Hand. (Das muß mir auch keiner erzählen: Mein eigener Vater kam mit 16 Jahren ins Gefängnis, weil er sich weigerte, „freiwillig“ in die Waffen-SS zu gehen!) – Ob Grass freiwillig zur Waffen-SS gehörte oder nicht, läßt der Artikel offen (weil ich dies nicht sicher recherchieren konnte), weshalb auch völlig korrekt von „Angehörigkeit“ und nicht von (freiwilliger) „Mitgliedschaft“ die Rede ist.
      Zudem ist überhaupt nichts dagegen einzuwenden, daß Grass die Verbrechen des NS-Regimes etc anklagte, sondern daß er sich beim Bitburg-Thema derart scharf gegen US-Präsident Reagan und Kohl wandte, nur weil dort auf dem Friedhof auch ein paar Angehörige der Waffen-SS begraben lagen. Ausgerechnet er hätte hier nicht den Oberankläger spielen brauchen!
      Freundlichen Gruß!
      Felizitas Küble

  2. Keine Diktatur kann ohne Mitmacher und Unterstützer (Nutznießer) überleben. Jede Diktatur braucht aber auch welche, die sie unterdrücken kann. Und von denen gibt es ungleich mehr. Wenn 5% der Bevölkerung radikal und brutal genug sind, kann sie die Hammelherde unterdrücken und ausnutzen. Angst ist ein guter Kitt für eine unterdrückte Gesellschaft (ein aktuelles Beispiel: Hadith 3017 Sahih Al Bukharyy: Wer vom Glauben abfällt, der ist zu töten!
    Das hält den Islam besser zusammen als der ganze Koran). Und im Dritten Reich hersschte Angst, das habe ich als Kind erlebt.

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