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Charismatiker-Journal: Montanismus war die "erste Erweckungsbewegung" der Kirchengeschichte

Die jüngst erschienene Zeitschrift „Charisma“ (Nr. 161, 3. Quartal 2012) bekennt sich uneingeschränkt zur Montanismus als der „ersten großen Erweckungsbewegung“ des Christentums.
Das evangelisch-charismatische  Journal befaßt sich auf S. 35 in einem Artikel des Theologen und Pfarrers i.R. Klaus Vogt mit den Wesenszügen dieser schwarmgeistigen Strömung aus der zweiten Hälfte des 2. Jahrhundert nach Christus  – und beruft sich eindeutig auf deren Prinzipien.
Die katholische Kirche hatte sich damals  –  nach anfänglichem Abwarten  –  klar vom Montanismus distanziert und sich auch deren aktuelle Erwartung einer Wiederkunft Christi nicht zu eigen gemacht.
Die Bewegung wird nach ihrem Gründer Montanus benannt, der sich als besonders vom Heiligen Geist erleuchtet ansah  – und der mit zwei „Prophetinnen“ namens Maximilla und Priscilla predigend durch die Lande zog, wobei die beiden Frauen in Gottesdiensten ihre „Visionen“ schilderten.
Das Dreiergespann vertrat in Fragen der Moral sehr strikte Standpunkte, vor allem hinsichtlich Askese und Fasten – und es warf der „amtlichen“ katholischen Kirche mangelnde Geisterfülltheit und „Verweltlichung“ vor, wobei sich die Christenheit damals in einer Zeit der Verfolgung durch das römische Weltreich befand und insofern von einer wirklichen Verweltlichung insgesamt keine Rede sein konnte.
Daß der Montanismus die erste überörtliche und größere „Schwärmerbewegung“ der Kirchengeschichte darstellt, ist ohnehin unstrittig.
Aufschlußreich ist nun freilich, daß sich ein Magazin, das der   –  sonst eher gemäßigt-charismatischen  –   evangelischen „Geistlichen Gemeinde-Erneuerung“ nahesteht, uneingeschränkt zum Montanismus bekennt und ihn quasi als eigenen Ursprung feiert.
Pfarrer Vogt bezeichnet diese schwarmgeistige Bewegung als „Rückbesinnung auf die urchristlichen Wurzeln“ angesichts einer  –  wie er schreibt  – „fortschreitenden „Verweltlichung“ der Kirche“.
Die Christenverfolgung, die sich drei Jahrhunderte lang in stärkeren und schwächeren Phasen entlud, stellte freilich nach wie vor eine ständige Bedrohung dar, so daß sich die Gläubigen gewiß nicht gemütlich in der Welt und ihrer Umgebung einrichten konnten.
Doch mit dem Vorwurf der „Verweltlichung“ war aus Sicht der Montanisten wohl in erster Linie eine mangelnde „Geist-Orientiertheit“ der amtlichen Kirche gemeint, die bereits eine klare Kirchenstruktur aufwies, beruhend vor allem auf dem Bischofsamt, dem Priestertum und dem Dienst der Diakone.
Diesem „kirchlichen“ Christentum setzte nun der selbsternannte „Prophet“ Montanus und seine  beiden „Seherinnen“ einen geistgelenkten Glauben gegenüber, der sich auf besondere Offenbarungen und Erleuchtungen „von oben“ berief  und diese höher stellte als die „offizielle“ Lehre der Kirche, die freilich nicht direkt abgelehnt, sondern eher durch Visionen und angeblich übernatürliche „Worte der Erkenntnis“ verdrängt wurde.
Daß die katholische Kirche solch ein Ansinnen ablehnte und von ihrem Selbstverständnis her auch ablehnen mußte, liegt auf der Hand.
Diese Vorgänge stellt nun  „Charisma“ ganz im Sinne des Montanismus dar, der  – so wörtlich  – als „erste große Erweckungsbewegung in der Kirchengeschichte“ gewürdigt wird.
Montanus und seine beiden Visionärinnen werden als „glühende, prophetisch begabte Erweckungsprediger“ bezeichnet, die sich als „Werkzeug des Heiligen Geistes“ verstanden und die  eine „Umkehr zur entschiedenen bibelgemäßen Ethik“ gepredigt hätten, zudem ein „Leben in der Heiligung“ und im Bewußtsein vom „Wirken des Parakleten“ (gemeint ist der Heilige Geist als Beistand und Tröster).
Was die Wirksamkeit der neuen Schwärmerbewegung anbelangt, hat der Autor freilich recht, wenn er feststellt:
„Auch nach dem Tod aller drei Leiter (179 stirbt Maximilla als Letzte) lebt diese prophetische Erneuerungsbewegung noch viele Jahrzehnte ungebrochen fort und erfasst ganze Gemeinden.“
Tatsächlich hatte die katholische Kirche ihre liebe Mühe, ihre Gläubigen vor dieser enthusiastischen und endzeitschwärmerischen  Bewegung, die aus ihren eigenen Reihen entstanden war, ausreichend zu schützen, zumal das „Dreiergespann“ auch nach seinem Tod noch zahlreiche Anhänger fand  –  und dies sogar angesichts der Tatsache, daß die für das Ende des 2. Jahrhunderts angekündigte Wiederkunft Christi nicht eingetroffen war und sich insofern eine klare Falschprophetie herausstellte.
Der Verfasser erwähnt sodann den „Kirchenlehrer“  Tertullian“ (gestorben 220 n. Chr.), der seitens der katholischen Kirche gerade nicht als „Kirchenlehrer“ angesehen wird, weil er – nach seinem zunächst theologisch hoffnungsvollem und hochgebildeten Wirken  – später zu den Montanisten überlief.
Daher gilt er zwar als „Kirchenschriftsteller“, nicht jedoch als „Kirchenlehrer“  –  ähnlich wie Origenes, der zwar kein Montanist war, jedoch  eine schlußendliche Allerlösung verkündete, also die Ewigkeit der Hölle leugnete. Gleichwohl war auch Origenes ein hochgebildeter Theologe, dessen anfängliches Wirken positiv zu werten ist, der aber später in die irrtümliche Vorstellung von einer gottbewirkten „Allversöhnung“ abdriftete.

Pfarrer Vogt bedauert in seinem Artikel abschließend, daß einst im zweiten Jahrhundert nicht die Montanisten, sondern die offizielle katholische Kirche den Sieg davontrug und die meisten Gläubigen hinter sich versammen konnte.
Er schreibt: „Zum Schluß erschienen die Kritiker (des Montanismus)  als die Sieger der Geschichte  – aber der Heilige Geist bricht sich dennoch immer wieder neue Vahn.“
Hier wird also  – typisch für viele charismatische Köpfe  –  der Heilige Geist und die amtliche Kirche gegeneinander ausgespielt und der Eindruck erweckt, als wirke der Geist Gottes weniger in der Kirche als vielmehr bei den enthusiastischen Bewegungen.
Felizitas Küble, Leiterin des Christoferuswerks in Münster
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

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