DAS WORT
Das Wort gleicht dem beschwingten Pfeil,
Und ist es einmal deinem Bogen
In Tändeln oder Ernst entflogen,
Erschrecken muß dich seine Eil‘.
Dem Körnlein gleicht es, deiner Hand
Entschlüpft; wer mag es wiederfinden?
Und dennoch wuchert’s in den Gründen
Und treibt die Wurzeln durch das Land.
Gleicht dem verlornen Funken, der
Vielleicht verlischt am feuchten Tage,
Vielleicht am milden glimmt im Hage,
Am dürren schwillt zum Flammenmeer.
Und Worte sind es doch, die einst
So schwer in deine Schale fallen:
Ist keins ein nichtiges von allen,
Um jedes hoffst du oder weinst.
O, einen Strahl der Himmelsau,
Mein Gott, dem Zagenden und Blinden!
Wie soll er Ziel und Acker finden?
Wie Lüfte messen und den Tau?
Allmächt’ger, der das Wort geschenkt,
Doch seine Zukunft uns verhalten,
Woll‘ selber deiner Gabe walten,
Durch deinen Hauch sei sie gelenkt!
Richte den Pfeil dem Ziele zu,
Nähre das Körnlein schlummertrunken!
Erstick ihn oder fach den Funken!
Denn, was da frommt, das weißt nur du.
Annette von Droste-Hülshoff
Eine Antwort
Also, das ist doch ein schönes Forum, das uns dieses Gedicht von Annette v. Droste Hülshoff bringt.
Die beiden letzten Verse gefallen mir besonders gut.
Das erinnert mich an meine Schulzeit. Da hat man noch Gedichte gelesen und viele
auswendig gelernt, auch von Marie von Ebner-Eschenbach.
So, und woran habe ich mich noch erinnert? Annette war nicht nur „irgendwie“ musikalisch,
sie komponierte auch! ♫ ♪. ♫
Nachgeschaut, und schon habe ich es gefunden.
Wikipedia, Abschnitt:
Droste-Hülshoff als Musikerin und Komponistin
„Annettes Werdegang zu einer der bedeutendsten Schriftstellerinnen ging zunächst mit dem einer Musikerin und Komponistin einher. Ihr Wirken als Komponistin wurde lange Zeit verdrängt oder vergessen. Dabei standen ihre Musik und ihr Dichten zunächst in Wechselwirkung zueinander.
Annettes Eltern waren offen für Musik, ihr Vater war selbst passionierter Violinist. Im Stammsitz der Droste-Hülshoffs auf Burg Hülshoff befindet sich noch heute eine ansehnliche Noten- und Musikmaterialien-Sammlung, die für das häusliche Musizieren im Familienkreis unerlässlich war.“
Es gibt viele Zitate von ihr. Humor ☺ hatte sie auch:
„Nichts ist kläglicher als Humor in zu engen Schuhen.“