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Der Fall Galilei zwischen Fakten und Polemik

Von Dr. Josef Bordat

Galileo Galilei ist ein Physiker. Er ist jedoch vor allem ein Sinnbild, ein Symbol, eine Metapher. Er steht paradigmatisch für eine Kirche, die Wissenschaftler unterdrückt, den Fortschritt hemmt und die Moderne ablehnt.

Der historische Verlauf des Prozesses gegen ihn (seine Gründe, die Argumentation in den Verhandlungen, das genaue Ergebnis) ist dabei den wenigsten im Detail bekannt, die Wirkmacht der Metapher reicht diskursiv völlig aus, um die angeblich systematische Wissenschaftsfeindlichkeit der Katholischen Kirche zu zeigen.

Bei genauerer Betrachtung stellen sich jedoch die Dinge ganz anders dar.

Denn der Galilei-Prozess markiert nicht die vermeintliche Bruchstelle zwischen Kirche und Wissenschaft (oder gar Religion und Vernunft), als die er so oft und gern herbeizitiert wird, sondern verdeutlicht vor allem die Differenz von Theorie und Tatsache, einen Unterschied, auf den die Kirche (insbesondere deren Verfahrensbevollmächtigter Robert Kardinal Bellarmin) im Gegensatz zum Angeklagten größten Wert legte, eine Haltung, die auch von der gegenwärtigen Wissenschaftsphilosophie eingefordert wird.

Ob Karl Popper, Paul Feyerabend oder Carl Friedrich von Weizsäcker – sie alle billigen der Kirche des 17. Jahrhunderts implizit oder explizit zu, was der Wissenschaft des 20. Jahrhunderts selbstverständlich werden sollte: Eine Theorie ist keine Tatsache.

Diese und andere Fakten rund um den „Fall Galilei“ leuchtet der Kirchenhistoriker Walter Kardinal Brandmüller in seinem sehr empfehlenswerten Buch kenntnisreich aus. Die Neuauflage im Verlag Media Maria entspricht der bleibenden Relevanz des „Falls Galilei“ im Diskurs über Glaube und Wissenschaft – und der Notwendigkeit, die historischen Fakten gegen polemische Stimmungsmache zu verteidigen.

Hier geht es zur weiteren Buchbesprechung: https://jobosblog.wordpress.com/2021/06/26/dekonstruktion-eines-paradigmas/

Kommentare

13 Antworten

  1. Das ist doch alles ein recht alter Hut:

    Die Kirche hat schon längst erkannt, dass man Galileo Galilei Unrecht getan hatte. Deshalb wurde am 2. November 1992 Galileo Galilei von der römisch-katholischen Kirche formal rehabilitiert.

    Was war dem vorausgegangen?

    Die Kirche lehrte das geozentrische Weltbild, wonach sich die Sonne, der Mond und die Planeten um die Erde drehen würden. Das waren aber keine Fakten, sondern ein letztlich falsches Bibelverständnis. Papst Urban VIII. vertrat sogar die Auffassung, dass sich die vielfältigen, von Gott bewirkten Naturerscheinungen dem beschränkten Verstand der Menschen für immer entzögen.Ausgangspunkt war also eine nicht auf Fajkten basierende Annahme der katholischen Kirche über Astronomie.

    Richtig ist aus wissenschaftlicher Sicht folgendes:

    „Für Galilei war es offensichtlich, dass seine astronomischen Beobachtungen das heliozentrische Weltbild des Nikolaus Kopernikus stützten, aber keinen zwingenden Beweis lieferten: Sämtliche Beobachtungen wie etwa die Venusphasen waren auch mit dem Weltmodell des Tycho Brahe vereinbar, wonach sich Sonne und Mond um die Erde, die übrigen Planeten aber um die Sonne drehen. Tatsächlich gelang es erst James Bradley im Jahre 1729, mit der stellaren Aberration die Eigenbewegung der Erde gegenüber der Fixsternsphäre nachzuweisen.“

    https://de.wikipedia.org/wiki/Galileo_Galilei#Weitere_astronomische_Entdeckungen

    Galileo Galilei konnte den heliozentrischen Aufbau unseres Sonnensystems nicht beweisen. Die Kirche aber konnte ihr geozentrisches Modell ebenfalls nicht beweisen. Das wäre doch Anlaß zur Demut und zur Ergebnisoffenheit gewesen. Es ging halt im Ergebnis NICHT um eine „Differenz von Theorie und Tatsache“, wie hier behauptet wird, sondern um das Festhalten der Kirche an einem astronomischen Weltbild, das seinerseits nur eine Theorie gewesen ist und das seit Kopernikus insgeheim auch als überholt betrachtet wurde.

    1. Guten Tag,
      auch Luther war in dieser Streitsache allerdings ganz und gar nicht pro Galilei-Position – ich erinnere an die Causa Keppler.
      Den Astronomen Kopernikus – übrigens ein katholischer Kleriker bzw. Domherr aus Frauenburg – hat Luther als „Narren“ verunglimpft. Von „Ergebnisoffenheit“, die Sie von der katholischen Kirche fordern, keine Spur bei ihm.
      Der Papst hat damals das Urteil gegen Galileo übrigens nicht unterzeichnet – das erfährt man hier auf diesem kirchlichen evangelischen Portal: https://www.evangelisch.de/inhalte/92083/15-02-2014/der-heilige-geist-lehrt-keine-physik
      Freundlichen Gruß
      Felizitas Küble

      1. Da ich kein Jünger von Luther bin, interessiert mich das nicht. Was immer Luther gesagt oder getan hat, ändert nichts am Versagen der katholischen Kirche im Fall von Galileo Galilei.

        1. Guten Tag,
          da Sie ein Katholik (mehr) sind, ist es schon interessant, wie stark Sie sich auf Minuspunkte dieser Kirche fixieren – und das seit Jahren. Mag es Sie nicht interessieren, daß auch Luther gegen Galilei, Keppler und Kopernikus war (und daß letzterer ein katholischer Kleriker war), so ist es vielleicht für manche Mit-Leser ein neuer Hinweis, denn aufschlußreicherweise wird das Versagen des Herrn Reformators fast nie thematisiert (das sieht man auch bei Ihnen). Daß sich dadurch am katholischen Versagen nichts ändert, ist doch klar und das hat keiner bestritten.
          Freundlichen Gruß
          Felizitas Küble

      2. Etwas zeigt sich ganz klar es ist ein Segen, daß kirchliche Stellen bei Wissenschaft nichts mehr mitzureden haben, weil Quantenphysik, nur als Beispiel, lässt sich mit biblischen Aussagen zur Natur nicht unter einen Hut bringen
        es ist weise daß die Kirche da den Mund hält

        1. Guten Tag,
          gerade die Quantenphysik eröffnet schon rein wissenschaftliche neue Horizonte für den Glauben, falls Ihnen das entgangen ist.
          Herrn Bruno Machineks Buch hierzu – er ist gläubiger Katholik – hat das auch nochmal aufgezeigt.
          Es ist dies aber seit Heisenberg nichts Neues, zumal gerade die Quantenphysik das mechanistische Denken erschüttert hat, das für die Aufklärungszeit typisch war.
          Freundlichen Gruß
          Felizitas Küble

          1. Das steht außer Frage, was ich meine ist die Kirche kann nicht mehr regulierend eingreifen

      3. Frau Küble,

        ich argumentiere themenbezogen. Hier ging es allein um den Fall Galileo Galilei. Und allein dazu habe ich Feststellungen gemacht, die Sie nicht widerlegen können. Sie sind dann zu einem anderen Thema gewechselt; nämlich zur Frage, was jetzt Luther dazu gesagt hat. Dazu habe ich Ihnen faktisch korrekt erwidert, dass das nichts mit dem Ausgangsthema zu tun hat und deshalb nicht relevant ist. Jetzt greifen Sie mich auf persönlicher Ebene an.

        Das alles spricht für sich und sicher nicht für Sie. Bei dieser Feststellung belasse ich es.

        1. Guten Tag,
          auch ich habe themenbezogen argumentiert, falls Ihnen das entgangen ist. Die Grenzen eines Themas werden aber nicht von Ihnen gesteckt – ok?
          Oder sind Sie mein Oberbefehlshaber?!
          Natürlich darf ich Sie als Nicht-Katholiken auf die Position Luthers bei haargenau diesem hier behandelten Thema Galilei etc. hinweisen.
          Wenn das für Sie ein „Angriff“ (noch dazu ein „persönlicher“) ist, sagt dies nichts über mich, aber viel über Sie (um so ganz auf Ihrer Tonlage zu bleiben).
          Freundlichen Gruß
          Felizitas Küble

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