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Deutsche Politik bleibt im Widerspruch: Atomwaffen ja? Kernkraft nein?

Von Peter Kiefer

Am 3.5.2020 sagte der Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Rolf Mützenich: „Atomwaffen auf deutschem Gebiet erhöhen unsere Sicherheit nicht, im Gegenteil. Es wird Zeit, dass Deutschland die Stationierung zukünftig ausschließt.“

Sollte Herr Mützenich den Besuch seines Parteifreundes und Bundeskanzlers in Washington vor ein paar Tagen mitverfolgt haben, dürfte ihm klar sein, dass Deutschland in dieser Beziehung nichts zu sagen hat. Das ist übrigens vertraglich auch so festgelegt (s. NATO-Truppenstatut und Zusatzabkommen zum NATO-Truppenstatut).

Im berühmten 2+4-Vertrag im Zuge der deutschen Wiedervereinigung wurde der Abzug der sowjetischen Truppen aus Ostdeutschland vereinbart (wobei der Begriff ‚Ostdeutschland‘ falsch ist, denn gemeint war Mitteldeutschland), nicht aber der Abzug der West-Alliierten aus Westdeutschland.

In Art. 3 Abs. 2 verpflichtete sich die Bundesregierung zur Verringerung der Streitkräfte auf maximal 345.000 Mann und ging davon aus, „daß in Folgeverhandlungen auch die anderen Verhandlungsteilnehmer ihren Beitrag zur Festigung von Sicherheit und Stabilität in Europa, einschließlich Maßnahmen zur Begrenzung der Personalstärken, leisten werden.“

Die deutschen Diplomaten und Juristen, die an den Verhandlungen teilgenommen haben, wussten wohl, warum sie diesen Vertrag letztlich unterschrieben.

Wie jedermann weiß, sind selbst nach über 30 Jahren seit Vertragsschluss nach wie vor ‚fremde‘ Truppen auf dem Gebiet der Bundesrepublik stationiert. Und am Verbleib von Atomwaffen hat sich auch nichts geändert, außer, dass die Bomben modernisiert wurden.

1970 trat der ‚Vertrag über die Nichtverbreitung von Atomwaffen‘, bekannt unter Atomwaffensperrvertrag, in Kraft, den die damalige Bundesregierung unterschrieb und das Parlament auch ratifizierte.

Unter der SPD/FDP-Koalition (1969 – 1982) wurde die Stationierung von Atomwaffen in der Eifel beschlossen, einschließlich der Möglichkeit, die Bomben von deutschen Flugzeugen abzuwerfen. Man nannte das ‚nukleare Teilhabe‘. Sowohl die Gesellschaft, als auch die Politik war in dieser Frage tief gespalten, ähnlich der heutigen Situation in der Corona-P(l)andemie.

Unter dem Eindruck der zwei Atombomben-Abwürfe über Japan gegen Ende des Zweiten Weltkrieges bildete sich eine Anti-Atom-Bewegung, die man als Vorläufer der Grünen bezeichnen kann. Diese Bewegung war so stark, dass sie den Anfang der 70er Jahre geplanten Bau eines Kernkraftwerks in Wyhl (Kaiserstuhl) verhinderte. (Die Franzosen bauten dann auf der anderen Rheinseite in wenigen Kilometern Entfernung ein ‚eigenes‘ Atomkraftwerk: Fessenheim. Es wurde im Juni 2020 vom Netz genommen).

Bis März 2011 waren in Deutschland 17 Kernkraftwerke in Betrieb, die zuverlässig Strom lieferten, die aber wegen der ziemlich regelmäßigen Tsunamis in Deutschland auf Geheiß der damaligen Bundeskanzlerin nach und nach abgeschaltet wurden (die drei letzten sind noch bis Ende 2022 in Betrieb). Dann ist Deutschland befreit von der zivilen Nutzung der Kernkraft, jedoch leider nicht frei von Atomwaffen.

Von 1998 bis 2005 waren die Grünen in einer Koalition mit der SPD, aber da hatte das Land andere Probleme, da begann u. a. das ‚Abenteuer‘ Afghanistan. Im Koalitionsvertrag zwischen CDU und FDP stand 2009: „… wir befürworten (…) den Abzug der verbliebenen nuklearen Waffen aus Deutschland“  – und auch die Grünen meldeten sich wieder:  „Wir brauchen atomwaffenfreie Zonen. Deutschland sollte eine dieser Zonen sein, denn die Menschen wollen keine Atombomben vor ihrer Haustür“ (so der Fraktionsvorsitzende Anton Hofreiter am 31.03.2016).

Jetzt werden wir von einer Ampel-Koalition regiert, die mehrheitlich Atomwaffen auf deutschem Boden ablehnt, aber an der Situation wird sich mit 100%iger Sicherheit nichts ändern. Wir sind sogar bei der Inbetriebnahme einer Gasleitung auf das Wohlwollen eines fremden Staates angewiesen.

Soviel zur Souveränität der Bundesrepublik Deutschland!

Unser Gastautor Peter Kiefer aus Höllstein ist Elektrotechnik-Berufsschullehrer i.R.

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