Von Dr. David Berger
Am 7. Juli 2007 hat Papst Benedikt XVI. mit dem Motuproprio „Summorum Pontificum“ den bis zum Ende der 60er Jahre in der katholischen Kirche allgemein verbindlichen Gottesdienstritus wieder für den allgemeinen Gebrauch geöffnet.
Obgleich man den Ritus häufig „tridentinisch“ nennt, weil das Konzil von Trient ihn im 16. Jahrhundert endgültig fest geschrieben hat, geht er in allen wesentlichen Teilen auf die Zeit Papst Gregors des Großen (590 – 604) zurück.
Seine Wurzeln jedoch liegen noch viel tiefer: Zahlreiche seiner Elemente stammen aus dem Judentum, dem Hellenismus sowie dem byzantinischen und römischen Kaiserzeremoniell. Insofern ist er – um ein Diktum Konrad Adenauers leicht abzuwandeln – Ergebnis auch jener vier Säulen, die das Abendland ausmachen: Jerusalem, Athen, Konstantinopel und Rom.
Dieser Ritus ist aber nicht nur ein Kind des Abendlandes, sondern hat die ganze Kultur Europas federführend geprägt: Von der Musik bis hin zur Literatur wird dies immer wieder sichtbar. Insofern kann er durchaus als „Herz Europas“ bezeichnet werden.
Erstveröffentlichung hier: https://philosophia-perennis.com/2016/07/07/video-david-berger-benediktxvi/
13 Antworten
Mit besten Grüßen an Herrn Berger 🙂
https://www.domradio.de/themen/vatikan/2016-07-12/vatikan-erteilt-liturgiereform-eine-absage
Sorry wenn ich das so sage, aber David Berger kommt mir ziemlich wie ein Wendehals vor.
Bingo 🙂
„Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen“ sagt Jesus.
Dies ist für mich ein sehr wichtiger Satz. Jedenfalls hat er für mich mehr Bedeutung als eine ganz bestimmter Ritus oder Ablauf.
Sinnvoll ist es, wenn in allen Gottesdiensten auf der Welt 1 bis 2 Lesungen gehalten werden und das Evangelium verkündet wird.
Der Inhalt der Predigt und die Ausstrahlung des Priesters zieht evtl. Menschen an.
Ich verstehe das ganze Drama um den Ritus eh nicht so ganz.
Beim Beten zum Vater wenden wir uns dem Kreuz zu – egal bei welchem Ritus.
Beim Predigen wenden sich die Priester zum Volk – egal bei welchem Ritus.
Es geht doch nur um die Wandlung.
Der Altar symbolisiert Jesus, der Priester spricht im Namen von Jesus Christus und auf Altar steht oder liegt auch noch ein Kreuz.
Hört Gott bei vorgelesenen Gebeten überhaupt zu?
Oder sind frei formulierte Gebete, welche aus dem Herz des Beters kommen nicht für Gott viel interessanter?
Mir geht es ähnlich, wie @ Bernhard, denn auch ich habe „Der heilige Schein“ gelesen. Aber David Berger kann sich auch einfach wandeln und über die Dinge anders denken als vor ein paar Jahren. Das ist normal – er lebt und ist nicht in Stein gemeißelt.
Vielleicht sind zwei Dinge zu unterscheiden:
Die Frage, wer die alte Messe zu welchem Zweck instrumentalisiert und was sie empirisch in unserer Kulturgeschichte bedeutet.
Berger weist auf die Kunstwerke hin, die durch den Messordo angeregt wurden. Und damit hat er wirklich recht!
Man kann allerdings dem Schrifttum des 19. Jh entnehmen, dass auch der alten Ritus keineswegs so sorgfältig zelebriert wurde, wie das in Tradikreisen heute getan wird. Nicht umsonst gab es so verknöcherte Restaurationsbewegungen wie den Cäcilianismus schon seit 200 Jahren – und aus seinem Geist agierte später Pius X. und noch später die FSSPX. Man hatte seit fast 500 Jahren deutsche Lieder für die Hl. Messe und spätestens seit dem Ende des 18. Jh Bet-Sing-Messen auf Deutsch. Das Bild von „früher“ dürfte ziemlich verzerrt sein…
Darüber haben ultramontane Kreise auch schon vor 150 Jahren ausgiebig lamentiert, aber nur eine gewisse Gruppe, denn andererseits warf man den Jesuiten, die ja Spitzen-Träger des Ultramontanismus waren, auch immer vor, sie zelebrierten schlampig und ohne Ehrfurcht.
Dennoch hat der ältere Ritus eine wesentlich stimmigere und erhabenere Form, was aber auch für andere ältere Riten, die ja auch erlaubt sind, gilt. Dem NOM spürt man instinktiv ab, dass er etwas Artifizielles, Unechtes und „Unausgegorenes“, an sich hat.
Von daher ist Benedikts XVI. Ansatz, beide Riten nebeneinander wirken zu lassen, um zu sehen, ob sich nicht eine Optimierung ergibt, verständlich.
Die Vereinnahmung aber des alten Ritus durch reaktionäre Kreise hat sie im Grunde total verdorben und vielen Menschen widerlich gemacht.
Sie spiegelt durch ihre Anlehnung an monarchische Zeremonielle eben die unterstellte, angeblich einzig richtige katholische Lebensform, nämlich die Monarchie, das rabiate ständische Element, gewissermaßen ein kristallines Kastenwesen nicht nur am Altar, sondern noch in der letzten Bauernkate.
Und an dem Punkt kann man sagen: Nein, das muss nicht zwingend so „höfisch“ und politisch kontaminiert daherkommen.
Der NOM ist die Liturgie der Krise, aber der alte Ritus ist der Ritus einer Kirche, die sich selbst mit einem Kaiserhof in der Welt verwechselte.
Inwieweit hat der ältere Ritus eine „wesentlich stimmigere und erhabenere Form“? Zugegebenermaßen habe ich noch nicht viele Messen des Tridentinischen Ritus besucht, aber vom Ablauf her unterscheiden sie sich die beiden Riten ja gar nicht so sehr.
Na ja, die Katholische Kirche ist nun einmal „ständisch“ eingeteilt: Es gibt den Stand der Laien und der Kleriker, und der gliedert sich noch einmal in Priester, Bischöfe und den Papst (mit noch weiteren Ausdifferenzierungen). Dass die Ständegesellschaft die einzig legitime christliche Gesellschaftsform sei, wurde ja früher von vielen Kirchenleuten kolportiert (ob es jemals offizielle Lehre der Kirche war, weiß ich nicht). Der Messritus ändert an der grundsätzlichen Verfasstheit der Kirche aber nichts, und kann es auch nicht.
Wie viele Leute sehnen sich denn nach „königlichen“ Zeiten zurück? Meine Wahrnehmung ist, es dürften nur sehr wenige sein, selbst unter den „Tradis“.
„Ständisch eingeteilt“, sagen Sie, sei die Kirche. Das hat den Charakter des „Ständischen“ aufgrund der Geschichte erhalten, aber es ist die Frage, ob hier etwas „Ständisches“ im sozialen Sinn gemeint ist, also eine Art „Parallelstruktur“ zur feudalen mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Geschichte.
Ich glaube nicht, dass das zwingend ist, denn es hat keinerlei dogmatische Grundlage. Nirgends wurde definiert, dass die Kirche in diesem enggeführten Sinne gegliedert sein muss.
Auch ist der Weihestand ja kein sozialer Stand, sondern ein spezieller ontologischer Stand, der seinen Träger gewissermaßen „auslöscht“, um Christus sichtbar zu machen – gerade kein Herrscheramt im weltlichen Sinne.
Ich habe darüber noch nicht nachgedacht, aber mir scheint gerade auf, dass die alte Liturgie tatsächlich auch ein Missverständnis erzeugt, trotz ihrer Erhabenheit und vor allem von Kreisen beansprucht wird, die die alten Feudalverhältnisse wieder haben wollen.
Vielleicht hängt die Kirchenkrise auch damit so ursächlich zusammen, dass der alte, total verweltlicht aufgefasste ständische Weg definitiv an sein Ende gekommen war, die Kirche aber auf diesem Weg soviel Glaubenssubstanz verloren hatte, dass sie es nicht stante pede schaffte, ihre Identität, ihre „wahre“ Identität überhaupt noch zu benennen. In der Tat war hinter der frommen ultramontanen Fassade die Identität versunken („Bigotterie“).
Die Tragik ist wohl die, dass die Jahrhunderte zuvor im Grunde der Glaube total heruntergewirtschaftet worden war durch seine Politisierung und Verweltlichung, die Reform im Prinzip zu spät kam und hilflos war. So schleudert es uns alle hin und her mit zentrifugalen Kräften, mal ins Progressistische, das ebenso den alten verweltlichten Weg – bloß eben „links“ – weitergehen will wie das Reaktionäre, das dasselbe im alten Stil tun will.
Wahrscheinlich fehlt dem Abendland eine tiefe Buße – nur sie könnte wohl noch helfen. Von Buße ist aber weit und breit nichts zu sehen. Wir haben nur Leute, die sich nicht als Urheber und Träger des Desasters sehen…
Dass angesichts des beendeten feudalen Wegs wohl schon eine Liturgiereform notwendig erschien, kann man nachvollziehen, aber sie zeugt von Orientierungslosigkeit und … eben Krise. Mit einem einfachen „Zurück“ werden wir es nicht schaffen, denn die Christen werden nicht gläubiger, wenn wir wieder in alten Gewändern gehen. Die Wandlung muss von innen kommen.
Ob die klassische Liturgie die Teilnehmerzahlen der Heiligen Messe erhöht?
Sprechen solche Gottesdienste Jugendliche an?
Tradition füllt keine Gottesdienste. Es ist der Heilige Geist, der die Menschen mit der Sehnsucht zur Anbetung Gottes motiviert.
Ich besuche – nicht regelmäßig – die hl. Messe im ausserordentlichen Ritus.
Sicher, die meisten Kirchgänger auch dort sind schon älter, dennoch sind prozentual sehr viel Jugendliche anzutreffen. Diese fehlen hier in der Kirche meines Ortes ganz, ebenso die Kinder.
Und vor allem sind dort auch mittlere Jahrgänge präsent. Die 40- bis 50-jährigen dagegen sind bei uns kaum zu sehen.
Ja, der Heilige Geist motiviert die Menschen mit der Sehnsucht zur Anbetung Gottes. Deswegen ist es auch gar nicht angezeigt, die Menschen mit etwas anderem – wie einer gelungenen Show oder fetziger Musik – in die Kirche zu locken.
Nach katholischem Verständnis ist Liturgie nicht etwas, was sich Menschen ausdenken, um andere Menschen zur Bekehrung und zum Glauben zu motivieren. Sie ist vielmehr ein unvollkommenes Abbild der Liturgie, die ständig im Himmel stattfindet. Es ist zwar schön, wenn die dem „himmlischen Original“ ein bisschen näher kommt; essenziell für den Glauben ist es aber nicht.
Tradition füllt keine Gottesdienste. Schlagzeug und Showeinlagen aber auch nicht. Und wenn, dann ist es wertlos, solange die Leute nicht aus Liebe zu Gott kommen.
Aber Freude füllt den Gottesdienst. Und eine verständliche Sprache.
Wer kommt aus Liebe zu Gott? Ist ein Sonntagsgebot hierbei hilfreich, um das festzustellen?
Sorry wenn ich das so sage, aber David Berger kommt mir ziemlich wie ein Wendehals vor.
In seinem Buch „Der heilige Schein“ behauptet er, die alte Liturgie komme besonders dem Geschmack der Homosexuellen entgegen, einzelne Gesten in dieser Liturgie seien sublimierte homosexuelle Handlungen.
Wenn man bedenkt, dass homosexuelle Handlungen nach katholischer Lehre Sünde sind und eine homosexuelle Kultur nicht zu unterstützen ist, doch ein ziemlicher Widerspruch.
Außerdem erhebt sich natürlich die Frage, ob das ursprünglich heidnische byzantinische und römische Hofzeremoniell der richtige Rahmen für eine christliche Liturgie sind. Aber das ist ein anderes Thema.
Die Kommentare Dr. David Bergers erfüllen mich immer mehr mit Freude und auch Staunen.
Sie helfen mir das Bild, welches ich von ihm hatte, zu korrigieren.