Der evangelische Theologe Dietrich Bonhoeffer ist ein bekanntes Opfer der NS-Diktatur. Er hat in seinen Schriften auch manches Gedankengut aufgenommen, das dem katholischen Glauben nahesteht.
So äußerte er sich zB. in seinem Buch „Gemeinsames Leben“ positiv über den Wert der persönlichen Beichte. Er verstand auch recht gut den Sinn des Ordenslebens. Bonhoeffer betonte zudem die Bedeutung der göttlichen Gebote für unser Leben (das irdische und das ewige).
Zugleich warnte er im Zusammenhang mit der protestantischen Rechtfertigungslehre („Allein die Gnade, allein der Glaube“) vor der Verkündigung einer „billigen Gnade“, denn das Erlösungswerk ist Christus „teuer“ zu stehen gekommen, kostete es ihn doch sein menschliches Leben, das er unter großen Leiden als vollkommenes Opfer hingab für das Heil der Welt.
Daher darf kirchliche Lehre die Gnade Christi nicht zum Schleuderpreis „anbieten“, sondern muß neben dem Zuspruch auch auf den Anspruch Gottes hinweisen. Dies zu betonen war für den Theologen Bonhoeffer sehr wichtig.
Von ihm stammt überdies ein – leider weitgehend unbekanntes – Gedicht mit dem Titel „Stationen auf dem Weg zur Freiheit“. Selbst in Bonhoeffer-Biographien wird es mitunter verschwiegen oder nur verkürzt wiedergegeben.
Das erstaunt wenig, denn diese Verse passen kaum zum heutigen Zeitgeist, heißt es doch darin schon in der ersten Strophe: „Niemand erfährt das Geheimnis der Freiheit – es sei denn durch Zucht.“
Scheinbar „veraltete“ Tugenden wie Zucht, Selbstbeherrschung, Disziplin etc. – das ist doch so ziemlich das Letzte, was ein „moderner“ Zeitgenosse hören will.
Die zweite Strophe erwähnt dann die Gebote Gottes – auch dies ist nicht nach dem Geschmack allzu weltlich denkender Leute gebastelt. Dabei bringt Bonhoeffer die Gebote des Ewigen sehr richtig in Zusammenhang mit der wahren, der inneren, der gottgeschenkten Freiheit.
Das vollständige Bonhoeffer-Gedicht in vier Strophen folgt hier:
STATIONEN auf dem WEG zur FREIHEIT
ZUCHT. Ziehst Du aus, die Freiheit zu suchen,so lerne vor allem Zucht der Sinne und Deiner Seele, daß die Begierden und Deine Glieder Dich nicht bald hierhin, bald dorthin führen. Keusch sei Dein Geist und Dein Leib, gänzlich Dir selbst unterworfen und gehorsam, das Ziel zu suchen, das ihm gesetzt ist. Niemand erfährt das Geheimnis der Freiheit, es sei denn durch Zucht. TAT. Nicht das Beliebige, sondern das Rechte tun und wagen, nicht im Möglichen schweben, das Wirkliche tapfer ergreifen, nicht in der Flucht der Gedanken, allein in der Tat ist die Freiheit. Tritt aus ängstlichem Zögern heraus in den Sturm des Geschehens, nur von Gottes Gebot und Deinem Glauben getragen und die Freiheit wird Deinen Geist jauchzend umfangen. LEIDEN. Wunderbare Verwandlung. Die starken tätigen Hände sind Dir gebunden. Ohnmächtig einsam siehst Du das Ende Deiner Tat. Doch atmest Du auf und legst das Rechte still und getrost in stärkere Hände und gibst Dich zufrieden. Nur einen Augenblick berührtest Du selig die Freiheit, dann übergabst Du sie GOTT, damit ER sie herrlich vollende. TOD. Komm nun, höchstes Fest auf dem Weg zur ewigen Freiheit. Tod, leg nieder beschwerliche Ketten und Mauern unseres vergänglichen Leibes und unserer verblendeten Seele, daß wir endlich erblicken, was hier uns zu sehen mißgönnt ist. FREIHEIT.
Dich suchten wir lange in Zucht und in Tat und in Leiden. Sterbend erkennen wir nun im Angesicht Gottes dich selbst. Dietrich Bonhoeffer Verfaßt am 21. Juli 1944, einen Tag nach dem mißglückten Attentat auf Hitler
2 Antworten
Unbekannt? Aus diesem Gedicht habe ich als Schüler am 27.3.1952 vorgetragen, auf der Entlassfeier des 8. Schuljahres der Kath. Volksschule in Brand bei Aachen. Bei uns gab es schon fächerübergreifenden Unterricht Deutsch-Neuere Geschichte-Religion. Bei der Gelegenheit wurde auch gelesen: Kolping: Grundpfeiler des Staates. Claudius: An meinen Sohn Johannes. Schiller: aus „Wilh. Tell.“
Ich möchte diese Zeilen nur unterstreichen und Wünsche das Menschen die Gnade Gottes Groß wird. Mfg Christian Horstmann