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Dokumentation: Dankesbrief von Erzbischof Gerhard L. Müller an alle Gläubigen des Bistums Regensburg

„Ich danke meinem Gott jedesmal, wenn ich an euch denke“ (Phil 1, 3)

Meine lieben Brüder und Schwestern im Glauben an Jesus Christus!
Innerlich tief bewegt erinnere ich mich an das Christkönigsfest 2002 im Hohen Dom zu Regensburg, als der damalige Erzbischof von München und Freising, Friedrich Kardinal Wetter, mir die Hände auflegte und mit den feierlichen Worten des Weihegebetes mich zum Bischof konsekrierte.
Mit ihren Seelsorgern waren sehr viele Gläubige persönlich dabei oder verfolgten über Radio und Fernsehen das heilige Geschehen, das sich in jeder Weihe vollzieht.
Was das Weihesakrament bedeutet, erklärt der Apostel Paulus in seiner Abschiedspredigt in Milet:
Die Bischöfe und Priester sind vom Heiligen Geist bestellt, damit sie als Hirten für die Kirche Gottes sorgen. Nach dem Beispiel Christi, seines Sohnes und des guten Hirten sollen sie die Herde des Herrn auf die Weide des Wortes und der Gnade Gottes führen (vgl. Apg 20,17-36).
Mit vielen anderen Bischöfen legte mir damals auch Joseph Kardinal Ratzinger die Hände auf. Als Papst Benedikt XVI. hat er mich am 2. Juli 2012 zum Präfekten der Glaubenskongregation nach Rom berufen. Damit endet mein Dienst als Bischof von Regensburg und als euer Oberhirte.

Von Gott berufen

Im Licht der Offenbarung Gottes als Ursprung und Ziel eines jeden Menschen müssen wir das Wesen und die Sendung der Kirche verstehen.
Man kann sie nicht mit einem von Menschen gemachten Unternehmen, einem Verein, einer politischen Partei oder einem Staat vergleichen.
Das II. Vatikanische Konzil lehrt in der Dogmatischen Konstitution über die Kirche, dass sie als Zeichen und Werkzeug im Heilsplan Gottes zu verstehen und anzuerkennen ist.
Die Kirche ist unsere Mutter im Glauben
Kirche ist nicht eine unpersönliche Institution, die ihren Mitgliedern von außen entgegentritt. Kirche ist Person und Gemeinschaft von Personen. So erkennen wir sie als unsere Mutter im Glauben und als Braut Christi, der sie geliebt und sich für sie dahingegeben hat.
Sie ist nach Analogie des gott-menschlichen Mysteriums Christi die von Gott gebildete Gemeinschaft, die göttliche und menschliche Elemente umfasst.
Die göttlichen Elemente sind das Wort Gottes, das der Kirche zur treuen Verkündigung anvertraut ist, ebenso wie die sieben Sakramente, durch die uns das Gnadenleben in Gottes dreifaltiger Liebe vermittelt wird.
Dazu gehören auch die Gnadengaben des Heiligen Geistes, durch die der Leib Christi im Zusammenspiel seiner Glieder, der einzelnen Christen, auferbaut wird.
Göttlichen Ursprungs ist auch die apostolische Verfassung der Kirche mit dem Papst und den Bischöfen als Nachfolgern der Apostel, die ihren Dienst am Heil der Menschen in der Gemeinschaft mit den Priestern und Diakonen ausüben.
Dabei werden sie unterstützt von vielen hauptberuflich tätigen Laien im pastoralen, karitativen und kerygmatischen Dienst aufgrund der Missio canonica.
Im Laufe meines fast zehnjährigen Wirkens als Bischof von Regensburg habe ich mich immer bemüht, die Kirche als Sakrament des Heils der Welt in Christus deutlich zu machen.
Nur in einem geistlichen Denken und im Glauben erfassen wir ihr Wesen und ihre Sendung im universalen Heilsplan Gottes für die Menschen.
Als Volk Gottes, als Leib Christi und als Tempel des Heiligen Geistes darf sie sich nie einer bloß innerweltlichen Zweckbestimmung zuordnen lassen oder sich gar darin erschöpfen.
Das wäre ein entsetzlicher Verrat an der „Freiheit und Herrlichkeit der Kinder Gottes“ (Röm 8,29), zu der wir alle berufen sind.
Die Kirche rechtfertigt ihre Existenz nicht vor der Welt, indem sie sich als eine Art nichtstaatlicher Wohlfahrtsorganisation präsentiert. Es geht in allem um die Erkenntnis Gottes als Sinn unseres Lebens und um die Berufung zum ewigen Leben.
Tief ergriffen und bewegt haben mich als Seelsorger die Begegnungen mit Kindern und Jugendlichen, die von Krankheit und Tod gezeichnet, sich ein unerschütterliches Vertrauen in die Güte Gottes bewahrt haben, auch wenn alle irdische Hoffnung schon zu Ende war.

Geliebte Kinder Gottes

Als mündige Christen und im Glauben reife Menschen müssen wir uns auch dem Allzumenschlichen in der Kirche stellen. Die Kirche besteht aus Menschen.
Im Unterschied zu Jesus Christus, ihrem Haupt, können wir durch mangelndes Glaubenswissen, durch feige Unterwürfigkeit unter innerweltliche Selbsterlösungslehren, durch Paktieren mit dem Aberglauben und dem Neuheidentum und der öffentlich propagierten Selbstsucht oder durch moralisches Versagen den Lichtglanz Jesu Christi auf dem Antlitz der Kirche verdunkeln und so am Heil unserer im Glauben schwächeren Brüder und Schwestern schuldig werden.
Wir Menschen in der Kirche sind es, die dadurch dem Hohn und Spott über den Gottesglauben billige Nahrung verschaffen.
Deshalb bedürfen wir auf unserem irdischen Pilgerweg immer der Umkehr, der Buße und der Erneuerung in Jesus Christus.
Das ist etwas grundsätzlich Verschiedenes von klug ausgedachten Modernisierungskampagnen, um sich nach dem Maß von Werbeagenturen ein zeitgefälliges Outfit zuzulegen.
Den Glauben darf man nicht vermarkten
Den Glauben kann und darf man nicht vermarkten. Denn die Menschen sind nicht schlau angelockte Kunden auf dem Jahrmarkt der Eitelkeiten, sondern geliebte Kinder Gottes, für die Christus den Preis seines Lebens bezahlt hat.
Noch immer gilt das Paulus-Wort beim Abschied von Milet, dass es in der Kirche und besonders im geistlichen Amt nicht um Silber und Gold, also um weltliche, vergängliche Güter geht.
So spricht Paulus von dem einen unvergänglichen Gut, nämlich Jesus Christus und der Liebe und Nähe des guten Hirten zu jedem Einzelnen.

Ein aufrichtiger Dank

Der Bischof von Regensburg repräsentiert die Einheit der Ortskirche, unseres Bistums, zu dem mehr als 1,2 Millionen Katholiken gehören, mit Jesus Christus und der katholischen Kirche auf der ganzen Welt.
Aber er ist nicht allein verantwortlich für die Sendung der Kirche. In der Gemeinschaft mit meinem Vorgänger auf der Cathedra des hl. Wolfgang, Bischof Manfred, und meinen beiden Weihbischöfen Vinzenz und Reinhard, dem Presbyterium und den Diakonen sowie in Einheit mit den Ordensleuten und allen Gläubigen, die haupt- und ehrenamtlich den Apostolat der Laien verwirklichen, wollte ich als Bischof wie ein Vater dafür sorgen, dass die Familie Gottes in Liebe zusammenwächst und die ganze Kirche in dieser Zeit mitwirkt am Aufbau des Reiches Gottes für die Ewigkeit.
In der Eucharistie sind wir als Dankgemeinde im Gotteslob verbunden. Aus der Lebensgemeinschaft mit Christus schöpfen wir die Kraft für die Sendung der Kirche, um im Dienst am Heil der Welt bis zur Wiederkunft des Herrn nicht glaubensmüde zu werden oder in der Gottes- und Nächstenliebe zu erkalten.
In das eucharistische Opfer, die heilige Messe, lege ich all meinen persönlichen Dank für den treu gelebten Glauben, für die geistlichen und materiellen Gaben, die das vielfältige Engagement der Kirche in unserem Bistum ermöglichen und mittragen.
Es sind Hunderttausende, die ehrenamtlich sich einsetzen in den Pfarrgemeinderäten, in den Kirchenverwaltungen, die in katholischen Vereinen und Verbänden das Evangelium Christi bezeugen, die in Ehe und Familie die Liebe Christi zu seiner Kirche erfahrbar machen, und die am Arbeitsplatz sowie in Gesellschaft und Staat für die Menschenwürde eintreten.
Ich danke allen, die sich im Diözesankommitee der Katholiken, im Diözesan-Pastoralrat, im Diözesansteuerausschuss, im Diözesan-Vermögensverwaltungsrat, in den zuständigen Gremien opferbereit einsetzen für die Kirche, ohne viel Aufhebens von sich selbst zu machen.
Meinen tief empfundenen herzlichen Dank möchte ich allen Priestern und Diakonen, den Religionslehrern und allen Frauen und Männern ausdrücken, die im Bereich von Verkündigung und Caritas mit Kompetenz und Hingabe für andere da sind, weil sie sich von der Liebe Christi dazu drängen lassen.
Danken möchte ich auch dem Priesterseminar und dem Studium Rudolphinum. Die gute Ausbildung der Priester war mir stets ein persönliches Anliegen. Das Gebet um geistliche Berufe ist dabei ein in die Zukunft weisender Schritt.
Mit großer Freude erinnere ich mich an die Weltjugendtage, die internationalen Ministrantenwallfahrten, die überwältigende Teilnahme unserer Jugendlichen beim Papstbesuch in Regensburg und Berlin.
Wer, wenn nicht die Kirche muss im Dienst am Gemeinwohl die starke Lobby sein für Kinder und Jugendliche, für Ehe und Familie, für kranke und alte Menschen sowie für Menschen mit Behinderung und alle Hilfsbedürftigen und alle, die sich nach der Wahrheit und Liebe Gottes sehnen.
Als Bischof wollte ich dies bezeugen und vorleben aber ebenso durfte ich mich in meinem Dienst als Bischof in vielfältiger Weise als Beschenkter erfahren. „Vergelt`s Gott“ dafür!

Liebe Brüder und Schwestern!

Mit einem herzlichen und aufrichtigen Dank an alle und dem Versprechen des Gebetes für das ganze Bistum Regensburg möchte ich schließen.
Auch weiterhin fühle ich mich mit Euch tief verbunden im Glauben, in der Hoffnung und in der Liebe, im Gebet und der Eucharistie.
Ich drücke meine bleibende Verbundenheit in Jesus, unserem Herrn, aus, indem ich mir die Worte des Völkerapostels an seine Lieblingsgemeinde in Philippi zu eigen mache:
„Ich danke meinem Gott jedes Mal, wenn ich an euch denke; immer, wenn ich für euch alle bete, tue ich es mit Freude und danke Gott dafür, dass ihr euch gemeinsam für das Evangelium eingesetzt habt vom ersten Tag an bis jetzt. Ich vertraue darauf, dass er, der das gute Werk bei euch begonnen hat, es auch vollenden wird bis zum Tag Jesu Christi. Es ist nur recht, dass ich so über euch alle denke, weil ich euch ins Herz geschlossen habe. […] Und ich bete darum, dass eure Liebe immer noch reicher wird an Einsicht und Verständnis, damit ihr beurteilen könnt, worauf es ankommt. Dann werdet ihr rein und ohne Tadel sein für den Tag Christi, reich an der Frucht der Gerechtigkeit, die Jesus Christus gibt, zur Ehre und zum Lob Gottes.“ (Phil 1, 3-7;9-11)
So segne und behüte euch alle der dreieinige Gott der + Vater und der + Sohn und der + Heilige Geist!
Rom, am Fest der Geburt Mariens, im Jahr des Heils 2012

+Gerhard Ludwig Müller
Erzbischof
Bischof emeritus von Regensburg
 
                                                                                                                                                                               Fotos: Bischöfliche Pressestelle Regensburg
 

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