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Dokumentation: Führender evangelischer Theologe widerspricht EKD-Familienpapier

Aufklärung zur Ehe

 Theologische Stellungnahme

zur Orientierungshilfe des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland :

„Zwischen Autonomie und Angewiesenheit. Familie als verlässliche Gemeinschaft stärken.“

 Von Prof. Dr. Reinhard Slenczka, Erlangen

 Veränderung als sittliche Norm?  – Vorbemerkung zum Thema:

Dieser kirchenamtliche Text richtet sich auf einen aus dem „gesellschaftlichen Wandel“  hervorgegangenen  „erweiterten Familienbegriff“ mit der Absicht, Orientierung nach den Grundsätzen christlicher Lehre zu geben.

In der Durchführung bedeutet dies jedoch nichts anderes, als dass der Rat  der EKD den Anspruch erhebt, die Auslegung der Heiligen Schrift einem vermuteten gesellschaftlichen Wandel und den gesellschaftspolitischen Forderungen unter Aufhebung aller Widersprüche anzupassen (S. 13, 54 ff). Dazu hat er weder die Vollmacht noch das Recht. 120505288_BV_July und Mike

Das damit entstandene Problem ist bereits im Thema „zwischen Autonomie und Angewiesenheit“ zu erfassen:

Was ist „Autonomie? Dass der „Mensch nach der Aufklärung“ in der Weise sich als „autonom“ versteht, dass er selbst über Gut und Böse entscheiden kann und will, ist eine selbst in der Fachwelt weitverbreitete Auffassung und Einstellung.

Für den Philosophen der Aufklärung jedoch, Immanuel Kant, heißt „Autonomie“, das unbedingt (kategorisch) geltende Gesetz um seiner selbst willen zu tun. 

Heteronomie hingegen liegt dann vor, wenn ich das Gesetz nicht um seiner selbst willen, sondern nach meinen Zwecken, Bedürfnissen und nach der jeweiligen Situation (hypothetisch) verwende. Eine praktische Anwendung dieses Grundsatzes findet sich in Kants Schrift „Über ein vermeintes Recht aus Menschenliebe zu lügen“ mit dem auch heute zu bedenkenden Grundsatz: „Das Recht muss nie der Politik, wohl aber die Politik jederzeit dem Recht angepasst werden“.

Kant betont dazu, dass man auf empirische Prinzipien, also auf die Erfahrung und gesellschaftlichen Wandel, keine moralischen Gesetze begründen kann[1]. Das ist auch heute notwendige Aufklärung im Sinne Kants!

Was ist „Angewiesenheit“? Das ist Bedürfnis oder auch Mangel, der vom Menschen empfunden wird und der zu befriedigen ist. Man mag das als Anlage oder auch als Trieb bezeichnen. In jedem Fall bezieht sich das auf Zwecke und Bedürfnisse des Menschen.

Der wissenschaftliche Fachausdruck dafür ist „Behaviorismus“ / „Verhaltensforschung“, eine Betrachtungsweise, die ursprünglich aus der Zoologie stammt, wo die bedingten Reflexe in ihrer Regelmäßigkeit beobachtet werden. Die Übertragung dieser Betrachtungsweise auf menschliches Verhalten wird weithin als Selbstverständlichkeit angesehen.120505416_B_Judy und Mike in der Kirche

An dieser Stelle liegt ein simpler, jedoch folgenreicher und leider weitverbreiteter Fehler: Denn der ganze Text steht unter dem Vorzeichen einer Heteronomie, bei der die unbedingte und universale Geltung des Sittengesetzes durch die Bedürfnisse und Triebe des Menschen aufgehoben wird.

Das ist ein generelles, also keineswegs nur auf christliche Theologie und Kirche beschränktes Problem. Denn Situationen sind veränderlich, und Veränderung kann weder als Prinzip verbindlich noch als Norm verbindend sein. Dass auf diese Weise Gemeinschaft durch subjektive Ansichten und willkürliche Meinungen zerstört wird, zeigt sich schon jetzt an den Reaktionen, die dieser Text auslöst.

Das 6. Gebot kommt im EKD-Papier nicht vor!

Das 6. Gebot Gottes, „Du sollst nicht ehebrechen“, das in dem ganzen Text nicht einmal vorkommt, ist insofern kategorisch, weil es von Gott gegeben ist. Gott aber verbietet dort, wo der Mensch etwas anderes will. Dass dieser Mensch, das Geschöpf Gottes, hinter dem Verbot eine Böswilligkeit Gottes vermutet, der ihm etwas Schönes vorenthalten will, ist bezeichnend für die menschheitliche Folge des Sündenfalls (1 Mos 3).

Doch Gott will das Gute für den Menschen, indem er ihn vor der selbstzerstörerischen Sünde schützt. Dies wäre auch die Aufgabe rechter kirchlicher Verkündigung und Unterweisung.

Wenn nun freilich in dieser Orientierungshilfe die Triebbefriedigung in jeder Form unter der idyllischen, doch höchst unrealistischen Bedingung von „Liebe, Verlässlichkeit und Treue in Partnerschaft und Familie“ zum Prinzip erhoben wird, dann  werden wechselnde Verhaltensweisen und Bedürfnisse von Menschen in der jeweiligen gesellschaftlichen Situation zum Prinzip erhoben mit dem Ziel, Wohlbefinden und Befriedigung zu erreichen. Die Gebote und Weisungen Gottes werden für überholt erklärt oder völlig ignoriert.

Gottes Schöpfungsordnung ist unveränderlich

Gottes Schöpfungsordnung und seine Gebote sind unveränderlich. Darin liegt auch die unverfügbare Grundlage für weltliches Recht; dafür hätte gerade auch die Kirche Verantwortung zu tragen. In diesem Text jedoch geht es nicht um die Grundlagen des Rechts, sondern  man meint, der Veränderung des Verhaltens und der damit verbundenen  weltlichen Gesetzgebung folgen zu müssen.

Dabei wird jedoch völlig übersehen, dass es sich keineswegs um einen Fortschritt  und Emanzipation handelt. Die zahlreichen Gesetze zu Ehe und Familie in den letzten Jahren können durchaus auch verstanden werden als Maßnahmen zum Schutz vor den schädlichen Folgen, die aus der Übertretung des 6. Gebots erwachsen sind.

Das Gebot Gottes wendet sich gegen die Sünde, das Böse und Schädliche im Menschen und unter Menschen. Sünde aber ist nicht einfach ein Mangel an Wohlbefinden; „Sünde ist nicht eine Störung, sondern eine Befriedigung der Natur (H. J. Iwand). Wo aber erscheint in diesem Text das, was die Wirklichkeit unseres Lebens begleitet: Missbrauch, Untreue, Schädigung und nicht zuletzt die tiefe Verletzung von Gewissen der heranwachsenden Generation durch schlechtes Beispiel und falsche Unterweisung?

Das wird jedenfalls nicht durch wohlmeinende Ermahnungen beseitigt; es sitzt viel tiefer im menschlichen Herzen. Wo die Kirche eine große Verantwortung hätte, die durch keine andere Instanz ersetzt werden kann, geschieht hier im Protestantismus das genaue Gegenteil: Die verbindlichen und verbindenden Grundlagen von Ehe und Familie werden zutiefst zerstört, indem das als Norm behauptet wird, wie sich  –  dem Anschein nach  –  eine Mehrheit verhält und tut, was sie will.

Insgesamt wird mit diesem Text solchen ein gutes Gewissen gemacht, die nicht mehr der Ordnung und den Weisungen Gottes folgen, weil sie meinen und belehrt werden, dass Gottes Gebote heute nicht mehr gelten.

Sünde darf nicht gerechtfertigt werden

Auf diese Weise wird die Sünde, nicht aber der Sünder gerechtfertigt. Was geschieht jedoch mit den Gewissen derer, die dadurch beunruhigt oder gar zerbrochen werden, dass sie den Widerspruch und das Gericht Gottes als Folgen ihrer Übertretungen erfahren?

Im Blick auf diese Desorientierung soll im Folgenden nicht auf Einzelheiten eines in jeder Hinsicht verfehlten Textes eingegangen werden, sondern es sollen  Grundinformationen zu dem Thema Ehe und Familie zusammengestellt werden, die keineswegs nur auf christliche Vorstellungen beschränkt sind, sondern die für die gesamte von Gott geschaffene Menschheit und deren Ordnung und Erhaltung gelten.


[1] Um Kant zu zitieren: „Autonomie des Willens ist die Beschaffenheit des Willens, dadurch derselbe ihm selbst (unabhängig von aller Beschaffenheit der Gegenstände des Wollens) ein Gesetz ist…“ – : „Wenn der Wille irgend worin anders, als in der Tauglichkeit seiner Maximen zu einer allgemeinen Gesetzgebung, mithin, wenn er, indem er über sich selbst hinausgeht, in der Beschaffenheit irgend eines seiner Objekte das Gesetz sucht, das ihn bestimmen soll, so kommt jederzeit Heteronomie heraus“.   – Immanuel Kant, Grundlegung zur Metaphysik der Sitten. Die Autonomie / Heteronomie des Willens. (BA 87 f).

Quelle und FORTSETZUNG des Grundsatzartikels hier: http://www.ksbb-bayern.de/downloads/aufklaerungzureheekd2013.pdf

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