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Dr. D. Voslamber über die Benachteiligung der deutschen Sprache in EU-Gremien

Von Erich Lienhart

Von einer unendlichen Geschichte und einem Dauerärgernis zugleich, wenn es um die Gleichberechtigung der deutschen Sprache in den Gremien der EU geht, handelte der jüngste Vortrag der Regionalgruppe Ortenau des Vereins Deutsche Sprache (VDS) im Hotel Palmengarten in Offenburg. IMG_4437

Dr. Dietrich Voslamber  –   ehemals wissenschaftlicher Beamter der Europäischen Atomgemeinschaft mit Lehraufträgen in Bochum, Paris und Brasilien sowie Leiter der VDS–Arbeitsgruppe „Sprachenpolitik in Europa“   –  verwies in seiner Einleitung auf die unübersehbare Verdrängung der deutschen Sprache aus bestimmten gesellschaftlichen Bereichen, wie z.B. als Wissenschaftssprache, in deren Folge ihr institutioneller Stellenwert verlorengeht.

In einer PowerPoint-Präsentation nahm der Referent (siehe Foto) die nahezu dreißig interessierten Zuhörer mit auf die Reise durch das Geflecht der Gremien in der Europäischen Union und erläuterte im Einzelnen deren Bedeutung und Sprachverwendung. (Anmerkung: Sprachverwendung, damit meine ich die Anwendung der Amtssprachen)

EU-Kommission: Deutsch unerwünscht

Während in einigen Gremien und Politikbereichen der deutschen Sprache die volle Gleichberechtigung zuteil wird, ist sie in anderen wichtigen Einrichtungen wie etwa der EU-Kommission weitgehend unerwünscht, trotz der Tatsache, dass Deutsch die meistgesprochene Muttersprache und zweithäufigste Fremdsprache in der EU ist und auch als eine der drei Verfahrenssprachen gilt.

Zwangsläufig erreichen so wichtige Dokumente und Arbeitsunterlagen aus Brüssel den Bundestag nur in englischer oder französischer Sprache, zudem auch nicht selten so kurzfristig vor wichtigen Entscheidungen, dass eine ernsthafte Prüfung kaum mehr möglich ist.

„Diskriminierung der deutschen Sprache“

Diese Praxis, so der Wissenschaftler, habe Bundestagspräsident Norbert Lammert und sein Vize, Johannes Singhammer, als eine „systematische Diskriminierung der deutschen Sprache“ mehrfach bei der Kommission gerügt, ohne Aussicht auf Besserung.

In der Veröffentlichung nicht übersetzter Ausschreibungsunterlagen erkannte der Referent zudem eine wirtschaftliche Benachteiligung deutscher Unternehmen insbesondere des Mittelstandes.

Bei allen berechtigten Klagen über die Benachteiligung der deutschen Sprache in den EU- Gremien mahnte der Referent bei deutschen Politikern, Beamten, Wissenschaftlern und Unternehmern auf der europäischen Ebene das Selbstbewußtsein für die eigene Sprache an. Nur so sei es möglich, Fehlentwicklungen entgegen zu wirken und die Basis einer gleichberechtigten Sprache zu schaffen.

Erfolgreiches Wirken des VDS

In einer interessanten Darstellung vermittelte Dr. Voslamber die unermüdlichen, von Beharrlichkeit geprägten Initiativen des Vereins Deutsche Sprache (VDS), die auch, unterstützt von anderen europäischen Sprachgruppen ihre Wirkung nicht verfehlten und zu Erfolgen geführt haben.

Beispielsweise konnte der Verein nach jahrelangen Bemühungen erreichen, dass die Internetseiten der halbjährlich rotierenden Ratspräsidentschaften nun auch in deutscher Sprache erscheinen.

Auch die Tatsache, dass das „Familienfoto“ der Staats- und Regierungschefs bei einem Gipfeltreffen jetzt nicht mehr nur auf Englisch und Französisch, sondern in allen Amtssprachen der EU beschriftet ist, kann der Verein nachweisbar als Erfolg für sich verbuchen

Eine von großer Sachlichkeit geführte Diskussion offenbarte die Notwendigkeit weiterer VDS -Aktionen, die sicherstellen sollen, daß Deutsch in den EU-Einrichtungen gegenüber Englisch und Französisch nicht benachteiligt wird   –  und dazu führen, daß alle für den deutschen Bundestag entscheidungsrelevanten EU-Dokumente auch auf Deutsch vorliegen.

Foto: Erich Lienhart

 

Kommentare

2 Antworten

  1. Na ja, das ist so eine Sache mit den Sprachen in der EU… einerseits stört es mich auch, dass Deutsch oft nicht erwünscht zu sein scheint. Mit EU-Gremien kenne ich mich nicht aus. Aber in Frankreich bemerke ich zum Beispiel, dass irgendwelche Texte für Touristen meist in englischer und spanischer, nicht aber in deutscher Sprache verfügbar sind. Obwohl ich nicht glaube, dass so viel mehr spanisch- als deutschsprachige Touristen kommen.

    In der EU ist es m.E. wieder eine andere Sache. Mag sein, dass in manchen Gremien die deutsche Sprache vernachlässigt wird. Aber viele EU-Dokumente werden in sämtliche Sprachen übersetzt. Und das ist teuer.
    Mittlerweile ist es meines Wissens so, dass manche Dokumente in alle Sprachen übersetzt werden müssen, inclusive Maltesisch und Irisch. Obwohl jeder Malteser Englisch und Italienisch spricht, und praktisch kein Mensch heutzutage Irisch als Muttersprache spricht. Das kommt dabei heraus, wenn jeder meint, seine Sprache werde nicht genug gewürdigt.

    Ein Ausweg wäre, eine neutrale Sprache zu wählen, die allen ungefähr gleich leicht oder schwer fällt. Esperanto wäre so ein Kandidat, trotz aller Unzulänglichkeiten. Aber das ist in der gegenwärtigen gesamtpolitischen Situation praktisch nicht durchsetzbar, fürchte ich.

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