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Von Dr. Axel Bernd Kunze

„Floskelwolke“ (https://floskelwolke.de/) nennt sich ein Blog mit Methoden der „Digital Humanities“. Riesige Datenmengen werden mit Algorithmen digital ausgewertet. Das ist in den Geisteswissenschaften gegenwärtig sehr en vogue, dafür gibt es viele Drittmittel.

Man verspricht sich durch die technische Auswertung großer Datenmenge, was jetzt digital möglich ist, neue Erkenntnis. Ich bleibe skeptisch, da Digital Humanities vielfach hermeneutisch naiv bleiben.

Eine Gewichtung der Daten wird so von vornherein gar nicht wahrgenommen.

Pünktlich zum Jahresbeginn kürte das Blog nun „Freiheit“ zur Floskel des Jahres 2022. Doch auch damit ist Floskelwolke alles andere als innovativ:

Gegenwärtig wird im politischen, medialen und wissenschaftlichen Diskurs versucht, den individuellen Freiheitsbegriff zu denunzieren (als unverantwortlich, egoistisch, unsozial …) und durch ein soziales Freiheitsverständnis zu ersetzen.

Wir erleben das Heraufsteigen eines neuen autoritären Kollektivismus in Politik und Gesellschaft. Nicht mehr der starke, leistungsbereite, originäre Einzelne zählt, sondern die Anpassung an das Kollektiv. Nicht mehr der kreative Gedanke, sondern das kollektive Bedürfnis.

Der Einzelne wird zur politisch beliebigen Verfügungsmasse politischer Funktionäre. Erwünscht ist, was sich dem vermeintlich demokratischen Mainstream anbiedert.

Von Stauffenberg und andere wären nach einem solchen Freiheitsverständnis ausgesprochene dumme Leute gewesen.

Freiheitsfeindliche Impfnötigungspolitik

Die aggressive Impfnötigungspolitik hat im vergangenen Jahr gezeigt, dass selbst die körperliche Unversehrtheit nicht mehr tabu ist. Doch der Beispiele sind viele.

Die Grünen beginnen das neue Jahr mit neuen Verbots- und Verteuerungsvorschlägen für Alkohol. Die C-Parteien haben ihren christlichen Personalismus längst aufgegeben, weshalb Merz in einer staatlich verordneten Zwangsimpfung im April 2022 auch keine Gewissensfrage mehr zu erkennen vermochte.

Verfechter der Gendersprache wollen sogar den Gebrauch der Sprache dem Einzelnen wegnehmen und kollektivieren. Die Kirchen machen sich zu Fürsprechern eines radikalen Klimaaktivismus. Politisch und medial werden immer mehr Haltungen gesteuert und damit kollektiviert, egalisiert, nivelliert.

Selbst dem Selbstverständnis nach „klassische Liberale“ sprechen davon, dass Freiheit in Deutschland nur noch als Egoismus auf Kosten der Allgemeinheit verstanden werde etc. Ich denke, dass wir in Kürze in Davos noch weitere Angriffe auf die Freiheit des Einzelnen hören werden.

Ich hatte die Grundrechte unserer Verfassungsordnung bisher immer anders verstanden. Selbstverständlich endet die eigene Freiheit dort, wo die Freiheit des anderen beginnt – aber eben auch nicht früher.

Freiheit nicht „sozialer Erlaubnis“ unterwerfen

Ein sozialer Freiheitsbegriff läuft darauf hinaus, dass der Gebrauch der Freiheit von sozialer Erlaubnis abhängig gemacht werden soll. Das ist das Ende des Individuums. Und deshalb sage ich: Nicht diejenigen, die an einem starken, widerständigen, individuellen Freiheitsbegriff festhalten, sondern die Vertreter einer sozial umdefinierten Freiheit machen diese zur Floskel.

Denn mit einem sozialen Freiheitsbegriff, der jetzt öffentlichkeitswirksam propagiert wird, bleibt von der Freiheit nichts mehr übrig. Daher sollte auch zwischen „liberal“ und „freiheitlich“ unterschieden werden.

Die Polarisierung durch die Coronapolitik, die politisches und soziales Vertrauen unwiderbringlich zerstört hat, war nur ein Anfang, wir werden noch heftigere Kulturkämpfe erleben, wenn wir die affektgeleitete Politik der letzten Jahre weiterfahren und auch künftig so fahrlässig mit den geistig-moralischen Grundlagen unseres Zusammenelebens umgehen.

Freiheitsdefinitionen auf Abwegen

Erst im Dezember wurde von der Sprecherin der AG Christliche Sozialethik, der Würzburger Sozialethikerin Michelle Becka, in der Grünen Reihe der Katholisch-sozialwissenschaftlichen Zentralstelle ein sozialer Freiheitsbegriff an prominenter Stelle propagiert (https://www.gruene-reihe.eu/artikel/herausgeforderte-freiheit/).

Verräterisch ist etwa folgender Satz aus dem Text:
„Die Freiheit der Einzelnen ist immer soziale Freiheit und als solche institutionell verfasst. Axel Honneth spricht von sozialer Freiheit, um deutlich zu machen, dass Freiheit auf die Beziehungen mit anderen Menschen und auf Institutionen nicht nur angewiesen ist, sondern erst durch sie ermöglicht und konstituiert werden kann.“

Wenn wir Freiheit so konstruieren, entscheiden am Ende Kollektive, seien es Parteien, Gremien, Impfkommissionen …, darüber, welchen Gebrauch wir überhaupt noch von unserer Freiheit machen dürfen. Nicht die Inanspruchnahme von Freiheit ist rechtfertigungsbedürftig, sondern deren Einschränkung um des Gesamtsysstems der Freiheit willen.

Wenn wir uns von der Freiheit des Individuums verabschieden, wie wir es gegenwärtig tun, werden über kurz oder lang politische, soziale und kulturelle Verteilungskämpfe beginnen. Wir werden uns auf einen Verfall unserer Kultur, einen Verlust an Lebensqualität und Wohlstand einstellen müssen, die schon längst begonnen haben.

Ein sozialer Freiheitsbegriff versteht unter Freiheit am Ende nur noch sozialstaatliches Anspruchsdenken (der Begriff „Bürgergeld“ ist im Grunde pervers, weil dieses Bürgergeld mit produktiver Bürgerlichkeit nichts zu tun hat), jene bürgerliche Produktivität, die unsere Gesellschaften einmal groß gemacht hat, wird hingegegen erstickt. Die Aussichten zu Beginn des neuen Jahres stimmen leider alles andere als zuversichtlich.

Daher sei es gesagt: Nein, Freiheit ist keine Floskel. Freiheit bleibt die wichtigste Grundlage eines humanen Zusammenlebens. Und diese Grundlage verspielen wir gegenwärtig.

Unser Autor Dr. Axel B. Kunze ist katholischer Publizist und Bildungethiker mit einer eigenen Webseite: https://bildung-und-ethik.com/2023/01/

Kommentare

5 Antworten

  1. Unsere Gesellschaft ist dabei, die in früherer Zeit mühsam errungenen und z.T. erkämpften Kulturgüter (!) der Meinungs-, der Glaubens, der Gewissens-, der Religions-, der Wissenschafts-, der Pressefreiheit zu verspielen. Wie geht’s dem, der sich dem sog. ›Mainstream‹ widersetzt und bewusst eigene Überzeugungen vertritt? Eine faire Streitkultur scheint in weiter Ferne zu sein.

  2. „DAS RECHT AUF KÖRPERLICHE UNVERSEHRTHEIT IST
    EIN V U L G Ä R E N VERSTÄNDNIS VON FREIHEIT“

    sagte HELGE LINDH am 20.1.22 im Bundestag betr. die Impfplicht:
    „Dann kommen wir zu dem Punkt der Freiheit. Es ist einfach ein vulgäres Verständnis von Freiheit, immer zu denken, Freiheit sei nur rein individuelle Unversehrtheit. Leider – das muss ich einmal kritisch sagen – sind es oft diejenigen, die sich besonders laut äußern und die dann auch Grenzen überschreiten auf Demos – nicht alle wohlgemerkt, aber einzelne –, die die Privilegien und Vorteile der Freiheit immer genossen haben, aber jetzt, wo Einschränkungen, etwa in Form einer Impfpflicht, sie selbst treffen, sehr laut werden. Sie vergessen dabei, dass die eigene Freiheit bei der Freiheit des anderen endet und dass die Gesellschaft die Bedingung unserer Freiheit ist.“ (1)

    Diese Aussage hat mich als Ärztin zutiefst empört, waren doch immer GRÜNDLICHE
    AUFKLÄRUNG und FREIWILLIGKEIT vor JEDEM MEDIZINISCHEN EINGRIFF sicherzustellen. Beide Prinzipien wurden m.E. bei den zumindest moralisch erzwungenen ( Massen-) Impfungen grob verletzt und v.a. bei der einrichtungsbezogenen Impfpflicht die „Freiwilligkeit“ in Frage zu stellen.

    Inzwischen sind soviele Bereiche unseres Lebens von Einschränkungen, ja Verlust der Freiheit bdroht oder schon betroffen, daß der Satz :
    “ WEHRET DEN ANFÄNGEN“ schon nicht mehr zutrifft.
    Um nur einige zu nennen:
    Verpflichtende Ausbildung der Ärzte zur Abtreibung – Freiheit des Gewissens, der Religionsausübung, der Berufsfreiheit ?
    Demnächst verpflichtende Mitwirkung bei Euthanasie ?
    Freiheit der Versammlung – Bundespräsident und Innenministerin drohen Demonstanten
    Freiheit der Gedanken – Gesetze belohnen Denunziantentum.
    „Google“ etc. weiß, womit du dich beschäftigst.
    Freiheit der Sprache = auch Freiheit der Gedanken ! – verordnetes Gendersprech,
    Studenten bekommen selbst an theologischen Hochschulen Abzüge, wenn die Begriffe, selbst „GOTT“ nicht gegendert wird ?
    Frau Faeser erklärt denen, die schon länger in D leben, wie „HEIMAT“ zu denken ist ?
    Freiheit der Ernährung – Kitas und Mensen verbannen Schweinefleisch, Klaus Schwab möchte uns INSEKTEN schmackhaft machen ?
    Freiheit des Journalismus, der Meinungsäußerung – mit Regierungsdruck / Briefing und Werbesubventionen wird Meinung gekauft, wer nicht mitmacht, fliegt oder geht freiwillig/ zu alternativen Medien. DANK an alle, die NICHT MEHR MITMACHEN !
    Freiheit der Wissenschaft – wes Brot ich es: Arbeiten, die negative Studienergebnisse zur Impfung brachten, wurden nicht angenommen, Wissenschaftler gingen dazu über, Abstracts konform zu formulieren und „unliebsame“ tatsächliche Ergebnisse im (wenig gelesenen) Mittelteil zu verstecken.
    Selbst wenn Impfschäden erhoben wurden, die normalerweise zum Stopp des Experimentes hätten führen müssen, fehlte nie der Hinweis, wie nützlich und schützend doch die Impfung sei.
    Freiheit der Diskussion – absolut einseitige Berichterstattung und Bewertung zur Ukraine Krise, zum Klimawandel, zur Atomkraft, zu fossiler Energie, zu Elektroautos
    Freiheit der Rechtsprechung – immer mehr der Eindruck, Richter agieren politisch weisungsgebunden…etc etc.

    Fazit: SICHTBAR MACHEN an Grenzverletzungen, was geht, solange es noch geht !

    (1) https://www.abgeordnetenwatch.de/profile/helge-lindh/fragen-antworten/sie-sprachen-von-freiheit-als-privileg-und-als-vulgaeres-verstaendnis-der-freiheit-koennen-sie-bitte-erlaeutern

  3. Ich habe mit diesem Artikel und mit den Ansichten dieses Herrn Kunze so meine Schwierigkeiten.

    Natürlich: Freiheit kann nicht von der Mehrheit oder ein paar Polit-Karrieristen oder Computer-Algorithmen definiert werden.

    Bedenken bekomme ich aber, wenn von dem „starken, leistungsbereiten, … Einzelnen“ die Rede ist. Nicht jeder einzelne ist stark, leistungsfähig etc.. Nicht weil er nicht will, sondern weil er nicht kann, eingeschränkt ist, andere Fähigkeiten hat. Aber in einer ach-so-freiheitlichen/bürgerlichen Gesellschaft kommen solche Menschen, die das erforderliche Leistungspensum und die geforderte Flexibilität oder Kreativität nicht bringen können, leicht unter die Räder.

    Das interessante ist: in der Kirche kriegt man immer zu hören, bei Christus zählt nicht, wie stark und mächtig jemand ist, wie viel er leistet, oder wie viel Geld er auf dem Konto hat.
    In einer freiheitlichen-bürgerlichen Gesellschaft, die noch dazu für sich beansprucht, christlich zu sein, muss der einzelne aber genau das bringen, um nicht unterzugehen oder „draußen“ zu sein.

  4. Freiheit wird umdefiniert: ab sofort ist Freiheit die Freiheit der Mehrheit! Und diese wird durch Umfragen oder durch Modellrechnungen bestimmt.

  5. Angesichts der Erkenntnis, dass die deutscheste aller Tugenden die Folgsamkeit ist, wird kaum eine Chance bleiben, die Freiheit des Einzelnen zu retten. Die selbst gewählte Demokratie ist nun einmal die Herrschaft der Mehrheit, auch wenn diese Mehrheit aus Dummköpfen bestehen sollte. RIP

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