Von Felizitas Küble

Warum evangelische Bibeln dünner sind
Das stimmt zwar formal, doch er läßt unerwähnt, daß diese „dickere“ Bibel sich nicht auf die katholische Kirche beschränkt, sondern so auch von allen orthodoxen Kirchen sowie den altorientalischen, aus dem frühen Altertum stammenden christlichen Gemeinschaften benutzt wird, nämlich z.B. den Kopten, Aramäern, Chaldäern, Nestorianern usw.
Bis zur Reformationszeit waren sich alle (!) christlichen Konfessionen einig darin, daß auch die Spätschriften des Alten Testaments zum Kanon gehören, also zur amtlich gültigen Heiligen Schrift, die als inspiriert (göttlich eingegeben) verehrt wird.
Diese biblischen AT-Bücher bezeichnet die katholische Kirche als „deuterokanonisch“, was aber nicht als zweit-rangig in der Sache zu verstehen ist, sondern rein zeitlich gesehen als Spätschrift des Alten Bundes einzuordnen.
Es handelt sich bei diesem „größeren“ AT-Bibelumfang auch nicht etwa um einen Sondereinfall mittelalterlicher Päpste; vielmehr geht er auf die Septuaginta zurück, die griechisch-jüdische (!) Übersetzung des AT aus vorchristlicher Zeit. Diese griechisch-sprachige Septuaginta war weitgehend, vor allem in den heidenchristlichen Gemeinden (die kein Hebräisch verstanden), die meistbenutzte Bibel der frühen Christenheit.
Erst Martin Luther hat ca 1700 Jahre nach dieser Septuaginta-Übersetzung der Israeliten (!) eine Reihe Spätschriften des AT als „Apokryphen“ abgewertet und eigenwillig (wenngleich mit einer bestimmten theologischen Motivation) aus dem Kanon (Liste gültiger Bibelbücher) aussortiert.
Allerdings hat er sie noch als „nützlich zu lesen“ gelten lassen, weshalb diese Spätschriften in manchen Luther-Bibeln als Extra-Anhang zu finden sind (dazu gehören z.B. die beiden Makkabäer-Bücher, Tobit, Judit, Jesus Sirach, Weisheit Salomos).
Die freikirchlich-evangelischen Gemeinden verwenden meist Bibelausgaben, die überhaupt keine Septuaginta-eigenen Schriften enthalten, gehen also auch hierbei noch über Luther hinaus.
Zum Sinn der apostolischen Tradition
Sodann kommt der „Bibelfit“-Prediger auf die „römisch-katholische Überlieferung“ zu sprechen und behauptet, diese Tradition werde „mindestens gleichwertig gesehen mit der Bibel“.
Damit nicht genug, sagt er weiter: „Wenn die Bibel das eine sagen würde und die als gültig anerkannte römische Überlieferung würde etwas anderes sagen, dann würde man sich im Katholizismus an die Überlieferung halten.“
Das ist so nicht richtig dargestellt. Tatsächlich ist die Heilige Schrift in der Dogmatik und Liturgie vorrangiger als die Tradition, was vor allem im Gottesdienst sichtbar wird:
Lesung und Evangelium stammen stets allein aus der Bibel, darüber wird auch gepredigt (das nennt man „Homilie“), Texte aus der kirchlichen Tradition können höchstens in der Predigt als Zitate oder ergänzende Bemerkungen vorkommen.
Auch das Brevier – also das tägliche Pflichtgebet katholischer Geistlicher – ist überwiegend von Psalmen und sonstigen Texten aus der Heiligen Schrift geprägt, dasselbe gilt noch stärker für die Tagzeiten-Gebete der Ordensleute.
Sodann erwähnt Voss nicht, daß sich der Ausdruck „Überlieferung“ auf die apostolische (!) Zeit bezieht, also auf das erste Jahrhundert wohlgemerkt, daher spricht man katholischerseits von der „apostolischen Tradition“ als einem stehenden theologischen Begriff.
Es geht somit bei den beiden kirchlichen Säulen „Bibel und Tradition“ nicht etwa um ein volksfrommes Brauchtum oder die Lehrmeinungen mittelalterlicher Theologen, sondern um urchristliche Traditionsbestände bzw. genauer gesagt: Um die mündliche (!) Überlieferung der Apostel, die später verschriftlich wurde, z.B. im 2. Jahrhundert durch die sog. Apologeten (Erklärer und Verteidiger des Glaubens).
Nach katholischer Lehre haben diese beiden Säulen, nämlich die schriftliche und mündliche Überlieferung aus der apostolischen Zeit, eine gemeinsame Quelle, nämlich den Heiligen Geist, der sie inspiriert hat, sie also anregte und anleitete.
Das „Dach“ über den beiden Säulen ist dann das kirchliche Lehramt, das Bibel und apostolische Tradition getreu durch die Geschichte führen und sie zugleich schützen soll (Lehramt als Hüter des „depositum fidei“, des hinterlegten Glaubensgutes).
Soweit zu den Voss-Aussagen bis zur Minute 12 seines Bibelfit-Videos.
Wird Maria von Katholiken „ganz häufig angebetet“?
Ab Minute 23 unternimmt der Prediger einen kurzen Abstecher in die Mariologie. Dort heißt es, in der katholischen Theologie gäbe es einen „ganz ganz feinen Grad“ – gemeint ist damit wohl der lehrmäßige Unterschied zwischen Verehrung und Anbetung.
Das ist aber katholischerseits kein „ganz feiner Grad“, kein lediglich gradueller Unterschied, sondern ein essentieller, ein wesentlicher, denn die Anbetung gebührt allein GOTT (also nebem dem himmlischen Vater auch Christus und dem Hl. Geist), aber nie einem Geschöpf, somit auch nicht Maria.
Bei ihr und den sonstigen Heiligen ist „nur“ eine Verehrung möglich. Das ist nicht etwa lediglich eine Abstufung, sondern eine ontologisch völlig andere Ebene.
Aber selbst diesen angeblich nur „ganz, ganz feinen Grad“ relativiert der Autor bezogen auf die Praxis gleich wieder, indem er sagt: „…aber in der Realität ist es ganz häufig so, dass Maria einfach in der Tatsache angebetet wird.“
Damit unterstellt er dem katholischen Kirchenvolk „ganz häufig“ eine Anbetung Mariens, was völlig abwegig ist, denn grundsätzlich wäre aus lehramtlicher Sicht eine Anbetung Mariens oder der Heiligen nicht „nur“ Häresie (Irrlehre), sondern Götzendienst, Glaubensabfall und somit Apostasie.
Dabei war doch der erste Marienverehrer kein Geringerer als der Erzengel Gabriel im Auftrag des Höchsten: „Sei gegrüßt, Du Gnadenvolle, der HERR ist mir Dir“.
Ihm folgte Elisabeth, die Priestergattin, wie das Lukas-Evangelium weiter berichtet. Sie war „vom Heiligen Geist erfüllt“(!), als sie zu der seligen Jungfrau sprach: „Du bist die Gesegnete unter den Frauen und gesegnet ist die Frucht deines Leibes“.
Aufschlußreich ist zudem, daß die geisterfüllte Elisabeth ihre Kusine Maria als „Mutter meines HERRN“ anredet – und damit als Gottesmutter, denn mit dem Wort „HERR“ ist in der Bibel stets Gott selbst gemeint.
Weitere Auslassungen des Bibelfit-Leiters möchte ich ein andermal unter die katholische Lupe nehmen, es würde sonst den üblichen Umfang eines Internet-Artikels sprengen.
Unsere Autorin Felizitas Küble leitet beruflich den KOMM-MIT-Verlag und ehrenamtlich das Christoferuswerk in Münster, das dieses CHRISTLICHE FORUM betreibt
21 Antworten
S. G. Hr. Krebser:
Maria zu verehren, ist zu unterscheiden von zu ihr zu Beten: Ein Blick ins Internet zeigt, daß Beten nach üblicher Definition Gespräch mit Gott ist. Lutherische Kirchengebäude sind nicht leer und kalt, wohl aber strikt puritanische. Vor Jahren beantworte die Äbtissin eines kathlischen Klosters die Frage, warum ihre neue Klosterkapelle „leer und kalt“ sei: Weil wir uns ganz auf Christus konzentrieren wollen. Strikte Puritaner wollen keine „kirchlich aussehenden“ Kirchen, weil es dafür kein Gebot im NT gibt. Schon das reformierte und berühmteste evangelische Zweite Londoner Bekenntnis von 1689 und seine Abwandlungen fordern, daß der Gottesdienst nur die Bestandteile enthalten dürfe, die ausdrücklich dem NT zu entnehmen seien: Nur das tun, was Gott anordnet. Leider versagen wir elenden Sünder ja schon damit ständig….
Guten Tag,
dann wollen Sie bitte zur Kenntnis nehmen, daß der prachtvolle Tempel zu Jerusalem keineswegs „leer und kalt“ war – und daß dies so auch Gottes Wille war.
Auch die Priestergewänder des Alten Bundes waren alles andere als „puritanisch“.
Im NT steht kein Wort dagegen.
Die ersten Christen begannen sofort nach der Verfolgungszeit mit dem Bau schöner Kirchen – nicht nur in Ravenna und Konstantinopel.
Die Gläubigen damals waren jedenfalls näher am Ursprung als die Reformatoren.
Freundlichen Gruß
Felizitas Küble
2.Thessalonicher 2,15
https://www.bibleserver.com/de/verse/2.Thessalonicher2,15
Rezension: Die Schrift allein? 21 Gründe gegen das protestantische Bibelverständnis
https://www.thecathwalk.de/2021/09/30/rezension-die-schrift-allein-21-gruende-gegen-das-protestantische-bibelverstaendnis/
Sola scriptura – Die Schrift allein? 21 Gründe gegen das protestantische Bibelverständnis – Katholisches
https://katholisches.info/2021/04/17/sola-scriptura-die-schrift-allein-21-gruende-gegen-das-protestantische-bibelverstaendnis/
Das Geheimnis wundertätigen Wassers wird gelüftet.
Eine Forschergruppe aus Mailand hat die Energie des Wassers aus Orten untersucht, an denen die Muttergottes erschienen ist. Dabei hat sie erstaunliche Entdeckungen gemacht. Kann sich die Wissenschaft mit dem Glauben verbinden? Kann die Wissenschaft in die Spiritualität einmünden und die Spiritualität der Wissenschaft neue Impulse geben? Diese Verbindung könnte utopisch erscheinen.
https://kath-zdw.ch/maria/wallfahrtsorte.wundertaetiges.wasser.html
Die Darstellung zum Kanon ist historisch-theologisch nicht korrekt. Zwar ist die LXX jüdischen Ursprungs, aber das heißt nicht, dass das Judentum alle darin enthaltenen Bücher als kanonisch angesehen hätte. Das hat es NIE, und hat dann spätestens gegen Ende des 1. Jhd. sie auch aus der LXX ausgeschieden. Bald darauf haben die Juden überhaupt aufgehört, die LXX zu verwenden; in ihren hebräischen Bibeln kommen die Apokryphen nicht vor. Die LXX ist zwar in der Alten Kirche verwendet worden, aber die Ansicht über die Apokryphen waren durchaus unterschiedlich. Im Westen sind sie erst 397 erstmals kanonisiert worden. Im Osten war die Auffassung geteilt. Patriarch Lakouris hat 1629 alle über den Tanach hinausgehenden Bücher im AT ausgeschieden; die Synode von Jerusalem 1672 hat nur Tobit, Judit, Sirach und Weisheit akzeptiert. Erst 1950 sind dann panorthodox wieder alle Apokryphen gleichgestellt worden. Es gibt aber sehr gute Gründe, warum schon das alte Judentum sie nicht im Tanach hatte, weil sie eben einen völlig anderen Geist ausstrahlen, sich z.T. widersprechen und historisch falsch sind (gerade z.B. im 2. Makk.). Die Kirche hat kein Recht und keine Vollmacht, einfach zu entscheiden, was sie nehmen will, sie kann nur feststellen, was kanonisch ist und was nicht. Und für das AT hat das die Kirche des AT schon sehr frühzeitig getan.
Die „apostolische Tradition“ entbehrt jeglicher Grundlage. Niemand kann nachweisen, dass sie inspiriert ist. Der Heilige Geist hat nicht von ungefähr die Kirche auf den „Grund der Apostel und Propheten“, Eph. 2, gegründet, nämlich deren Schriften, weil nur sie gewiss unverfälscht überliefert werden können. Die Schrift reicht vollkommen. Alles, was darüber hinausgeht, ist an der Schrift zu prüfen.
Elisabeth hat Maria in Luk. 1 nicht „verehrt“, sondern „geehrt“, das ist ein großer Unterschied. Wir Lutheraner achten und ehren die wahren Heiligen auch, wie es auch Hebr. 11 vorgibt, aber wir rufen sie nicht an, denn die Bibel sagt ganz klar, „Abraham kennt uns nicht, und Israel weiß nichts von uns“. Wir haben auch keinerlei biblische Grundlage für eine Anrufung Verstorbener. Wir brauchen sie auch nicht, denn wir haben Christus, der unser Hoherpriester ist und weiß, wie es uns geht.
Guten Tag,
die Kanonbildung begann bereits im 2. Jahrhundert, auch wenn einige wenige NT-Bücher noch offen blieben (Kanon Muratori). Auch wenn die endgültig-formale Kanonentscheidung im 4. Jahrh. erfolgte, war so oder so beides ein Werk der katholischen Kirche – unter ihren Fittchen erfolgte die Festlegung der biblischen Bücher als zum Kanon gehörig.
Sie schreiben:
„Die Kirche hat kein Recht und keine Vollmacht, einfach zu entscheiden, was sie nehmen will, sie kann nur feststellen, was kanonisch ist und was nicht.“
Das erzählen Sie mal Martin Luther, der im 16. Jahrhundert kein Recht hatte, die deuterokanonischen Bücher aus dem AT zu entfernen, obwohl diese nicht nur in der kath. Kirche anerkannt waren, sondern auch bei den altorientalischen Kirchen aus der Antike und insgesamt der Orthodoxie bis heute, wenngleich es dort ab und zu Schwankungen gegeben haben mag.
Was die Anrufung von Heiligen betrifft, habe ich dies bereits ausführlich in der Zeitschrift „Theologisches“ begründet und hier zweitveröffentlicht:
https://christlichesforum.info/die-fursprache-der-gerechten/
Freundlichen Gruß
Felizitas Küble
Der Heilige Irenaeus von Lyon zählte auch noch den 1. Clemensbrief und den Hirtenbrief des Hermas zum Bibel-Kanon des Neuen Testamentes der Bibel.
Wie die russisch-orthodoxe Kirche Russlands noch heute. Die alte syrische bzw. assyrische Kirche von Antiochia in der apostolischen Tradition und Nachfolge bzw. Sukzession des Apostels Thaddäus und auch Petrus (!) zählt noch heute ebenfalls den 1. Clemensbrief zum Bibel-Kanon des Neuen Testamentes der Bibel dazu.
@Roland Sckerl:
Die mündliche apostolische Überlieferung ist durch Schriftstellen im Neuen Testament der Bibel bezeugt. Siehe zudem auch die Logos-Theologie des Neuen Testamentes der Bibel und der „Weisheitsliteratur“ im alten Testament der Bibel. Es gibt die Verschwisterung der christlichen Theologie mit der griechischen Philosophie von der Wurzel an, siehe dazu auch Justin den Märtyrer mit der Logos-Theologie und den Heiligen Irenaeus von Lyon, der diese von ihm übernahm und erweiterte, und den jüdischen Theologen und Mystiker Philo(n) von Alexandria usw.
Ich habe erst morgen wieder Zeit, ich sehe die gläubigen Menschen auch als Spiegel ihrer Zeit, in der sie hinein geboren sind, voller Widersprüche und Unsicherheiten. Jedenfalls hat Martin Luther die katholischen Glaubensinhalte nicht vollends getilgt, als Grundlage für den christlichen Glauben, während andere versuchen, diese restlos zu bannen im Wettstreit um den rechten Glauben oder auch den kommerziell benutzbaren Glauben, was selbst in Luther Abscheu verursachte in seiner Kampfansage gegen den Ablasshandel, wo Gläubige für die Pfründe des Klerus ausgenutzt worden sind, heute heißen diese politisch „Finanzpaket“ der Steuer-Eintreibung. Jesus warf nicht ohne Grund die Händler aus dem Tempel. Später mehr.
Das Buch von James McCarthy „Das Evangelium nach Rom“ nimmt zu den aufgeworfenen Fragen ebenfalls Stellung mit vielen Zitaten offizieller katholischer Stellen. Bücher von Wolfgang Bühne und Hans-Werner Deppe dazu sind ebenfalls günstig.
Guten Tag,
ich kenne diese Bücher aus dem CLV-Verlag von Bühne und aus anderen Verlagen reihenweise. Dort werden zwar „offizielle katholische Stellen“ zitiert, aber bisweilen aus dem Zusammenhang gerissen und die dazu ergänzenden Lehraussagen weggelassen, so daß insgesamt ein einseitiges Bild entsteht bzw. die Tendenz besteht, die katholische Lehre verzerrt wahrzunehmen, nur in herausgerissenen „Einzelstücken“, nicht als Gesamtgebäude.
Freundlichen Gruß
Felizitas Küble
Liebe Frau Küble:
Das sollen dann bitte weitere Leser der genannten Autoren herausfinden. Was Einseitigkeit angeht: „Rom“ lehrt zwar nicht die Anbetung Mariens, wohl aber, daß man zu Maria beten darf. Ginge es da nur um Bitten, sollte man das so sagen, um Mißverständnise klarer zu vermeiden. Beten ist aber nach üblichem Sprachgebrauch das Gespräch mit „Vergötterten“, auch im übertragenen Sinne. Zudem lehrt „Rom“ von Maria ohne biblischen Auftrag dafür gottähnliche Züge, sozusagen – wie bei der Lehre vom Papsttum- an den Haaren herbeigezogen. Und was zur Bibel gehört, war bis zur Reformation nicht amtlich festgelegt. „Rom“ tat das im Konzil von Trient. Und das offizielle Judentum verwirft die „Apokryphen“ (laut „Rom“ Teil der Bibel wie die Protestanten. Daß Luther die als nützlich, wenn auch unbiblisch ansah, ist ohne kirchliche Verbindlichkeit wie alles, was Luthersagte, mit Ausnahme der Texte, die in die lutherischen Bekenntnisse einflossen. Zudem sind nur schätzungsweise (grob gerechnet) 10 % der Evangelischen weltweit Lutheraner
Guten Tag,
natürlich ist mit „Beten“ gemeint, Maria um ihre Fürbitte anzurufen, weshalb sie ja Fürsprecherin genannt wird.
Sogar Luther hat noch erklärt: „Maria bittet für die Kirche“, hat sie insofern als Fürbitterin im Himmel angesehen.
Allerdings meinte er, das tue sie sowieso, man solle nicht eigens zu ihr beten.
Der Bibelkanon wurde auf dem Konzil von Trient lediglich noch einmal bestätigt, weil ja die Reformatoren das AT verkürzt haben und die deutero-kanonischen Bücher bzw. Spätschriften entfernten.
Somit wollte die kath. Kirche aus gegebenem Anlaß klarstellen, daß sie bei ihrem Standpunkt bleibt, der immerhin schon 1300 Jahre bestand (Kanonbildung Ende des 2. Jahrh.)
Es kommt nicht von ungefähr, wie Sie in dem Artikel nachlesen können, daß alle christlichen Gemeinschaften, die vor der Reformation entstanden, die erweiterte Fassung des AT verwenden.
Die Trennung der orthodoxen Kirche im 11. Jahrhundert war doch vierhundert Jahre vor dem Konzil von Trient, gleichwohl hält auch die Orthodoxie an den Spätschriften des AT fest.
Dasselbe gilt für alle altorientalischen Kirchen, deren Entstehungszeit sogar noch in die antike Zeit zurückreicht.
Was die Juden betrifft, so haben sie sich nicht zuletzt deshalb auf ihre hebräische Bibel fixiert, um sich vom frühen Christentum abzugrenzen, das nämlich vor allem die Septuaginta benutzt hat.
Abgesehen davon feiern die Juden heute noch Feste, die sich z.B. auf die Makkabäerbücher beziehen, das Lichterfest bzw. Tempelweihefest im Dezember.
Tatsache ist jedenfalls, daß die Septuaginta in israelitischer Zeit entstand mit dem Zweck, eine Übersetzung für griechisch sprechende Juden in aller Welt zu schaffen.
Damals gab es noch keine katholische Kirche, die Spätschriften des AT sind somit ein Werk aus dem Volke Israel.
Freundlichen Gruß
Felizitas Küble
Liebe Frau Küble:
Die Hussiten-Brüder und die Waldenser gehören zu den noch bestehenden Kirchen, die vor der Reformation entstanden, und die „evangelische Bibel“ bekennen. Ich halte daran fest, daß auch innerhalb des Katholizismus der Umfang der Bibel bis zum Konzil von Trient umstritten war. Das Recht einer Kirche, Texte als biblisch anzukennen, ergibt sich aus der Bibel und dem Inhalt der Texte, was James Mc Carthy darlegt, nicht aus kirchlicher Selbstermächtigung.
Auch Luther hatte keinerlei Vollmacht, den Umfang der Bibel festzulegen, hat seine Meinung dazu auch geändert. Jeder katholische oder sonstige Bezug auf Luther irrt, wenn er nicht sagt, daß Luther als solcher niemals verbindliche Autorität im Protestantismus war. Daß die katholischen Teile der Bibel auch im Judentum vertreten wurden, macht sie nicht zu Teilen der jüdischen Bibel, sondern zu Irrtümern im Judentum. Daß auch jüdische Feste dort ihren Ursprung haben, ähnelt den Verhältnissen im Christentum: Weihnachten ist auch kein biblisch angeordnetes Fest, was Millionen von Christen hindert es zu feiern, noch mehr aber nicht. Die Bibel sogar bezieht sich auf außerbiblische Texte bzw. die Natur, ohne daß diese dadurch Teil der Bibel werden.
Bezüglich der Marienverehrung ist KKK 199 unmissverständlich. Deine Kritik ist somit unbegründet.
@Ulrich Motte:
Zum offiziellen Judentum gehört auch die jüdische Merkaba-Mystik der Propheten-Visionen des alten Testamentes der Bibel dazu. Bei den Karäern – den Tora-treuen Juden -, die den babylonischen Talmud und Talmudismus (siehe auch Prof. Israel Shahak dazu mit seinem Buch „Jüdische Geschichte, Jüdische Religion: Der Einfluß von 3000 Jahren“) ablehnen, gibt es noch Überlieferungen in Schriften der Sadduzäer und Essener. Die Bibel zitiert auch aus zahlreichen Büchern. Welche zum Gesamt-Verständnis der Bibel – welche im Kontext zu lesen ist – eben beitragen. So auch zur Logos-Theologie des Neuen Testamentes der Bibel. Siehe zum Talmud von Prof. Israel Shahak: „Jewish History, Jewish Religion: The Weight of Three Thousand Years.“ Das nachbiblische und dann talmudische Judentum, dem vor dem babylonischen Talmud noch die Henoch- und Baruch- und Hechalot-Literatur vorausging, sonderte die „Weisheitsliteratur“ des AT der Septuaginta-Bibel vor allem in Abkehr vom Christentum und in Abgrenzung dazu und eben in Verneinung des Christentums aus. Der ursprüngliche biblische Kanon aber war größer.
Gott schwieg auch nach dem Propheten Daniel nicht etwa jahrhundertelang. Siehe etwa eben die Hechalot- bzw. Hekhaloth-Literatur als Teil der jüdischen Merkaba- bzw. Thronwagen-Mystik. Und die Henoch-Literatur nach dem Propheten Henoch, so wird etwa im Judas-Brief im Neuen Testament der Bibel aus dem äthiopischen Henoch-Buch zitiert, welches noch heute zum breiteren und engeren Bibel-Kanon der koptisch-äthiopischen Tewahedo-Kirche gehört.
Dass mit der jüdischen Kabbala freilich auch Missbrauch getrieben wurde und wird, ist leider wahr. Dennoch ist dies biblische Propheten-Tradition. Sowohl das alte als auch das neue Testament der Bibel kennen die „Mysterien“ – Glaubenswahrheiten als göttliche Geheimnisse, die nur Gott zum gegebenen Zeitpunkt offenbaren kann und Auserwählten anvertraut. Nicht alles wurde gleich niedergeschrieben, manches erst nach und nach…! So wird die mündliche Tradition auch im NT der Bibel bestätigt.
Hallo Frau Küble,
vielen Dank für Ihre lehrreichen Ausführungen.
Ich glaube, es geht dem Bibelfit Betreiber Markus Voss nicht darum, die katholische Lehre zu kritisieren. Das Video ist Teil einer Reihe. In den anderen Teilen beschäftigt er sich ebenso kritisch mit dem evangelischen Glauben und den Freikirchen.
Zielgruppe sind Laien, vor allem junge Gläubige. Daher stellt er die Dinge leicht verständlich und verkürzt dar.
Septuaginta, Vulgata oder der masoretische Text, auf dessen Grundlage Luther die Bibel übersetzt hat, würde diesen Rahmen sprengen und ginge an der Zielgruppe vorbei.
Diese antikatholische Allergie, wie sie es beschreiben, hat die katholische Kirche mit zu verantworten. Wie Markus Voss in seinem Video richtig anmerkt, sind die Glaubensinhalte im katholischen in sich logisch, aber auch so komplex, dass den meisten Leuten das Hintergrundwissen fehlt.
Im Übrigen hat Claudia L. die Problematik schon sehr gut umrissen.
Die Marienverehrung wird von einfachen katholischen Gläubigen selbst nicht verstanden und ist längst in eine Form der Anbetung übergegangen.
Die vielen Gebete, die Katholiken an Maria richten, sind dabei nicht hilfreich. Warum werden diese Gebete nicht einfach direkt an unseren Herrn Jesus gerichtet? Er allein ist laut Bibel unser Mittler vor Gott und hat versprochen: „Alles, was ihr in meinem Namen bittet, dass werde ich tun.“
Mir persönlich sind auch die ganzen Marienerscheinungen suspekt. Dahinter können sich andere Kräfte verbergen. Satan verstellt sich bekanntlich als ein Engel des Lichts. Hier ist Vorsicht geboten. Aber wenn man berechtigterweise solche Einwände vorbringt, wird man oft von Katholiken als unwissend abgetan.
Gottes Segen für Sie und Ihren Dienst.
Guten Tag,
danke für Ihre Zeilen und Segenswünsche, die ich herzlich erwidere und auch Ihnen Gottes Beistand erbitte.
Die durchaus freundlichen Absichten von Markus Voss habe ich ja nicht in Abrede gestellt, sondern sogar ausdrücklich erwähnt.
Es ist auch richtig, wenn der Prediger die katholische Lehre als „in sich logisch“ würdigt, das ist sie tatsächlich.
Jeder Stein – jede einzelne Doktrin – paßt genau in das theologische „Gesamtgebäude“ hinein.
Es ist wie ein geistiges Gesamtkunstwerk aufgebaucht.
Im Vergleich dazu sind viele evangelikalen Lehrbücher schlicht Schmalspur.
Freilich hat dieses Lehr-„Gebäude“ natürlich den Nachteil, sehr anspruchsvoll zu sein, so daß – wie Sie richtig anmerken – viele Katholiken damit überfordert sind.
Allerdings möchte ich Ihnen widersprechen mit Ihrer Meinung, die Marienverehrung sei vom Kirchenvolk her „längst in eine Form der Anbetung“ übergegangen.
In der Lehre wird zwischen beiden Ebenen sehr strikt getrennt.
Es gibt in der Praxis aber noch eine Art „Grauzone“, die zwar objektiv keine Anbetung ist und auch subjektiv nicht als solche gemeint ist (jeder „Marianische“ würde das weit von sich weisen!), die aber als „Kult“ bezeichnet werden könnte. Dieser Marienkult bildet in der Volksfrömmigkeit tatsächlich manchmal seltsame Formen bis hin zu Auswucherungen, die von außen her wie eine Anbetung erscheinen. Allerdings ist dies nicht der kirchlichen Lehre anzulasten, sondern einem emotionalen oder gar wundersüchtigen Gemüt der betreffenden Gläubigen.
Mit Ihrem Hinweis „Satan verstellt sich als Engel des Lichts“ in bezug auf vermeintliche Marienerscheinungen haben Sie durchaus recht, vielfach dürfte das der Fall sein, freilich kann es sich auch einfach um Betrut oder psychopathologische Selbsttäuschung handeln. Einer dieser verschiedenen Punkte dürfte die Regel sein. Das schließt aber nicht aus, daß es auch „echte“ Visionen bzw. Privatoffenbarungen geben kann. Daß Heilige sehr wohl erscheinen können, sieht man an den Gerechten des Alten Bundes, wie biblisch berichtet wird, man erkennt es auch an der Begegnung zwischen Jesus, Moses und Elias auf dem Berge Tabor.
Dem tapferen Judas Makkabäus erschien ein verstorbener Hohenpriester.
Zur biblischen Begründung der Heiligenverehrung hier eine nähere Ausführung: https://christlichesforum.info/die-fursprache-der-gerechten/
Freundlichen Gruß
Felizitas Küble
Danke für die wichtige Klarstellung.
Ich möchte nur hinzufügen, dass dieser Unterschied auch katholischerseits sicherlich nicht immer berücksichtigt wird.
Mit Blick auf manche Ausuferungen der Marienfrömmigkeit wird man kaum abstreiten können, dass Maria tatsächlich manchmal quasi gottgleiche Verehrung zukommt, beispielsweise an „Erscheinungsorten“ wie Medjugorje und vor allem auch Fatima. Es ist kaum anzunehmen, dass alle Katholiken diese Unterscheidung selbst beachten. In letzterem Fall (Fatima) fordert die angebliche Maria ja noch ausdrücklich dazu auf, sie zu verehren. Keinem in der Kirche scheint aufzufallen, dass solche und weitere Äußerungen mit der Maria, die wir aus Bibel und Tradition kennen, wohl kaum etwas zu tun haben kann. Vielmehr wird so getan, als hätten alle diese Äußerungen blindlings als „wahr“ anzunehmen.
Die übermittelten Gebetsformeln werden den Gläubigen einfach aufgedrückt, weltweit, zum Beispiel im Rosenkranz. Dabei sind Katholiken nicht verpflichtet, Privat-Offenbarungen zu glauben. Die Weihe seines Pontifikats der „Maria von Fatima“ durch Franziskus im Jahr 2013 hat hier regelrecht die Schleusen geöffnet. Seitdem findet man kaum noch Kirchen oder Gebetsgruppen, die den Fatima-Zusatz nicht übernommen haben. Die Fragwürdigkeiten im Zusammenhang mit dieser Geschichte werden von der aktuelleren Literatur schlicht ignoriert, zudem wird die Verehrung von namhaften Theologen unterstützt. Kritiker und Zweifler wurden schnell ignoriert. Es würde sich lohnen, die Sache näher zu untersuchen.
Man braucht z. B. nur das Hesemann-Buch (als Historiker bringt er wenigstens die Absurditäten, wenn er sie auch – verständlicherweise als Erscheinungs-Fan – lieber unkommentiert lässt) zu dem Thema lesen und sehen, welche Fragen sich von alleine stellen.
Auf jeden Fall kann man sich eigentlich nicht wundern, dass Protestanten die Katholiken für Marien-Anbeter halten.
Guten Tag,
grundsätzlich stimme ich Ihnen zu – und Sie wissen auch sehr gut, da Sie hier nicht zum ersten Mal kommentieren, daß gerade in diesen Blog hunderte von Artikeln gegen Medjugorje zu finden sind und sogar eine ganze Reihe kritischer Beiträge zu Fatima. Insofern rennen Sie hier offene Türen ein.
Auch der von Ihnen kritisierte Fatima-Zusatz zum Rosenkranz, der amtlich gar nicht dazu gehört, wurde unsererseits bereits gründlich auseinandergenommen.
Wie Sie zurecht schreiben, ist kein Katholik an Privatoffenbarungen gebunden, auch nicht an kirchlich „anerkannte“ Erscheinungen, die ja lediglich eine Erlaubnis beinhalten, wie sich aus den entsprechenden Dekreten zur Approbation ergibt.
Was Hesemann betrifft, so haben wir uns seine erscheinungsfixierten Beiträge mehrfach vorgeknöpft. Früher glaubte er an UFOs, jetzt eben an Seherinnen.
Solche wundersüchtigen Entgleisungen liefern dem Vorurteil von einer „Anbetung“ Mariens natürlich neue Nahrung, doch ändert es nichts daran, daß die offizielle Lehre klare Unterscheidungen vornimmt, gerade auch in den Aussagen über die göttliche Offenbarung, die mit dem Tod des letzten Apostels abgeschlossen ist, was ein katholisches Axiom darstellt.
Freundlichen Gruß
Felizitas Küble
Wo liegt das Problem ?
Solange zwischen Anbetung und Verehrung unterschieden und dies verbindlich geklärt wird, muss am Bodenpersonal Gottes beziehungsweise an der Kirche, nichts zu bestellen sein..
Zu Gläubigen, denen es leichter fällt, zunächst mit einem Heiligen, als einem Fürsprecher, zu sprechen, kann man nichts oder nicht viel sagen, solange keine Geltung für diese Art von Beten beansprucht wird – Gott versteht schon.
Dass Protestanten da und dort die Unterscheidungen nicht wahrnehmen beziehungeweise nicht kennen, ist ihrem Prinzip „Allein-die-Schrift“ geschuldet, das beispielhaft in alten, insbesonders reformierten, Kirchen(gebäuden) als leer und kalt daherkommt.