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Erdbestattung: Zeugnis des Glaubens für die Würde des menschlichen Leibes

Von Felizitas Küble

Am 25. Oktober 2016 veröffentlichte der Vatikan die Instruktion der Glaubenskongregation „Ad resurgendum cum Christo“ (= Zur Auferstehung mit Christus) über die Beerdigung der Verstorbenen und die Aufbewahrung der Asche im Fall der Feuerbestattung.

Die römische Anweisung wurde am 15. August 2016 von Kurienkardinal Gerhard Müller unterzeichnet. Der Präfekt der Glaubenskongregation wählte für diese Instruktion, welche die Erdbestattung mit Nachdruck empfiehlt und theologisch begründet, sicher nicht ohne tieferen Sinn als Datum das Hochfest der Aufnahme Mariens in den Himmel mit Leib und Seele.

Geht es doch hier wie da  –  beim Assumpta-Dogma sowie bei der Bevorzugung der Erdbestattung  –   um die Hochschätzung des menschlichen Leibes über den Tod hinaus.

Eingangs verweist das vatikanische Dokument auf die frühere Instruktion „Piam et constantem“ vom 5. Juli 1963. Darin findet sich der Aufruf, dass „die Gewohnheit, den Leichnam der verstorbenen Gläubigen zu beerdigen, heilig gehalten werde“.

Die Feuerbestattung wurde jedoch zugleich erstmalig unter bestimmten Bedingungen erlaubt, sofern sie nämlich nicht „aus Ablehnung der christlichen Dogmen, aus sektiererischer Gesinnung oder aus Hass gegen die katholische Religion und Kirche“ praktiziert werde. Zuvor war folgender Passus des Kirchenrechts gültig: „Einem Gläubigen, der die Verbrennung seines Leichnams anordnet, wird das kirchliche Begräbnis zur Strafe entzogen.“

Der Anlass für die jetzige Instruktion ist wohl vor allem die Tatsache, dass sich – so heißt es dort eingangs – „die Feuerbestattung in nicht wenigen Ländern stark ausgebreitet“ habe. Auch in Deutschland steigt die Einäscherung kontinuierlich an. Waren es in Westdeutschland vor der Wiedervereinigung lediglich 7,5% aller Verstorbenen, die verbrannt wurden, so stieg dieser Anteil bereits 1999 auf 31,8% mit weiter wachsender Tendenz nach oben. In den neuen Bundesländern werden schon seit langem 70 – 75% der Toten eingeäschert. Auch auf kirchlichen Friedhöfen fällt die wachsende Anzahl der Urnen-„Gräber“ und Kolumbarien auf.

 Die Instruktion der Glaubenskongregation sieht diese Entwicklung zweifellos mit „brennender“ Sorge  – und sie begründet ihren Warnruf damit, dass sie die „lehrmäßigen und pastoralen Gründe“ darlegen wolle, welche „für die Bevorzugung der Beerdigung“ (also die Erdbestattung) sprechen. Zugleich gehe es darum, so Kardinal Müller weiter, „Normen für die Aufbewahrung der Asche im Fall der Feuerbestattung zu erlassen“.

Nach einigen grundsätzlichen Ausführungen über Tod und Auferstehung Christi sowie die Bedeutung der Taufe heißt es weiter: „Durch den Tod wird die Seele vom Leib getrennt; in der Auferstehung aber wird Gott unserem verwandelten Leib das unvergängliche Leben geben, indem er ihn wieder mit unserer Seele vereint.“

Warum dem Leib auch nach dem Tod Hochachtung gebührt

Auf dieser Grundlage schärft die Instruktion ein („empfiehlt die Kirche nachdrücklich“), den Leichnam des Verstorbenen „gemäß ältester christlicher Tradition auf dem Friedhof oder an einem anderen heiligen Ort zu beerdigen“.

Die Kirche senke „voll Hoffnung auf die Auferstehung in Herrlichkeit“ die „sterblichen Überreste“ der Gläubigen in die Erde. Der „Glaube an die Auferstehung des Fleisches“ solle auch auf diese Weise „bekräftigt“ werden. Zugleich wolle die Kirche dadurch „die hohe Würde des menschlichen Leibes“ ins Licht stellen, dem „Ehrfurcht und Achtung“ gebühre, denn durch die Taufe sei der menschliche Körper „Tempel des Heiligen Geistes geworden“.

Außerdem fördert die traditionelle christliche Erdbestattung, so heißt es weiter, „das Andenken und das Gebet für die Verstorbenen durch die Angehörigen und die ganze christliche Gemeinschaft, wie auch die Verehrung der Märtyrer und der Heiligen.“

Eben deshalb könne die Kirche keine Feuerbestattung erlauben, wenn derselben eine irrgeistige Motivation zugrunde liege:

„Sie kann deshalb nicht Haltungen oder Riten erlauben, die falsche Auffassungen über den Tod beinhalten, etwa wenn er als endgültige Vernichtung der Person, als Moment ihrer Verschmelzung mit der Mutter Natur oder dem Universum, als Etappe im Prozess der Reinkarnation oder als endgültige Befreiung aus dem „Gefängnis“ des Leibes verstanden wird.“

Freilich berührt die Einäscherung des Leichnams nicht die menschliche Seele, wie die Instruktion klarstellt  –   und sie „hindert die Allmacht Gottes nicht daran, den Leib aufzuerwecken“.  –  Gleichwohl gilt: „Die Kirche bevorzugt weiterhin die Beerdigung des Leichnams, die eine größere Wertschätzung für die Verstorbenen zeigt.“

Da es in den letzten Jahrzehnten verstärkt zu befremdlichen Bestattungs-Praktiken gekommen ist, erklärt die Instruktion, dass „die Aufbewahrung der Asche im Wohnraum nicht gestattet“ ist  – davon kann nur bei „schwerwiegenden Umständen“ abgesehen werden, die im Einvernehmen mit dem Ortbischof zu klären sind.

Zudem wird auch die See- oder Luftbestattung untersagt:

„Um jegliche Zweideutigkeit pantheistischer, naturalistischer oder nihilistischer Färbung zu vermeiden, ist es nicht gestattet, die Asche in der Luft, auf dem Land oder im Wasser oder auf andere Weise auszustreuen oder sie in Erinnerungsgegenständen, Schmuckstücken oder anderen Objekten aufzubewahren.“

Fest steht jedenfalls, so heißt es abschließend:

„Falls sich der Verstorbene offenkundig aus Gründen, die der christlichen Glaubenslehre widersprechen, für die Feuerbestattung und das Ausstreuen der Asche in der Natur entschieden hat, ist das kirchliche Begräbnis nach Maßgabe des Rechts zu verweigern.“

Es ist sehr zu begrüßen, dass die Glaubenskongregation mit dieser überfälligen Instruktion einige Stühle geraderückt und den Vorzug der herkömmlichen Beerdigung betont und begründet.

„Staub bist Du und zum Staub kehrst Du zurück“

Bisweilen hört man auch in katholischen Kreisen den Einwand, die Bibel selbst   – aber auch die Aschermittwochsliturgie  – spreche doch davon, dass der Mensch „Staub“ sei und dass er „zum Staub zurückkehrt“. 

Sicher trifft dies grundsätzlich zu, doch der wesentliche Unterschied besteht darin, dass der Leichnam  –  in der Erde vergraben –  durch den natürlichen Lauf der Dinge „zu Staub wird“, im Falle der Leichenverbrennung aber aktiv eingegriffen und der menschliche Körper absichtlich vernichtet wird. Hier geschieht also das „zu Staub werden“ willkürlich durch des Menschen eigene Hand  –  und dies meist „befeuert“ von Gründen der Kostenersparnis. Der Trend zum „Billig-Begräbnis“ (also Urne statt Sarg) scheint daher kaum aufzuhalten.

Nicht allein die Leichenverbrennung als solche ist deutlich preiswerter als die traditionelle Beerdigung, auch die Grabpflege gestaltet sich einfacher (sofern die Asche sich überhaupt noch in einem Urnen-„Grab“ befindet und nicht in einem Kolumbarium an der Friedhofswand, was den „Aufwand“ noch weiter verringert). Überdies ist bei der Einäscherung auch eine sog. „anonyme Bestattung“ möglich. Dabei wird die Urne in einem Massengrab beigesetzt, so dass überhaupt keine Grabpflegekosten für die Angehörigen entstehen.

In einer Wegwerf-Gesellschaft (die ungeborene Kinder bereits millionenfach tödlich „entsorgt“ hat) verschwindet zunehmend auch der Respekt vor dem Leichnam der  Verstorbenen. So wie es eine christlich-humane „Kultur des Lebens“ gibt, die das menschliche Leben von der Empfängnis bis zum natürlichen Tod schützt und damit Abtreibung und Euthanasie verbietet, so gibt es auch eine „Kultur des Todes“, die den menschlichen Leibes bewusst hochschätzt, zumal er einst zur Auferstehung berufen ist.

Was ist uns die christliche Trauerkultur wert?

Hier stellt sich die jedoch die prinzipielle Frage: Was sind uns die Verstorbenen „wert“? Sind sie uns zwar noch „lieb“, dürfen aber auf keinen Fall „teuer“ werden? Welche Bedeutung hat hier noch eine wirklich christliche und humane Trauerkultur? Ist der Grundsatz vergessen, dass die Würde des menschlichen Leibes den Tod überlebt?

Im Judentum (und übrigens auch im Islam) ist die Leichenverbrennung nach wie vor strikt untersagt. Das Alte Testament kennt durchgehend eine strenge Pflicht zur Erdbestattung (vgl. 5 Mo 21,23) und betrachtet es als große Tugend, die Verstorbenen zu begraben (vgl. Buch Tobit). Die Verbrennung eines Leichnams wurde im Alten Bund als drastische Verschärfung der Todesstrafe angesehen und kam nur selten zur Anwendung (Gen 28,24; Jos 7,15).  –  Auch das Neue Testament geht von der Selbstverständlichkeit der Erdbestattung aus. Beim Begräbnis Christi betont Johannes ausdrücklich, dass es nach jüdischer Sitte ablief (Joh 19,39 f).

Die jüdisch-christliche Erdbestattung war in jener Zeit keineswegs selbstverständlich, denn im Heidentum praktizierte man vielfach die Einäscherung der Leichen. Dies wurde teils mit der Angst begründet, die Seele des Toten könne andernfalls in den Leichnam zurückkehren, teils auch mit der Abwertung des Leibes als „Gefängnis der Seele“ (gnostischer Dualismus). Auch die römischen Kaiser wurden nach ihrem Tod öffentlich auf einem Scheiterhaufen verbrannt, wobei man von der mythologischen Vorstellung ausging, dass die kultisch verehrten Herrscher dabei gleichsam „wie ein Phönix aus der Asche steigen“ und ihrer Himmelfahrt und Vergöttlichung entgegenstreben.

Derartige teils leibfeindliche, teils abergläubische Ideologien hat das Christentum stets abgelehnt. Die Sitte der Erdbestattung wurde infolge der etappenweisen Christianisierung der Germanen im frühen Mittelalter allmählich auch staatliches Recht. Im Edikt von Paderborn verbot Karl der Große im Jahre 785 n. Chr. jede Feuerbestattung, um dieser alten Unsitte bei manchen Neuchristen ein Ende zu bereiten.

Katakomben: Erschütterndes Zeugnis der frühen Christen

Immerhin würdigt die Heilige Schrift den Leib des Gläubigen als Tempel des Heiligen Geistes (vgl. 1 Kor 6,19) und versteht die Auferweckung am Jüngsten Tag ausdrücklich als eine Auferstehung des Leibes bzw. – noch deutlicher formuliert  – des „Fleisches“, wobei der Körper in seiner verklärten Daseinsweise nicht mehr an die irdischen Naturgesetze gebunden sein wird (vgl. 1 Kor 15,35). Durch die Verwandlung des sterblichen Leibes in die Unsterblichkeit des ewigen Lebens steigert sich die Glückseligkeit der Menschenseele im Himmel, denn sie wird wieder mit ihrem eigenen Leib vereinigt und so zur „Ganzheit“ des Menschseins vollendet.

Sollten nicht gerade wir Christen ein klares Signal für eine wahrhaft menschenwürdige „Trauerkultur“ setzen, auch und gerade inmitten einer wachsenden neuheidnischen Umgebung?

Bedenken wir auch das Zeugnis der frühen Kirche in der damaligen heidnischen Umgebung:

Während der römischen Verfolgung scheuten die Christen keine Mühe, um ihre Verstorbenen in selbstgebauten, unterirdischen Katakomben würdevoll zu bestatten, was durchaus auch ein gefährliches Unterfangen war. Eine Einäscherung wäre für sie gerade in dieser bedrängten Lage viel einfacher gewesen. Damals war die Leichenverbrennung  – zumal in der römischen Hauptstadt –  gang und gäbe, weshalb keine Friedhöfe existierten. Es gab lediglich Grabmäler, die sich sehr vermögende,  hochstehende Personen leisten konnten.

Die Katakomben sind der steinernde, die Zeiten überdauernde Beweis dafür, wie wichtig den damaligen Gläubigen die Erbestattung war, unter welchem Aufwand, unglaublichen Mühen und Opfern sie inmitten von Bedrängnis und Verfolgung unter der Erde würdige Grabstätten für ihre Verstorbenen errichtet haben. Diese Einsatzbereitschaft war heldenhaft und ist vorbildlich auch für unsere Zeit – gerade für sie!

Gewiss beruht unsere Auferstehungshoffnung nicht auf einer bestimmten Weise der Bestattung, sondern auf den Verheißungen Gottes. Doch der christliche Jenseitsglaube stärkt sehr wohl unseren Sinn für die besondere Würde des menschlichen Leibes; eine Würde, die uns etwas wert sein sollte –  über den Tod hinaus!

Dieser Artikel unserer Autorin Felizitas Küble (Mail: felizitas.kueble@web.de, Tel. 0251-616768) wurde in der Zeitschrift „Theologisches“ (Nr. 11 – 12/2016) veröffentlicht und hier um ein paar Zeilen ergänzt.

 

Kommentare

5 Antworten

  1. Wenn ich heute konventionell bestattet würde, würden meine Überreste nach spätestens 25 Jahren ausgebuddelt und – wenn es gut geht – in einem Massengrab enden. Je nach Orts- oder Friedhofssatzung. Da bin ich froh, daß mich an schöner Stelle in Basel ein verbrieftes „Ewigkeitsgrab“ aus Familienbesitz erwartet. Dort sind noch zwei Urnen (für mich und meine Frau) möglich. Mich wird man noch in 100 Jahren „besuchen“ können.

    1. Dieses Problem treibt auch mich um. Zwar teile ich großenteils die oben genannten theologischen Ausführungen (wenn sie mir zum Teil auch ein bisschen übertrieben erscheinen), aber so wie heutzutage die Erdbestattung gehandhabt wird, halte ich sie auch für extrem unwürdig. Nach 25 Jahren werden die Knochen ausgegraben und irgendwo auf einen Haufen geschmissen. Es soll sogar Fälle gegeben haben, wo sie mit einer Planierraupe platt gefahren worden sind.

      Da müsste eine Lösung gefunden werden, damit die Toten auf Dauer in Frieden ruhen können.

  2. Also ich würde ja die direkte Auferstehung bevorzugen 😀

    Das ist aber auch ein Thema.

    Bei einer Beerdigung macht ein Sarg mehr her als eine Urne.

  3. Sehr interessante Gedanken. Vielen Dank für diesen Artikel. Daß der Körper eines geliebten Angehörigen langsam von Würmern und anderem Getier aufgefressen wird, finde ich persönlich eigentlich nicht so schön. Da scheint mir eine schnelle Verbrennung irgendwie „attraktiver“. Trotzdem haben die kirchlichen Argumente für die Erdbestattung eine große Überzeugungskraft. Vielleicht ist eine Erdbestattung auch ein Bekenntnis des Glaubens daran, daß die Auferstehung möglicherweise schon kurz bevorsteht.

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