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Evangelische Kritik an zeitgeistbeflissener Kirche: „Gottes Wort bleibt auf der Strecke!“

Von Pastor Frank-Georg Gozdek

In den vergangenen Monaten ist viel in Kirche und Welt geschehen. Leider meistens nicht zum besten  –  und doch spüren wir trotz allem: „Gott sitzt im Regimente und führet alles wohl!“

Das ist uns Trost und Zuversicht, bei allem was uns anficht  –  auch wenn wir spüren, wie gläubigen Christen in unserer Gesellschaft infolge des linksliberalen, mehr und mehr totalitär werdenden Mainstreams der Wind immer eisiger um die Nase weht.

Gesinnungsschnüffelei und „Denunziantenstadl“ inbegriffen, wie das –  nur ein kleines Beispiel  –   etwa die Veranstalter und Teilnehmer des „Marsches für das Leben“ jedes Jahr aufs neue erleben. Trotz alledem und alledem: „es wird regiert!“   –  Gott läßt sich das Heft nicht aus der Hand nehmen. Im Gegenteil: „Der im Himmel wohnet, lachet ihrer, und der HERR spottet ihrer.“ (Psalm 2)

Beliebigkeit statt Bekenntnis

Ich nenne an erster Stelle die skandalöse „Orientierungshilfe“ der EKD: „Zwischen Autonomie und Angewiesenheit – Familie als verlässliche Gemeinschaft stärken“, für die man sich als evangelisch-lutherischer Christ und Pfarrer einer Gliedkirche der EKD nur von Herzen schämen kann.

Denn hier bleiben nicht allein Ehe und Familie, sondern vor allem das Wort Gottes auf der Strecke, das dem Trend geopfert wird. Beliebigkeit tritt an die Stelle des Bekenntnisses.

Gemälde: Evita Gründler
Gemälde: Evita Gründler

Rückt doch dieses Dokument eines rot-grünen Zeitgeistes gegen das klare Zeugnis der Schrift von der Ehe als alleiniger Norm ab und vertritt  – ganz im Stile unserer kranken Epoche und ohne jede tiefere geistlich-biblische Begründung, ja das Wort Gottes gegen den Strich bürstend   –  ein erweitertes „Familienbild“, das zum Beispiel gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften mit Kindern einschließt.

Angeblich ist auch schon ein Papier der EKD zur Sexualität in Planung. Das läßt nichts Gutes ahnen.

Erfreulich allerdings ist die breite Ablehnung, auf die die „Desorientierungshilfe“ (so Prof. P. Beyerhaus) stößt. „Schwafelkirche in Selbstauflösung“ titelte das Magazin „Cicero“.   –  „Murks“ bemerkte die FAZ  –  und der ehemalige Verfassungsrichter Hans-Joachim Jentsch äußerte im „Wiesbadener Kurier“: „Es ist zum Katholischwerden.“

Ich nenne weiter natürlich die katholischen Bischöfe, die sich in sehr dezidierter Weise gegen das unglückliche „Familienpapier“ ausgesprochen haben. So Bischof Voderholzer (Regensburg), der der EKD zuruft:

„Kehrt bitte auf den Boden der Heiligen Schrift zurück! Welchen Sinn soll Ökumene haben, wenn das gemeinsame Fundament der Heiligen Schrift nicht mehr ernst genommen wird?“

Gegenwind zur „Desorientierungshilfe“

Nicht zu vergessen auch die Stimmen zahlreicher bekennender evangelischer Christen innerhalb und außerhalb der EKD  –  vor allem die Stellungnahmen der verschiedenen Kirchlichen Sammlungen, der Evangelischen Allianz (Dr. Michael Diener), der Konferenz bekennender Gemeinschaften (Pastor Ulrich Rüß), sowie von Professor Slenczka und Professor Peter Beyerhaus, der den Ratsvorsitzenden der EKD auffordert: „Treten Sie zurück!“

Kirche in Augsburg
Evangelische Kirche in Augsburg

Wunderbar auch das Hirtenwort von Bischof Hans-Jörg Voigt (SELK): „Ehe und Familie als Gaben Gottes entdecken“ vom 2. Juli dieses Jahres (St. Marien Heimsuchung), in dem die biblischen Positionen in deutlicher und liebevoller Weise dargelegt werden.

Kritik kommt inzwischen sogar aus den Kirchenleitungen der Mitgliedskirchen der EKD  –  unter ihnen Landesbischof Frank Otfried July (Württemberg), Altbischof Hartmut Löwe, die sächsische Landeskirche, Kirchenpräsident Joachim Liebig (Ev. Landeskirche Anhalt). Der Braunschweiger Landesbischof Dr. Weber, in der VELKD für die Ökumene zuständig, weist auf den Schaden hin, den das Papier für die ökumenischen Bemühungen verursacht hat. 

Wie gesagt, diese Breite der Ablehnung und Kritik ist erfreulich, auch wenn das Unglück nun einmal geschehen ist, und ein derart vom Worte Gottes entferntes und dem Zeitgeist verpflichtetes Elaborat das Licht der Welt erblickt hat.

„Wem wollen wir gehorchen?“

Immerhin stellt es uns Christen vor die Frage: Wem wollen wir gehorchen? Wer soll in Kirche und Gemeinde Maßstäbe setzen? Der aktuelle Trend, ein durchgedrückter gesellschaftlicher Konsens, die veröffentlichte Meinung?  Machtbewußt agierende Interessenverbände, der entschlossene Wille von Lobbyisten und karrierebeflissenen Politikern? Der staatliche Gesetzgeber mit eventuellen Sanktionen und Zwangsmaßnahmen  –   oder einzig das Wort Gottes?

Martin Luther sagt es uns: „Wir sind nicht getauft auf Könige, Fürsten, noch die Menge, sondern auf Christum und Gott selbst.“  –  Wenn wir Christen auch infolge der Auseinandersetzungen um das verunglückte Familienpapier von neuem erkennen, wem wir verpflichtet sind und wem nicht, dann hatte die Sache wenigstens etwas Gutes.  

Hoffnungszeichen: Proteste in Frankreich

Ein Hoffnungszeichen waren die großen Demonstrationen in Frankreich gegen die „Homo-Ehe“ und das Adoptionsrecht für ebensolche Paare. Hatte die sozialistisch-laizistische Regierung Hollande ihre Pläne als „Ehe für alle“ („Mariage pour tous“) deklariert, zogen nun Hunderttausende aus unterschiedlichsten welt-anschaulichen Lagern (sogar Homosexuelle) unter dem Leitwort „Manif pour tous“ („Demonstration für alle“) in mehreren großen Kundgebungen durch die Straßen von Paris. 1_0_661004

Bürgermeister weigerten und weigern sich, homosexuelle Paare zu trauen. Wer die Bilder aus Frankreich gesehen und die Ereignisse mitverfolgt hat, kann unsere westlichen Nachbarn nur für ihren Mut beneiden, auch wenn das Gesetz dann leider doch durchgepeitscht worden ist, womit freilich von Anfang zu rechnen war.

Natürlich versuchten sich die überwiegend linksliberal gleichgeschalteten Medien bei uns und in Frankreich mit der üblichen Strategie des Vertuschens und Verschweigens oder Verleumdens. Und die Regierung Hollande ging in gewohnter totalitär-sozialistischer Manier zum Teil brachial mit Knüppel und Tränengas gegen die Demonstranten vor: „On nous gaze!“ („Wir werden vergast!“) war als Schreckensschrei zu hören.

Auch wurde amtlicherseits (auch das aus dem real existierenden Sozialismus bekannt!) die Veröffentlichung von Fotos untersagt, die die Ausmaße der Demonstrationen deutlich machten, und Teilnehmerzahlen wurden nach unten abgerundet. Orwell läßt grüßen! Aber immerhin: die überlieferten Werte des christlichen Abendlandes sind doch noch nicht ganz untergegangen.

Junge Frauen unter dem Motto der Antigone

Dafür spricht in Frankreich auch die Entstehung einer Bewegung junger Frauen namens „Antigones“, deren Name von einer Vertrautheit mit klassischem Bildungsgut zeugt, die bei uns in Deutschland infolge der vielen „Bildungsreformen“ leider nicht mehr so selbstverständlich ist.

Unter dem Leitwort der Antigone aus der griechischen Tragödie: „Nicht mitzuhassen, mitzulieben bin ich da“ setzen diese jungen Frauen auf Ehe, Familie, Kinder, auf Weiblichkeit, auf Feminität statt Feminismus und schreiben einer biestigen, pseudowissenschaftlichen Gender-Ideologie ins Stammbuch:

„Wir erheben uns gegen die herrschende Ideologie. … Wir handeln gemäß unserer Feminität, wir kämpfen für eine würdige Zukunft unserer Söhne und Töchter. In einer Zeit, in der die Gender-Theorie in den Schulen gelehrt wird, sind wir die Revolutionäre!“

Im übrigen: Ein bißchen mehr Mut gegenüber dem immer totalitärer werdenden „gutmenschlichen“ Zeitgeist täte uns hier östlich des Rheins auch ganz gut!

Naher Osten: Christen bleiben auf der Strecke   

Während ich diese Zeilen schreibe, bewegt mich natürlich auch die Situation in Ägypten und Syrien. Hoffen und beten wir, daß sich eine Katastrophe wie im Irak für die teilweise uralten Kirchentümer in diesen Ländern nicht wiederholt!

Auch hier verschweigen und vertuschen ein Großteil unserer Medien die Übergriffe etwa der „Rebellen“ in Syrien gegen Christen: Bombenattentate im Christenviertel von Damaskus, Mord und Entführung von Klerikern und Laien. Und Hinweise auf diese akuten Christenverfolgungen werden gerade aus dem rot-grünen Umfeld häufig mit dem Hinweis heruntergespielt, daß auch andere verfolgt werden, und niemand bevorzugt werden dürfe.

Wir sagten wir zuhause? „Da hat der Deibel keine bessere Ausrede gewußt!“ – Auf alle Fälle aber wäre die Lieferung von Waffen an diese Terroristen, wie sie von einer sich steigernden Kriegspropaganda gefordert wird, oder gar ein aktives militärisches Eingreifen des Westens an der Seite der „Rebellen“ ein Verbrechen an den dortigen Christen.

Außerdem äußern die gleichen Vertreter einer veröffentlichten Meinung gelegentlich schon ihre Betroffenheit darüber, daß mit Mursi ein demokratisch gewählter Präsident vom Militär abgesetzt wurde. Frage nur: was ist eine Demokratie wert, die militanten Islamisten den Weg an die Macht bahnt, und Verfolgung, Diskriminierung, Leid und Tränen über Andersdenkende und Andersglaubende bringt?media-444757-2

„Bibel kann über dem Gesetz stehen“   

Zum Schluß noch eine Meldung aus Finnland von einer Ministerin, die ich mir auch für Deutschland wünschte, und von einem Erzbischof, der die erbärmliche, angepaßte Position einer saturierten Staatskirche vertritt: „Man muß Gott mehr gehorchen als den Menschen“, erklärte die finnische Innenministerin Päivi Räsänen auf den evangelisch-lutherischen Missionstagen in Kankaanpää. 

Sie stellte fest, es gebe Fälle, in denen die Bibel über dem Gesetz stehe. Sie kritisierte, Tiere genössen in Finnland mehr Schutz als menschliche Embryonen. Es sei ein Skandal, daß Finnland neben Schweden das einzige Land sei, in dem medizinischen Personal nicht aus Gewissensgründen die Teilnahme an einer Abtreibung ablehnen könne.

Der finnische Erzbischof Kari Mäkinen dazu: man darf den Standpunkt der Ministerin in keinem Fall mit der Haltung der Kirche Finnlands verwechseln. – Bereits 2010 wurde die Politikerin für Kirchenaustritte verantwortlich gemacht, als sie gegen kirchliche Zeremonien für gleichgeschlechtliche Paare eintrat. (Quelle: EZ vom 21. Juli 2013/ Ausg. 29K, S. 5, nach: KNA)

Ministerin Räsänen bringt es auf den Punkt!

Bravo, Frau Räsänen! Sie bringen die Sachen auf den Punkt: für einen gläubigen Christen steht die Bibel über allem menschlichen Gesetz. Sie ist Gottes unfehlbares Wort, inspiriert vom Heiligen Geist.

Menschliche Gesetze sind vorläufige, irdische Ordnungen  –  und manchmal, natürlich mit dem reformatorischen Grundsatz „non vi sed verbo“, also nicht mit Gewalt, sondern einzig durch das Wort und mit der Bereitschaft zum möglichen Leiden bis hin zum Martyrium, muß der Christ unter Umständen menschlicher Macht widerstehen.

Denn mit der Kirche läßt sich kein Staat und mit dem Staat keine Kirche machen. Es sind zwei Reiche mit je eigener Würde und Aufgabe, wie uns das Bekenntnis der Kirche lehrt. Wer sie vermischt, erhält entweder eine geistliche Despotie wie bei Savonarola, Calvin und den Puritanern, oder eine servile Staatskirche, die das Evangelium dem Willen der Herrschenden opfert, ob dies nun, wie Vater Luther sagt, Könige und Fürsten sind, oder die „Menge“ und der „Konsens“ in einer Demokratie.

Unser Autor ist Pfarrer der evangelisch-lutherischen Gemeinde St. Ulrici-Brüdern in Braunschweig

Erstveröffentlichung des Beitrags in der Publikation „Brüdern – Ein Rundbrief für Christen Augsburgischen Bekenntnisses“, 65. Jg., Nr. 4/5, Juli-September 2013

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