Dipl.-Chem. Dr. rer. nat. Hans Penner, 76351 Linkenheim-Hochstetten
OFFENER BRIEF an Dr. Margot Käßmann, Reformationsbotschafterin der EKD
In IDEA-Spektrum (Nr. 41/2016) schrieben Sie, eine Konsequenz der Bildung sei „heute der historisch-kritische Umgang mit der Bibel“. Diese Behauptung ist deshalb falsch, weil die Historisch-Kritische Theologie (HKT) aus zwei Gründen nicht wissenschaftlich ist:
Wissenschaftliche Aussagen können einen hohen Grad an Wahrscheinlichkeit aufweisen, sind aber niemals absolut. In der Wissenschaft können und müssen Hypothesen aufgestellt werden. Diese Hypothesen dürfen jedoch niemals verabsolutiert werden.
Die HKT verabsolutiert ihre Hypothesen und ist deshalb nicht wissenschaftlich. Ich verweise auf das Buch „Das Ende der historisch-kritischen Methode“ des ehem. württembergischen Landesbischofs Professor Gerhard Maier.
Die HKT beruht auf dem heute obsoleten kausal-mechanistischen Weltbild des vorletzten Jahrhunderts. Der Ihnen wahrscheinlich unbekannte Tübinger Theologe Professor Karl Heim hatte sich ausführlich damit befaßt, daß die Grundlagenkrise der Physik in den 1920er Jahren dazu geführt hatte, das kausal-mechanistische Weltbild aufzugeben.
Sie sind diesem veralteten Weltbild verhaftet, deshalb haben Sie in einem SPIEGEL-Interview (30/2013) gesagt, daß Joseph Ihrer Meinung nach der leibliche Vater von Jesus gewesen sei.
Mit dieser Behauptung erklären Sie das Apostolische Glaubensbekenntnis, das die Christen aller Denominationen eint, für falsch. Damit behaupten Sie auch, daß Maria den Verkündigungsengel angelogen hätte. Außerdem behaupten Sie damit, daß Jesus nicht der Sohn Gottes sei und distanzieren sich von der Kernaussage des Christusglaubens. Folglich entspricht es Ihrer eigenen Aussage, daß Sie keine Christin sind.
Wenn die Evangelische Kirche in Deutschland Sie als „Reformationsbotschafterin“ berufen hat, bedeutet das in aller Klarheit, daß die Evangelische Kirche keine christliche Kirche ist, sondern ein Religionsverein.
Das bedeutet außerdem, daß sich die Evangelische Kirche in diesem Jahr von der Reformation verabschiedet. Diesen Abschied feiert die Evangelische Kirche als eine Art Karneval. Ich hoffe, hiermit zum Kirchenaustritt ermutigt zu haben.
Mit besorgten Grüßen
Hans Penner
2 Antworten
Auch mir fällt es derzeit schwer, in der allgemeinen Luthereuphorie und Flut an Informationen einen gesunden Überblick zu behalten. Was früher ideologisch missbraucht wurde durch Mangel an Informationen, wird heute ideologisch missbraucht durch Fluten von Informationen, wo man kaum zum selbstständigen Nachdenken kommt.
Martin Luther war trotz seiner menschlichen Verfehlungen bekennender Christ und hat die Jesus-Botschaft durch das Neue Testament nie außer Frage gestellt, die nun durch die Auslegung des Alten Testamentes unterwandert werden soll. Gerade das neue Testament ist der wichtigste Bestandteil der christlichen Lehre. Übrigens habe ich die 95 Thesen von Luther gelesen, die sich am neuen und alten Testament orientieren und aktueller denn je sind, wenn sich auch die Formen geändert haben. Es ist schon unverschämt, wenn nach irdischer Macht strebende Kleriker versuchen, Luther als modernen Zeitgeist seiner Zeit zu missbrauchen, um ihren ideologischen Zeitgeist zu erzwingen. Auch Luther hat mit seiner Übersetzung für viele Menschen die Wahrheit an das Licht gebracht (die als Latein unkundige glauben mussten, was ihnen die Kleriker missbräuchlich gegen die Wahrheit für ihre Macht eintrichterten) und Luther hat nicht die Bibel in seinem ideologischen Sinne verfälscht. Zwischen Wahrheit der heiligen Schrift und ideologischer Manipulation besteht ein großer Unterschied!
Sagte nicht Franziskus: „der Karneval ist vorbei“ !?
Vielleicht waren diese Worte prophetischer, als er selber meinte und ahnte.