Am Reformationsfest, dem 31.10.2011, schrieb die „Frankfurter Allgemeine“ dem derzeitigen Protestantismus einiges ins Stammbuch, was weit über kirchliche Tagesgeschehnisse hinaus von Bedeutung ist.
In einer klargeistigen Analyse, mit nüchterner Beobachtungsgabe gepaart, knöpfte sich Reinhard Bingener in einem Leitartikel auf der erste Seite die gegenwärtige Situation der EKD vor.
Unter dem Titel „Reform und Profil“ schreibt er einleitend:
„Das Klischeebild des Protestantismus ist schnell umrissen: Dem Zeitgeist hechelt er orientierungslos hinterher, jeder Trend, der in sein politisch-moralisches Raster passt, wird von ihm umschmeichelt. Kein religiöser Inhalt, den man nicht noch stärker banalisieren könnte, keine liturgische Tradition, die sich nicht durch eine „neue Form der Beteiligung“ zersetzen ließe.“
Sodann heißt es, im Protestantismus ist “der Wille zur Reform selbst zum Bestandteil einer Event-Maschine” geworden, der “neue Zerstreuungen fabriziert.”
Das “Kernproblem der Kirche” werde dadurch nicht gelöst, die „Grundlagen des Glaubens eindrucksvoll zu vermitteln“.
Das liegt aus Sicht des FAZ-Kommentars auch daran: “Hier wie dort kreist man mehr oder minder resonanzfrei um sich selbst.”
Diese Entwicklung sei, so der Autor, „vielleicht die wichtigste Ursache der inneren Verweltlichung der Kirche und leistet dem Klischee der Profillosigkeit den stärksten Vorschub.”
Diese Kritikpunkte sind im wesentlichen identisch mit den mitunter massiven Beschwerden auch von evangelikaler Seite, also von theologisch konservativen Protestanten, die sich seit Jahrzehnten über die Zeitgeist-Anbiederung und Substanzlosigkeit ihrer Kirchenleitungen beklagen.
Eine Antwort
Treffende Analyse. Allerdings droht derselbe Zerfallsprozess auch der katholischen Kirche hierzulande (A, CH, D), wenn einschlägigen Pfarrerinitiativen und Memoranden nicht wirkungsvoll gegengesteuert wird.