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Von Dr. Jan Dochhorn (Associate Professor)

„Gott wird uns nicht retten. Das werden wir tun.“  – Dieser Satz ist am 28. Februar 2021 ausgesprochen worden – auf einer Kanzel im Berliner Dom von Luisa Neubauer, die danach den ökumenischen Predigtpreis erhalten hat.
Dies greifen in der Welt vom 23.Oktober 2024 Henriette Crüwell, Ralf Frisch und Günter Thomas auf und konstatieren: »Die evangelische Kirche hat Gott vergessen«

Dem säkularistischen Trend durch Selbstsäkularisierung entgegenzukommen, mag den Kirchen mittelfristig minimal helfen, wird aber langfristig Religion nur noch unsichtbarer machen. 

Den Kirchen bleibt nichts übrig, als beharrlich für eine Umkehrung des Trends zu sorgen. Vorrangig ist dies allerdings notwendig aus einem ganz anderen Grund: Die Kirche als Service-Institution für irgendwas Schönes und allenfalls nebenbei auch religiöse Bedürfnisse wäre in sich eine Lüge. Es wäre die Luft raus; sie würde nur Geld kosten, das anderswo sinnvoller investiert wäre.

Was also tun zur Revitalisierung des Kirchlichen in Deutschland? – Fünf Arbeitsfelder sind zu skizzieren:

1. Gottesbewußtsein: Der Kirchenmitgliedschafts-Untersuchung kann man entnehmen, daß der entscheidende Gegner von Religion und Kirche in unserer Gesellschaft eine naturalistische Wirklichkeitserklärung ist, die sich auf zwei Sätze zusammenfassen läßt: »Alles läuft ab nach den „bekannten Naturgesetzen“« und: »Es gibt keinen Gott«.

Aber zwischen beiden Sätzen besteht eigentlich keine logische Junktur; aus der Gesetzmäßigkeit von Vorgängen wäre viel eher auf eine ordnende Intelligenz zu schließen.

Das naturalistische Weltbild scheint fragwürdig, unkritisch und sonderbar altbacken, scheint eher gesunkenes Kulturgut zu sein als aktuelle Herausforderung lebendiger Geistigkeit; es ist nicht zuletzt außerstande, Menschenwürde zu begründen.

2. Mission: Kirche ist auf Mission angelegt; der Glaube soll nach dem Willen Jesu Christi als des HERRN der Kirche verkündigt und bekannt werden. Von dieser grundlegenden Tatsache haben die Amtskirchen in Deutschland sich vielfach weit entfernt.  

Es mag der Gedanke aufkommen, Mission habe etwas mit weißem/europäischen Suprematismus und Imperialismus zu tun, aber damit kontrastiert doch seltsam die Tatsache, daß die afrikanischen Kirchen mit Postkolonialismus sehr viel weniger als mit Traditionalismus in Erscheinung treten.

Kardinal Robert Sarah (siehe Foto) beruft sich, wenn er gegen westliche Zeitgeistmoden im europäischen Katholizismus eintritt, explizit auf das Zeugnis der französischen Missionare in seinem Dorf, von denen viele jung gestorben seien. Man gewinnt nicht den Eindruck, daß er den Europäern die Mission verübelte. 

Auffällig oft erlebt man ein völlig unbefangenes Bekennen zum christlichen Glauben neuerdings im libertären Milieu, bei Anlageberatern mit Kapitalismusvorliebe oder bei der Hayek-Gesellschaft. Vielfach steht Widerstandserfahrung aus der Corona-Zeit im Hintergrund:
Wer sich schon einmal trauen mußte, gegen eine unfreundliche Menge für sich selbst zu stehen, der kann auch zu Gott stehen; ein Gefühl von Kraft und Lebensfreude ist jeweils erkennbar.

3. Politik: Bei allem Insistieren auf eine religiöse Rückbesinnung: Nicht weniger politisches Engagement ist von der Kirche zu erwarten, sondern ein besseres. Die sogenannte Seenotrettung mag der EKD gute Schlagzeilen einbringen und Zustimmung bei eher unpolitischen Gemütern, aber entscheidend ist doch die Frage: Tut sie gut – den Deutschen und denen, die man ins Land holt?

Ethische Fragen bedürfen der ernsthaften Deliberation, und diese gelingt nur, wenn man auch migrationskritische Stimmen in der Kirche gründlich anhört. Wo anders als in der Kirche, im Geltungsbereich der Nächstenliebe, sollte eigentlich vernünftiges Miteinanderreden über das Gute seinen besten Platz haben?

Die Kirche muß sich vor billiger Moral hüten: Gut ist nicht notwendigerweise, was vordergündig gut scheint; wenn es um das Gute geht, muß man mindestens soviel nachdenken, wie man es bei einem Hauskauf tut.

4. Das gute Beispiel: Moralität äußert sich nicht so sehr darin, daß man etwas von Staat und Gesellschaft einfordert, als vielmehr im je eigenen guten Tun. Die Kirchen müssen in ihrer Sozialgestalt ernsthaft Dienstgemeinschaft Jesu Christi sein. Und diese besteht eben nicht im Streikverbot für kirchliche Mitarbeiter, sondern im Gegenteil darin, daß diese in ihren Rechten ganz besonders ernst genommen werden.

Dies impliziert natürlich, daß kirchliche Arbeitgeber nicht in Feudalherrenmanier über das Privatleben sowie die politischen Aktivitäten und gar Gesinnungen ihrer Mitarbeiter befinden; ein Diakoniepräsident Rüdiger Schuch, der öffentlich AfD-Anhängern die Entlassung androht (laut Tichys Einblick vom 1.5.2024), tritt Arbeitnehmerrechte und Bürgerfreiheiten mit Füßen und läßt eine autoritäre Sektenmentalität erkennen; der Rechtsstaat müßte die Staat- / Kirche-Kooperation auf den Prüfstein stellen.

(Ergänzender Info-Link dazu: https://www.youtube.com/watch?v=7GFrS32rbAo)

5. Das liebe Vaterland: Wer sollte eigentlich besser über Schuld und Liebe reden können als Theologen? Wenn es aber um unser Land geht, in dem Schuld vorgefallen ist und das uns als Aufgabe und damit als Gegenstand des Liebens anvertraut ist, scheinen Theologen in Kälte zu erstarren.

Zu einem bejahenden Selbstverhältnis, auch die Geschichte betreffend, könnten und dürften wir Deutschen nie zurückkehren; da liege ein Graben, teilte mir eine Theologin einmal mit. Wer so redet, bietet speziell den jungen Menschen in unserem Lande statt des Brotes einen Stein, auch und gerade den Einwander-Nachkommen, die ein Deutschland-Narrativ brauchen, mit dem sie Mut zum Mitwirken entwickeln können.

Hier einem verkümmerten kollektiven Gemüt die Fesseln zu lösen, so schuldbewußt wie lebensbejahend, wäre ein Dienst, den Christen am Gemeinwesen leisten können.

Christentum ist dringend erforderlich. Die Christen müssen etwas dafür tun, daß man das wieder bemerkt.

Den vollständigen Beitrag unseres Gastautors lesen Sie hier: https://www.publicomag.com/2024/11/ist-das-kirche-oder-kann-das-weg/

 

Kommentare

13 Antworten

    1. Komischerweise glaube ich das nicht, ich weiß selbst nicht genau warum. Ich denke es hängt sehr viel von der Aufrichtigkeit und wahren Intention ab. Ich glaube sicher zu wissen (endgültig lässt sich das natürlich nicht feststellen – wer kann schon in die Herzen hineinsehen?), dass es auch in der heutigen Zeit sehr gute Priester gibt, sogar Hochschulprofessoren, die in ihrem Bereich und auf ihre Art – nicht jedem ist es gegeben, sich aus dem Fenster zu lehnen – tun, was sie können, um für die echten Werte einzustehen und diese zuverlässig weiterzugeben. Sie leben auch davon und verdienen es, dass man sie spirituell unterstützt, denke ich.
      Ich möchte das sinkende Schiff nicht verlassen wenn ich überzeugt bin, dass es in die richtige Richtung fährt. Natürlich soll man sich nicht aufgeben und hinunterziehen lassen.
      Aber es gibt Alternativen, die Bibel zeugt doch von unglaublichen Rettungsgeschichten, die sich aus dem richtigen Glauben immer wieder ergeben haben. Die Psalmen zeugen von den Aufs und Abs und doch letztlich immer wieder Rettungen seitens des Herrn. Vielleicht kann man zeitweise mit Rettungsbooten weiterkommen … wie immer das dann aussehen mag. Gottes Geist ist viel kreativer, als man manchmal vermuten mag.

  1. Nicht jeder, der ein geistliches Amt ausübt, ist von Jesus Christus berufen.
    Manch einer wollte Medizin, Jura usw. studieren und hat keinen Studienplatz bekommen und dann Theologie studiert.
    Bei anderen war das Motiv, dass man als Pfarrer ja nicht einer Aufsicht und den Anforderungen wie in einem Wirtschaftsunternehmen unterliegt…
    Andere wollten ein sicheres Einkommen und nichts für ihre Altersvorsorge einzahlen.

    Wie viele Pfarrer glauben überhaupt an die wesentlichen Aussagen der Bibel?
    Es ist eben sehr bequem, den Glauben nur ein bisschen zu verwalten. Aber laue Christen wird Jesus aus Seinem Mund ausspucken (Offenbarung 3,14-22).

  2. Um den drohenden Totalitarismus und die eskalierende Welt- und Atomkriegsgefahr zu entschärfen und möglichst umzukehren, sollten wir uns nicht nur bemühen, die aktuellen nicht-evidenzbasierten Rahmenerzählungen der Geschäftsmodelle der Hochfinanz und Globalisten aufzudecken.

    Wir sollten uns auch sehr bemühen, die falschen Rahmenerzählungen aus der Vergangenheit aufzudecken, weil sie uns zu unrealistischen Prämissen und Denkvoraussetzungen und somit zu illusorischen Menschen- und Weltbildern führen und verführen.

    Naturalismus bzw. Atheismus bieten keine ausreichende Erklärung und Unterstützung für die Wirklichkeit und das Leben aller Menschen in gleicher Weise.

    https://www.youtube.com/watch?v=rc9IHiYWX7g
    Naturalistisches vs. biblisches Menschenbild. Ethik, Freiheit, Menschenwürde. Ein Vortrag des Chemikers und Philosophen Dr. Markus Widenmeyer.

    Sie bieten damit auch keine belastungsfähigen Grundlagen für Menschenwürde, Menschenrechte und Ethik, für das Streben nach Freiheit, Objektivität, Gerechtigkeit, Rechtsstaatlichkeit, Vernunft, Demokratie und Wohlstand für alle.

    Hinter der Fassade formeller christlicher bzw. demokratischer Werthaftigkeit haben wir als Gesellschaft versäumt, durch ernsthaftes Hinterfragen unserer Denkvoraussetzungen, uns im Bereich der Sinnhaftigkeit, der Ethik und der Wahrheitsfindung so zu positionieren, dass wir die Moderne und sogar die Postmoderne und die Drohungen des Transhumanismus auf eine Weise betrachten, analysieren und ihnen begegnen können, dass wir nicht zum Opfer von Zweckmäßigkeiten, Notwendigkeiten und Ausweglosigkeiten werden – bis hin zum Totalitarismus bzw. zur nuklearen Vernichtung.

    Um unsere Souveränität als Mensch und unter Menschen zu behalten, brauchen wir die realistische Positionierung als Geschöpf unter Geschöpfen und die Dankbarkeit und Ehrerbietung gegenüber dem Schöpfer, der Schöpfung und dem Leben – im Sinne der Goldenen Regel in Verbindung mit den Zehn Geboten.

  3. Mit einem solchen, gewiß gut gemeinten Artikel können
    Lieschen Müller und Hänschen Klein nichts anfangen.

    Die Frage ist doch, was können wir tun, damit das Christentum in
    Deutschland nicht völlig ausstirbt und was können wir tun,
    damit unsere Kirchen nicht alle aufgegeben werden?

    Um Vorschläge wird gebeten.

  4. Das hilft alles nichts wenn der Papst, als oberster „Glaubenshüter“, zusammen mit Kardinälen und Bischöfen seinen Aufgaben nicht nachkommt und stattdessen sich anderen Religionen und Götzendienern an den Hals wirft, sekunduert von „Theologieprofessoren“ rund um die Welt. Glaubensgut wird von den Päpsten mit Füßen getreten, um sich allen möglichen anderen anzudienen, und keiner von den „Experten“ sagt was, außer ein paar wenige, die sich teils versteckt halten müssen. Es ist schlicht eine Schande, man schämt sich, so einer Gruppe durch Taufe zwangsmäßig anzugehören. Außerdem hat Franziskus „Missionierung“ praktisch gegeißelt und wie seine Vorgänger auch schon als überflüssig, wenn nicht gar großes Übel dargestellt. Ist das so unbekannt? Stattdessen soll an Symptomen herumgedoktert werden. Ich fühle mich von solchen Beiträgen veräppelt. Was soll das? Solange man den Ursachen der Entwicklung nicht ins Auge sieht wird sich nichts wesentlich bessern. Der Fisch stinkt vom Kopf. Wie sollen die Gläubigen ein Glaubensgut weitergeben, das die Kirchenvertreter selbst verachten?

    1. Niemand und keine Kirche ist frei von Sünden und Irrlehren. Die von Ihnen aufgezeigten Mängel fehlen aber in evangelisch-konservativen Konfessionen /Kirchen/ Gemeinden, etwa Gemeinden in der Evangelisch-Lutherischen Freikirche, in der Konferenz für Gemeindegründung, Freien oder Reformierten Baptistengemeinden, den allermeisten Gemeinden auf bruedebewegung.de, Bekenenden Evangelischen Gemeinden, im Forum Evangelischer Freikirchen. Lutherischen Bruedergemeinden, Mennoniten-Brueder-Gemeinden, Evangelisch-Presbyterianische Kirche /Gospelgemeinde Muenchen und ihren Schwestergemeinden, Evangelische Gesellschaft für Deutschland, und viele mehr… hier gibt es weit deutlicher denn Niedergänge /diew es auch gibt) Aufbrüche, auch zahlenmäßige…

      1. Ja da haben Sie sicher Recht. Ich sehe das jetzt natürlich durch die „katholische“ Brille. Ich habe aber schon mitbekommen dass evangelische Zweige abseits der großen „Staats-“ Kirche sich bemühen, an der authentischen biblischen Lehre festzuhalten. Manche Predigten von dieser Seite – solange sie nicht die bekannten Problemfelder der Ökumene betreffen – scheinen mir oft katholischer (im Sinne des traditionellen Katholizismus) oder jedenfalls sehr viel Bibel-fundierter als das laue, dem Zeitgeist sich anbiedernde Gerede der eigenen Kirche.

        1. Claudia L.: Viel Zustimmung natürlich! Herzlichen Dank für Ihre Antwort: Der konservative Protestantismus (der, der allein die Schrift anwendet) hat in vielen Fragen Übereinstimmung mit dem traditionellen Katholizismus. Das ist gut und schön so. Dafür danke ich.
          Darf ich den traditionellen Katholizismus sehen in der Lehre von Papst Joh. Paul II. und Papst Benedikt XVI.? Dann gebieten es der Geist der Liebe und der der Ökumene, zu erwähnen, daß wir (Konservative, nicht unbedingt die linksevangelikale Evgl. Allianz) in zentralen Fragen nach üblichen Maßstäbden deutlich konservativer sind: Wer bekommt das Ewige Heil? Beten Moslems Gott an? Ist Bibelkritik erlaubt? Was sind die Rollen der Geschlechter in der Familie und in den Kirchen?

          1. Danke für Ihre Antwort. Nein, der Traditionelle Katholizismus den ich meine hat weder etwas mit JPII noch mit Ben. XVI zu tun. Diese haben viel mehr meiner Meinung nach den Katholizismus zum wahren Abbruchunternehmen gemacht, das der Nachfolger nun konsequent zu Ende führt.

  5. Wachsende Intoleranz und Diskriminierung gegen Christen (mit Madeleine Enzlberger)

    Die „Beobachtungsstelle der Intoleranz und Diskriminierung gegen Christen“ (OIDAC) mit Sitz in Wien dokumentiert und veröffentlicht europaweite Fälle von Hassverbrechen gegen Christen. Über das Ausmaß der Übergriffe und mögliche Gegenmaßnahmen spricht André Stiefenhofer mit der Direktorin der OIDAC, Madeleine Enzlberger.

    https://www.youtube.com/watch?v=JxzZOywgeiQ

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