Gazprom ist kommunikativ in einer unglücklichen Lage:
Gaslieferungen sind ein Druckmittel im Ringen um Machtansprüche zwischen Russland und der EU sowie um die Inbetriebnahme von Nord Stream 2. Da fällt es schwer, ausgerechnet in dem Land wohl gelitten zu sein, das sich zuvorderst erpresst sieht.
Das spiegel sich klar in der Medienresonanz des russischen Konzerns wider. Es gibt zwar mehr Erwähnungen als bei Wettbewerbern wie Exxon, Shell oder BP. Allerdings ist die Tonalität schlecht, und die Viralität ist sehr hoch – was für eine emotional aufgeheizte Atmosphäre im öffentlichen Raum spricht. Gazprom wird auf nahezu allen Kanälen verprügelt, und die Imagedimension „Seriosität“ ist tiefrot.
Das Bemerkenswerte ist das stoische Nichtstun von Gazprom in Deutschland in der Kommunikation. Man nimmt die Situiation so hin und versucht gar nicht erst, diese Wahrnehmung zu verändern – abgesehen von millionenschweren Sponsorings im Fußball. So wird der Konzern auf die öffentliche Schlachtbank geführt, ohne sich wirklich zu wehren.
Presseanfragen gehen an die Moskauer Zentrale – bitte zu russischen Geschäftszeiten. Das war’s. Nun kann man das durchaus so machen, denn Gazprom hat keine B2C-Endkunden, und die Geschäftskunden sind hoffentlich abgeklärt genug, die öffentliche Empörung klar von ihren geschäftlichen Interessen abzugrenzen. So gesehen braucht Gazprom keine Kommunikation in Deutschland.
Tatsächlich könnte sich diese Strategie rächen. Die USA, die schon längst darauf gedrängt hat, amerikanischen Flüssiggas an Stelle von siebirischen Gas zu kaufen, schickt Flüssiggastanker nach Europa. PR-mäßig heißt die Ladung der Tanker „Freiheitsgas“. So wird die Marktbedeutung von russischem Gas zurück gedrängt, und die Abhängigkeit von Putins Gnaden sinkt.
Obendrein freut sich die amerikanische Wirtschaft über einen wachsenden Absatzmarkt für ihr Gas. Dabei wird es nicht bleiben. Die Politik ist Getriebene der öffentlichen Diskussion und wird sich – direkt oder indirekt genötigt sehen -, sich nicht erpressen zu lassen. Damit rächt sich die stoische Ruhe der Russen in der Kommunikation – und die amerikanischen Flüssiggashändler freuen sich ein Loch in den Bauch.
Quelle des Faktenkontor-Beitrags von Jörg Forthmann hier: https://www.faktenkontor.de/krisen-pr-blog-mediengau/krisen-pr-wie-ein-riese-zwischen-den-machtbloecken-zerrieben-wird/
2 Antworten
Es Ist alles so grotesk.
Genspritzen mit Notzulassung, aber für Nordstream wird das Genehmigingsverfahren ausgesetzt. Da müssen erst alle rechtlichen Vorgaben erfüllt sein.
Derweil wird billiges Putin-Gas mittels Firmen verteuert nach Polen und der Ukraine verhökert.
Das Faktenkontor ist eine PR-Beratung für Unternehmens- und Vertriebskommunikation. Könnte es sein, dass diese „Aktuelle Stellungnahme“ eine Bitte an Gazprom ist? Um einen lukrativen Auftrag?
Genügt das Renommee des Ex-Kanzlers von der SPD nicht mehr? Von ihm ist bekannt, dass er in drei Gesellschaften, die mit dem russischen Gas zu tun haben, tätig ist: Rosneft, Gazprom und der Gesellschaft, die den Bau der Gasleitung Nordstream 2 ausgeführt hat.
Bei der neuen Regierung spielen wirtschaftliche Faktoren keine Rolle, Entscheidungen sind vorwiegend politisch motiviert, und da hat Putin eben schlechte Karten, gerade mit unserer wunderbaren Außenministerin, der Young Global Leaders-Adeptin Annalena Baerbock. Monsieur Macron und Signore Draghi gucken dem ‚Spiel‘ amüsiert zu!