Einer kam heim aus Afghanistan
Der Schnee leis stäubend vom Himmel fällt,
ein Reiter vor Dschellalabad hält,
,,Wer da?“ – ,,Ein britischer Reitersmann,
bring Botschaft aus Afghanistan.“
Afghanistan! Er sprach es so matt;
es umdrängt den Reiter die halbe Stadt,
Sir Robert Sale, der Kommandant,
hebt den Reiter vom Ross mit eigener Hand.
Sie führen ins steinerne Wachthaus ihn,
sie setzen ihn nieder an den Kamin.
Wie wärmt ihn das Feuer, wie labt ihn das Licht,
er atmet hoch auf und dankt und spricht:
,,Wir waren dreizehntausend Mann
Von Cabul unser Zug begann,
Soldaten, Führer, Weib und Kind
erstarrt, erschlagen, verraten sind.
Zersprengt ist unser ganzes Heer,
was lebt, irrt draußen in Nacht umher;
mir hat ein Gott die Rettung gegönnt,
seht zu, ob den Rest ihr retten könnt.“
Sir Robert stieg auf den Festungswall,
Offiziere, Soldaten folgten ihm all,
Sir Robert sprach: „Der Schnee fällt dicht,
die uns suchen, können uns finden nicht.
Sie irren wie Blinde und sind uns so nah,
so lasst sie´s hören, dass wir da,
stimmt an ein Lied von Heimat und Haus,
Trompeter blast in die Nacht hinaus!“
Da huben sie anund sie wurden´s nicht müd,
durch die Nacht hin klang es Lied um Lied,
erst englische Lieder mit fröhlichem Klang,
dann Hochlandslieder wie Klagegesang.
Sie bliesen die Nacht und über den Tag,
laut wie nur die Liebe rufen mag,
sie bliesen – es kam die zweite Nacht,
umsonst, dass ihr ruft, umsonst, dass ihr wacht.
Die hören sollen, die hören nicht mehr,
vernichtet ist das ganze Heer,
mit dreizehntausend der Zug begann.
Einer kam heim aus Afghanistan.
Theodor Fontane (1819 – 1898)
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5 Antworten
Kann mir jemand mit guten Geschichtskenntnissen helfen, auf welchen Krieg sich dieses Gedicht bezieht?
Nur einer überlebte Englands schwerste Niederlage – WELT
Unter diesem Begriff googeln und sie erhalten detailliert alle Informationen.
Es betrifft Ereignisse aus den Jahren 1841/42. Fontanes Gedicht basiert allerdings auf sehr unübersichtlichen und eigentlich falschen Nachrichten aus dieser Zeit.
Am 19. Februar 1841 zerstörte ein Erdbeben die britischen Verteidigungsanlagen von Dschalalabad, was infolge der Wirren zu diversen falschen Nachrichten und zu Legendenbildungen führte. So erhielt General Robert Sale in Kabul die völlig falsche Nachricht der Vernichtung von General Pollocks Armee, obwohl er zu dem Zeitpunkt gar nicht in Dschalalabad war. 13 Tausend Mann stimmt auch nicht, er hatte offenbar 6’000 Mann. Darauf startete General Sale den Marsch auf Dschalalabad, wo er am 7. April 1841 die etwa 5’000 afghanischen Belagerer vertreiben konnte. General Pollock selbst erreichte Dschalalabad einige Tage später.
Die Afghanen konnten in diesem Krieg unter Mohammed Akbar Khan und anderen Stammesfürsten bis zu 30’000 Kämpfer aufbieten. Allerdings wäre es falsch anzunehmen, dass da Afghanen hauptsächlich gegen die Briten kämpften. Es kämpften zeitgleich auch afghanische Stammesfürsten gegeneinander.
Es ist möglicher Weise nur eine Zeitfrage, bis die Taliban aufgrund verschiedener Stammesinteressen auch gegeneinander kämpfen werden. Das hat dort lange Tradition.
Dieses Gedicht von Theodor Fontane war mit nicht bekannt, aber zur DDR-Schulliteratur gehörte auch, sich mit seiner Ballade von John Maynard aus einander zu setzen. Die Klagen über unser westliches Bildungssystem nehmen zu, wo alle Fächer durchgemixt werden, etwas über deutsche Kultur in das Fach Deutsch verbannt, wo kaum einer noch Rechnen und Schreiben kann. Zugegeben, wir hatten alle einmal im Diktat eine 5, aber geschadet hat es uns nicht. Zusätzlich gab es das Fach Literatur, wo wir nicht nur mit deutschen klassischen Autoren zensorisch ausgesucht konfrontiert waren, auch mit russischen Autoren wie Arkadi Gaidar mit Timur und sein Trupp, wo es wirklich um solidarische Hilfsbereitschaft ging und nicht mit erlogener Solidarität, wo eine Elite das Volk knechtet.
Guten Tag,
die Ballade von John Maynard wurde bei uns auch im Deutschunterricht durchgenommen – damals in den 70er Jahren im Westen, es gehörte vermutlich allgemein zum Lehrplan.
Freundlichen Gruß
Felizitas Küble