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Glaubensfrohes liturgisches Brauchtum zu „Maria Schnee“ am 5. August in Rom

Von Pfarrer Felix Evers

„Und an jenem Tag wird kein Licht sein, sondern Kälte und Frost“ (Sacharja 14,6).

„Väterchen Frost“ ist eine unserem Weihnachtsmann vergleichbare russische Märchenfigur, die der slawischen Mythologie entspringt. Mein Neffe Louis kam vor einigen Tagen zu mir gerannt und zeigte mir ein altes Märchenbuch – darin Väterchen Frost. Er tippte drauf und sagte: „Ist das Putin?“

Väterchen Frost personifiziert den Winter, die Eiseskälte, das frostige Klima; er beschenkt in der Silvester-/Neujahrsnacht die Kinder. Auf den Darstellungen trägt Väterchen Frost einen langen weißen Bart, ist umhüllt von einem pelzigen Mantel, wird von einem Schlitten begleitet und hält ein Zepter in Händen, dessen Spitze alles, was berührt wird, sofort gefrieren lässt.

Wir fürchten uns mitten in diesen heißen Sommertagen – in denen manche Wälder lichterloh in Flammen stehen – vor einer argen Energiekrise, vor mangelndem (russischen) Gas, vor einem eiseskalten (Heiz-)Winter, weil in der Folge des Ukrainekriegs Energie zur Waffe geworden ist.

Dieser Angst gebe ich den Namen „Väterchen Frost“. Dass mein Neffe ihn mit Putin gleichsetzt, erscheint mir hochaktuell.

„Väterchen Frost“ stapft durch dicken Schnee, oder sein Schlitten durchpflügt die weiße Pracht. Schnee ist immer ein besonderes Erlebnis. Jeder von uns erinnert sich an kindliche Erfahrungen mit gefallenem Schnee: Diesen besonderen Geruch, Schnebälle, Schlittenfahrten, diese so unterschiedlichen Weißtöne, bezuckerte Bäume, Schneeflocken.

Ich selbst erinnere mich auch, am 15. Februar 1979 schneefrei bekommen zu haben, weil wir auch in Kronshagen meterhoch eingeschneit waren und die Schneedecke höher war als ich achtjähriger Bub.

„Schneegebet“ erinnert an die Taufe

In den orthodoxen Kirchen gibt es ein eigenes „Schneegebet“, das das weiße Taufkleid überträgt auf die Schneedecke, die Gottes schöne Schöpfung bedeckt; in Zeiten der besonderen Wertschätzung aller Bemühungen um Bewahrung der Schöpfung eine gute Möglichkeit, jeden Neuschnee mit einem Gebet zu begrüßen, das auch darum bittet, unsere gebeutelte Natur zu schützen, der Gott selbst immer wieder ein Taufkleid überzieht, damit wir sie so wertschätzen wie ein neugeborenes Kind.

Wenn in Rom in der Kirche Maria Maggiore am 5. August im Pontifikalamt Jahr für Jahr das Gloria gesungen wird, fällt Schnee von der Decke in Form von weißen Blumenblättern. Weihnachten mitten im Alltag; Schnee mitten im Sommer.

Es wird einem aber nicht kalt, sondern warm ums Herz: Schnee als vom Himmel fallender Segen und Kühlung mitten im Hochsommer!

Der Tag erinnert an die Feier der Neueinweihung der Basilika Santa Maria Maggiore am 5. August 432.

Die Kirche soll der Legende nach eines Schneewunders wegen durch Papst Sixtus III. errichtet worden sein; in der Nacht zum 5. August 363 war die Gottesmutter sowohl einem kinderlosen Ehepaar erschienen, das Maria als Erbin einsetzen wollte, als auch Papst Liberius mit dem Wunsch, der Gottesmutter eine Kirche zu bauen an der konkreten Stelle, an der an diesem Sommermorgen Schnee liege.

Und der Schnee fiel. Papst und Volk suchten und fanden die wundersame Stelle, und Papst Liberius sorgte für den Kirchenbau, den das Ehepaar schließlich bezahlte. Dieser erste Kirchbau wurde 432 durch einen größeren ersetzt.

Unverdienter Segen aus der Höhe

Es geht freilich nicht um die Legende selbst, sondern um die ihr innewohnende Theologie, die durch den Blütenregen aus den feierlich zum Gloria geöffneten Kassetten der Decke hinab auf die versammelte Gemeinde ihren Ausdruck findet:

Schnee im Sommer bedeutet unverdienten Segen aus der Höhe, Liebe wider jede Erwartung, Annahme gegen jeden Zweifel, plötzliche und unerwartete Erwählung und Berufung – kurzum: Gott hüllt mich in ein schützendes Taufkleid zu einer Jahreszeit, in der sich alle lieber ihrer Kleider entledigen; sein Schutz und Schirm ist verlässlich.

In „Santa Maria Maggiore“, der Weihnachtskirche schlechthin, zeigt ein Mosaik am Triumphbogen über der „Betlehemkrypta“ den „leeren“ Herrscherthron Christi mit einer Krone, dem Kreuz und einem siebenfach zugeschnürten Bündel, das die Menschheitsgeschichte enthält; in heiligem Tausch überreicht der Erlöser seine Krone täglich neu dem bettelarmen („elend, nackt und bloß“, wie es zu Weihnachten von Jesus heißt) Menschen bzw. jedem neugeborenen Kind – sakramental erfahrbar in jeder Taufe.

Wandern durch die Heilsgeschichte

Papst Benedikt hat die Prozession vom Eingang Maria Maggiores hinauf zur Apsis in einem lesenswerten Beitrag einer Festschrift für Wilhelm Nyssen verglichen mit einer Durchwanderung der gesamten Heilsgeschichte, weil die Bildnisse zur Linken und Rechten alle wichtigen Ereignisse aus dem AT und NT zeigen.

Der Pilger durchschreitet also bei seinem Besuch, der einer Wallfahrt gleicht, das gesamte Kirchenjahr, um abschließend „in Betlehem“ (in der Krypta wird ja Holz der vermeintlichen Krippe Jesu verwahrt) an Leib und Seele zu erfahren, wie sich der Allmächtige all seiner Herrschergewalt entledigt, um uns Geschöpfen den Herrschermantel und die Herrscherkrone zu überreichen („entäußert sich all seiner Gewalt, wird niedrig und gering und nimmt an eines Knechts Gestalt – der Schöpfer aller Ding“, wie es im bekannten Weihnachtslied heißt).

Der Wallfahrer betritt also Maria Maggiore morgens als Bettler, um abends als König, Priester und Prophet den Ort seliger Wandlung wieder zu verlassen.

Nicht Väterchen Frost im dicken Mantel mit Eiseszepter, sondern das Christkind mit seinem Hirtenstab weist den Weg durch diese Krisen; sein Geist haucht in Hitze Kühlung zu und wärmt in Liebe, wenn es an äußerer Wärme mangelt.

An der Hand dieses „Brüderchens Trost“ obsiegt keine Angst. Der 5. August als Fest der Neuschöpfung allen Lebens.

Unser Autor Pfarrer Felix Evers (Pfarrei Neubrandenburg) berichtet hier über seine Erfahrungen zur Quizshow „Leuchte des Nordens“: https://christlichesforum.info/kath-pfarrer-felix-evers-was-ich-vor-der-ndr-quizshow-leuchte-des-nordens-erlebte/

 

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