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Causa Griechenland: Verhandlungen über Schuldenschnitt, Euro-Austritt & Aufbauhilfe

Offener Brief von Frank Schäffler an Dr. Angela Merkel

Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin Dr. Merkel,

vor wenigen Tagen wurde bekannt, dass Sie am 11. Oktober 2011 in einem von der NSA abgehörten Telefongespräch Ihre Sorge geäußert haben, dass selbst ein zusätzlicher Schuldenschnitt die Probleme in Griechenland nicht lösen könnte. Prometheus-Team-Frank_Schaeffler
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Einen Tag zuvor hatte ich die notwendigen 3500 Unterschriften für einen Mitgliederentscheid in der FDP gegen den  Europäischen Stabilitätsmechanismus und weitere Hilfen für Griechenland beim damaligen Generalsekretär der FDP, Christian Lindner, abgegeben.
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Insofern hat uns beide zum gleichen Zeitpunkt die Sorge umgetrieben, dass die von Ihnen angestoßene Griechenland-Rettung nicht funktionieren wird.
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Wie Sie wissen, habe ich am 7. Mai 2010 beim 1. Griechenland-Paket im Deutschen Bundestag erklärt, dass Griechenland nicht in der Lage sein werde, mit seiner Wirtschaft die Mittel zu erwirtschaften, die zur Schuldenreduzierung notwendig seien, solange Griechenland Mitglied der Eurozone sei. Notwendig wäre dafür ein Produktivitätsfortschritt der griechischen Wirtschaft von 30 Prozent, der in dieser kurzen Zeit nicht erreicht werden könne.
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Der von Ihnen befürchtete Schuldenschnitt kam in zweifacher Ausführung im Frühjahr und Herbst 2012. Trotz des größten Schuldenerlasses in der Nachkriegsgeschichte hat Griechenland heute mehr Schulden als vor der Krise. Doch anders als zum Zeitpunkt Ihres nun bekanntgewordenen Telefonats sind die Gläubiger nicht mehr private Investoren, sondern fast ausschließlich staatliche Geldgeber.
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Es ist das eingetreten, was die Linken uns immer vorwerfen: Die Gewinne werden privatisiert und die Verluste sozialisiert. euros
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Doch das ist vergossene Milch. Was können Sie in dieser Situation jetzt und heute tun? Meine Empfehlung ist: Sorgen Sie dafür, dass das Recht in Europa wieder zur Geltung kommt. Die griechische Regierung darf innerhalb des Euros kein weiteres Hilfspaket bekommen, da die Schuldentragfähigkeit bislang nicht gegeben war und sie auch künftig nicht gegeben ist.
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Bedenken Sie bitte, dass die neue griechische Regierung unter Alexis Tsipras seit dem 27. Januar 2015 im Amt ist. Seitdem hat diese Regierung faktisch nichts unternommen, um die Einnahmen zu erhöhen sowie die Ausgaben zu reduzieren.
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Nach wie vor werden die Reeder in Griechenland nicht besteuert, fast 70 Milliarden Steuerforderungen werden nicht eingetrieben, und nach wie vor hat Griechenland einen der größten Militäretats pro Kopf der Bevölkerung in der Welt. Ich glaube inzwischen, dass dahinter nicht die Unfähigkeit der dortigen Regierung steckt, sondern eine Strategie, die zum Ziel hat, dass die Regierung Tsipras schon längst die Zeit nach dem Euro plant. Nur sie wollen nicht selbst den Euro aufgeben müssen, sondern sie wollen Sie, Wolfgang Schäuble, Mario Draghi und Jean-Claude Juncker für die Übergangsprobleme verantwortlich machen.

Diese Strategie hat im Januar schon zum Wahlsieg von Syriza geführt. Die Maßnahmen der Troika und der Staatengemeinschaft wirkten wie Doping für die radikalen Kräfte in Griechenland.

Die Staatengemeinschaft sollte der Wahrheit ins Gesicht schauen und mit Griechenland über den Ausstieg aus dem Euro verhandeln. Der Ausstieg als Gegenleistung für einen Schuldenschnitt und anschließende Aufbauhilfen. Das wäre für beide Seiten ein akzeptabler Kompromiss.

Quelle und Fortsetzung des OFFENEN BRIEFES hier: http://prometheusinstitut.de/offener-brief-an-bundeskanzlerin-merkel/

Zum Autor, einem Vertreter des klassischen Liberalismus:

Frank Schäffler war von 2005 bis 2013 Mitglied des Deutschen Bundestages. In dieser Zeit stemmte er sich vehement gegen die sog. Eurorettung und stimmte gegen sämtliche Maßnahmen der Schuldenvergemeinschaftung im Euroklub. In der FDP initiierte er 2011 einen viel beachteten Mitgliederentscheid gegen den ESM (Europäischen Stabilitätsmechanismus).

Sein Buch „Nicht mit unserem Geld – Die Krise unseres Geldsystems und die Folgen für uns alle“ ist Bestseller auf der Liste des Manager-Magazins (Nr. 11/2014).

Kommentare

5 Antworten

  1. Ich fürchte, Herr Schäffler hat Recht, dass sich Tsipras sehr wohl eine eiskalte Strategie hinter seiner Handlung ausgedacht hat. Und seine Ambitionen werden wir noch zu spüren bekommen.
    Alexis wird sicher keine Reform durchführen, denn eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus.
    Warum in seinen jüngsten (09.07.15) Vorschlägen nichts über die Besteuerung der Reichen steht (außer Luxussteuern für Jachten > 5m)?

    Ferner glaube ich nicht, dass ein Grexit kommen wird, denn die EU ist zu ängstlich und zu feige. Geld wird wieder nach Griechenland fließen – unter mehr Matratzen und für Konten in Ausland – sprich wie seit Nov. 2014 (und vorher vermutlich.) statt in Investition und Reformen.
    Und in 15 Jahren werden die Regierung in Deutschland und ein großer Teil der EU/EZB-Abgeordneten ausgetauscht sein. Wenn bis dahin Tsipras noch an der Macht sei, wäre er vielleicht ein Diktator. Die Vereinbarungen von heute würden dann wahrlich Schnee von gestern sein.

    Ich habe nämlich gehofft, dass die EU es NICHT erlauben würde, dass ein Griechenland SO VIEL Macht hat, diese hart erarbeitete Union so leicht ins Wanken zu versetzen. Aber wer hat gesagt, dass alle meiner Hoffnungen erfüllt würden?
    Was sich die EU / EZB / IWF nicht traut, wird das Wirtschaftsgesetz erledigen

  2. Alle Verhandlungen halte ich mittlerweile für Quatsch, weil sie nur das unvermeidliche Ende der Mitgliedschaft Griechenlamnds im Euro hinauszögern. Soll/Will sich Griechenland über Jahre hinaus wieder erholen, muss es seine eigene Währung in Selbstverantwortung haben. Die Wirtschafträume und Arbeitseinstellungen sind in Europa so unterschiedlich, dass die gemeinsame Währung nur über ein absolutes Bailout funktionieren kann. Griechenland bekommt alle Schulden erlassen (weil diese ungeheure Summe niemals erwirtschaftet werden kann). Jedes weitere ,,Hilfspaket“ vergrößert das Übel, vergrößert die Schulden und den Unfrieden in Europa. Dabei haben wir an anderer Stelle gerade um das Überleben zu kämpfen>>> nur tun wir so, als gäbe es das Problem Islamisierung nicht. Das Geld für Griechenland ist weg.

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