Top-Beiträge

Links

Großes Jubiläum im Vatikan: 500 Jahre Deckenfresken in der Sixtinischen Kapelle

Die Schönheit der Kunst als Hinführung zum Glauben

Ein großartiges Jubiläum für die Sixtinische Kapelle: Michelangelo Buonarrotis Deckenfresken werden am heutigen Mittwoch 500 Jahre alt.
Am 31. Oktober 1512 präsentierte der toskanische Künstler sein Werk Papst Julius II., der ihn mit der Gestaltung der Kapelle beauftragt hatte.
Das Fresko stellt die Anfänge der Welt und der Heilsgeschichte dar; mit dem „Jüngsten Gericht“ fügte Michelangelo ihm Jahre später ein weiteres Meisterwerk hinzu.
Papst Benedikt wird die Sixtinische Kapelle am heutigen Mittwochabend besuchen und das Jubiläum in besonderer Weise begehen, erzählt der Direktor der Vatikanischen Museen, Antonio Paolucci:
„Der Papst wird in die Sixtinische Kapelle zurückkehren und genau die Gesten wiederholen, die sein Vorvorgänger Papst Julius II. fünf Jahrhunderte zuvor, am Vorabend vor Allerheiligen, ausführte. Er wird die Vespergebete sprechen, genau wie es Julius II. am 31. Oktober 1512 tat. Das ist eine Geste von hoher spiritueller und symbolischer Bedeutung, die ganz im Zeichen des Gebetes steht: Ein römischer Papst, 500 Jahre später, wiederholt dieselben Gesten in der Sixtinischen Kapelle.“

Drei Päpste sind mit der Sixtinischen Kapelle und Michelangelos Fresken eng verknüpft. Der Vorgänger von Julius II., Papst Sixtus IV., auf den der Name „Sixtinische Kapelle“ zurückgeht, ließ sie errichten und weihte sie am 15. August 1483 ein.  –   Dazu erklärt Paolucci:
„Er hat seinen Architekten Baccio Pontelli gebeten, die genauen Maße des verlorenen Tempels in Jerusalem zu reproduzieren. Die Kapelle sollte der neue Tempel sein, eine neue Brücke zwischen Gott und dem christlichen Volk.
Sixtus IV. rief zwischen 1481 und 1482 die besten italienischen Künstler seiner Zeit zusammen  –  Sandro Botticelli, Domenico Ghirlandaio, Luca Signorelli, Pietro Perugino  –  und hat die Wände mit Geschichten aus dem Leben Jesu an der Nordwand und Geschichten aus dem Leben des Moses auf der Südwand bemalen lassen.“

Der junge Michelangelo überraschte seine Neider

Als der spätere Papst Julius II. den jungen Michelangelo 1508 mit der Gestaltung des Tonnengewölbes beauftragte, dachten Neider des aufstrebenden Künstlers, er würde sich mit diesem Projekt übernehmen, doch sie irrten gewaltig.  –  Paolucci hierzu:
„Michelangelo hat auf radikale Weise die Ausdrucksmittel erneuert, darin liegt seine Größe. Wenn man in die Sixtinische Kapelle hineinkommt und die Fresken der anderen großen Künstler an den Wänden sieht  –  Botticelli, Perugino, Ghirlandaio, die größten Künstler der Renaissance  –  und dann den Blick zur Decke erhebt, versteht man, dass es da einen enormen Unterschied gibt. Nur 30 Jahre Unterschied, es scheint aber, als ob 300 Jahre vergangen wären.“

Daran liegt für Paolucci die Größe von Michelangelo. Ein „neuer Michelangelo“ müsste „einen Stil erfinden, den es noch nicht gibt, die Ausdrucksformen komplett erneuern  –  unvorstellbar“, so das Urteil des Kunsthistorikers.
Auf Veranlassung des reformerischen Konzilspapstes von Trient, Paul III., vollendete Michelangelo schließlich die Sixtinische Kapelle:
„Michelangelo ist schon ein alter Mann. In Italien, Europa ist alles Mögliche passiert, Religionskriege, die Reform usw. Und dieser Papst bittet Michelangelo, die letzte Wand zu bemalen – das Jüngste Gericht. Michelangelo folgt seiner Bitte und malt das Jüngste Gericht zwischen 1536 und 1541.“


Papst Benedikt XVI. setzt diesen Dialog von Kunst und Kirche fort, wenn er vom „Weg der Schönheit“ als Hinführung zum Glauben spreche, so Paolucci:
„Er hat dieses wunderschöne Bild auf Latein erfunden, die ,via pulchritudinis‘, der ,Weg der Schönheit‘. Benedikt XVI. sagt, es gibt einen Weg, um zum Absoluten zu kommen, der selbst wichtiger ist als Philosophie, Theologie und Spekulation: die Kontemplation der Schönheit. Die Schönheit hat Flügel, die uns über die Reflexion selbst hinaustragen.“

Die Sixtinische Kapelle ist weitaus mehr als einfach ein „Ort der Kunst“, betont Paolucci. Sie sei ein Herzstück, ein symbolischer Ort der katholischen Kirche.
Die prachtvolle Kapelle, in der auch das Konklave zur Papstwahl stattfindet, ist zudem eines der meistbesuchten touristischen Ziele des Christentums. Rund fünf Millionen Besucher seien es im Jahr, an manchen Tagen kämen 15-20.000 Besucher täglich, gibt der Museumsdirektor an.
Im jetzigen Jubiläumsjahr wolle man u. a. etwas für den Schutz der Fresken tun: Staub, Schweiß und Kohlendioxid setzen den Kunstwerken zu. Deshalb wollen die Vatikanischen Museen eine neue Klimaanlage in die Kapelle einbauen.  – Dazu Paolucci:
„Sie soll die Umgebungstemperatur kontrollieren, Staubpartikel und Schadstoffe bekämpfen und vor allem die Temperatur und Feuchtigkeit konstant halten. Wir arbeiten gerade an der Definition des Projektes, das dann auf einer Pressekonferenz präsentiert werden wird, sobald es fertig ist. Die Kosten werden ohne Sponsoren vom Vatikan selbst getragen.“

Nächster Höhepunkt in der Sixtinischen Kapelle ist ein Konzert des Päpstlichen Chores unter Leitung von Massimo Palombella am 11. November: Aufgeführt wird  – i n privater Form  – die „Missa Anno Santo“ von Papstbruder Georg Ratzinger.

Quelle: Radio Vatikan
Foto (Glasfenster): Dr. Bernd F. Pelz
 
 

Kommentare

2 Antworten

  1. Da sind es mittlerweile schon „500 Jahre“ seit der Entstehung des Meisterwerks. Bemerkenswert, wie es diese einzelne Persönlichkeit binnen von 5 Jahren geschafft hat, dass Fresko fertigzustellen. Für mich eines der bedeutendsten Werke aller Zeiten, was hoffentlich noch weitere Generationen überstehen wird.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Kategorien

Kategorien

Aktuelle Beiträge

Archiv

Archive

Artikel-Kalender

April 2024
M D M D F S S
1234567
891011121314
15161718192021
22232425262728
2930  

Blog Stats

684956
Total views : 8766411

Aktuelle Informationen und Beiträge abonnieren!

Bitte geben Sie Ihre E-Mail-Adresse an, wenn Sie kostenlos über neu erschienene Blog-Beiträge informiert werden möchten.