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Grundgesetz ade? – Wenn „besorgte Bürger“ die not-wendigen Fragen stellen

Von Prof. Dr. Hubert Gindert

Alt-Bundespräsident Joachim Gauck hat auf der Leipziger Buchmesse geäußert: „Vielfalt ist ein Gewinn, aber ich sehe auch, dass in bestimmten Krisensituationen eine Überforderung eintritt oder dass nicht kommuniziert wird, wie wir das schaffen“.

Dann entstehe eine Verunsicherung in der Gesellschaft. Gauck fordert die demokratischen Parteien auf, die Ängste der Menschen ernst zu nehmen: „Wir müssen immer einen Weg suchen zwischen dem Frust und den Ängsten der einen und den fast missionarischen Absichten der Erneuerer“.

Gauck bezog sich auf die Masseneinwanderung und wohl auch auf die Digitalisierung von immer mehr Bereichen, die Menschen überfordern.

Es gibt auch eine Verkettung von Krisen und ihre gesellschaftlichen Folgen, die anderer Art sind, als Gauck meint, die nicht in Zusammenhang gebracht werden können mit einem Schulterschluss von Rechtsextremen, Rechtspopulismus und mit sogenannten „besorgten Bürgern“.

Es sind Sorgen, die in den Medien kaum angesprochen werden, weil sie selber damit verstrickt sind.

Diese „besorgten Bürger“ machen sich deswegen Sorgen, weil Verfassungsartikel von den demokratischen Parteien nicht mehr so gesehen werden, wie sie dort stehen, aber keiner Interpretation bedürfen.

Ich nenne Artikel 1 GG „Schutz der Menschenwürde“, Artikel 2, Absatz 2 GG „Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit“, weiter Artikel 4, GG Absatz 2 „Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich“ und „Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet“ Absatz 2, sowie Artikel 5 GG, Absatz 1 „Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten…“.

Unserer Verfassung geht eine Präambel voraus, in der es heißt: „Im Bewusstsein seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen…“  – Wäre diese Präambel und die genannten Verfassungsartikel heute noch möglich, wenn wir unsere Gesetzgebung der letzten Jahrzehnte und insbesondere die Vorhaben der derzeitigen Ampel-Koalition betrachten, welche die „Transformation“ der Gesellschaft mit dem Programm „Vielfalt“ vorantreiben will?

Der „besorgte Bürger“ darf noch fragen, ob das Recht auf „körperliche Unversehrtheit“ gegeben ist, wenn Jugendliche entdecken, dass sie entgegen ihrem biologischen Zustand das „andere Geschlecht“ empfinden und wenn die Kostenübernahme bei Geschlechts-OP’s durch die gesetzliche Krankenversicherung angeboten wird.

Der „besorgte Bürger“ darf noch fragen, wie weit es mit dem „Recht auf Leben“ aussieht, wenn jedes Jahr 100.000 ungeborene Kinder im Mutterleib „rechtswidrig, aber straffrei“ getötet werden können und mit Föten –  das sind auch Menschen – willkürlich hantiert wird?

Der „besorgte Bürger“ darf sich fragen, ob Ehe und Familie noch unter dem „besonderen Schutz der staatlichen Ordnung“ stehen, weil die Verfasser der Verfassung bei der Ehe von einem Bund zwischen Mann und Frau ausgegangen sind, aber heute die Verbindung gleichgeschlechtlicher Menschen vom Staat einer Ehe gleichgestellt wird.

Der „besorgte Bürger“ darf noch fragen, ob die Legalisierung der Leihmutterschaft der Würde der Frau und dem Kind entspricht und dem besonderen „Schutz von Ehe und Familie“ gerecht wird.

Die „besorgten Bürger“ fragen sich, ob sie noch Kritik am Programm „Vielfalt“ äußern dürfen gegen Bestrebungen der Ampel-Koalition, die alle Formen von Sexualität als gleichwertig deklarieren.

Kommentare

19 Antworten

  1. Johannes Loose:

    Sie äußern sich zu einem Punkt, in dem sich ein radikaler Unterschied zwischen Ihnen und mir zeigt: Ich bin- auch aus konfessionellen Gründen- radikaler Demokrat. Das bedeutet viel Ähnlichkeit zur Schweiz, deren Demokratie schon im 19. Jahrhundert vollendet geschaffen wurde durch die dortige sogenannte Radikal-Demokratische Partei… (Begründung und Einzelheiten im Buch) Die von mir aufgezeigten Mängel sind nicht solche der Einzelgesetzgebung, sondern alle verfassungsrechtlich verursacht…

    1. PS. 1872 kam weitestgehend die heutige Verassung der Schweiz. Bis heute kamen in derselben Zeit (ab 1871) mehrere deutsche Verfassungen mit deutlich weniger Demokratie: Welches Lannd wurde seit 1872 besser regiert.
      Mit Verlaub: Ich bin entsetzt, dass Sie das Vorbild Schweiz nicht erwähnen /bedenken wie darüber, mnsagen wie darüber, daß Herr Prof. Gindert nicht das Vorbild konservative Freikirchen… Mein Vorwurf an Sie beide : Mangelnde Umsicht!

      1. „Mein Vorwurf an Sie beide : Mangelnde Umsicht!“
        Sehr geehrter Herr Motte!
        Um Ihrer Umsicht nachzuhelfen: Kennen Sie z.B. die bedeutenden Reden von Richard von Weizsäcker: die vom 8.Mai 1985 zum 40. Jahrestag des Kriegsendes u.a., dtv 10482?

  2. Der Artikel ist gut. Danke.
    Die Anfragen dürften allerdings noch weitgespannter und differenzierter sein:
    „Der „besorgte Bürger“ darf noch fragen, …“

    Aber gutes und richtiges „fragen“ setzt ja bereits „verstehen“ bzw.
    einen bestimmten Horizont der Einsicht voraus: den Raum der sog. Vorentscheidung.
    Deshalb die Anfrage, wo, wenn nicht bei einem Stehen in der Lebensform nach dem jüd.-christlichen Glauben und entsprechendem Wissen sollte der „besorgte Bürger“ dezidiert nach-fragen?!

  3. Wem wurde bisher konkret welche Frage wie verboten? Kritik an Fragen bis hin zu gesellschaftlicher Ausgrenzung gehört auch zur Freiheit (diesmal Andersdenkender).
    Ich frage, ob nicht gerade freiheitsfeindliche Tendenzem im Grundgesetz das Klima gefördert haben, daß die vom Autor oft zurecht kritisierten Tendezen förderte? Und ich frage, ob nicht gerade auch freiheitsfeindliche, früher oft konservative, heute oft linke politische Tendenzen beider Großkirchen dazu beitrugen bzw. beitragen? Bei der Münchner Winterakademie der engagiert-katholischen Baronin von Schrenck-Notzing sagte schon vor Jahren der als FPÖ-nah geltende Wiener Historiker Prof. Lothar Höbelt: „Amerika ist konservativer wegen seiner nichtliturgischen Kirchen“… Sollten mehr Deutsche und Österreicher wechseln zu solchen, meist auch nichthierachischen evangelisch-konservativen Kirchen? Wobei konservativ meint, theologisch- ethisch-gesellschaftlich immer konservativ, politisch aber oft freiheitlich! Für mich sind Sie , Herr Prof. Gindert, als wohl Mitglied und Finanzier der recht linken katholischen Kirche als Konservativer nur bedingt glaubwürdig. ähnlich wie das EKD-Mitglied Dr. Peter Hahne… Sicher ist „Konservativ“ nicht die einzige Bedingung für gute Kirche, aber es ist eine Bedingung. Aber zumindest austreten sollte man aus (eher) linken Kirchen oder doch wenigstens ständig auf konservative Alternativen hinweisen.

  4. Sie sprechen ein grundsätzliches sehr Wichtiges Thema an.
    Unser Grundgesetz war die beste einfachste klare Verfassung der Welt.
    Leider wurde sie immer weiter verwässert.Ihre Grundanliegen wurden zugedeckt wegen angeblich notwendiger Modernisierung.
    Das GG waren die 10 Gebote unseres Landes. Jeder konnte sie verstehen. Eine Rückführung des GG auf seine Grundaussagen ist erforderlich. Alles andere regeln Gesetze.
    ZB schliesst die Bewahrung der Schöpfung den Tierschutz ein, dafür braucht es im GG keinen eigenen Artikel.
    Setzen wir eine Kommission ein, die unser GG wieder in eine solche Form bringt, dass es wahrnehmbar und lebbar wird.

    1. S. g. Herr Seidlein! Ich plane ein Buch, in dem ich aufzeige, daß das Grundgesetz von Anfang an und noch mehr heute eine ganz miserable Verfassung war und ist…

      1. Nanu? Meinen Sie das im Ernst?
        Das müssen Sie – zumindest an 2 Beispielen – belegen!

        Kenner sprechen vom Dt. GG als einem der besten Grundgesetze der ganzen Welt!
        Es wurde in einer bedrängten Situation verfasst – von Menschen, die sich in der Menschheits- und deren Rechtsgeschichte gründlich auskannten und dementsprechend vor-sorgten.

        1. Johannes Loose; Hier haben Sie Beispiele:

          A) Die mangelnde Trennung der Aufgaben von Bund und Ländern und die damit verbundene Rolle des Bundesrates lähmt gerade für Not- und Konfliktsituationen die Entscheidungsfindung genauso wie die überzogene Macht der einfachen Mehrheit des Verfassungsgerichtes (was aber näherer Erläuerung bedürfte, um verstanden zu werden, siehe Hinweis auf mein Buch)

          B) Die mangelnde Trennung von Kirche und Staat mindert das Recht auf Religionsfreiheit und macht die großen Kirchen lahm, wie übrigens auch viele konservative Katholiken sagen

          C) Die verfassungsrechtliche Verankerung sozialistischer Tendenzen verhindert tiefgehende marktwirtschaftliche Reformen

          D) Die verfassungsrechtliche Verankerung von Berufsbeamtentum und Berufsrichtertum und Öffentlichem Rundfunk hindern erheblich demokratisierende und liberalisierende Reformen

          E) Grundzüge des Grundgesetzes bewirken mangelnde Volksmacht (=Demokratie)

          G) Die verfassungsrechtliche Gestaltung des Asylrechtes ist in ihrer
          Wirkung höchst unsozial und nicht nötig für Hilfe für Verfolgte

          H) Die verfassungsrechtliche Absicherung von Kommunalsozialismus ist höchst unsozial

          I) Die verfassungsrechtlich begründete deutsche Variante des Rechtstaates lähmt den Rechtstaat

          J) Das in der Verfassung vorgesehene Amt des Bundespräsidenten ist überflüssig und fördert mangelndes Demokratieverständnis

          K) Zu viele Aufgaben im GG für den Bund lähmt den Länderwettbewerb

          L) Die mangelnde verfassungsrechtliche Absicherung der Demokratie in den Parteien begünstigt Funktionärsherrschaft und Parteienverdruss

          M) Die Einschränkungen der Freiheit im Grundgesetz ermöglichen viel Unfreiheit

          N) Die BRD lebte bisher ganz gut wegen der Tüchtigkeit des Volkes und viel Glück und trotz des Grundgesetzes

          1. „Eine Rückführung des GG auf seine Grundaussagen ist erforderlich. Alles andere regeln Gesetze.“
            Z.B.
            „E) Grundzüge des Grundgesetzes bewirken mangelnde Volksmacht (=Demokratie)“

            Genau diese “ Volksmacht“ bedarf eines Regulativs!

          2. Im großen und ganzen stimme ich Ihnen zu, Herr Motto, wir haben zu viele Gesetzgebungen im Akkord, damit der einfache Bürger von dem Rechtschaos überfordert wird und es leichter für Politgauner ist, die im GG verankerten Grundrechte der Bürger zu brechen.
            Früher hat man anhand der auftretenden Fälle Gesetze ratifiziert in geringer Zahl, um den Grundanspruch der Wahrung der Rechtsstaatlichkeit zu erhalten und früher war das GG Rechtsinstrument der Verfassungsrichter, heute wurde es so verwässert mit Politikerwünschen, als wäre es nur noch Klopapier und die göttliche Merkel setzte sich mehrfach darüber hinweg, da halfen auch die Klagen der Verfassungsrichter nicht, durch Parteibuch Juristen landeten diese stets im Papierkorb.
            Brüssel hebelt gezielt unsere Souveränität und Rechtsgrundlagen aus. Dies fällt uns besonders schwer in Sachen Asylrecht auf die Füße, weil Brüssel im Größenwahn die Welt mit Menschenhandel globalisiert. Flüchtlinge waren früher die, deren Leben bedroht wurde und nicht Glücksritter aus aller Welt. Sobald sie in der Heimat nicht mehr bedroht wurden, konnte entschieden werden, sie bleiben oder müssen zurück, um beim Aufbau des Landes zu helfen. Der Schutz unserer Heimat und auch der Frieden wurde systematisch mit der Aushebelung des GG zerstört.
            Das GG ist nicht perfekt, aber durchaus eine bindende Rechtsgrundlage, die sich bewährt hatte, die im Sinne der Volksinteressen präzisiert werden können.

        2. Noch eine Ergänzung, da gebe ich Herrn Loose Recht, das GG stand so wie von den Alliierten verfasst für Rechtssicherheit und kann nur als Rahmenrichtlinie, wo man die Gesetze aufbaut, um bestimmte Dinge zu präzisieren.
          Die Zentralisierung geisselt Länderentscheidungen, die der Situation angepasst sind, aber dies kann über das GG präzisiert werden, mit mehr Entscheidungsfreiheit der Länder. Beispiel, wenn das Ahrtal absäuft, dann braucht es gezielt Gesetze, die den Schaden mildern.

          Kirche und Staat, das beinhaltet Bauchschmerzen, weil das Konkordat Kirchen empfänglich für eine politische Ideologie macht. Da würde ich mir auch eine Präzisierung wünschen, dass Politik nichts in den Kirchen verloren hat, Trennung zwischen Aufgaben der Kirche und des Staates wäre schon schön, was nicht unbedingt den Schutz der christlichen Gemeinschaft durch Entlohnung aus der Staatskasse aufheben muss.
          Die Förderung islamischer Gemeinschaften hat auch im GG nichts verloren, oder anderer, denn im GG ist auch der Schutz des christlichen Deutschlands verankert.

          Früher hatten wir gute und kritische Bundespräsidenten, spätestens seit Gauck Volkverachtende Selbstdarsteller, die Fehlentscheidungen der Politiker nicht kritisieren und bessere Entscheidungen für das Volk einfordern.

          1. Das GG gibt nicht die Förderung des Christentums vor, was meine Konfesion aus biblischen Gründenauch rigide ablehnt.

    2. Sehr geehrter Herr Seidling, ich gebe Ihnen Recht. In ihr waren auch Elemente der deutschen Verfassung von 1918/19 verankert, nicht umsonst veröffentlichte Professor Schachtschneider sein Buch „Das vergessene Recht“.
      Auch bekräftigt sie die Glaubensfreiheit, die bei einer politischen Ideologie wie dem mohammedanischen Islam, der die Glaubensfreiheit bekämpft, unvereinbar ist. Ich gebe zu, nach der Lektüre „Nathan der Weise“ war auch ich ein Träumer, was die drei Weltreligionen betrifft. Die Praxis zeigt aber ein anderes Bild, Glaubensfreiheit wird von eingewanderten, mittelalterlichen Muslimen bekämpft und es werden jene, die das anstreben wie Hamed Samad oder Seran Ates von den Glaubensbrüdern mit der Fatwa, dem Tode bedroht.
      Von Glaubensfreiheit wie bei der Welteinheitsreligion der UNO keine Spur.
      Ich habe ausdrücklich davor gewarnt, den Grünen Passus Kinderrechte in das GG zu formulieren, weil es dazu dient, nicht Linientreuen Eltern für eine Ideologie die Kinder weg zu nehmen. Frühsexualisierung, Missbrauch schon in der Schule, Gender, Geschlechterindustrie.
      Jeder unfähige Politiker kritzelt im GG rum und missbraucht es für seine ideologischen Zwecke.
      Während die Alliierten damals zur Befriedung Deutschlands das GG erlassen haben mit Bestandteilen der deutschen Verfassung, sind sie sich heute nicht mehr grün und wollen geopolitisch das Land unter sich aufteilen. Am besten geht das über die EU, wo schrittweise die Souveränität der Mitglieder ausgehebelt wird. Merkel kündigte es ja dereinst mit dem Satz an: Wer eine NWO will, der muss Schritt für Schritt seine Souveränität aufgeben. Dazu war sie nicht berechtigt, aber wie immer landeten die Klagen der Verfassungsrechtler im Papierkorb.
      .

  5. Der „besorgte Bürger“ sollte sich auch fragen, wie es die Mächtigen mit der Möglichkeit halten, daß die Bürger ihnen bei der „Rettung“ des Klimas nicht folgen werden.
    Wie werden sie sich verhalten, wenn alle einschlägigen Kampagnen scheitern und die Bürger trotzdem auf ihre Bratwurst bestehen und es im Winter warm haben wollen? Werden dann wieder Grundrechte im Interesse höherer Werte ausgesetzt? Wie bei Corona, nur schlimmer?

    Ich befürchte, daß es genau so sein wird.

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