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NS-Zeit: Heldenhafte französische Ordensfrau Helene rettete tausende Menschenleben

Von Elmar Lübbers-Paal

Unter eigener Lebensgefahr rettet die französische Ordensfrau Helene Studler mehr als 2.000 Soldaten und Zivilisten vor Vergeltungsmaßnahmen der Nazis. 1944 erliegt die ausgezehrte Schwester ihrem Krebsleiden.

Der Spielfilm „Netz der Freiheit“ setzt der barmherzigen Schwester ein cineastisches Denkmal.

„Die Schwester mit der Flügelhaube“ nennt manch ein französisches Kind diese Frau, die ihm in der Schule als Heldin der Résistance –  also der französischen Widerstandsbewegung gegen die Naziherrschaft  – vorgestellt wird.

Unter der Haube der Nationalheldin steckt ein Kopf voller Cleverness und Hartnäckigkeit, was die Nazigrößen zur Weißglut bringt.

Es ist die Zeit der Dritten Französischen Republik, als Helene 1891 das Licht der Welt erblickt. Das Vorbild ihrer tief religiösen Eltern prägt das Mädchen. Besonders beeindruckend wirkt auf sie die barmherzige Hilfsbereitschaft gegenüber Armen und Kranken.

Dies mag auch der Auslöser gewesen sein, nach dem Tod ihrer Eltern 1912 in den Orden der „Töchter der Nächstenliebe des Hl. Vinzenz von Paul“ (Vinzentinerinnen) einzutreten.

Mit Beginn des Ersten Weltkrieges wird Helene als Französin aus dem jetzigen Deutsch-Lothringen ausgewiesen und darf erst mit dem Waffenstillstand im November 1918 zurückkehren.

Im ältesten Krankenhaus von Metz, im Saint Nicholas Asylum (Hospiz Saint-Lorraine) wird sie als Schwester tätig. Ab 1939 unterstützt Helene mit vorbildlicher Tatkraft die Krankenträger, die Verwundete von der Front holen.

Am Fest Mariä Himmelfahrt, am 15. August 1940, stimmt sie unter Anwesenheit Bischofs Joseph-Jean Heintz vor der Statue der Jungfrau Maria auf dem Platz Saint-Jacques eine Hymne an, in der eine Textzeile lautet: „Königin von Frankreich, unsere Hoffnung, bitte für uns“!

Als anschließend die Teilnehmer noch Blumen in den französischen Nationalfarben niederlegen, wird am Folgetag der Bischof durch die deutschen Besatzer ausgewiesen. Er muss nach Lyon fliehen und von dort seine Diözese Metz leiten.

Durch die Brutalität des Krieges reift in der Ordensfrau immer mehr der Gedanken, dass sie noch aktiver gegen das Kriegsgeschehen vorgehen sollte.

Für französische Soldaten wird in der Militäranlage Fort de Saint-Julien, in der Nähe von Metz, ein Gefangenenlager geschaffen. In ihm werden bis zu 40.000 besiegte französische Kriegsteilnehmer festgehalten. Viele von ihnen sind krank und haben kaum das Nötigste zum überleben.

Auf Schwester Helenes Bemühungen hin erhalten die Vinzentinerinnen die Erlaubnis, die Not mit Spenden aus der Bevölkerung und des Ordens mildern zu dürfen. So gelangen in das Lager Kleidung, sauberes Wasser, Lebensmittel und Medikamente.

Als den Schwestern die Genehmigung der Fürsorge für dieses Lager entzogen wird, kümmern sie sich um weitere Militär-Haftlager. Durch erhaltengebliebene Originalunterlagen steht fest, dass Schwester Helene allein die Gefangene in Trier mit achtundziebzig Pullover, vierzig Unterhosen, vierhundert Schals, einhundertvierzig Paar Strümpfe und dreihundert Kilo Brot versorgt.

Ihr Organisationsgeschick und ihre hoffnungsfrohe Zugewandtheit helfen ihr bei ihrer Mammutaufgabe sehr. Aus dem Tagebuch der damaligen Anstaltsoberin von San Nicolás, Schwester Didion, kann man entnehmen, dass Helene mit ihren Mitschwestern Hilfsmittel mit zwei Lastwagen befördert und ihre Arbeit bald verdoppelt, indem sie nun auch zusätzlich die evakuierten Zivilisten versorgt.

Um besonders gefährdete Soldaten vor den Nazischergen zu schützen, baut die Ordensfrau ein Schmuggel-Netzwerk auf. Dafür nutzt sie die chaotischen Zustände durch die großen Karawanen von Gefangenen, die schier kein Ende nehmen wollen. Es gibt viele Familien in der Stadt, die diese Form des Widerstands unterstützen.

Letztlich wird die Ordensfrau für über 2.000 Menschen zur Lebensretterin, indem sie mit ihrem Netzwerk die Flüchtlinge, die sie zum Schutz stets als „Pakete“ bezeichnet, in die freie Zone bringt, wo sie dem Zugriff der Nazis entzogen sind.

Durch eine gescheiterte Flucht kommen die Besatzer auf die Spur der Schwester und verhaften sie samt ihrer Mitschwester Cecilia Thil am 4. Februar 1941. Es folgt eine Tortur mit 18 Verhören, die drei Tage andauern.

Doch die Gottgeweihten verraten nichts von ihrem gut strukturierten Netzwerk, so dass die Untergrundarbeit während ihrer Haftzeit ungehindert weitergeführt werden kann.

Schwester Helene soll dennoch eine einjährige Haftzeit verbüßen, die jedoch aufgrund ihres sehr schlechten Gesundheitszustandes in einem Hospital abgeleistet und nach 8 Monaten zur Bewährung ausgesetzt wird.

Die standhafte Ordensfrau denkt aber nicht daran, sich zu schonen und präzisiert ihre Netzwerkarbeit sogar. Unter den Geretteten befinden sich auch spätere Prominente wie der damalige Leutnant Francois Mitterrand, der spätere Präsident Frankreichs, der General Henri Giraud oder auch der staatenlose Jude Boris Holban.

Holban trägt bis zu seinem Lebensende die „Wundertätige Medaille“ bei sich, die er auf der Flucht durch die Schwester gereicht bekommen hat. 1999 wird er sogar ein Buch über seine Lebensretterin unter dem Titel: „Helene Studler –  das Tor zur Freiheit“, schreiben.

Aber nicht nur Militärs organisiert sie die Flucht. So gelingt es der Nonne, den 1938 zum Priester geweihten Marius-Félix-Antoine Maziers mit seinen 42 Gefährten durch einen Abwasserkanal in Sicherheit zu bringen. Legendär sind auch die Fluchtverstecke in LKWs, worin sie viele Menschen über die besonders schwer bewachte Demarkationslinie schmuggelt.

Immer wieder lässt sich die Braut Christi neue Fluchtmöglichkeiten einfallen.

Unsere Heldin soll wieder verhaftet werden. Als die Polizei am 26. Februar 1942 die Schwester Pförtnerin nicht als ihre Gesuchte erkennt, antwortet Helene auf die Frage, wo sich Schwester Helena befinde, dass sie sie sofort holen werde. Sie nutzt geschickt die Gunst der Stunde und flieht zusammen mit ihrer Oberin, Mutter Marie-Louise.

Mit Hilfe ihres Netzwerkes kommen die beiden als Mutter-Tochter-Gespann zunächst in Lyon unter.

1944 ist Schwester Helene durch ihre Krebserkrankung, der harten Arbeit im Krankenhaus und durch die Fluchtarbeit so geschwächt, dass man sie in das Hotel Dieu in Clemont-Ferrand bringt, wo sie schließlich am 3. Dezember 1944, nachdem sie ihr Ordensgelübde erneuert hat, ihrem Krebsleiden erliegt.

Kurz zuvor wurde sie von General Giraud, dem sie ja selber das Leben gerettet hat, in die Ehrenlegion aufgenommen und ihr der Nationalorden „Croix de guerre mit Palmen“ verliehen.

Als man nach dem Krieg ihre sterblichen Überreste in einem weißem Holzsarg durch Metz trägt, folgen ihm mehr als 10.000 Einwohner, um der heroischen Tochter des heiligen Vinzenz von Paul zu huldigen.

Die Bevölkerung verleiht ihr den Ehrentitel des „französischen Schindlers“  –  in Anlehnung an jenen deutschen Industriellen, der ebenfalls vielen jüdischen Nazi-Verfolgten das Leben rettete.       

Die DVD „Das Netz der Freiheit“, der Schwester Helenes Heldenmut erahnen lässt, ist im Handel erhältlich.

 

Kommentare

2 Antworten

  1. Liebe Dorrotee,

    in der Mediathek von BibelTV ist er nun zu sehen.
    Heutehaut mich mal wieder die Hitze um, nach der Arbeit, und obwohl ich immer wieder überlege, ob ich wirklich Filme schauen soll .. weil es ist ja 1. doch nur gespielt .. und ein ganz wichtiger Sinn fehlt ja immer bei Filmen: der Geruchssinn … und 2. habe ich so viele tolle Bücher, schaue ich doch den heute tatsächlich an, weil ich wie gaga bin .. und der Film hier besprochen wurde.

    Nun denn.

  2. Wow ,das liest sich spannend. Den Film würde ich gern sehen.
    Vielleicht bald im Programm bei Bibel TV. Der Sender zeigt Samstag Abend oft solche Filme.

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