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Die Heimat ist´s

Im Traume sah ich einen Brückensteg
Mit hohem Bogen weit hinaus gespannt,
Hinüber in ein fernes, stilles Land,
Wo friedevoll und lieblich jeder Weg.

Dort blühten Felder, reich und sommerschön,
Wie kaum zuvor mein Auge sie geschaut,
Ringsum die Flur, von Morgenglanz betaut
Und Sonnenpracht um Wald und Bergeshöh´n.

Mit klaren Wellen zog der rasche Strom
An Dörfern hin, ein silberhelles Band,
Blumig umsäumt der grüne Uferrand,
Auf lichtem Spiegel blauer Himmelsdom.

Unendlich tiefe, wundersame Ruh,
Die hier sich breitet, fern von Lärm und Hast,
Wie losgelöst von banger Sorgenlast,
Strömt Kraft und Friede allen Müden zu.

Was ists, das mir in Herzen und Sinnen bebt,
Mich zieht und mahnt mit drängender Gewalt,
Zeigt einstig Glück in deutlicher Gestalt,
Ein fernes Weh, vergessen und entschwebt?

Nun weiß ich es, was seltsam mir geschah:
Ich fand den alten, liebvertrauten Weg,
Der jenseits liegt vom hohen Brückensteg,
Die Heimat ists, die ich im Traume sah.

Frieda Claudy (1880 – 1946)

 

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