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In den Glauben der Kirche hineinwachsen: Kritik an These 1 von „Mission Manifest“

Kürzlich erschien im Herder-Verlag das Buch „Mission Manifest“ von Dr. Johannes Hartl (Gründer des „Gebetshauses Augsburg“), dem Zisterzienser-Pater Karl Wallner und dem kath. Schriftsteller Bernhard Meuser, das „Zehn Thesen“ enthält.

Vor allem durch die vielbeachtete MEHR-Konferenz Anfang dieses Jahres sind auch diese 10 Thesen in aller Munde, zumal der Leiter dieser charismatischen Mega-Veranstaltung, Dr. Hartl, zugleich Autor jener Thesen ist.

Der ehemalige evangelische Vikar, Publizist und katholische Konvertit Uwe C. Lay hat sich auf seinem Blog „Nachtgedanken“ mit der folgenden These 1 befaßt:

These 1: Uns bewegt die Sehnsucht, dass Menschen sich zu Jesus Christus bekehren. Es ist nicht mehr genug, katholisch sozialisiert zu sein. Die Kirche muss wieder wollen, dass Menschen ihr Leben durch eine klare Entscheidung Jesus Christus übergeben. Sie ist ja weniger eine Institution oder Kulturform als eine Gemeinschaft mit Jesus in der Mitte. Wer Jesus Christus als seinem persönlichen Herrn nachfolgt, wird andere für eine leidenschaftliche Nachfolge Jesu entzünden.

Aus der Antwort Lays veröffentlichen wir einige Auszüge:

Es reicht also nicht, katholisch sozialisiert zu sein, ich muß mich zudem Jesus übergeben. Nur: wo im deutschsprachigen Raum – und für ihn sind diese 10 Thesen produziert worden  –  ereignet sich denn noch eine katholische Sozialisation?
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Das setzte ja eine in der Familie gelebte Religiösität voraus, auf die dann der Religionsunterricht aufbauen könnte. Das offenkundige Problem ist doch, daß es weitestgehend keine katholische Sozialisation mehr in den Familien gibt  – und daß dies Defizit auch in keiner Weise durch die kirchliche Jugendarbeit kompensiert wird. (Schweigen wir höflichkeitshalber über die Qualität der Jugendarbeit des BDKJ und anderer kirchlicher Träger!) 
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Aber was soll man von einer plumpen Gegenüberstellung von der Kirche als Institution mit der Vorstellung einer „Gemeinschaft mit Jesus in der Mitte“ halten?
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Christus hat die Kirche mit ihrer hierarchischen Ordnung geschaffen und erhält sie so auch. Der christliche Kultus verlangt auch eine Organisiertheit, die den Vollzug des Kultes ermöglicht, Tag für Tag, Woche für Woche.
Spontanistische Bewegungen mögen punktuell erlebnisintensiver sein als der geregelte, immer gleich währende Gottesdienst, aber das gerade macht das Wesen des religiösen Kultes aus.
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Wie aber in einer Institution geistliches Leben wachsen kann  – wie etwa die Bildung in einer Schule  –  so ist auch Mutter Kirche, ohne die niemand Gott zum Vater haben kann, eine Schule des geistlichen Wachsens – das sollte sie zumindest sein.
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Warum die Kirche das nicht mehr ist, das ist eine nicht leicht respondierbare Frage. Aber nur weil sie jetzt das, was sie zu leisten hat, eine Bildungsanstalt des christlichen Glaubens zu sein, durch die der Einzelne in den Glauben der Kirche hineingeführt wird, nicht erbringt, nun die Institution als unwesentlich zu disqualifizieren und in das Pathos des Sichentscheidens zu flüchten, hilft nicht weiter. Das Wachsen in den christlichen Glauben hinein kann keine „Entscheidung für Jesus“ ersetzen! 
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„Leidenschaftliche Nachfolge“ klingt gut, das verheißt intensives Leben. Aber ist das nicht ein Stil religiösen Lebens, das immer nur für wenige Auserwählte vorgesehen ist? Machen wir eine Probe darauf: Was, wenn jeder wie der Apostelfürst Paulus sein ganzes Leben in den Dienst Jesu Christi stellte? Leidenschaftlich, intensiv….!
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Lebten alle Christen die Nachfolge wie dieser Apostel, sich an Jesu Leben ausrichtend, das Christentum stürbe in Bälde aus, weil dann alle um des Herrn willen enthaltsam leben würden.
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BILD: Titelseite eines Buches unseres Gastautors Uwe C. Lay: „Der zensierte Gott“
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Wo aber die Leidenschaft der Nachfolge mit den Notwendigkeiten eines Familien- und Berufslebens konfrontiert wird, da muß sich das Leidenschaftliche abkühlen und das religiöse Leben wird sich in gemäßigten Temperaturen abspielen. Die radikale Nachfolge ist eben – gut katholisch  – dem Mönchsstand vorbehalten. 
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Und: Es fehlt dieser ersten These das rechte Verständnis der christlichen Religion – da entscheidet man sich nicht einfach für Jesus und lebt dann leidenschaftlich mit ihm.
Meinem individuellen Glauben geht stets der Glaube der Kirche voran  –  und wie kein Mensch sprechen könnte, gäbe es nicht eine bestimmte Sprache als System, so glaubt auch niemand individuell, wenn nicht durch sein Partizipieren am Glauben der Kirche.
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So wie es keine Privatsprache gibt, sondern nur meine individuelle Nutzung einer allgemeinen Sprache, etwa des Deutschen in meinem Falle, so kann es auch keinen reinen Privatglauben geben.
In den Glauben der Kirche kann man nur hineinwachsen  – und so lange wir auf Erden weilen, werden wir immer nur Schüler im Glauben sein können.
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Quelle und vollständiger Text hier: http://pro-theol.blogspot.de/2018/01/mission-manifest-die-zehn-thesen.html

Kommentare

4 Antworten

  1. Sicher kann man im Umfeld der MEHR-Konferenz und an der Art der Buchpräsentation manches beanstanden. Nicht leugnen können wird man aber die Notwendigkeit eines missionarischen Aufbruchs in der (katholischen) Kirche, weil die Kirche ihrem Wesen nach Mission ist.
    Dieser Dringlichkeit wird das „Mission Manifest“ gerecht und schließt damit nahtlos an Papst Franziskus‘ Apostolisches Schreiben „Evangelii gaudium“ an.
    Dass im deutschsprachigen Raum die katholische bzw. christliche „Sozialisation“ nicht nur verkümmert, sondern weitgehend zum Erliegen gekommen ist, bestreitet das „Manifest“ nicht. Gerade daraus erwächst ja die postulierte Ausrichtung auf den Kern, die Person Jesu Christi, was eine ökumenische Verbreiterung ermöglicht.
    „Die Kirche muss wieder wollen, dass Menschen ihr Leben durch eine klare Entscheidung Jesus Christus übergeben“: Schlimm genug, dass das wieder in aller Deutlichkeit gesagt werden muss! Mit diesem Satz wird ins Bewusstsein gerufen, dass man eben nicht nur „ein bisschen“ Christ sein kann, sondern mit seiner ganzen Person jederzeit auf allen Ebenen im Angesicht des Herrn gefordert ist. Natürlich ist dies ein Lernprozess, der (in der Regel) nicht von heute auf morgen gelingt.
    Wenn man sich den Betrieb der relativistischen „Funktionärskirche“ heute anschaut, in der Krämer zu weiten Teilen ihren Untergang verwalten, oder sich Sonntagspredigten anhört, die den Gläubigen in einer zeitgeistwarmen Kuschelecke einrichten wollen, wo ihm nichts mehr zugemutet wird, damit er auch ja „zufrieden“ ist und nicht etwa seinen Austritt erklärt, kommt man nicht umhin, den aufrüttelnden Impuls dieser Initiative zu begrüßen.
    Dass trotzdem manches vor allem in der „Ausführung“ noch zu begradigen und zu ergänzen wäre, wird damit nicht verneint.
    Erfreulicherweise finden sich unter den mittlerweile über 2000 Unterzeichnern des „Mission Manifests“ quer durch die Schichten der Bevölkerung auch „unverdächtige“ Persönlichkeiten wie der Historiker Michael Hesemann und der Philosoph Robert Spaemann.

  2. Eine Kritik, die sich leider selbst entlarvt und ungewollt vor Augen führt, warum die Leute sich von der Kirche abwednen und dem Charismatismus zuwenden:

    Wenn hier in der kritisierten These 1 ausgesprochen wird, dass heute „katholische Sozialisation nicht mehr genüg(e)“, um zum Glauben zu finden, und der Autor dem widerspricht, um im nächsten Satz denselben Satz aber zu bestätigen: es finde heute ja keine echte Sozialisation in den kath. Glauben mehr statt, dann entbehrt alleine das schon der Logik.
    Genau das sagt doch der kritisierte Satz – wobei „kath. Sozialisation“ kein Ideal meint, sondern die Realität dessen, was heute katholische Sozialisation meist bedeutet. Es geht im kritisierten Satz doch offenkundig um die Realität, die schnöde Wirklichkeit. Es findet heute keine solche Sozialisation mehr statt, vielfach auch in anderen Konfessionen nicht.

    Auch wenn es derzeit gerade niemand hören will: Aber warum wohl war ein solcher Überdruss in der Kirche am „Alten“ vorhanden, das so alt nicht war, wie es tat und tut, sondern eine spätmoderne Verkrampfung und geistige Falle, aus der zumindest die Intelligenteren aussteigen wollten? Vieles an diesem „alten“ Glauben hatte das Niveau des Glaubens an den Weihnachtsmann und den Klapperstorch… Die katholische Kirche hat(te) schlicht und einfach „fertig“, wie man heute so hässlich sagt. Man hielt etwas mit „polizeilichen Mitteln“ (Jacob Burckhardt) aufrecht, was sich dynamisch partout nicht mehr ergeben wollte und richtete die Gläubigen eher ab, als dass man in ihnen einen lebendigen Glauben entzündete. Auf das Lehramt trifft zu, was Jesus einst den Gesetzeslehrern sagte: Ihr kommt selbst nicht hinein (ins Himmelreich) und versperrt, die es wollen den weg dazu.
    In einer vollkommenen Ödnis, wie wir sie heute durch diese „Hierarchie“, die Christus nirgends „gegründet hat“, wie der Autor behauptet (wo denn?) fast erreicht haben, mag einem dies dann wie ein „Fleischtopf Ägyptens“ erscheinen.
    Aber als man dort lebte, ertrug man es kaum noch!
    Der historische Verstand ist kurz, aber man muss es vielleicht ab und zu in Erinnerung rufen: das Vaticanum II kam, weil die Kirche in einer Sackgasse steckt(e), in der es keinen Schritt mehr weiterging. Und warum das, habe ich schon oft genug dargelegt. Wer sich also nach der Sackgasse zurücksehnt, ist wirklich nicht ganz bei Sinnen und sollte erst mal anfangen, genauer nachzuforschen und nicht wie ein Aufzieh-Papagei traditionalistische Vorurteile internalisieren und nachplappern.

    Es geht daher Hartl und Co um etwas, das grundsätzlich berechtigt ist: eine Förderung lebendigen Glaubens, das Entfachen des wahren Lebens in den Herzen – nicht Legalismus, Bigotterie und Formalismus, der permantes Gebet auch mit einem extrem gegensätzlichen Leben versöhnt… oder verklemmte und ängstliche, neidische Seelen erzeugt, die hysterisch reagieren, sobald einer sich frei regt…

    Auch die Polarisierung der „Entscheidung für Jesus“ und das „Hineinwachsen in den Glauben“ finde ich äußerst unfair: denn das hat der Text nicht gesagt und wohl auch kaum gemeint. Jeder weiß doch, wie stark sich diese Leute um Kontinuität und Glaubensbildung und eine postmoderne Version des „immerwährenden Gebets“, ja sogar um Beichte und Vergebung bemühen.

    Wirklich abzulehnen ist aber dann im vorliegenden Artikel die Argumentation gegen die „leidenschaftliche Nachfolge“:

    „Lebten alle Christen die Nachfolge wie dieser Apostel, sich an Jesu Leben ausrichtend, das Christentum stürbe in Bälde aus, weil dann ja alle um des Herrn willen enthaltsam leben würden!“

    Das ist polemisch und unfair, so zu argumentieren, denn mit der „leidenschaftlichen“ oder „intensiven Nachfolge meint der Text nicht, dass jedermann enthaltsam leben muss. Und selbst wenn er es täte: dann käme der Herr schneller wieder, und was spräche dagegen. Lay sollte die Schrift lesen: dort schreibt Paulus, er wünschte, alle lebten so wie er, nämlich zölibatär.
    Es ist vielleicht einen Gedanken wert, sich zu fragen, ob der Drang in den bekehrten Menschen, sich zu vermehren, in einer gewissen Weise die „Naherwartung“ unterlief und unterläuft. Die frühchristlichen Auseinandersetzungen, die sich hier auch im NT spiegeln, lassen ahnen, dass hier eine Art Paradox vorliegt, und eine Entscheidung des einzelnen in die eine oder andere Richtung legitim ist, BEIDES aber „leidenschaftliche Bachfolge“ sein muss, wenn sie den Namen überhaupt verdient.
    Nun sind wir aber zur „radikalen“ Nachfolge berufen – und zwar alle! Das ist doch nicht „dem Mönchsstand vorbehalten“ – was ist das nur für ein unchristlicher Gedanke!
    Das Problem der totalen Verwässerung und Verflachung des Glaubens hat die Kirche mit ihrem starren Kleriker-Laien-Modell ja erst geschaffen. Wer den Laien vom intensiven und radikalen Glauben aus Machtgier und Geltungssucht (Paulus nennt das „Aufgeblasenheit“) förmlich abhält, um ihn leichter dirigieren zu können, darf sich über geistige Tote nicht wundern und sollte den derzeitigen Zustand der Glaubenslosigkeit mit Fanfaren begrüßen und sich daran freuen, endlich alleine „radikal nachfolgen“ zu können…

    So ist auch der Schlusspassus nicht nur ebenfalls unfair, sondern auch sachlich daneben:

    „Es fehlt dieser ersten These das rechte Verständnis der christlichen Religion – da entscheidet man sich nicht einfach für Jesus und lebt dann leidenschaftlich mit ihm! Meinem individuellen Glauben geht stets der Glaube der Kirche voran – und wie kein Mensch sprechen könnte, gäbe es nicht eine bestimmte Sprache als System, so glaubt auch Niemand individuell, wenn nicht durch sein Partizipieren am Glauben der Kirche.“

    das, verehrter Autor, hat der Autor der These 1 auch nicht gesagt.
    Eine Kritik, die von unterstellungen und Verzerrungen lebt, ist nicht nur unredlich, sondern auch regelrecht unmoralisch.

    Ich selbst halte vom Charismatismus aus verschiedenen Gründen gar nichts, aber man muss den Leuten zugute halten, dass sie genau das, was der Autor dieses Artikels unterstellt, been gerade nicht wollen. Zwar appelliert dieser Eventstil an den Narzissmus des Einzelnen, aber gerade er leitet sich sogar extrem stark aus der Gruppe („Kirche“) her und erfüllt so gerade nicht das Kriterium des „Individuellen“.

    Wenn ich solche Kritiken lese, dann regt sich sogar in mir der Impuls, dann lieber charismatisch zu sein als in diesem referierten erstarrt-formalistischen Sinn „katholisch“.

  3. In der Tat ist der BDKJ eine linksgrüne Vorfeldorganisation und hat mit Katholischem Glauben leider nur noch wenig zu tun!

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