Der Jugendforscher Bernhard Heinzlmaier beklagt die zunehmende Verdummung der heranwachsenden Generation. Schuld sei ein Bildungssystem, in dem nur nach ökonomischen Aspekten unterrichtet werde.
Der 53-Jährige Autor und Mitbegründer des Instituts für Jugendkulturforschung in Wien kritisiert in seinem Buch „Performer, Styler, Egoisten: Über eine Jugend, der die Alten die Ideale abgewöhnt haben“ die systematische Verdummung der Jugend, die in eine unmenschliche Leistungsgesellschaft gedrängt werden.

In einem Interview benennt er Hintergründe zu Bildungsstand und Sozialkompetenzen unserer Jugend: „Sie ist auf dem besten Weg, in die absolute Verblödung geführt zu werden. Wenn unser Erziehungs- und Bildungssystem nur noch nach ökonomischen Gesichtspunkten von OECD und Pisa funktionieren muss, rechne ich den Jugendlichen keine guten Chancen aus.“
Bei der Zusammensetzung der Bildungsinhalte zähle nur noch die wirtschaftliche Logik. Die Lehrinhalte werden danach ausgewählt, was später auf dem Arbeitsmarkt auf jeden Fall verwertbar ist. Seit Jahren findet in den Schulen eine Verlagerung zugunsten naturwissenschaftlicher und betriebswirtschaftlicher Inhalte statt. Unterrichtsstunden in Musik, Literatur und Kunst werden gekürzt, weil diese Fächer keinen ökonomischen Nutzeffekt beinhalten.
Der Verzicht auf kulturelle Bildung wird unsere demokratische Grundordnung über kurz oder lang gefährden. Es fehle der Nachfolgegeneration an politischer Urteilsfähigkeit.
Ebenso nimmt die Wirtschaft immer mehr Einfluss darauf, was an den Hochschulen in der Lehre und Forschung stattfindet, obwohl viele junge Menschen das Bedürfnis nach humanistischer Bildung haben. Heutzutage stehen Jugendliche durch die vielen Wahlmöglichkeiten unter einem permanenten Entscheidungsdruck. Viele von ihnen sagen: „Die Welt ist zu komplex, wir hätten es gerne wieder etwas einfacher.“
Früher sorgten Traditionen für Orientierung
Wo früher die Orientierung an Traditionen Sicherheit gab, herrscht heute Beliebigkeit und Unübersichtlichkeit. Anstelle von sozialen und beruflichen Kompetenzen ist vielfach die Selbstvermarktungsfähigkeit getreten. Das Produkt, das die Jugend primär verkauft, sind sie selbst.
Letztlich geht es um Erfolg, Image und Konsum. Wichtiger als wie ich mich fühle, ist es, wie die anderen mich sehen. Wie sehe ich aus? Welche Statussymbole habe ich? – Dieses Verhalten lernen Kinder und Jugendliche schon sehr früh, und sie lernen auch, sich selbst gut zu verkaufen. Die neuen Medien verstärken dieses Bedürfnis nach Selbstdarstellung und Selbstvermarktung nur noch.
Die Familie stellt den letzten geschützten Rückzugsraum in dieser Gesellschaft dar, ein nach außen abgeschlossenes System, in dem sich der Mensch aufgehoben fühlen kann. Je unwirklicher die Welt draußen ist, desto wichtiger werden die kleinen Lebenswelten. Insofern ist die Suche nach Geborgenheit fast eine Art Reflex auf die wachsende Unsicherheit in unserer Gesellschaft.
Fazit: Wir müssen wegkommen von einer Lebenshaltung, in der es nur um materielle Güter geht, und von einer Bildungspolitik, die nur den Interessen der Wirtschaft dient. Wir brauchen eine neue Bewegung mitten aus dem Bürgertum heraus, wenn humanistische Werte wieder eine Rolle spielen sollen.
Quelle: Kultur und Medien online