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Kindliche Fettsucht kann seelisch bedingt sein

Von Christa Meves

Am 29. Dezember 2017 gab die Weltgesundheitsorganisation (WHO) folgende Meldung heraus, die von der „Tagesschau“ übernommen wurde: „Jedes 14. Mädchen in Deutschland ist fettleibig – und sogar jeder 9. Junge. Die WHO fordere deswegen klarere Beschränkungen für Süßigkeiten und Junk-food-Werbung. Die freiwillige Selbstkontrolle funktioniere nicht.“

Das ist allerdings eine viel zu späte Erkenntnis  – und es lässt sich voraussagen, dass auch der neue Schrei nach Werbebeschränkung für Süßigkeiten im Hinblick auf eine weitere Zunahme der Fettleibigkeit bei Kindern wirkungslos bleiben wird. Denn das Problem ist ebenso alt wie all die falschen Ansätze, um die Adipositas (Fettsucht) in der westlichen Menschheit zu bewältigen.

Die Meldung gibt über die Ausbreitung des Phänomens sogar einigen Einblick: 1980 waren es bei den Jungen nur 4% gewesen. Bis zu 2017 hatte sich diese Zahl also mehr als verdoppelt. Interessant sind auch die internationalen Statistiken über fettleibige Jungen, z.B. in den USA 23,3% und Indien 2,4%.

Diese Nachricht ist allerdings in sich unzureichend, da die Altersangaben fehlen und unverständlicherweise die noch viel höheren Vergleichszahlen für die Mädchen ebenso. Dennoch ist die Eröffnung dieses gesundheitlichen Desasters, speziell in der westlichen Welt, immerhin das Eingeständnis eines jahrzehntelangen Versäumnisses der Beachtung dieses internationalen Phänomens.

Eins ist gewiss: Die Kinder nehmen vom Kleinkindalter ab zu viele hochkalorische Nahrung zu sich, und zwar nicht erst allein, seit sie selbst in der Lage sind, mehr oder weniger heimlich Süßigkeiten zu ergattern: Es beginnt bereits im frühen Kindesalter, und deshalb hat sich über Jahrzehnte hinweg die Vorstellung verfestigen können, dass es sich dann in diesen Fällen allemal um eine genetisch bedingte Disposition zur Fettleibigkeit handle.

Sogar ein Forschungsprojekt eines Instituts in Hessen gab diese Vorstellung als ihr Endergebnis bekannt. Man hatte eine Gruppe von übergewichtigen Grundschulkindern zu einem mehrwöchigen stationären klinischen Aufenthalt eingeladen und eine Zeitlang mit viel Ballaststoffen ernährt. Das Ergebnis: Relevante Gewichtsabnahmen waren nicht zu verzeichnen.

Ein damit nicht zufriedenes Elternpaar war aber danach mit ihrer adipösen Tochter, die darüber tief unglücklich war, zur Beratung bei mir angereist. Und dieses Mädchen verriet mir – nachdem wir uns einige Stunden lang miteinander vertraut gemacht hatten – ein Geheimnis: Dass ALLE diese Kinder (auch sie selbst) sich täglich neu Süßigkeiten ergattert und heimlich vernascht hätten! „Da ist man eben so drin“, sagte dieses Kind, „es geht eben gar nicht mehr anders.“ Aber diese Wahrheit war gar nicht in die Mutmaßungen der Forscher vorgedrungen.

Diese Geschichte ist mehr als zwanzig Jahre her. Sie lässt sich in der Praxis aber immer neu bestätigen. Mittlerweile gibt es sogar therapeutische Spezialinstitute, die ihre langfristige therapeutische Unwirksamkeit eingestehen: Sie erreichen zwar bei den meist bereitwilligen Patienten beiderlei Geschlechts mit gekonnter Methode zunächst eine erhebliche Gewichtsabnahme während des stationären Aufenthalts; aber nach der Rückkehr in den Alltag beklagen die Patienten einige Wochen später einen sie selbst beschämenden Rückfall fundamentaler Art: Sie schaffen es nicht auf die Dauer, ihre unbändige orale Lust – besonders auf Süßes – zu bezähmen!

Spätestens aus solchen Ergebnissen müsste nun aber allgemein in Fachkreisen die Erkenntnis heranreifen, dass im Hinblick auf die Adipositas die Berechtigung vorhanden ist von einer „FettSUCHT“ im wahrsten Sinne dieses Wortes zu sprechen. Denn nicht nur naschsüchtige Kinder, sondern auch Halbwüchsige mit anderen oralen Ersatzobjekten wie Alkohol, Zigaretten und Rauschgiften büßen durch maßlose Gewöhnungen daran die Fähigkeit ein, davon wieder zu lassen.

Die Fachwelt müsste aufgrund dieser Erfahrungen endlich erkennen: Diese epidemische Zunahme der Adipositas in den westlichen Nationen bedarf zwar als Voraussetzung eines gewissen Wohlstands als Grundlage, aber die eigentliche Ursache liegt tiefer: Sie beruht – wie bei allen Süchten – auf einem unbewussten, nicht zu bändigenden mächtigen Bedürfnis ihrer Seele!

Bei der Adipositas handelt es sich meist um unser aller Urbedürfnis am Lebensanfang: durch Einverleibung von natürlicher, vom Säugling unbewusst erwarteter Nahrung in einer zufriedenstellenden Weise satt, zufrieden und glücklich zu werden!

Den Hinweis, dass ein orales Defizit (von OS = lateinisch „der Mund“ abgeleitet) die Ursache späterer seelischer Störungen sein könne, hat bereits Sigmund Freud vor mehr als einem Jahrhundert gegeben, und eine seiner Schulen hat das besonders für die Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapie nutzbar gemacht, wie z.B. die neoanalytische Schule mit Annemarie Dührssen, Werner Schwidder und Fritz Riemann.

Wir wissen also bereits aus dem vorigen Jahrhundert, dass sich aus den unnatürlichen, nicht befriedigten Sättigungs- und Bindungserlebnissen des Säuglings und Kleinkindes seelische Defizite in das Gehirn einprägen. Dadurch können sich charakterliche Unausgeglichenheiten und in übelsten Fällen lähmende orale Süchte entwickeln. Dieses Erfahrungswissen ist heute sogar durch die neue Hirnforschung untermauert worden!

Als in den sechziger Jahren der familienfeindliche Trend losbrach, konnte ich deshalb voraussagen, dass sowohl seelische Verwahrlosung als auch Essstörungen in epidemischen Ausmaßen entstehen würden. Diese Störungen bekommen zwar durch die Verschiedenartigkeiten der Umwelt eine spezielle Färbung, aber sie haben letztlich eine ganz eindeutige seelische Ursache: eine in sie eingeprägte, unbewusste fundamentale Unzufriedenheit!

Diese wurzelt sehr oft in einer obligatorischen, aber dennoch unzureichend durchgeführten Nähe des Neugeborenen zu seiner Mutter in seinen ersten drei Lebensjahren!

Am besten geschieht das mithilfe der leiblichen Nähe und einer natürlichen Fütterungsweise eben durch die Frau, die dieses Kind geboren hat. Wer dieses Urmodell mit seinem Kleinkind als Mutter durchhält, erntet reife Frucht: Naschsüchtigkeit bleibt ebenso aus wie quengelndes Suchverhalten nach allem und jedem und als Folge davon dann unruhiger Unkonzentriertheit schon in der Grundschule!

Der Mensch ist ein in die Natur eingebettetes Wesen. Diese Natur hohnlachend durch angemaßte Künstlichkeiten oder Schreinächte allein im Dunkeln zu ersetzen, bewirkt grundsätzlich auf der ganzen Linie, dass sich die gesamte Gesellschaft schließlich oral getönte Süchte einhandelt.

Durch Überforderung der Gesundheitssysteme wächst so auf die Dauer unweigerlich Niedergang; denn nur allzu leicht entsteht im Heranwachsenden aufgrund endloser negativer Erfahrungen mit dem eigenen Unzureichendsein ein resignierter Charakter und im schlimmesten Fall eine dann nur noch schwer löschbare Depression.

Heute ist laut WHO jeder dritte Europäer in dieser Weise angefochten. Einer der Großmacht Natur trotzendes Verhalten der eben beschriebenen Art erweist sich damit als eine ihrem Schöpfer gegenüber ungehorsame Grenzüberschreitung.

Wir brauchen dringend neue gesellschaftliche Maßnahmen, die es den Müttern ermöglichen, zunächst bei ihren Winzlingen zu bleiben, bis diese Kleinkinder Gemeinschaft mit Gleichaltrigen überhaupt ertragen können.(Realisierbare Modelle dafür sind längst vorhanden.)

Um seelisch zu gesunden, brauchen wir also auch im Hinblick auf die Ökologie des Menschen in später Stunde eine Umkehr, die den Urbedürfnissen der Kleinkinder gerecht wird! Ein gott-gehorsames „retour à la nature“ – zurück zur Natur –  also! Denn trotz seiner Geduld lässt Gott seiner nicht endlos spotten!

Kommentare

16 Antworten

  1. @ FK

    Erstmal zu Paulus:

    Paulus äußert sich dazu in 1. Kor 8 und noch einmal in 1. Kor 10. Es geht darum, dass ein Christ, wenn er Götzenfleisch isst (und alles Fleisch auf dem Markt war Götzen geweiht), mental in der Gefahr steht, diesem Götzen zu dienen oder vor ihm Angst zu haben, weil er in zu große Nähe zu ihm gerät durch das Essen des Fleisches.

    Paulus gestand zwar zu, dass „Starke“, worunter er ausschließlich Menschen versteht, die sagen, es gäbe keine Götzen oder wenn, seien sie nichts gegen den einen Gott, ohne besondere Folgen solches Fleisch in Freiheit essen könnten, aber ihm steht deutlich vor Augen, dass viele, also die „Schwachen“, in der ganzen Aktion das sehen, was das Heidentum damit verbindet und ebenso auch das Judentum: es sind die überflüssigen Opfer für Gott oder Götter, für die man Tiere zu Tode brachte, oft unter grausamer Bedingung.
    Es ist ähnlich wie heute viele Christen kein Halal-Fleisch essen wollen, weil sie wissen, dass dieses Fleisch einem Götzen geweiht ist und die Tiere grausam zu Tode gebracht werden.
    Paulus äußert sich an sich so, dass klar ist: kein Mensch braucht Fleisch!
    Um des Gewissenhaften willen sollte kein Christ Fleisch essen!

    Auf dem Apostelkonzil wurde ausdrücklich für alle Christen, ob Juden ob Heiden der Genuss von solchem Fleisch verboten, und Paulus war dabei und hat das mitabgestimmt:

    „25 Was aber die Gläubigen aus den Nationen betrifft, so haben wir geschrieben und verfügt, dass sie sich sowohl vor dem Götzenopfer als auch vor Blut und Ersticktem und Unzucht hüten sollen.“ (Apg 21)

    Dies erhellt um ein weiteres den Zusammenhang. Paulus rät im ganzen ab vom Fleischkonsum.
    1.
    liegt darin immer die Gefahr, den Dämonen zu nahe zu kommen. Ausdrücklich sagt er das in 1. Kor 10.
    2. „Alles ist erlaubt“, zitiert er an derselben Stelle, und kommentiert das: „aber nicht alles nützt“. „Alles ist erlaubt“, „aber nicht alles baut auf“. man soll zwar nicht nachforschen, welchem Gott Fleisch geweiht ist, aber wenn man es weiß, wem, sollte man es nicht essen… und man sollte es überhaupt nicht essen, weil es immer Menschen gibt, die das mit ihrem Gewissen nicht vereinbaren können.
    3. Die Freiheit des Christen bezieht sich zwar auf die Bindung an die Sünde, aber deswegen unterschätzt Paulus hier nicht, wie problemtisch der Fleischkonsum ist und bleiben wird.
    4. Nun mag einer sagen: ja, aber heute wird doch das Marktfleisch nicht mehr Götzen geweiht. Dazu antworte ich: das nicht, oder oft nicht (bei den Halal-Märkten aber schon, und alles, was die Dönerbude an Fleisch verkauft, ist Allah geweiht, das hängen sie ausdrücklich in ihren Läden ja aus!). Aber die seelenlose Versächlichung des Tieres, das wie eine Maschine „produziert“ und später ausgebeutet wird, ist so gottlos, dass kein Christ das ohne Skrupel mitmachen kann. Immerhin hat das Heidentum ja soviel Anstand, zu wissen, dass Fleischkonsum nur geheiligt vertretbar ist – deshalb weihen sie ja alles Geschlachtete den Göttern, um es wenigstens in der ganzen Misere des Tötens zu heiligen und zu „reinigen“. Die Menschen wissen doch, dass es nicht normal ist, Fleisch zu essen, weil das Tier eine Seele hat und leidet, wenn es zur Schlachtbank geführt wird. Es hat Angst, es schreit verzweifelt, es verliert seine Exkremente vor Panik und wird dann gnadenlos getötet. Wer das einmal gesehen hat, weiß sofort, was ich meine.
    Die Problematik hat sich also nicht in Luft aufgelöst!

    Insgesamt kann man bei Paulus nicht ableiten, dass das Fleischessen von ihm „gerechtfertigt“ wird. Eher nimmt er es als gegeben unter den Bedinungen der Sündenfolge an und sagt DANN, aber erst DANN: Der Christ muss daran nicht leiden, er darf mit Danksagung auch in der pervertierten Situation essen. Und wer Danke sagt, wird auch anfangen, nicht mehr sinnlos Tierfleisch in sich hineinzuschlingen. Er wird wissen,dass viele Tiere ums einetwillen sterben müssen, um ihn zu erhalten und wird umso mehr hoffen, dass das zeitalter bald kommt, in dem das alles vorbei sein wird.

  2. Ob dieser Automatismus wirklich besteht? Die Fettsucht vieler resultiert schlicht und einfach aus unnatürlicher, für den Menschen unpassender, nicht schöpfungsgemäßer Nahrung, die uns dieses kapitalistische Wirtschaftssystem und leider auch eine falsche Lehrentwickung in der Kirche aufdrängt. Auch wenn Mama nicht kocht, muss man ja nicht zwangsläufig Chips zum Abendessen essen. Was spricht gegen ein Käsebrot, auch wenn Mama noch arbeitet?
    Ich finde es manchmal beschämend, wie sehr sich Christen von Gottes Nahrungsgeboten entfernt haben.

    Bitte bedenken wir alle doch auch einmal folgendes:
    Wir regen uns alle auf, wenn die Leute Kinder verhindern oder abtreiben und greifen auf den Schöpfungsbericht zurück, der doch die Ehe segnet und zur Nachkommenschaft auffordert.

    In demselben Schöpfungsbereicht steht aber auch gleich nach dem Satz „Wachset und mehret euch!“, dass Gott uns Menschen ausschließlich die Baumfrüchte und die Früchte, die Samen tragen, zur Nahrung vorgesehen hat (Gen 1, 29). Es ist daher außerhalb der Naturordnung, dass der Mensch Fleisch isst und auch dies, dass der Mensch das isst, was Gott den Tieren zugedacht hat: alle grünen Pflanzen (1, 30f). Ich weiß, dass insbesondere Katholiken das nicht gerne hören, aber es ist eine Tatsache. Als ich las, dass die katholische Kirche in der Spätantike, nachdem sie Staatskirche wurde, Vegetarier blutig verfolgte und in Lehrschreiben sogar deren Lebensform verurteilte, obowhl sie der Schöpfungsordnung – der wiederhergestellten Ordnung – nachkommt, war ich entsetzt. Gott hat das Fleischessen erst nach der Sintflut „erlaubt“, den Blutgenuss aber strikt und für alle Menschen verboten. Dieses verbot hat das Apostelkonzil wiederholt. Jeder kann es in der Apostelgeschichte nachlesen. Es galt bis weit ins Mittelalter in der ganzen Christenheit. Es halten sich bis heute daran alle Orthodoxen und Orientalen, einige wenige Evangelikale. Wer hat wiederum per Lehrschreiben dieses biblisch ausdrücklich angeordnete Gebot verboten: die RKK.

    Die Argumentation, die Torah hätte doch ach das Fleischessen erlaubt etc. pp. ist oberflächlich. Sie hat es wesentlich eingeschränkt! Man kann vermuten, dass sie es aus demselben Grund erlaubt hat wie sie die Ehescheidung erlaubt hat: wegen der Härte des menschlichen Herzens unter Sünde.

    In jedem Fall gilt auch hier das Wort Jesu: „Von Anfang an ist es nicht so gewesen!“

    Und wenn wir dabei blieben und hauptsächlich Baumfrüchte und samentragende oder farbige (nichtgrüne) Früchte äßen, meinetwegen auch Süßes (Gott hat uns Süßes zugedacht!), es sähe vieles anders aus.
    Es geht nicht primär drum, ob Mütter zu hause kochen oder nicht, sondern ob diese Mütter das Richtige und Gottgewollte anbieten.

    Es ist inkonsequent, wenn man auf dem „Wachset und mehret euch“ herumreitet, aber alle anderen Gebote aus dem Schöpfungsbericht nicht nur nicht beachtet, sondern, wie die katholische Kirche das macht, auch noch regelrecht ableugnet und die verfolgt, die diese Ordnungen einhalten wollen.

    Ich bin leider selber nicht konsequent, auch wenn ich vernünftig koche und meine Familie auch gerne isst, was ich anbiete. Aber ich habe neulich begriffen, dass die Schöpfungsordnung für den Menschen eindeutig eine ganz bestimmte Nahrung vorgesehen hat und die Kirche das verleugnet.

    Noch ein Zusatz: wenn die Juden Opferfleisch aßen, war das „unnormal“ und auch in ihrer Vorstellung gegen die Natur.

    Die erste Sünde ist im übrigen laut Schöpfungsbericht mit einem Verstoß gegen Gottes Nahrungsgebot verknüpft.
    Das sind keine „Marginalien“, wie man es in der Kirche suggeriert.

    1. Guten Tag,
      in manchem stimme ich Ihnen zu, doch zu folgenden Aussagen seien Einwände genannt.
      1. Sie schreiben zum Schöpfungsbericht (Gen), „dass Gott uns Menschen ausschließlich die Baumfrüchte und die Früchte, die Samen tragen, zur Nahrung vorgesehen hat (Gen 1, 29). Es ist daher außerhalb der Naturordnung, dass der Mensch Fleisch isst und auch dies, dass der Mensch das isst, was Gott den Tieren zugedacht hat: alle grünen Pflanzen (1, 30f).“
      Was heißt „ausschließlich“? Andere Nahrung wird dadurch noch keineswegs ausgeschlossen, daß eine bestimmte Nahrung erwähnt ist. Zudem heißt es in 1. Mose 9,3: „Alles, was sich regt und lebt, sei eure Speise.“ – Zudem: Entspräche allein eine (noch dazu begrenzte) Pflanzennahrung der Schöpfungsordnung, hätte Christus wohl kaum ausgerechnet den Fisch (der nun einmal tierisch ist, ob man von „Fleisch“ spricht oder nicht) bei der Speisung der Volksmenge wunderbar vermehrt. Warum hat Gott denn das Fleischopfer des Abel angenommen, das Pflanzenopfer des Kain aber nicht? – Natürlich hat dies wohl auch mit dem Charakter der jeweiligen Brüder zu tun gehabt, aber das Fleischopfer hinderte jedenfalls nicht die gnädige Annahme durch den Höchsten.
      2. Sie vermuten, dass das jüdische Gesetz das Verspeisen von Fleisch „aus demselben Grund erlaubt hat wie sie die Ehescheidung erlaubt hat: wegen der Härte des menschlichen Herzens unter Sünde.“
      Für diese Vermutung nennen Sie keinen biblischen Anhaltspunkt. Zudem hat Christus die „Härte“ wegen Ehescheidung/Wiederheirat ausdrücklich kritisiert – und in puncto Fleischgenuß? Fehlanzeige!
      Überdies hat Gott die Israeliten in der Wüste neben Manna auch mit Wachteln versorgt, bekanntlich auch keine Pflanzenart. – Außerdem kann man Fleischesser nicht etwa auf eine grundsätzlich gleiche Stufe der „Hartherzigkeit“ stellen wollen wie Ehebrecher/Frauenentlasser.
      3. Sie schreiben, es habe sie entsetzt, „dass die katholische Kirche in der Spätantike, nachdem sie Staatskirche wurde, Vegetarier blutig verfolgte und in Lehrschreiben sogar deren Lebensform verurteilte…“ – Welche „Lehrschreiben“ der katholischen Kirche meinen Sie? Konzilsbeschlüsse also? Päpstliche Verlautbarungen? Ging es bei den angeblichen „Lehrschreiben“ tatsächlich primär um ein Verbot des vegetarischen Speiseplans oder etwa um manichäische Sekten, von denen sich die Kirche distanzierte, die zwar oft Vegetarier waren, die aber (darüber hinaus) theologische Irrlehren vertraten. – Worin bestand denn in der Spätantike die „blutige Verfolgung“ von Vegetariern durch die Kirche?
      4. Zum kultischen Fleischgenuß im AT noch ein Hinweis: Gott hat den Israeliten hinsichtlich der Speisung des Pessachlammes nicht nur eine „Erlaubnis“ geben, sondern es bestand eine Aufforderung dazu. Im übrigen hat sich Christus auf Erden ebenfalls hieran beteiligt. Christus war kein Vegetarier – und das liegt gewiß nicht an „Herzenshärte“.
      Freundlichen Gruß!
      Felizitas Küble

      1. Es tut mir leid: Im Schöpfungsbericht steht es so, wie ich es schrieb.
        Wenn Gott sagt: für euch sind die Baumfrüchte und alle samentragenden Pflanzen vorgesehen, für die Tiere dagegen alles Grüne (also Blätter, Kraut), dann ist das natürlich ausschließlich gemeint! Wie denn sonst!?
        Wenn ich Sie einlade und sage: Frau Küble, für Sie ist dieser Platz an der Tafel vorgesehen, dann ist klar, dass Sie auf den anderen Plätzen nicht sitzen – die sind für andere Gäste gedacht. Die positive Formulierung ist nprmale Freundlichkeit – wie würde es klingen, wenn ich sagte: Sie dürfen aber nur hier sitzen, alles anderen Plätze kommen für Sie nicht in Frage. Auch wenn es faktisch ja so ist, meine ich es ja nicht so negativ, sondern Ihnen ist der für Sie passende Platz zugedacht. Und jeder braucht nur einen Platz…

        Wenn Gott sagt: Das habe ich für euch vorgesehen als Nahrung, dann ist doch klar, v.a. auch durch die unterschiedliche Kennzeichnung dessen, was dagegen die Tiere essen, dass das eine kaum mit dem anderen vermischt werden sollte. Der Mensch passt zu den genannten Früchten oder besser umgekehrt: sie passen zu ihm. So beschreibt auch der Schöpfungsbericht, das Gott sie köstlich schmecken und geradezu lustvoll aussehen ließ für Adam, als er ihm gebot, davon zu essen, allerdings mit einer Ausnahme innerhalb der Gruppe der Bäume, die prinzipiell für den Menschen ja gedacht sind.

        Es ist völlig klar, dass weder Menschen noch Tiere das Blut von Mensch oder Tier vergießen dürfen.

        Die Naturordnung ist die des Paradieses!

        Was Sie zitieren aus dem 9. Kapitel ist der tief gefallene, verdorbene Zustand nach dem Sündenfall und nach den ca. 1000 Jahren danach nach der Sintflut und nachdem Menschen und Engel sich vermischt hatten. In apokryphen Quellen erfahren wir aus vorchristlichen Zeit (etwa dem Henochbuch, das den Äthiopiern kanonisches Wort Gottes ist), dass vor der Sintflut eine ungeheuere Gewalttätigkeit, vermischt mit Okkultismus (aufgrund der Engel, die die Menschentöchter Magie lehrten) und Fresserei (!) herrschte und dies es hauptsächlich war, was Gott diese zutiefst verdorbene Menschheit ausrotten ließ. Man muss das ernst nehmen: mit dieser Menschheit wäre es nicht mehr möglich gewesen das Heil zu stiften. Noach und die Seinen wurden quasi am Abgrund gerade noch mal abgefangen in letzter Minute. Ander sst an derselben Stelle kaum verständlich, warum Gott nun fast resigniert die Tiere dem Menschen ausliefert, aber wenigstens den Blutgeniss verbietet und sagt, dass jeder Mensch und jedes Tier, das Menschenblut vergießt, von Ihm beim Gericht zur Rechenschaft gezogen werden wird. Alleine, dass er das so sagt, lässt Rückschlüsse darauf zu, was vor der Sintflut angegangen sein muss. Es heißt, Gott habe gesehen, dass das Herz des Menschen böse von Jugend auf sei – nach der Sintflut, obwohl die acht Menschen doch zugleich als „gerecht“ bezeichnet werden… was man unter den gegebenen Umständen noch als „gerecht“ nennen will. Noachs Saufgeschichte und Entbößungsgeschichte nach der Sintflut führt uns seine Schwäche vor Augen… und diese Ungerechtigkeit: er lässt sich so gehen und verflucht dann die Nachkommen Chams. Pall, kann man sagen: sind also immer die andern schuld, wenn ich Mist gebaut habe?!

        Zeigen Sie bitte, wo Jesus Fleisch selbst gegessen hat!
        Fische haben nach der alttestamentlichen Lehre keine Seele. Sie müssen auch nicht irgendwie koscher sein. Man konnte auch kein Fischopfer bringen…

        Da Gott den menschlichen Fleischkonsum nach der Sintflut erlaubt hat, sagt uns ja gerade, dass es zuvor so nicht war! Das ist logisch und ein Beweis für meine These.
        Gott selbst tötet nach dem Sündenfall Tiere, um Adam udn Eva Kleider zu machen. Aber nirgends steht, dass das gut ist. Es ist der Sünde und der Nacktheit des gefallenen Menschen geschuldet. Aus Erbarmen mit dem Menschen setzte Gott das Tier zurück. Und wie grausam die Propheten es sahen, wie die Priesterschaft Tiere hinschlachtete, wird aus ihren Worten deutlich, die in merkwürdigem Kontrast zur Torah stehen (Jer 7):

        21 So spricht der HERR der Heerscharen, der Gott Israels: Fügt nur weiter eure Brandopfer zu euren Schlachtopfern und esst Opferfleisch!
        22 Denn ich habe nicht mit euren Vätern darüber geredet und ihnen nichts geboten über das Brandopfer und das Schlachtopfer an dem Tag, da ich sie aus dem Land Ägypten herausführte;
        23 sondern dieses Wort habe ich ihnen geboten: Hört auf meine Stimme, dann werde ich euer Gott sein, und ihr werdet mein Volk sein8! Und geht auf dem ganzen Weg, den ich euch gebiete, damit es euch wohlgeht!
        24 Aber sie haben nicht gehört und ihr Ohr nicht geneigt, sondern sind nach den Ratschlägen und in der Verstocktheit ihres bösen Herzens gegangen..

        Ist das nicht merkwürdig?
        Hier wird diese ganze Opferei als Perversion, die Gott nicht geboten habe, beschrieben, sondern der Verstocktheit des bösen Hherzens entstammt.

        Jesus hat kein Pessachlamm gegessen – er selbst ist doch das Lamm. Wir wissen nur, dass er das Brot brach und den Kelch nahm…. Benedikt XVI. predigte am 5.4.2007:

        „Die Schriftfunde von Qumran haben inzwischen zu einer überzeugenden Lösungsmöglichkeit geführt, die zwar noch nicht allgemein angenommen ist, aber doch eine hohe Wahrscheinlichkeit für sich hat. Johannes hat historisch genau berichtet, so dürfen wir nun sagen: Jesus hat tatsächlich am Vorabend des Pascha-Festes zur Stunde des Lamm-Opfers sein Blut vergossen. Er hat aber wahrscheinlich mit den Jüngern Pascha nach dem Qumran-Kalender, also wenigstens einen Tag früher gefeiert, ohne Lamm gefeiert, wie Qumran, das den Tempel des Herodes ablehnte und auf den neuen Tempel wartete. Jesus hat Pascha gefeiert: ohne Lamm …“

        Dass in der Schrift allenthalben erzählt wird, dass Menschen Fleisch essen, auch in der Wüste, dann kann man das nicht gegen die ursprüngliche Ordung auffahren, denn Jakob hatte auch viele Frauen, und Gott erwählte sie zu den Stammmüttern Israels. Mit keinem Wort aber heißt Gott diese Lebensform gut… er schreibt auf den krummen Linien der Sünde gerade, wenn es irgendwie gerade noch geht.

        Man muss hinzufügen, dass Kirchenväter teilweise Vegetarier waren aus dem Grund, weil die Naturordnung im guten Stand keinerlei Fleischkonsum kennt. Auch beschreibt die Vision des Propheten die künftige Friedenswelt als eine, in der der Löwe wieder Gras frisst.

        Ausgesprochene Gegner des Fleischessens waren zB. Basilius der Große oder auch ganz extrem Hieronymus. Ebenso soll Chrysosthomus Vegetarier gewesen sein. Auch unsere einheimischen Einsiedler wären nie auf die Idee gekommen, Fleisch zu essen. Sie aßen Beeren und Baumfrüchte.

        Ansonsten:

        Synode von Toledo 447 n. Chr.:

        „Wer sagt oder glaubt, man müsse sich vom Fleisch der Vögel oder des Viehs, das zur Speise gegeben ist, nicht nur um der Züchtigung des Leibes willen enthalten, sondern es verabscheuen, der sei mit dem Anathema belegt.“ (Kanon 207)

        Synode von Braga 561:

        „Wer die Fleischspeisen, die Gott zum Gebrauch der Menschen verliehen hat, für unrein hält und (…) sich ihrer so enhält, dass er nicht einmal von Gemüse, das mit Fleisch gekocht wurde, kostet (…), der sei mit dem Anathema belegt.“ (DH464)
        Der „Häretiker“ Priscillan, gegen den u.a. diese Anathemata ausgesprochen wurden, wurde hingerichtet – auf einem Scheiterhaufen in Trier..

        Innozenz III:

        „Den Genuss von Fleisch missbilligen wir nicht im geringsten“ (DH 795) – nota bene: „nicht im geringsten“. Da wird nicht mal eine Aufforderung zum Maßhalten beigefügt.

        Die „Ketzerei“ der Albigenser und Waldenser hing ganz dicht auch mit deren Abneigung gegen das Fleischessen zusammen.

        Ich habe in einer Ausstellung über japanische Esskultur in Stutgart im vergangenen Jahr zur Kenntnis genommen, dass es die Jesuiten waren, die den ansonsten weitgehend vegetarisch lebenden Japanern den Fleischkonsum aufdrängten. Bis heute aber haben die Japaner dazu ein gespaltenes Verhältnis und verabscheuen es.
        Die Fleischfresserei ist schon eine kirchliche Obsession, und nirgends wird ohne Not und Skrupel soviel Fleisch verschlungen wie im christlichen Abendland, das doch ein Garten Eden ist und das gar nicht nötig hätte. Jede andere Religion geht mit dem Fleischkonsum wesentlich sorgfältiger um. Nur der Islam und das Judentum sind annähernd so problematisch.

        Hier liegt in jedem Fall etwas im Argen. Und die grobschlächtig-aggressive Reaktion, jeden zu verteufeln, der nicht nur hinsichtlich der Ehe darüber nachdenkt, ob die Erlösten eigentlich leben sollen wie die gefallenen Sünder, die die Kirche an den Tag legte und legt, ist offenkundig von der Sünde geprägt.

        Zuletzt liegt eine tiefe Logik darin, dass das einzige wirkliche und wahre Opfer des AltenTestaments, nämlich das des Melchisedek, ein Fruchtopfer ist: Brot und Wein, das nämlich, was dem Menschen zugeordnet wurde in Eden.
        Brot und Wein fegen bis heute die Tieropfer, all die Grausamkeit und Tötungssucht des Sünders vom Altar und führen wieder vor Augen, was alleine dem Menschen gut tut: Samenfrucht, Korn und Obst. Christus hat doch auch gerade diesen Punkt durch sein Opfer und das letzte Abendmahl wieder zurechtgebracht!

        1. Guten Tag,
          nach wie vor stimme ich Ihnen in etlichen Punkten nicht zu:
          1. Christus hat sich freiwillig mehrfach dem jüdischem Gesetz unterstellt (z.B. Beschneidung, Darstellung des „Erstgeborenen“ im Tempel), ER pilgerte zum Tempel, ER ging mit 12 Jahren mit Maria und Josef zum Pessachfest nach Jerusalem. Gerade dort im Zentrum des Opferkultus gehörte hierzu nicht nur das, was in einer häuslichen Pessachfeier (z.B. in der Diaspora) üblich war, nämlich Brot, Wein und Bitterkräuter, sondern eindeutig auch das Verspeisen des geopferten Pessachlammes. Das zwar gerade der spezielle Zweck der Wallfahrt nach Jerusalem, nämlich eine vollständige Pessachfeier mit dem geopferten Lammfleisch.
          Beim Abendmahl ist aus theologischen Gründen doch sowieso klar, daß Christus das Pessachmahl ohne Lammfleisch beging, vor allem, weil ER selber im Neuen Bund das geopferte Lamm ist. Aber ER nimmt dieses alttestamentliche Opfer als Vorschatten seines eigenen Heilswerkes auf: ER ist das vollendete, vollgültige, für immer erlösende Pessachlamm. Auch hier ist ER in seinem Heilswirken die Erfüllung des Alten Bundes.
          2. Auf meinen Hinweis, daß Gott das Tier-Opfer Abels (im Unterschied zum Ernte-Opfer Kains) gnädig annahm, sind Sie wohlweislich nicht eingegangen.
          3. Es ist allgemein bekannt, daß die prophetischen Schriften im AT sich gegen einen oberflächlichen, nur rituellen, nicht verinnerlichten Opferkult wandten, aber keineswegs gegen die Opfergesetze als solche. Es ging vielehr darum, für die rechte Herzensgesinnung einzutreten, für Gerechtigkeit im Alltagsleben usw.
          Von daher führt es am biblischen Sachverhalt vorbei, Priester und Propheten gegeneinander auszuspielen. Zudem heißt es in dem von Ihnen zitierten Jeremias-Stelle lediglich, daß Gott konkret beim Exodus keine Tieropfer, sondern Glaubensgehorsam verlangte – was auch stimmt. Das macht doch diese rituellen Opfer, die zu einem anderen Zeitpunkt eingerichtet werden, nicht fragwürdig oder ungültig.
          4. Aus der Tatsache, daß ein Gebot oder ein Aufruf Gottes erst nach dem Sündenfall erfolgt, kann man noch lange nicht schlußfolgern, deshalb stände es gleichsam im Zwielicht bzw. sei als eine Art „resignatives“ Nachgeben Gottes anzusehen. Auch die Zehn Gebote erfolgten nach dem Sündenfall – von einem Fleischverbot steht hier nichts, aber sehr wohl: „Du sollst nicht ehebrechen!“
          5. Sie hatten geschrieben, „dass die katholische Kirche in der Spätantike, nachdem sie Staatskirche wurde, Vegetarier blutig verfolgte und in Lehrschreiben sogar deren Lebensform verurteilte…“
          Ich hatte Sie daraufhin nicht ohne Grund nach KONZILS-Beschlüssen gefragt – und nun erwähnen Sie Synodenbeschlüsse. Sie wissen so gut wie ich, daß Synoden regionalkirchlich organisiert waren und keinem allgemeinen Konzil mit Papst vergleichbar. Eine Synode vertritt keineswegs „die“ (Gesamt-)Kirche. Sodann fragte ich nach Papstverlautbarungen, wobei Sie jetzt Innozenz III. nennen, der nicht in der Spätantike, sondern im Hochmittelalter amtierte. Er verurteile zudem keineswegs Vegetarier, sondern schrieb lediglich, daß er den Fleischgenuß nicht verurteilt – wahrlich zwei paar Schuhe!
          Wie steht es denn mit der „blutigen Verfolgung“ von Vegatariern in der Spätantike, „nachdem die Kirche Staatskirche wurde“? Wo sind Ihre Belege? Sie nennen mit Priscillan gerade einen einzigen „Fall“ – und der Hauptgrund, weshalb sich die Kirche gegen ihn stellte, waren seine manichäischen Auffassungen – wobei die Kirche hierbei auch die Heiligkeit der Ehe und der ehelichen Sexualität verteidigte. Genau das (Manichäer-Problematik) hatte ich ja als Hintergrund bereits vermutet.
          6. Sie behaupten einerseits, die Kirche habe in der Spätantike Vegetarier „blutig verfolgt“, andererseits schreiben Sie jetzt: „Ausgesprochene Gegner des Fleischessens waren zB. Basilius der Große oder auch ganz extrem Hieronymus. Ebenso soll Chrysosthomus Vegetarier gewesen sein.“
          Die genannten hohen Geistlichen wurden nicht nur keineswegs verfolgt, geschweige „blutig“, kein Härchen wurde ihnen gekrümmt, sondern sie wurden nicht „nur“ heiliggesprochen, sondern zur Kirchenvätern/lehrern erklärt.
          7. Immerhin ist es die katholische Kirche, die einen fleischlosen Tag in der Woche als Kirchengebot kennt. (Der Fleischverzicht hierbei ist weltkirchlich nach wie vor gültig, wenngleich er leider im deutschsprachigem Raum ins Allgemeine relativiert wurde). Wir benötigen hier keinen neuen Veggie-Day, unser katholisches Brauchtum ist fast zweitausend Jahre älter (Fastenaufruf für den Freitag – und zusätzlich Mittwoch – schon in der frühchristlichen Didache/Zwölfapostellehre). Näheres hier (übrigens veröffentlichte ich den Artikel ein Jahr v o r der grünen Veggie-Kampagne, die erst 2013 aufkam): https://charismatismus.wordpress.com/2012/06/28/fleischloser-tag-montag-mittwoch-donnerstag-und-warum-nicht-der-freitag-wie-seit-2000-jahren/
          Freundlichen Gruß!
          Felizitas Küble

      2. Zunächst zu zweien Ihrer Punkte

        ad 1.

        Sie ziehen Schlüsse, zu denen wir nicht berechtigt sind. Jesus unterstellte sich selbst dem gesetz, aber nicht die anderen Lebewesen. Nirgends wird berichtet, dass er die Folgen der Sünde mitvollzog: weder unterjochte er Frauen, noch wollte er herrschen noch wird sonst irgendein detail, das Folge der Sünde ist, ihm zugeschrieben. Wenn Sie das behaupten wollen, dürfen Sie keine Deduktionen aus einer aus mS ohnehin falschen Annahme ziehen, sie so jedenfalls nirgends in der Schrift steht, sondern müssen nach den Gesetzen der Logik und sauberen Argumentation eindeutige und ausdrückliche Beweise vorlegen, etwa derart: „Jesus aß Lammfleisch“ (mit Quellenangabe).
        Sie übersehen darüber hinaus, dass dennoch an einigen Punkten Jesus ausdrücklich ausgenommen ist aus dem Gesetz, und zwar da, wo es sein Wesen als Sohn Gottes konterkarieren würde. Ein Beispiel ist die Beschneidung Jesu im Tempel, als Simeon, der dort – wie man in der Wissenschaft schließt – Priester war, ausdrücklich nicht, wie es üblich war, diesen Erstgeborenen segnete, sondern seltsamerweise die Eltern, insbesondere und ausführlich dessen Mutter.
        Zwar bringt Maria ein Taubenopfer dar (durch den Priester), d.h. sie ist dem Gesetz unterstellt aufgrund ihrer menschlichen Verfasstheit, nicht aber das Kind. U.a. ist es auch diese Stelle, die die gesamte Kirche der ersten 1000 Jahre davon abhielt zu glauben, Maria sei vor ihrer Zeugung bereits erlöst gewesen, zumal man dann andererseits die Frage der Präexistenz hätte klären müssen, die die Kirche anderseits unter Anathem mehrfach schon frühe abgeleugnet hat. Sie sehen, es liegt hier sehr viel im Argen mit der Lehrentwicklung, wenn man nur einmal ein bisschen tiefer schürft…
        Die Tatsache, dass der Priester Jesus nicht segnet, sondern dessen Eltern, nimmt ihn aus aus der „Unterstellung“ unter das Gesetz. Andererseits konnte Simeon nicht den segnen, der Gott war und von dem alleine jeglicher Segen abgeleitet ist.

        Es bleibt daher zumindest im Dunkeln, ob der 12jährige Jesus Pessachfleisch gegessen hat. Kinder stehen ja noch nicht in der vollen Verantwortung. Grundsätzlich gilt aber, dass man sich fragen kann, ob Jesus als das Lamm Gottes nicht nur nicht bei seinem letzten Sederabend nicht, sondern auch überhaupt niemals davon gegessen hat. Wir haben jedenfalls keinerlei positive Aussage, DASS er es gegessen hätte, wissen aber, dass er auch sonst in vielem „anders“ war und seine Umwelt damit überraschte und vor den Kopf stieß.

        2. Bitte nicht solche Unterstellenden Formulierungen wählen, das ist kein guter Stil in einer Diskussion. Wenn Sie sich wundern, warum ich auf etwas nicht eingegangen mit, fragen Sie erst mal nach, aber unterstellen Sie mir keine „Wohlweislichkeit“! –
        Ich habe hier nichts „wohlweislich“ ausgelassen, sondern hielt das für irrelevant. Auch Abel stand bereits unter Sünde, und nirgends steht, dass dieses Opfer, weil es Fleisch war, wesenhaft „besser“ war als das Kains. Es sind jeweils „Früchte“ der Arbeit der beiden. Kain war Ackermann, Abel Hirte.
        Im AT werden durchweg die Gerüche von den Brandopfern als „Wohlgeruch“ mit den dabei verrichteten Gebeten und der Herzenshaltung assoziiert. Bzw. gelten diese Brandopfer selbst als nichtig, wenn die Herzenshaltung verkehrt ist.

        Aus dem Opfer Abels folgt hinsichtlich unserer Fragestellung nichts Eindeutiges.

        1. Guten Tag,
          davon, daß Jesus etwa Sündenfolgen mitvollzog, war in meiner Antwort mit keinem Wort die Rede, vielmehr schrieb ich, ER habe sich freiwillig dem (jüdischen) „Gesetz unterstellt“ – immerhin erklärt genau das auch der hl. Paulus im Galaterbrief („geboren von einer Frau und dem Gesetz unterstellt„). Daß Christus dies an sich nicht „nötig“ hatte, versteht sich am Rande. Christus hatte z.B. die Bußtaufe des Johannes erst recht nicht nötig…..
          Ich hatte keineswegs behauptet, Christus habe als 12-jähriger Knabe mit Sicherheit an Pessach Lammfleisch gegessen, aber dies ist sehr wohl anzunehmen, zumal es für Juden üblich war, stets nach Jerusalem zum Pessachfest zu pilgern (also auch in den folgenden Jahren). Daher liegt es zumindest sehr nahe, daß Jesus spätestens nach seiner religionsgesetzlichen Volljährigkeit auch am Pessachlammessen teilnahm. (Wenn ER dem jüdischen Gesetz zuwiderzuhandeln schien, z.B. durch Heilungen am Sabbat, wird dies ausdrücklich im NT thematisiert.)
          Sie selber verwenden nicht selten scharfe Formulierungen in Ihren Texten – aber gleichzeitig beschweren Sie sich über das vergleichsweise harmlose Wort „wohlweislich“, das ich verwendet habe.
          Ist es etwa ein „guter Stil in einer Diskussion“ (den Sie ja bei mir anmahnen!), der katholischen Kirche ab der Spätantike eine angebliche „blutige Verfolgung“ von Vegetarieren anzukreiden – und zwar zu Unrecht.
          In Wirklichkeit wurden etliche Vegetarier zur Ehre der Altäre erhoben und zu Kirchenlehrern erklärt, wie Sie selbst hinterher indirekt einräumen.
          Die Kirche hat und hatte nichts dagegen, wenn jemand selber vegetarisch lebt(e) – aber sie hat sich (zu Recht!) distanziert, wenn häretisch-manichäische und super-asketische Gruppen nicht nur für ihre eigene Person auf Fleisch verzichteten, sondern diese Ernährungsweise zu einem allgemeinen Gesetz (mindestens für die eigene Sekte, bisweilen sogar für alle Christen) erklären wollten.
          Die Kirche befindet sich hier auf der Linie des hl. Paulus in Römer 14,2-3: „Der eine glaubt, er dürfe alles essen; wer aber schwach ist, der isst kein Fleisch. Wer isst, der verachte den nicht, der nicht isst; und wer nicht isst, der richte den nicht, der isst; denn Gott hat ihn angenommen.“
          Freundlichen Gruß!
          Felizitas Küble

      3. ad 3.

        Sie ziehen mir zu viele indirekte Schlüsse, als dass Sie mal bei dem bleiben, was in der ursprünglichen Schöpfungsordnung doch eindeutig und ausdrücklich gesagt wurde.

        Ihre gesamten Argumentationen bewegen sich im „Danach“ unter Sünde. Was soll man dazu sagen. Ich weiß gar nicht wo anfangen – die Argumente sind alle hinfällig, weil sie eben nicht berücksichtigen, dass es eine Sündenfolge ist, dass die Menschen und Tiere das Tier als Fraß ansehen. Auch ignorieren Sie die Zukunftsvision der Propheten, die eine Instandsetzung der urspürnglichen Narhungsgebote vorsieht.
        Es ist auch völlig sachfern, das prophetische Wort als „Ausspielen“ von Priestern und Propheten zu werten.
        Was das Wort Gottes betrifft, steht das Prophetenwort in jedem Fall weit über allem, was Priester tun. Die Priesterkaste wird durchweg gescholten von den Propheten, und die Klage um Israels Zustand richtet sich hauptsächlich gegen die verkommene Priesterkaste, die mitsamt dem Volk aus Israel eine Räuberhöhle gemacht hat.
        Ich bin mir bewusst, dass der katholischen Lehrentwicklung, die den Propheten erniedrigt und der Priesterkaste, die sie gebildet hat, unterwerfen will, diese Tatsache im AT absolut nicht passt – aus Machtgründen. Wie sehr kluge Theologen herausgearbeitet habe (wie etwa Per Person in den 60ern) hat sich die RKK so entwickelt, dass sie auch das Prophetische den laien entrissen und alleine dem Klerus zugeschlagen hat, am Ende nur noch dem Papst: seine Lehre ist die erste Glaubensregel, und das kann sie nur sein, weil er nun auch noch als Prophet gesehen wird.
        Wie weit sich das von der Schrift entfernt hat, wissen wir, wenn wir ehrlich sind, alle. Nur wer ausschließlich in der Logik der kirchlichen Machtlehre schwimmt, erkennt die Diskrepanz nicht. Aber sobald er die Schrift aufschlägt, muss ihm ins Gesicht schlagen, wie weit das entfernt ist und teilweise die Dinge ins Gegenteil verkehrt hat.

        Die Ordnung Gottes ist also klar – sie geht aber nicht aus dem „Danach“ nach der Sünde hervor, sondern aus dem „Davor“.

        Was danach ist, ist ungerecht, wie alles Gesetzliche ungerecht ist und bleibt. „Gesetz“ heißt immer: man schafft pauschale Regeln für gemeinschaftliche Interessenausgleiche, aber sie können nie Vollkommenheit oder Gerechtigkeit erzielen, weil sie nicht in der Lage sind, den Einzelfall gerecht zu behandeln. Dieses Problem sollte u.a. durch das Gesetz überhaupt erst vor Augen geführt werden: man kann das Gesetz nicht nur nicht einhalten, weil man eben Sünder ist (das sagt das NT an sich nicht einmal als Argument), sondern weil man dem Einzelfall nicht gerecht wird. Die Problemtaik des reichen Jünglings etwa ist gerade NICHT, dass er das Gesetz nicht in seiner Pauschalität gehalten hätte, sondern dass sein Einzelfall dem, was er angesichts Gottes sein sollte, dennoch nicht entspricht.

        Man muss auch die Tieropfer in diesem Zusammenhang sehen. Es war immer auch eine Frage in der Kirche, ob diese Opfer überhaupt wirkliche Sühne leisten konnten. Ich will die Diskussion darüber hier nicht aufrollen, aber es war immer klar, dass sie das „aus sich selbst heraus“ nicht können. Manche Kirchenväter meinten, dass sie nur allenfalls „rückwirkend“ durch das vollzogene Opfer auf Golgotha eine gewisse Wirkung entfalten konnten.

        Gott hat die Tiere nicht geschaffen, damit sie gefressen werden. Soviel ist klar. Und erst recht hat er sie nicht dazu geschaffen, dass sie als „Opfer“ für die Sünden der Menschen herhalten. Wieso sollte dem Schöpfer aller Dinge gefallen, wenn man die, die unschuldiger als der Mensch sind, an seiner Stelle vernichtet?
        Ich habe nirgends in der Schrift gelesen, dass Gott daran ein Gefallen hätte oder dies seiner Intention je entsprochen hätte.
        Das Tieropfer ist vielmehr ausgiebiger Brauch der Heiden.
        Man kann schon fragen, ob nicht auch das israelitische Tieropfer eine Konzession an die tiefe Verdorbenheit des Menschen war, ohne die Gott dem Menschen kaum mehr beikam.

        Gott wolltew auch nicht den Tod seines Sohnes – auch das war nur eine Konzession an die Situation. Und diese Konzession bildet in gewisser Weise dann auch nach, dass bereits die Tiertötung eine an sich sündhafte Praxis war. Wie Männer Jesus verraten und hinrichten mussten, „mussten“ auch diese grausamen Opfer gebracht werden, aber sie sind das Gegenteil der Ordnungen Gottes. Daher sagt Jesus „Wehe dem…“. Judas, Hannas, Pilatus; Herodes – sie alle haben dennoch keine Entschuldigung.

        Mir scheint, dass Ihnen nicht vor Augen steht, wie brutal diese Gebräuche waren:

        Da geht also eine Frau zur Weihe ihres Erstgeborenen in den Tempel. Vor ihren Augen wird zB. ein Taubenpärchen geköpft, anschließend presst der Priester die Tier am Altar aus wie Zahnpastatuben und lässt das Blut am Altar herablaufen. Und die Frau trägt im Arm ihr gerade geborenes Kind.

        Es heißt, Gott wolle nicht den Tod des Sünders. Wieso sollte er den Tod des Opfertieres, das doch viel weniger sündhaft ist als der Mensch, wollen?
        Und wenn Gott selbst Tiere (Gen 9) zur Rechenschaft zieht im Gericht (!), dann ist das Tier keine Sache, sondern ebenfalls in einem nicht weiter geklärten Umfang personhaft. Immerhin blies der Herr auch ihnen seinen Oodem ein.

        Ihr Verweis auf die zehn Gebote, die den Ehebruch nennen, nicht aber das Tieropfer, ist mE oberflächlich: erstens heißt es ursprünglich dort im 5. Gebot „Du sollst nicht töten!“ Das war nicht eingeschränkt worden darauf, dass man nur Menschen nicht töten darf – erst die Kirche hat das später in ein anderes Verb umgemünzt und letztenlich auch verfälscht. Aus „Töten“ machte sie „Morden“. In Lehrschreiben behauptete sie dann, man dürfe ohne zu sündigen in Ausnahmefällen eben doch töten. Na prima – nur steht es da eben nicht.
        Aber selbst wenn man sagen würde: das meint aber auch nur die Realität unter Sünde, dann bitte ich darum, zu beachten, dass trotz des 6. Gebotes Scheidebriefe ebenso erlaubt waren wie Hurerei mit Prostituierten und Ehebruch seitens des Mannes, wann immer er wollte, ausgenommen verheiratete Frauen.

        Wer präzise prüft, merkt sofort, dass Ihr Argument also nicht nur hinkt, sondern gar nicht gehfähig ist.

        Ihr Hinweis auf die Wachteln in der Sinaiwüste, sollte ebenfalls präzisiert werden.
        Gott gab den Israeliten Manna und Wachteln, weil das Volk herumgejammert hatte. Man trauerte WAS nach?
        Den sprichwörtlichen „Fleischtöpfen Ägyptens“..
        Lesen Sie das in Ex 15/56 nach.
        Gott geht hier auf das murrende Volk ein. Ob es wirklich sein Wunsch ist, dass die Vögel in Menge gegessen werden, kann man dem Bericht nicht entnehmen.
        Wie gesagt, er geht auf das Murren des Volkes ein und dessen Sehnsucht nach der alten heidnischen Lebensweise.

      4. Alles andere an Vorwürfen in Ihrer letzten Antwort muss ich später beantworten – ich bin unter Zeitdruck. Bitte bauen Sie auf der noch nicht erfolgten Antwort keinen weiteren Vorwurf auf und haben Sie etwas Geduld.

        Nur ein Wort dazu: Synodenbeschlüsse sind nicht „ungültig“, nur weil sie regional stattfanden. Das ist einfach nicht richtig. Rechtswirksame Kanones und Anathemata sind IMMER allgemein gültig. Denken Sie doch mal nach: dann wird einer also für etwas anathematisiert, wenn er in der falschen Kirchenprovinz lebt? Sie sollten leicht annehmen, dass das Unsinn ist. Oder andernfalls (fasll das doch sein sollte) zugestehen, dass die Kirche geradezu fahrlässig mit Verdammungen umgegangen ist. Was im Denzinger nach wie vor aufgelistet steht, hat an Verbindlichkeit grundsätzlich nichts eingebüßt, es sei denn es wurde wiederum später ausdrücklich verbindlich aufgehoben.

        Im übrigen ist ein Anathem in einer Provinz schon schlimm genug und spricht für sich. Was daher Ihre Spitzfindigkeiten hinsichtlich einer ja nicht allgemeinen Verbindlichkeit sollen, darf man sich fragen. Solange man noch irgendwohin fliehen kann vor diesen ungerechten Bannsprüchen, ist es für Sie also okay?

        Bei der Behauptung, eine Bewegung oder Person sei häretisch, geht es um die einzelnen Punkte, die als Häresie vorgeworfen werden. Wenn ausdrücklich der Abscheu vor Fleisch genannt wird, sollten Sie das nicht umdrehen und sich der Botschaft, die das beinhaltet verweigern. Dieser Punkt IST dann nämlich nicht bloß im Zusammenhang mit weiteren „Häresien“, sondern für sich genommen häretisch. Soviel Logik muss sein!

        Über die Schicksale der genannten Heiligen später.

        Das Pauluszitat sollten Sie nicht zusammenhanglos anführen. Alles Fleisch, das verkauft wurde, war Götzenopferfleisch. An anderer Stelle verbietet Paulus das. Diese sache bedarf also einer eingehenden Untersuchung. Aber das Zitat zeigt, dass der kirchliche Missgriff, Vegetarismus (wie in den Anathemata formuliert) als Häresie darzustellen, wirklich ein Missgriff und total lieblos ist.

        Doch alles weitere später.

      5. Noch zu 5. und der Frage nach der kirchlichen Verfolgung von Vegetariern:

        Es ist zwar richtig, dass die Vegetarier meist auch noch andere Lehren hatten, die sie als ganzes „Paket“ zu „Häretikern“ qualifizierte. Dennoch ist jeder einzelne Punkt, der unter Anathem (Bannspruch) fiel, eine Ketzerei für sich, die auch als einzen stehendes Merkmal verfolgbar wurde. Ich habe den Eindruck, dass Sie nicht verstehen, was ein Bannspruch bedeutet. Er ist ein Fluch. Schon in früeheren Debatten verfochten Sie die verniedlichende Meinung, das Anathem sei ja nur eine „Besserungsstrafe“ und habe mit einem Fluch nichts zu tun. Das mag heute so gehandhabt werden.
        In früheren Zeiten lud sich das Anathem zu einem sogar gehäuften Fluch gegen den Gebannten auf. Unter zahlreichen „Maledictus“-Rufen wurden er und seine Leibesfrucht, sein Besitz und sein Leben verflucht. Wenn Sie sich über Die Exkommunikation als Ritual informieren wollen, können Sie das hier tun:
        https://books.google.de/books?id=pxf3dYYlIwMC&pg=PA72&lpg=PA72&dq=Anathem+Maledicti,+maledicta%E2%80%A6&source=bl&ots=LcDjii7AxR&sig=PCASr0XLTRkwpYTMhHD0cuUZfW0&hl=de&sa=X&ved=0ahUKEwiO2cG4q87YAhVCuxQKHeb9Du0Q6AEIKzAA#v=onepage&q=Anathem%20Maledicti%2C%20maledicta%E2%80%A6&f=false
        Das Buch, eine wissenschaftliche Studie, hat den bezeichnenden Titel „Ecclesia maledicens“ (Die verfluchende Kirche) und weist nach, mit welchen rituelen Flüchen die Betroffenen bedacht wurden.
        Ich finde es wirklich unmöglich, in welcher Weise die katholische Apologetik geradezu bewusst lügt, wenn sie sich mit ihrer unrühmlichen Vergangenheit auseinandersetzt. Die Kirche sorgte dafür, dass ein Exkommunizierter häufig nicht nur in von den Sakramenten ausgeschlossen wurde, sondern fast oder vollständig den sozialen Stand entzogen bekam. Das ging soweit, dass jeder ihn töten konnte, der ihn traf – wie im Islam, wenn eine Fatwa ausgesprochen wird („Reichsacht“).

        Was nun die Fälle der Spätantike betrifft: Es war eindeutig, dass die Kirche den Vegetarismus als Überzeugung mit Allgemeinheitscharakter unter Anathem setzte, und zwar unabhängig davon, ob derjenige auch noch Manichäer war. Die Ermordung Priscillians war ja kein Einzelfall, sondern zahlreiche seiner Anhänger wurden blutig verfolgt. Hier können Sie einige Einstiegsinfos bekommen: https://de.wikipedia.org/wiki/Priscillian, auch die Information, dass Priscillian und seine Bewegung durchaus nicht von allen so negativ gesehen wurde, etwa Martin von Tours schützte sie. es wird deutlich, das hier wieder einmal ein bösartiges und blutrünstiges kirchliches Machtspiel ablief.
        Seit der Ermordung Priscillians bürgerte sich ja eben die Gewohnheit ein, „Ketzer“ nicht nur zu exkommunizieren, sondern auch zu verfolgen und zu töten.

        Später tauchte die Überzeugung, dass es eigentlich unnatürlich sei, Fleisch zu essen, in vielen Bewegungen auf, die als „häretisch“ galten (Albigenser, Waldenser, Katharer, Bogumilen, modern Adventisten u.a. Evangelikale). Entsprechende antivegetarische Anatheme bezogen sich stets auf sie und wichen – anders als Sie es behaupten – von der Duldsamkeit des Paulus und der Zielrichtung seiner Argumente entschieden ab.
        Über die blutige Verfolgung der genannten Gruppen werden wir wohl kaum streiten, und es wird berichtet, dass ihr Vegetarismus sehr wohl ein gewichtiger Stein des Anstoßes und auch der Quälereien an ihnen war.

        Zu Hieronymus: Er musste aus Rom (Ostia) wegen seiner aszentischen Lebensform fliehen, nachdem der ihm wohlgesonnene Damasus gestorben war. So leitet auch die Bibliothek der Kirchenväter seine Briefe zu dem Thema folgendemaßen ein:

        „Der Abschied von Rom war nicht freiwillig. Die aszetische Richtung hatte in der Hauptstadt, auch in weiten Kreisen der Geistlichkeit, ihre Gegner, mochten sie nun die Bewegung als eine ungesunde Schwärmerei ansehen, oder mochten sie sich durch sie in ihrer weltmännischen Einstellung beengt fühlen. So lange Papst Damasus, der dem aszetischen Kreise wohlgesinnt war, noch lebte, wagten sich die Widerstände nur schüchtern und vereinzelt hervor. Dock kaum hatte er im Dezember 384 die Augen für immer geschlossen, da setzte die Hetze ein. Man scheute selbst nicht vor den gemeinsten Verleumdungen zurück, welche die sittliche Lebensführung unseres Heiligen und angesehener Frauen des monastischen Kreises in den Kot zogen. Am neuen Papste Siricius scheinen die Angegriffenen keine Stütze gehabt zu haben. Noch kein Jahr war vergangen, da mußte Hieronymus schweren Herzens als der Unterlegene das Kampffeld räumen und fast fluchtartig „Babylon“ mit „Jerusalem“ vertauschen.“

        https://www.unifr.ch/bkv/kapitel3330.htm

        Es tut mir leid, aber Ihre polemisch formulierte Behauptung, ihm sei „kein Härchen gekrümmt“ worden, ist einfach nur ahistorisch.

        Auch Chrysostomos wurde mehrfach verbannt, zT wegen seiner asketischen Haltung und einer entsprechenden Abweisung gewisser Lebendamen und -herren. Man kann nicht im mindesten behaupten, ihm sei kein Härchen gekrümmt worden.

        Basilius hatte es im Osten etwas leichter, man akzeptierte seinen Vegetarismus, dafür liegt er mit seiner Ablehnung des päpstlichen Machtanspruchs der römsch-katholischen Kirche schwer im Magen. Ihm wurde ausnahmsweise tatsächlich deswegen kein Härchen gekrümmt, weil er nur Wasser trank und Gemüse aß…

        1. Guten Tag,
          zu Hieronymus: Ich habe mehrere Biographien über ihn gelesen, darunter wissenschaftliche Studien (wohlwollende!), daher weiß ich, daß der Tod einer jungen Witwe, die zu seinem asketischen Kreis zählte, einer der Hauptvorwürfe von Klerikern aus Rom war: das übertriebene Fasten habe ihren Körper zu sehr geschwächt usw. Es ging bei der Flucht von Hieronymus keineswegs um seine vegetarische Lebensweise, sondern um seine sehr rigide Askese, wozu er auch seinen Frauenkreis animierte, die man durchaus kritisch sehen darf.
          Wir sollten überzogene Askesepraktiken, die es im Mittelalter leider auch immer wieder – vor allem in Klöstern – gab, durchaus nicht pauschal mit der vegetarischen Thematik identifizieren. Soviel Differenzierung muß sein. Ein Vegetarier muß kein Asket sein, das sage ich zugunsten des Vegatarismus! (Übrigens lebe ich selber fleischarm!)
          Auch Chrysostomus wurde nicht konkret wegen seiner fleischlosen Ernährungsweise verbannt, wie aus Ihrer eigenen Darstellung hervorgeht.
          Sodann erinnere ich mich nicht, behauptet zu haben, der mittelalterliche Bann sei eine „Besserungsstrafe“ gewesen (schon der Ausdruck ist mir nicht geläufig). Es ging in jedem Gedankenaustausch meines Wissens um die Schlußformel auf Konzilien bei Lehraussagen bzw. Lehrverurteilungen – und daß damit (auch sprachlich) keine Verfluchung im engen Sinne (der Irrlehrer komme mit Sicherheit in die Hölle) zu verstehen ist, sondern der Ausschluß aus der kirchlichen Gemeinschaft („der sei ausgeschlossen“).
          Priscillian wurde eben nicht allein aufgrund des Vegetarismus verurteilt – und es fehlt immer noch der Beleg für eine „blutige Verfolgung“ von Vegatariern allein um ihrer Ernährungsweise willen in der Spätantike (auch im Mittelalter nicht, geschweige danach).
          Die Kirche hat nichts und hatte nichts dagegen, wenn jemand fleischlos lebt(e); sie widersprach und widerspricht nur, wenn jemand diese seine Auffassung anderen aufdrücken will bzw. den Vegetarismus gleichsam zu einem moralischen Gesetz erklärt(e), was auch objektiv überzogen und biblisch nicht haltbar ist.
          Anhand Ihrer Argumentation mit dem Paradies und der rein pflanzlichen (aber nicht-grünen) Kost als dem Idealzustand dürfte so gesehen auch kein Fisch gegessen werden. Zudem argumentierten Sie im Fleisch-Kontext mit dem „Tötungsverbot“. Fische sind auch Lebewesen und sie werden beim Fischfang ebenfalls getötet. Christus hat Fischer in seine Apostelschar berufen, immerhin inklusive Petrus, ER hat die Menge sogar per Wunder mit Fischen gespeist, ER hat sogar noch beim „wunderbaren Fischfang“ für riesige Mengen Fische gesorgt. ER hat zudem nichts gegen Fleischgenuß gesagt.
          Zum Asketentum: Christus wurde von Gegnern als „Fresser und Säufer“ verleumdet, was er gewiß nicht war, aber jedenfalls auch kein dezidierter Asket. Sein erstes Wunder fand auf einer Hochzeit statt und sorgte für die wunderbare Bereitstellung besten Weins für die Festgesellschaft – nicht gerade typisch asketisch.
          Was sich dennoch nicht nur in diversen Sekten, sondern auch innerhalb der Christenheit an überzogener Askese und Kasteiung breit machte (ganz zu schweigen von den mittelalterl. „Geißlerbewegungen“, übrigens oft anti-jüdisch orientiert), ist durchaus kritisch zu sehen – und die Kirchenleitungen hätten aus meiner Sicht noch mehr und stärker vor diesen Verirrungen warnen müssen.
          Freundlichen Gruß!
          Felizitas Küble

      6. Liebe Frau Küble,

        teilweise schreiben wir aneinander vorbei. Ich habe ja nicht behauptet, dass Leute stets „nur“ wegen Vegetarismus verketztert wurden, sondern u.a. deswegen, weil diese Richtung meist mit weiteren Lehren und Einstellungen verbunden waren, die die Kirche verfolgte. Aber da die Kirche diese Meinung als Häresie verurteilte, können Sie nicht einfach behaupten, die Kirche habe nichts gegen Vegetarismus gehabt: doch hat sie! Warum sonst ein Anathem dafür?!

        Priscillian war, wie man heute erkannt hat, überhaupt kein Ketzer. Alles, was man ihm sonst an angeblich falschen Lehren vorwarf, war an den Haaren herbeigezogen. Aber er hatte eine große Bewegung um sich geschart und die wurde blutig verfolgt. Der Hauptanstoß war wohl eben doch das asketische Element und dabei zentral der Vegetarismus.

        Das Tötungsgebot ist auf die Wesen, die eine Seele haben, zu beziehen.
        Im Schöpfungsbericht wird berichtet, dass Gott den Menschen seinen Odem einblies. In Kohelet 3, 19 wird gesagt, dass offenbar auch das Vieh denselben Odem hat. Die Verknüpfung von „Leben“ mit dem Blutvolumen, weswegen der Blutgenuss ja strikt verboten ist in der Schrift, und zwar für alle Menschen und ausdrücklich auch die Christen!, gibt einen Hinweis darauf, welche Tiere eine „Seele“ haben – all jene, die ein hohes Blutvolumen haben. Fische und Meerestiere haben nur wenig oder auch kein Blut. Die jüdische Tradition hat sie nicht als unrein betrachtet. Das blutende Tier ist in einem gewissen Sinne immer iS des Bluttabus unrein, und man traf eine Auswahl aus ihnen, die essbar und geopfert werden sollen. Auch hier wird jedes Fleisch geopfert und nicht einfach nur so geschlachtet.

        Ich glaube, die Problematik, die Sie noch nicht sehen, ist, dass es keine Tierschlachtung außerhalb des Opfergedankens gab vor Christus. Weder in Israel noch im Heidentum.
        Es gehört eine gewisse Enthemmung dazu, nun nicht einfach nur das Fleisch zu essen, das einem Gott geweiht ist, sondern Fleisch ohne irgendeine Weihe zu töten.
        Denn die Weihe führte vor Augen, dass hier beseeltes Leben für beseeltes Leben gegeben wurde.
        Und bei Paulus geht es nicht drum, dass Christen nun schlachten dürfen ohne Weihe (davon ist nirgends die Rede!), sondern um die Frage, ob sie fürchten müssen, durch den jeweiligen Götzen, dem das Fleisch geweiht ist, kontaminiert zu werden. Die Perspektive auf „sachliches“ Schlachten eines Lebenwesens kannte Paulus offenkundig gar nicht.
        Dass ausgerechnet Christen diesen Schritt der Enthemmung vollzogen, führte auch schnurgerade in die Maßlosigkeit, wie wir beide wissen.

        Wenn man dann berücksichtigt, dass in der guten, noch nicht unter Sünde stehenden Ordnung dem Menschen nur Baumfrüchte und samentragende Pflanzen zugedacht waren und bis heute Menschen in Klimazonen, die das ermöglichen, ausschließlich davon auch sehr gut leben können (unsere gehört dazu!), dann ist es einfach verwunderlich, dass die Kirche diese Bezugnahme in dieser Brutalität immer abgeblockt hat.
        Wir ertragen die Sündenfolgen in diesem Äon zwar noch, und sie kann uns nicht schaden (so argumentiert Paulus, schilt aber den Klugsch…, der sich über den Gewissenhaften erhebt, als „“aufgeblasen“ und „lieblos“), aber eine Forderung, diese Sündenfolge aber nur ja auch möglich zu halten und nicht etwa eine eher paradiesische Position wiederzugewinnen, so es möglich ist, ist eben doch eine Perversion.

  3. Sicherlich ist es ein sehr komplexes Thema, aber grundsätzlich läßt sich sagen, dass unsere Kinder heute zu seelischen Krüppeln erzogen werden. Kindergarten und Schule geben ihr schlechtestes, um Genderirrsinn, Sexualpraktiken und sonstige Perversitäten zu lehren. Eine vernünftige Allgemeinbildung scheint nur noch Nebensache zu sein. Dass dabei die Kinder durchknallen, dürfte jeden normal Denkenden nicht verwundern. Erziehung wird den Eltern genommen, um die Kinder staatlich zu zerstören. Wird gegen diese geistig pervertierten Pseudowissenschaftler nicht angegangen, nimmt es hier ein schlimmes Ende. Die Frage ist nur, ob der Zug nicht schon abgefahren ist.

    1. Das kommt noch mit hinzu. Genderunterricht streichen und dafür Hauswirtschaft für Jungen und Mädchen. Kochen bzw. Hauswirtschaft gibt es heute nicht mehr. Vor 50 Jahren hatten sogar wir Jungs Kochen als Unterrichtsfach. Zum Schulabschluß haben wir dann das Lehrerkollegium bekocht und die Mädchen haben serviert.

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