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Koalitionsvertrag: Energiepolitik auf Abwegen

Von Peter Kiefer

Es lohnt sich, das Kapitel ‚Klima, Energie, Transformation‘ im Koalitionsvertrag (S. 54 ff.) näher anzusehen, vor allem in Hinblick auf die Entwicklung innerhalb der Europäischen Union.

Dem deutschen Ausstieg aus der Kernenergie ist bekanntlich nur die politisch und ökonomische Großmacht Österreich gefolgt  – die Schweiz auch, aber die gehört ja noch nicht zur EU, und Italien ist nach dem Unglück in Tschernobyl bereits 1987 aus der Kernenergie ausgestiegen und hat das letzte AKW bereits abgeschaltet.

Alle anderen Industrieländer halten an ihren Kernkraftwerken fest, bauen gerade neue und planen sogar welche für die Zukunft. Frankreich betreibt zur Zeit 56 KKWs, u.a. das innerhalb der EU mit 3.120 MW größte, das übrigens nur 115 km von Aachen entfernt steht.

Nächstes Jahr sind in Frankreich Präsidentschaftswahlen, und Monsieur Macron hat im Hinblick darauf, dass in seinem Land über 70% des Stromes aus Kernkraftwerken stammen, keine Lust zum Harakiri. Deswegen hat er im Oktober 2021 mit neun EU-Staaten (Bulgarien, Rumänien, Kroatien, Slowenien, Ungarn, der Slowakei, der Tschechei, Polen und Finnland) eine Initiative gestartet, die Kernkraft als „nachhaltige Investition“ anzuerkennen, sie damit in die „EU-Klimataxonomie“ aufzunehmen und dadurch ‚förderungswürdig‘ zu machen.

Das hätte den wunderbaren Effekt, dass Deutschland mit seinen EU-Beiträgen in Zukunft den Bau von Kernkraftwerken jenseits der deutschen Grenzen mitfinanziert!

Es ist anzunehmen, dass vor allem die Kommissionspräsidentin diesen Vorschlag unterstützt, sie wird dem Charme Macrons (der ja eh‘ ein Faible für ältere Frauen hat) nicht widerstehen. Mittlerweile erhält Macron auch Unterstützung von den Niederlanden und Schweden.

Belgien hat eigentlich den Ausstieg aus der Kernkraft für 2025 beschlossen, aber seit der Energiepreis-Explosion regt sich Widerstand, und es ist keinesfalls sicher, dass an diesem Beschluss festgehalten wird.

Deutschland schaltet Ende dieses Monats drei seiner KKWs ab, die letzten drei dann Ende nächsten Jahres. Bis heute ist nicht klar, woher der Strom dann kommen soll, nachdem laut Koalitionsvertrag die Kohleverstromung „idealerweise bis 2030“ (Koalitionsvertrag S. 58) auch noch aufgegeben wird.

Möglich, dass es dem allmächtigen Klima-Minister gelingt, die Erdrotation aufzuhalten, so dass mit Fotovoltaik die Grundlast gewährleistet werden kann. Großverbraucher im Haushalt, also Waschmaschinen, Wäschetrockner und Geschirrspüler, dürfen dann nur noch eingeschaltet werden, wenn der Wind entsprechend heftig weht und damit genug Strom liefert.

Kein Witz: Energie-Unternehmen und -Agenturen arbeiten bereits an Plänen für den Fall von Strommangel: Strom wird dann eben zugeteilt, der Sozialismus lässt grüßen!

Die neue Bundesregierung „wird dafür Sorge tragen, dass die Wirtschaft wettbewerbsfähige Strompreise für Industrieunternehmen am Standort Deutschland unter konsequenter Nutzung der eigenen Potenziale Erneuerbarer Energien bekommt, die sie auf dem Weg in die Klimaneutralität braucht.“ (Koalitionsvertrag S. 26).

Die erwartbare Stromlücke soll durch „die Errichtung moderner Gaskraftwerke“ (S. 58) geschlossen werden.

Mein wiederholter Hinweis an die neue Regierung: Bis 2030 sind’s nur noch acht Jahre; die ersten Bauaufträge sollten umgehend erteilt werden – denken Sie an die Bauzeiten von Flughäfen und Bahnhöfen in Deutschland!

Bis dahin sollte auch das Prüfverfahren für die Gasleitung Nordstream 2 abgeschlossen sein.

Unser Autor Peter Kiefer aus Höllstein ist Elektrotechnik-Berufsschulllehrer i.R.

Kommentare

6 Antworten

  1. Focus berichtet von einem Kraftwerkausfall in Rumänien.

    Und was die gesellschaftliche Akzeptanz der Atomkraft betrifft, sind Umfragen nicht gut geeignet. Schon die Endlagerdebatte hat gezeigt, daß vielleicht einige brennend für die Kernkraft sind, aber bitte nicht vor meiner Haustür und in meinem Bundesland. Nach dem Motto „Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass.“

    In dem Moment, wo es konkret wird, will dann nämlich keiner was davon wissen. Und genau das spricht gegen die erforderliche gesellschaftspolitische Akzeptanz der Kernkraft.

    1. Guten Tag,
      wenn es ihnen in den argumentativen Kram paßt, verweisen Sie auf Umfragen (etwa bei Coronamaßnahmen) – und wenn ich damit nicht etwa argumentiere, sondern lediglich Ihren Hinweis von der fehlenden gesellschaftlichen Akzeptanz der Kernkraft kontere, dann sind sie plötzlich „nicht gut geeignet“.
      Ihr Hinweis darauf, daß Leute in KKW-Nähe eher keine Kernkraft wünschen, ist banal und zudem zahlenmäßig marginal – und ändert nichts daran, daß die Umfragen im Vergleich zu früher eine deutlich bessere Akzeptanz der Kernkraft aufzeigen.
      Nur an Ihnen ging das anscheinend vorbei.
      Freundlichen Gruß
      Felizitas Küble

  2. Die Stromausfall-Gefahr wurde des Öfteren schon beschworen. realisiert hat sie sich aber bisher nicht. Deutschland war laut Bundesnetzagentur im Jahr 2020 erneut Netto-Stromexporteur mit insgesamt 18,6 TWh. So viel mehr Strom wurde exportiert wie importiert.

    Zur Frage „Warum sind die Strompreise in Deutschland so hoch?“ findet man hier Interessantes:

    https://www.stromauskunft.de/stromanbieter-wechsel/stromanbieter-wechsel-faq/warum-sind-die-strompreise-in-deutschland-so-hoch/

    Der Auzsbau erneuerbarer Energien ist teuer. Aber auch Kernkraftwerke; insbesondere was deren unvermeidlichen Abriß und die Endlagerung hochradioaktiver Abfälle betrifft, ist exorbitant teuer. Leider muß auch dafür der Steuerzahler aufkommen. Aber halt aus dem allgemeinen Steuertopf und nicht per Umlage. Deshalb ist das nicht so sichtbar. Belastet wird der Bürger aber dennoch.

    Unter dem Strich ist Atomkraft sicher nicht kostengünstiger. Und neue AKW wären ohnehin unbezahlbar. Diese Kosten wären dann ja dem Ausbau erneuerbarer Energien entgegen zu stellen. Und zwar eben nicht nur die Errichtungskosten, sondern auch die Folgekosten für Abriß und Entsorgung.

    Davon abgesehen ist die Renaissance der Atomkraft in Deutschland auch gesellschaftspolitisch tot.

    1. Guten Tag,
      mehrfach wurde diese Gefahr nur knapp abgewendet, das ging wohl an Ihnen vorüber.
      Und dieser Artikel aus dem FOCUS – das Blatt ist kein verlängerter Arm der KKW-Industrie, sondern auf Mainstream gebürstet – ist noch nicht einmal drei Wochen alt: https://www.focus.de/wissen/energieversorgung-gefaehrdet-koalitionsgespraeche-und-blackout-energiewende-macht-stromausfall-nun-immer-wahrscheinlicher_id_24301974.html
      Hierbei wird eindeutig die Energiewende kritisiert.
      Im übrigen hinken Sie wieder einmal hinterher: Es ist längst klar, daß inzwischen ebenso viele FÜR den Weiterbetrieb der KKWs votieren wie dagegen – vonwegen „gesellschaftspolitisch tot“ – das hätten Sie wohl gerne: https://christlichesforum.info/insa-deutsche-in-puncto-kernkraft-gespalten/
      Totgesagte leben länger!
      Freundlichen Gruß
      Felizitas Küble

  3. Es wird aus gutem Grund keine Renaissance der Kernkraft in Deutschland geben. Das Endlagerproblem ist ungelöst und Kernkraftwerke sind im Katastrophenfall nicht sicher. Die Kernkraft trug in Deutschland im letzten Jahr 2020 nur noch zur Erzeugung von 11 % Nettostrommenge bei. Die erneuerbaren Energien lagen bereits bei 45,5 %.

    Es geht bei der ganzen Debatte, die Macron führt, nur darum, einen „grünen“ Förderstatus zu bekommen. Die Atomkraft ist keine Antwort auf die Klimakrise:

    „Der Thinktank „Scientists for Future“ hat diese Frage in seiner am Mittwoch (27.10.2021) vorgelegten Studie klar verneint. Kernenergie könne nicht zur Lösung der Klimakrise beitragen, sie sei „zu langsam ausbaufähig, zu teuer und zu risikoreich“, so das internationale Team aus Wissenschaftlern um Energiewirtschafts-Experte Ben Wealer und Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung.“

    Aus https://www.deutschlandfunk.de/kernenergie-in-der-eu-ein-auslaufmodell-fuer-mehr-100.html

    1. Guten Tag,
      natürlich trug die Kernkraft nur noch relativ wenig zur Stromerzeugung bei, nachdem infolge der „Energiewende“ KKWs abgeschaltet wurden.
      Vom teuersten Strompreis Europas hierzulande – und der Stromausfall-Gefahr haben Sie wohl noch nichts vernommen?!
      Freundlichen Gruß
      Felizitas Küble

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