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„Laienherrschaft“ auch bei Traditionellen?

Von Felizitas Küble

Der bekannte katholische Schriftsteller Martin Mosebach hat sich in einer Zuschrift an die katholischen Wochenzeitung „Die Tagespost“(DT) vom 26. Juli kritisch über einige Ausführungen von Pater Engelbert Recktenwald (siehe Foto) geäußert.     

Dieser Priester der traditionsorientierten Petrusbruderschaft hatte in der DT vom 28. Juni eine gewisse „Hyperliturgisierung“ in der Bewegung für die überlieferte Liturgie („alte Messe“) beklagt, etwa wenn der Gesang deutscher Kirchenlieder als verpönt gilt oder die Meßfeier vor allem als Refugium schöngeistiger Ästheten empfunden wird.

Am Donnerstag, den 2. August, erschien mein zustimmender Leserbrief zu Pater Recktenwald mit dem Titel „Laienherrschaft im Alten Ritus“, allerdings um etwa die Hälfte gekürzt, so daß nicht nur einige Begründungen unter den Tisch fielen, sondern die ersten drei Abschnitte sogar komplett.

Hier folgt nun die vollständige Fassung meiner Antwort an Martin Mosebach:

„Der Autor widerspricht in einigen Punkten den Ausführungen von Pater Engelbert Recktenwald (DT vom 28.6.). Dieser Priester der Petrusbruderschaft würdigte – ungeachtet sonstiger Sachkritik  –  bei Erzbischof Lefebvre den „Eifer eines wahren Hirten“, für den die „Bewahrung der Liturgie kein Selbstzweck“ war. 

Im Unterschied dazu bemängelte der Geistliche eine „Hyperliturgisierung“ innerhalb der „traditionellen Bewegung“ und warnte vor einem „liturgischen Purismus, der deutsche Lieder in der Liturgie verachtet“ und der den „direkten Vortrag von Lesung und Evangelium in der Landessprache ablehnt“. Pater Recktenwald erwähnte, jener übertriebene Rubrizismus sei ihm „vor allem in Laienkreisen“ begegnet.

Martin Mosebach hält ihm entgegen: „P. Recktenwald sollte sich eigentlich darüber freuen, dass die liturgische Kreise soviel liturgiekunde Laien hervorgebracht hat.“ – Sodann gehöre die Bewegung für die liturgische Tradition „durchaus zu den neuen geistlichen Bewegungen, die eine starke Beteiligung der Laien auszeichnet.“

Dazu möchte ich doch etwas Wasser in die Suppe gießen: Einerseits ist diese Beteiligung mitten aus dem Kirchenvolk sicher erfreulich, andererseits kann man nicht selten auch in den altrituellen Reihen eine spezielle Variante der „Laienherrschaft“ erkennen. Natürlich sind es hier nicht – wie in vielen „modernen“ Gemeinden   – diverse Gremien und Liturgie-Ausschüsse, die dem Priester vorschreiben wollen, wie er zu zelebrieren hat.

Aber wenn man dann erlebt, daß bisweilen genau jene Kreise, die sich  – durchaus zu Recht  – über die „Klerikalisierung der Laien“ im  Reformkatholizismus aufregen, selber im Grunde munter dasselbe – nur in einem anderen Rahmen –   praktizieren, dann wirkt das auf mich etwas befremdlich und widersprüchlich. 

In den letzten Jahren haben mir eine Reihe von Weltpriestern und Patres, welche die überlieferte Liturgie feiern, mitgeteilt, daß auch in ihrem Erfahrungsbereich teilweise eine Art „Laienherrschaft“ ausgeübt wird, sei es von Zeremoniaren, der Gregorianischen Schola und/oder dem Organisten. Meist geht es dabei um die vollständige oder weitgehende Ablehnung deutscher Kirchenlieder in der klassischen Meßform.

Gewiß gilt dies beileibe nicht für alle von Mosebach als „liturgiekundige Laien“ bezeichnete Persönlichkeiten. Freilich werden auch nicht alle Pfarrer in den üblichen Kirchengemeinden von aufdringlichen Gremien genervt und bevormundet. Sowohl in alt- wie in neurituellen  Gemeinden sollte die geistliche Stellung und liturgische Kompetenz des Priesters insgesamt stärker beachtet werden. Mit welcher Logik will man denn im traditionellen Lager den mangelnden Respekt vor Priestern in der „modernen“ Kirche beklagen, wenn man ihn selber nicht praktiziert?

Zudem schreibt Mosebach an die Adresse von Pater Recktenwald: „Ihm schwebt als Bewahrung der Tradition ganz offenbar die Praxis der fünfziger Jahre vor, in der das Singen vielstrophiger Lieder die liturgische Actio nicht selten verunklare. Die Liturgiereform wurde gerade auch wegen dieser unglücklichen Zweigleisigkeit als notwendig empfunden.“

Zunächst will mir nicht einleuchten, warum der Gesang von jahrhundertealten deutschen Kirchenliedern (die schließlich für die Liturgie und nicht etwa für Volksfeste geschaffen wurden) eine „verunklarende“ Wirkung haben soll. Vielleicht mag dies in den Ohren einiger Ästheten und intellektueller Latein-Liebhaber so erklingen, doch die traditionelle Messe beschränkt sich nicht auf diesen Kreis, sondern richtet sich grundsätzlich an alle katholischen Gläubigen einschließlich der „einfachen“.

Dabei ist mir schon seit Jahrzehnten immer wieder aufgefallen, daß nicht allein bei der Petrusbruderschaft, sogar in den Meßfeiern der Piusbruderschaft oftmals deutlich mehr deutsche Lieder präsent sind als in manchen stark von „liturgiekundigen Laien“ geprägten Meßzentren. Dies bestätigt auch Pater Recktenwald aus seiner eigenen Erfahrung, indem er schreibt: „In meinem ersten Priesterjahr in der Piusbruderschaft versorgte ich sonntäglich eine Kapelle, in der abwechselnd an einem Sonntag Gregorianischer Choral, am anderen die Schubertmesse gesungen wurde.“

Außerdem halte ich Mosebachs steile These, gerade die weitverbreitete Liturgie der fünfziger Jahre – gemeint ist wohl vor allem die damals übliche Betsingmesse mit deutschen Kirchenliedern –  habe die „Liturgiereform“ hervorgebracht, für denkbar unlogisch. 

Wäre dem so, dann hätte sich doch eine Rückkehr zum „Purismus“ angeboten, aber nicht das andere Extrem einer allzu reformerischen Neuschöpfung am grünen Tisch, die auch Papst Benedikt mit Recht kritisch beleuchtet hat. Es berührt mich insgesamt schon etwas merkwürdig, wenn Priester der Petrus- und der Piusbruderschaft von „puristischen“ Laienkreisen liturgisch sozusagen „rechts“ überholt werden. Der Einsatz vieler Engagierter in allen Ehren, aber bitte nicht auf Kosten der priesterlichen Stellung und Zuständigkeit.“

 Erstes Foto: Doris de Boer

Kommentare

9 Antworten

  1. Es ist mir schon lange aufgefallen, dass die „Tradis“ eigentlich auch nicht bereit sind, irgendeine Autorität anzuerkennen, wenn ihnen ganz persönlich etwas nicht beliebt. Zugespitzt gesagt: Es gibt da ganz viele kleine Glaubenswächter, Unrecht haben immer die anderen, seien es Priester oder Laien, und ganz schnell riecht man dann den Rauch Satans, der eingedrungen sein soll. An sich wären lebhafte Diskussionen auch in diesen Kreisen ja etwas Gutes, doch zeigt sich in der Praxis häufig ein sehr exklusiver Anspruch und Dialogunfähigkeit.

  2. Sehr guter Leserbrief.
    Auch ich gehe gerne in die traditionelle Liturgie (alte Messe). Es gibt uns einen bessere Andacht und die Zelebration ist meines Erachtens würdiger.
    Ich freue mich jedesmal, die alten deutschen Lieder mitzusingen. Besonders die Hl.-Geist-Lieder und Marienlieder. Das erhebt meine Seele.

    Papst Benedikt sprach von der „alten“ und der neuen Liturgie, die sich küssen (Reform der Reform).

    Auf gar keinen Fall dürfen die Laien das Sagen haben.

  3. „Hyperliturgisierung“ ist m. E. auf jeden Fall zu vermeiden.
    Die alte Messe hat nicht dem „Purismus“ einiger Ästheten zu dienen; damit bestätigte man nur die Vorurteile von Neuliturgikern gegen den Außerordentlichen Ritus.
    Es widerspräche auch den Intentionen des Motuproprio „Summorum Pontificum“ Papst Benedikts XVI., der einem durchaus verbreiteten Verlangen im Kirchenvolk Rechnung trug.
    Nicht zuletzt deutsche Kirchenlieder in der Feier des AO verbürgen seine Volksnähe; ich empfinde sie nicht als Ablenkung.
    Die Tendenz zur „Laienherrschaft“ scheint heutzutage in allen Bereichen des kirchlichen Lebens vorzuherrschen. Das haben sich Kleriker aber auch zum Teil selbst eingebrockt.

    1. @Thomas May:

      Nun, der Apostel Paulus empfahl im Neuen Testament der Bibel zwar die Ehelosigkeit, machte sie aber vernünftigerweise eben ausdrücklich nicht zur Pflicht bzw. schrieb sie ausdrücklich nicht zwingend vor. Der Zölibat wurde von der Kirche erst im Mittelalter eingeführt, u.a. auch aus erbrechtlichen Gründen, bis dahin war die Priesterehe durchaus noch erlaubt. In der Bibel steht auch, dass in den letzten Tagen Menschen kommen werden und Irrlehrer auftreten werden, die verbieten zu heiraten…wäre die katholische Kirche heutzutage wirklich klug und weise, so würde sie den Zölibat freistellen bzw. zu einer freiwilligen Sache machen. Auch verheiratete Priester konnten und könnten gute Priester sein und sind dafür besser in der Gemeinde verwurzelt und nicht sexuelle hysterisiert usw.
      Der Zwangs-Zölibat richtet heute mehr Schaden an als das er nützt, so ließen sich viele potentiell geeignete junge Männer als Priester gewinnen. Viele potentielle Priester-Anwärter werden vom Zwangs-Zölibat auch abgeschreckt. Und unnötig irrational zu Hysterikern usw.

      Vom Logos-Christentum – der Logos als das universelle Weltgesetz und die göttliche Schöpfungsordnung des Kosmos und „Weltseele“ und „Weltvernunf“ als Limbus und Makrokosmos, von der die natürliche vernünftige Moral und Ethik der griechischen Philosophie und das natürliche Sittengesetz der Bibel etwa beim Apostel Paulus und die natürliche Vernunft und Ratio-nalität und Logik der griechischen Philosophie abgeleitet wurde – diese natürliche ETHIK und LOGIK wurde im Christentum ethisch-moral und vernünftig-rational sogar noch übertroffen und übersteigert und ideal vervollkommnet und vollendet – siehe dazu auch Philo(n) von Alexandrien als jüdischen Theologen und Mystiker und hermetischen Philosophen der Hermetik und Elias Erdmanns freie Online Texte und Aufsätze zu ihm und Origenes und der symbolisch-allegorisch-mystisch-hermetischen Bibel-Auslegung und der christlichen Hermetik als Naturphilosophie und Religionsphilosophie…!

      http://www.johannesoffenbarung.ch/sichtweisen/logoschristentum.php

      http://www.johannesoffenbarung.ch/

      1. Guten Tag,
        bitte ziehen Sie hier keine Märchenstunde auf. Der Pflichtzölibat wurde nicht erst im Mittelalter eingeführt, sondern damals lediglich noch einmal eingeschärft und kirchenrechtlich stärker verankert. Bereits die Synode von Elvira in Spanien 304 n. Chr. verlangte die Enthaltsamkeit bzw. Ehelosigkeit von allen Priestern, wobei es nicht um erbrechtliche Gründe ging (diese mögen allenfalls am Rande eine Rolle gespielt haben), sondern – so direkt nach der Verfolgungsszeit – nicht zuletzt darum, daß ehelose Priester keine Rücksicht auf ihre Familie nehmen müssen, wenn es darum geht, mutig für Christus einzustehen. Es kommt wohl nicht von ungefähr, daß es in der NS-Zeit zehnmal mehr katholische Priester (nämlich über 3ooo) im KZ Dachau gab als evangelische Pastoren.
        Sodann gibt es in der kath. Kirche kein Heiratsverbot, da niemand Priester werden muß – und im übrigen auch Diakon werden kann, der verheiratet sein darf.
        In den von Ihnen doch so oft präsentierten „eleusinischen Mysterien-Kulten“ bzw. vor allem den gnostischen Ideen und Bewegungen gab es allerdings starke Tendenzen zum Dualismus und zur Ablehnung der Ehe. Dem hat die katholische Kirche schon in früher Zeit stets widerstanden und die Heiligkeit und Sakramentalität der Ehe betont und jener esoterischen Leibfeindlichkeit widersprochen.
        Freundlichen Gruß!
        Felizitas Küble

      2. @Felizitas Küble:

        Irrtum.

        1) Es gab lange auch noch verheiratete Priester und Kardinäle, die übrigens auch lebenspraktischer und lebensnäher und besser in der Gemeinde und im Volk verwurzelt waren. Und biblische Tatsache ist natürlich, dass der Apostel Paulus die Ehelosigkeit zwar empfahl, aber ausdrücklich eben nicht zwingend vorschreiben wollte! Auch ein Bischof durfte im Neuen Testament der Bibel verheiratet sein, zwar nur einmal, aber immerhin…! Da wollte die katholische Kirche mal wieder „päpstlicher als der Papst“ sein, wobei diese Päpste historisch gesehen natürlich selbst sehr oft verheiratet waren. Was ihnen durchaus guttat.

        https://de.wikipedia.org/wiki/Z%C3%B6libat Zur Geschichte des Zölibates

        Viele Priester hatten durch den Pflicht-Zölibat dann natürlich prompt „Haushälterinnen“ und uneheliche Kinder. Deren Behandlung durch die Kirche schon immer eine Schande war.

        https://bibeltext.com/1_timothy/4-3.htm

        https://www.bibel-online.net/buch/dual/schlachter_1951/1_timotheus/4/elberfelder_1905/1_timotheus/4/

  4. Wenn es puristische Laien gibt (mir sind solche nicht bekannt), die Priester der Petrus- und Piusbruderschaft „rechts“ überholen, stellen sie, wenn überhaupt, nur eine winzige nicht nennenswerte Minderheit in der katholischen Kirche dar. Zumindest hierzulande. Einen „Schaden“ könnten sie nicht anrichten, es sein denn man sucht die Nadel im Heuhaufen oder das Haar in der Suppe. Dem gegenüber steht der massenhafte liturgische Missbrauch in der katholischen Kirche landauf landab. Ein Missbrauch der zementiert wurde und wird, durch die Amtskirche, d.h. durch die Bischöfe und Priester. Anfängliche Bedenken, wie sie vielleicht in den siebziger Jahren, noch geäußert wurden, hat man marginalisiert, schön geredet oder einfach unter den Teppich gekehrt. Heutzutage werden sie offen bekämpft und wehe dem, der die „alte Messe“ fordert. Vor diesem Hintergrund kann es verständlich sein, wenn Laien, die nach langem Ringen und einigen Kämpfen aufgrund der Weisung von Papst Benedikt, die Möglichkeit nutzen um der „alten Messe“ beizuwohnen, dieselbe unter allen Umständen zu bewahren. Es sind ja gerade die Laien, die von den Bischöfen und Priestern in den letzten 50 Jahren schmählich in die Bedeutungslosigkeit gedrückt wurden. Im übrigen führen wir die Diskussion in einem verwüsteten Weinberg, wo man verzweifelt versucht den ein oder anderen Rebzweig noch zu retten. Nur Gott allein weiß, wann er wieder Winzer in seinen Weinberg sendet, die Früchte bringen.

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