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Mirakel unter der Lupe: Der „weinende“ Christus von Medjugorje

Blutende und weinende Statuen, Bilder und Ikonen sorgen immer wieder für Schlagzeilen in erscheinungsbeflissenen Kreisen bzw. in der Sensationspresse.

Solch ein Mirkal soll sich z.B. in der kirchlich nicht anerkannten Erscheinungsstätte Medjugorje  – einst ein unbekanntes bosnisches Bergdorf  –   im Jahre 2004 ereignet haben. Eine Skulptur, die den auferstandenen Christus darstellt, habe angeblich „Tränen“ abgesondert, wie manche wunderbewegten Pilger glaubten.

Bernd Harder, ein exzellenter Medjugorje-Kenner und engagierter Skeptiker, schaute sich den Vorgang seinerzeit genauer an. Hier folgt das Ergebnis seiner Recherchen:

Von Bernd Harder

Medjugorje ist der aktuell vielleicht bedeutendste katholische Wallfahrtsort weltweit. Hier soll erstmals im Sommer 1981 die heilige Jungfrau Maria sechs Jugendlichen erschienen sein und ihnen „Botschaften“ zu Themen wie Beten, Beichten und Fasten übermittelt haben. Das Besondere an Medjugorje: Im Unterschied zu Marienheiligtümern wie Lourdes (Frankreich) und Fatima (Portugal) dauern die Erscheinungen bis heute an.

Der „Auferstandene Christus“ in Medjugorje wurde zum Schauplatz eines Tränenwunders.  christus

Innerkirchlich ist Medjugorje umstritten. Mit ihrer „Erklärung von Zadar“ hat die jugoslawische Bischofskonferenz 1991 das kleine Dorf als „Ort des Gebetes und des Gottesdienstes“ anerkannt  –  und damit de facto als Wallfahrtstätte, wenn auch nicht als „Erscheinungsort“.

Jährlich pilgern mehr als eine Millionen Menschen in die Franziskaner-Pfarrei mitten im bosnischen Bergland. Besonders an den Jahrestagen des Beginns der Erscheinungen, am 25. Juli, ist Medjugorje von Zehntausenden Gläubigen überlaufen.

Neben einer traditionellen dreizehn Kilometer langen Friedens-Prozession vom Kloster Humac nach Medjugorje und der Jahres-Botschaft der Seherin Ivanka Ivankovic ereignete sich diesmal etwas Außergewöhnliches:

Kurz nach dem Ende der Feierlichkeiten wurde ich gegen 4 Uhr morgens von einem Bekannten geweckt, der die Nacht im Gebet auf dem so genannten Erscheinungsberg („Podbrdo“) verbracht hatte. Auf dem Rückweg zur Pension war er an der Dorfkirche St. Jakob im Ortszentrum vorbeigekommen und auf eine Menschenmenge aufmerksam geworden, die sich um eine Christus-Statue im weiteren Umfeld des Gotteshauses versammelt hatte.

Die fast sechs Meter große Bronze-Skulptur „Auferstandener Jesus“ des slowenische Künstlers Andrej Ajdiæ befindet sich seit 1998 in Medjugorje. Und nun begann sie plötzlich zu „weinen“.

Genauer gesagt: Ein italienischer Pilger hatte bemerkt, dass aus einer Stelle am rechten Bein, knapp unterhalb des Knies, kleine Tropfen einer klaren Flüssigkeit sickerten – von einem „Weinen“ konnte also nüchtern betrachtet keine Rede sein, zumal der Vorgang sich äußerst gemächlich abspielte und sich schätzungsweise nur jede Minute ein Tropfen bildete.

Noch vor Morgengrauen fanden sich zwei Beamte der Dorfpolizei ein, die das Ganze interessiert, aber unaufgeregt verfolgten – und sogar bereitwillig mit einer Taschenlampe assistierten, als ich mich daran machte, einige der Tröpfchen zunächst in einem Glasgefäß und dann mit einem Taschentuch zu sammeln.

Die Gläubigen wischten mit den Fingern und Tüchern die angeblichen Tränen von der Statue ab.

Im Laufe der darauf folgenden Tage war der „Auferstandene Christus“ beständig von Pilgern und Neugierigen umlagert, die mit den Fingern, Tüchern oder auch mit ihren Rosenkränzen die Tröpfchen von der Jesus-Statue wischten. Anzumerken ist indes, dass nur die wenigsten von ihnen die gewagte religiöse Deutung der älteren Dragica Stojiæ teilten: „Gott, ich weiß, dass dir Tränen fließen wegen unserer Sünden.“

Der Pfarrer von Medjugorje, Pater Ivan Sesar, äußerte sich nur widerwillig und sehr zurückhaltend zu dem Phänomen vor seiner Kirchentür: Es sei zu früh, um „was für Erklärungen auch immer abzugeben, denn all dies wäre unnötiges voreiliges Handeln“. Sesar sprach sich dafür aus, die Flüssigkeit analysieren zu lassen,  „die Fachleute werden wohl das ihre sagen. Wir Franziskaner haben zu diesem Zeitpunkt keinen Standpunkt dazu.“

Der „Vater“ der Bronze-Skulptur, Andrej Ajdiæ, wurde von der kroatischen Tageszeitung „Veæernji list“ mit dem vermeintlichen Wunder konfrontiert und reagierte anscheinend eher indigniert, denn der Reporter merkte am Ende seines Artikels an: „Er (Ajdiæ) war beleidigt durch unsere Nachfrage, ob er denn nicht im Inneren der Bronzestatue eine kleine Wasserpumpe eingebaut habe.“

Zu Recht – möchte man angesichts dieser journalistischen Gedankenakrobatik dem ehrenwerten Goldschmied Andrej Ajdiæ beispringen. Denn die Erklärung „Schwindel“ ist in diesem Fall genauso abwegig wie die Annahme eines göttlichen Zeichens.

Gerhard Hubmer, der bei dem Unternehmen VAI (Voest-Alpine Industrieanlagenbau) als Prozessmodell-Entwickler tätig ist, vermittelte mir nach meiner Rückkehr den Kontakt zu seinem Kollegen Dipl.-Ing. Dr. Dieter Paesold, Fachverantwortlicher im Bereich Forschung und Entwicklung bei der „voestalpine Stahl Linz“.

Und der machte sich dankenswerter Weise sogleich ans Werk: Zwar ergab die Analyse des Küchentuches keine Hinweise auf die Herkunft der austretenden Flüssigkeit, da zu wenig Substanz darin vorlag und somit der Blindwert eine eindeutige Aussage nicht zuließ. Bei den grün-blauen und graubraunen Belägen um die Austrittsstelle am Knie der Statue herum aber handele es sich um Korrosionsprodukte der Metalle Bronze, Kupfer und Zinn – was darauf schließen lässt, dass die Flüssigkeit normales Regenwasser ist.

Ein Rätsel blieb dabei kurzzeitig bestehen: Die starken grauen Beläge könnten laut Analyse des Metallexperten „zusätzlich Wasserinhaltsstoffe wie Kalk, Gips, Magnesiumsulfat etc. enthalten, die schwerlöslich nach Verdunsten des Wassers ausfallen und aushärten. Allerdings ist es, falls es sich um Regenwasser handelt, schwer, das Vorhandensein von solchen Salzen der Alkali beziehungsweise Erdalkalimetalle (Ca, Mg) zu erklären.“

Eine Nachfrage beim Künstler Andrej Ajdiæ ergab jedoch, dass er die ganze Skulptur mit Beton ausgefüllt hat. Damit war „die umfassendste Erklärung, die allen mir bekannten Fakten am besten gerecht wird“ (Paesold), gefunden.

Quelle und Erstveröffentlichung des Beitrags in der Zeitschrift „Skeptiker“:  http://www.gwup.org/zeitschrift/skeptiker-archiv/158-skeptiker-2004-3

Kommentare

6 Antworten

      1. Der Artikel liest sich so, wie wenn Herr Bernd Harder über sich selbst spricht. Dabei sind hier verschiedene „Aussagen Anderer“ zusammengebastelt, passend für atheistische Skeptiker. Bernd Harder ist doch ein atheistischer Skeptiker?

        Seit 19 Jahren begleitet mich Medjugorje. Ich kannte Pater Slavko Barbaric. Vicka bin ich auch persönlich begegnet (Bei dieser Begegnung gab es nur sie und mich und natürlich die Muttergottes.) Mit Pater Petar telefonierte ich vor einiger Zeit.

        Wenn ich in Medjugorje war und vor der Jesus Statue „Der Auferstandener Christus“ verweilte, ja, da blieb ich lange, eine Stunde, zwei Stunden,… Die Statue lädt zur Betrachtung ein. Wir betrachten die Auferstehung Jesu und unsere Auferstehung. Wer dort im betrachtenden Gebet verweilt wird sicher nicht von dort weggehen ohne auszurufen: „Gott sei gedankt, Jesus ist wahrhaft auferstanden!“

        1. Guten Tag,
          „passend für atheistische Skeptiker“ ist unzutreffend, Herr Harder ist kein Atheist, allenfalls Agnostiker; er war übrigens zunächst pro Medjugorje eingestellt. Daß er als Journalist recherchiert, sich also bei Experten kundigt macht, um hierüber dann zu berichten, ist völlig in Ordnung und seriös. Um vor einer Christusstatue zu beten, brauchen wir nicht nach Medjugorje fahren, dafür genügt die nächste Pfarrkirche, wo es sogar das Allerheiligste gibt, das jede Skultur unendlich überragt – übrigens auch jede Marienerscheinung, selbst wenn sie echt wäre.
          Freundlichen Gruß!
          Felizitas Küble

    1. Die Seherin Vicka hat hierauf die Antwort: „Die Gospa möchte uns so mitteilen, vor Jesus mehr in die KNIE zu gehen.“ Spätestens beim Wunder des Auferstandenen Christus in Medjugorje sollte man an die Botschaften glauben, denn Herr Bernd Harder bringt in seinem obigen Artikel kein stichfestes Gegenargument hervor. Eine Wasserleitung kann da schlecht gelegt sein, wenn das Innere mit Beton gefüllt ist…

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