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Münster: Jahrzehntelanger Streit um den Hindenburg-Platz geht in die Endphase

Emnid kritisiert „unfaire“ Bürger-Umfrage

Wie wir bereits Ende Januar berichtet haben, wird in Münster schon seit langem darüber diskutiert, den großflächigen Hindenburg-Platz in der Innenstadt in Neuplatz oder Schloßplatz umzubenennen. Jetzt soll im Stadtrat bald darüber entschieden werden.
Das Merkwürdige an der Gesamtsituation besteht darin, daß jetzt ausgerechnet ein CDU-Oberbürgermeister (Markus Lewe) für eine Umbenennung des Hindenburg-Platzes eintritt, obwohl seine Partei sich früher stets für die Beibehaltung dieses Namens positionierte – und zudem eine kürzliche Parteibefragung der CDU-Basis diese bisherige Haltung bestätigte.
Kein Wunder: Reichspräsident Paul von Hindenburg war ein demokratischer Konservativer  – und eben deshalb ein erklärter Gegner (!) Hitlers und der braunen Diktatur.                                  
Daß er sich aus formalen Gründen genötigt sah, Hitler im Januar 1933 zum Reichskanzler zu ernennen (er hätte es allzu gerne verhindert), kann nicht ihm angelastet werden, sondern vielmehr den damaligen Wählern, die die NSDAP zur stärksten Partei werden ließen, so daß Nazis und Kommunisten zusammen genau 50 % erhielten, also keine demokratische Mehrheit gegen diese beiden Extreme bestand. Hindenburg besaß keinen geheimnisvollen „Zauberstab“, um diese Wahlergebnisse umzuwandeln. Dies ist historisch völlig unbestritten.
Nun hat CDU-Oberbürgermeister Lewe zur Debatte um die Straßen-Umbenennung eine städtisch beauftragte „Bürger-Umfrage“ durchführen lassen, die allerdings nicht einmal einfachste formale Regeln der Fairneß und Korrektheit einhält, so daß sogar das angesehene Meinungsforschungsinstitut Emnid deutliche Kritik daran geübt hat.
Kein Geringerer als Emnid-Chef Schöppner erklärte gegenüber den „Westfälischen Nachrichten“, daß die Fragestellungen dieser amtlichen Umfrage „nicht fair“ seien (vgl. WN vom 22.2.2012)  – und diese Schelte will etwas heißen, denn Emnid gilt nicht gerade als „konservativ“ geprägt (im Unterschied zum Allensbach-Institut).
Es ist offensichtlich, daß diese „Bürger-Befragung“ den Bürger mehr manipuliert als befragt, wie sich bereits aus der äußerst suggestiven Fragestellung ergibt.

Lassen wir nunmehr die Westfälischen Nachrichten zu Wort kommen:
„Flankierend zum Urteil der Parlamentarier hat die Stadt auch einen Fragebogen an 5000 Bürger verschickt, um sich ein Bild von der Meinung der Münsteraner zu machen. „Ein für diesen Zweck wenig hilfreiches Verfahren“, sagt Klaus-Peter Schöppner. Er ist Chef des Meinungsforschungs-Instituts Emnid. Auf Bitten unserer Zeitung hat er den Fragebogen der momentan laufenden Bürgerumfrage unter die Lupe genommen.

Besonders die zweite Frage der Stadt hält Schöppner für unglücklich gestellt. Dort heißt es: „Nach neueren quellengestützten Forschungsergebnissen ist der damalige Reichspräsident Paul von Hindenburg als Stütze des NS-Regimes anzusehen. Besteht heute noch ein Anlass, Hindenburg durch die Namensgebung für den größten Platz Münsters zu ehren?“
Eine geeignete Frage wäre nach Schöpp­ner ohne vorherige Erklärung zu fragen: „Soll der Hindenburgplatz umbenannt werden – ja oder nein?“
Die vorgeschobene Erläuterung sei von denen, die die Frage beantworten sollen, nicht überprüfbar. Um welche Forschungsergebnisse es sich handele, bleibe unklar. „Das ist eine starke Präjudizierung, ein objektives Urteil erhält man so nicht“, betont Schöppner. „Fair wäre gewesen, zu bemerken, daß die Frage umstritten ist.“

Dieselbe Kritik übt Schöpp­ner an der nächsten Frage, bei der es um die Umbenennung von Straßen und Wegen geht. Auch hier werde die Einschätzung nahegelegt, daß es erwiesen sei, dass die bereffenden Namensgeber Stützen der NS-Gesellschaft gewesen seien.
Grundsätzlich kritisiert Schöppner auch die Methodik der Umfrage: Der Rücklauf bei schriftlich verschickten Fragebögen sei erfahrungsgemäß sehr gering. Außerdem sei nicht sichergestellt, dass die Fragen von der Person im Haushalt beantwortet worden seien, die angeschrieben wurde. Repräsentative Ergebnisse über die Meinung der münsterischen Bevölkerung seien darum auf diesem Wege nicht zu erhalten.“

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