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Mutter-Kind-Beziehung und Geschwister-konstellation prägen die Persönlichkeit

Von Christa Meves

Die Vorstellung, dass der Charakter des Menschen vorrangig von seinen Genen bestimmt wird, wird durch neue Forschungsergebnisse immer nachhaltiger untergraben. So hat sich durch eine internationale Studie herausgestellt, dass sogar Geschwister, die miteinander aufwachsen, interessante, typische charakterliche Unterschiede aufweisen und dass diese Färbung durch ihre Stellung in der Geschwisterreihe bei der entsprechenden Familie hervorgerufen  worden ist (1).

Für mich als praktisch arbeitende Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeutin wurde also durch neue wissenschaftliche Studien z.B. meine Erfahrung bestätigt, dass es recht häufig einen typischen Ältesten in einer Geschwisterreihe gibt. Er zeichnet sich vom ersten Schultag an als ein aufmerksamer, lernbereiter Schüler aus – mit hoher Konzentrationsfähigkeit.

Begreiflicherweise sind diese ältesten Kinder bei den Lehrern besonders beliebt – weniger bei den neidischen Mitschülern. Doch die leichte Lenkbarkeit ist bei den Ältesten auch bereits in der Kleinkinderzeit zum Ausdruck gekommen. Die Trotzphase fällt manchmal geradezu aus. Die Verbindung – besonders zur Mutter – bleibt meist durch die Kleinkinderzeit ungetrübt.

Auch Großeltern schlägt das Herz höher über ein solches Enkelkind; denn es lässt sich mit anhaltender Freude vorlesen, stellt kluge Fragen und zeigt – ganz gleich ob Junge oder Mädchen – eine hohe Besinnlichkeit.

Natürlich gibt es bei aller festgestellten Typik dieser Art keine 100-prozentige  Treffsicherheit. Sie  bezieht sich grundsätzlich nur auf ein ähnliches Umfeld. Es ist aber erfreulich, dass durch solche Häufigkeiten das Forscherinteresse nach den Ursachen entfacht wird; denn im Vergleich zu den jüngeren Geschwistern ergibt sich, dass dieser Vorrang sich bereits schon nach wenigen Lebensmonaten zu entfalten beginnt.

Wenn sie gesund geboren worden sind, haben älteste Kinder meist viel Freude an wachem Beobachten, ahmen bald schon nach, was ihnen angeboten wird, gleich, um was es sich handelt.

Obgleich die Sprachentwicklung im männlichen Geschlecht meistens hinter der der Mädchen zurückbleibt, kommt der älteste Junge auch hierin im Allgemeinen schneller voran als die jüngeren Brüder. Anders ist es im Hinblick auf die Aktivitäten. Von schnell nachgeborenen Jüngeren werden die Ältesten dabei meist schon bald überflügelt.

Bei meinen Töchtern erlebte ich, dass die um zwei Jahre Jüngere die Ältere an die Hand nahm und den ersten Einkauf  als die Führende betätigte. Nicht selten tun sich die Älteren auch schwer, sich bereits schon im Kindergartenalter in Gruppen mit anderen Kindern wohlzufühlen. Weniger Schwierigkeiten gibt es hingegen bei ihnen in der Schullaufbahn. Sogar ihre Ausbildungen ziehen  die Ältesten meist zügig durch.

Diese praktische Erfahrung hat deshalb längst gelehrt, dass die entscheidende Prägung dieser Charakteristik eine Angelegenheit des Umgangs der jungen Mutter mit ihrem Baby ist.

Wenn die junge Frau sich zunächst voll ihrem Kind widmet, intensiviert sich rasch die Mutter-Kind-Beziehung. Das löst die Nachahmungsbereitschaft des Kindes aus – unter der Voraussetzung allerdings, dass die Mutter stets nah und empathisch ist.

Ja, die neue Forschung hat sogar herausgefunden, dass vieles und häufiges Sprechen der Mutter mit dem Kind den Wortschatz geradezu anheizt und dieser sich dadurch schneller entfaltet. Dabei ist offenbar viel lächelnd zustimmender Blickkontakt das entscheidende Stimulanz.

Was also zeigt dieses Sichtbarwerden der Bedeutsamkeit mütterlichen Verhaltens im Hinblick auf die oft so positive  geistige und seelische Entfaltung des Ältesten? Mit ihm, mit diesem Wunder in ihrer Wiege, beschäftigt sie sich nicht selten noch hauptsächlich. Für ihn hat sie auch noch die meiste Zeit übrig!

Dem Ältesten am ähnlichsten (wenn doch auch unterschiedlich) sind das Einzelkind und das Jüngste, besonders der Nachkömmling. Bei diesem lässt sich nicht selten ein langfristiges liebevolles Aufwachsen unter der Obhut einer Großmutter in Rente feststellen.

Von eindrucksvoller Typik sind die mittleren, ja auch sogar schon die zweiten Kinder. Weniger trifft man hier auf Exemplare von nachhaltiger Angepasstheit. Mama kann  ihre Aufmerksamkeit und Hinwendung nicht mehr so ausschließlich wie dem Ältesten den nachgeborenen Geschwistern widmen.

Dementsprechend wächst in diesen rascher als im Ältesten der Impuls zur Selbstständigkeit und Selbstbehauptung. Vielmehr dominiert hier – und meist schon im sogenannten Trotzalter in der 2 bis 5-Jährigkeit – der kleine Rebell. Er gibt sich viel weniger leicht zufrieden, er betont seinen Anspruch, will sich mit  viel  Nachdruck durchsetzen, kämpft nachhaltig um Vorrang und Autonomie.

Wenn man mit Kindern dieser Art therapeutisch arbeitet, lässt sich auch bald feststellen (jedenfalls wenn das Kind Vertrauen gefasst hat), wo hier der Hase im Pfeffer liegt. Diese Kinder haben grundsätzlich häufiger die Vorstellung, hinter den anderen Geschwistern zurückstehen zu müssen und nicht so wertgehalten zu werden wie meist eins von diesen, oft das Älteste eben oder überhaupt alle anderen.

Handelt es sich dabei um zwei Buben, so kommt es häufiger direkt zu gegenseitigen Rivalitätskämpfen: Jeder will spitze sein!  – Mädchen pflegen sich mehr mit herabsetzenden Worten gegen ein anscheinend favorisiertes Geschwister zu verteidigen, leider also ebenfalls mit Taktiken, die zwar dem seelischen Mangel entsprechen, aber selten besonders erfolgreich sind, weil sie stattdessen Anstoß bei den maßgebenden Erziehenden erregen.

Unter den mittleren Kindern finden sich deshalb viel leichter die „schwarzen Schafe“ in der Familie – besonders unter den Jungen. Bei Jugendgerichtsverfahren zeigt sich sogar, dass sich unter den Pubertierenden, die mit Diebereien oder Gewalttaten  straffällig werden, eher Kinder aus dem Mittelfeld – oft unter vielen Geschwistern – befinden.

Das heißt nicht, dass die mittleren Kinder im Leben weniger erfolgreich sind als die Ältesten. Die vorzüglich eingeübte Durchsetzungsfähigkeit macht (bei allmählich hinzugewonnener Geschicklichkeit) dann auch hartnäckiger konkurrenzfähig.

Solche auf der Praxis beruhenden Erfahrungen machen nicht nur abermals den prägenden Einfluss der ersten Kinderjahre deutlich, sie sind sowohl pädagogisch wie auch als allgemeine Erkenntnis für uns alle über unsere allgemeinen Entfaltungsbedingungen von erheblicher Relevanz; denn als Resultat wird deutlich, worauf es in der Kindheit prägend, aber im übrigen lebenslänglich bei allen Menschen  ankommt: am besten  zunächst von den beiden Eltern – auf jeden Fall aber anfangs von dem dominant Erziehenden, später von den wichtigsten Menschen im Umfeld – wertgehalten und geliebt zu sein.

Am ehesten und am nachhaltigsten kann das Erziehenden gelingen, wenn unterschiedliche Begabungen gefördert und liebevolles Verhalten des jeweiligen Kindes beachtet und gelobt wird – statt mit viel Dressur, mit Strafen  und mit Herabsetzungen zu agieren.

Pädagogisch ist es deshalb im höchsten Maße sinnvoll, sich solcher prägenden Einflüsse durch die Geschwisterkonstellation bewusst zu sein, um den Kindern in ihren Bedürfnissen so gerecht zu werden, dass ihr Lebensmut optimal wachsen kann.

Anm.: (1) Buckles, K. / Munnich, E. (2012). Birth Spacing and Sibling Outcomes. Journal of Human Resources. Vol. 47, No. 3. S. 613 – 642. doi:10.3368/jhr.47.3.613

Kommentare

2 Antworten

  1. Alles schön und gut, aber was sagt mir das jetzt, welche Schlussfolgerungen Fall daraus ziehen? Dass man seine Kinder wertschätzen und fördern soll, ist ja klar.

    Ich persönlich kann daraus vielleicht den Schluss ziehen, dass ich mein älteres Kind nicht zu sehr verhätscheln und behüten und den jüngeren mehr Aufmerksamkeit schenken soll. Ansonsten schreibt dieser Artikel nur „Naturgesetze“, die man erst einmal so hinnehmen muss.

    Interessant ist, am Anfang betont Frau Meves die Bedeutung der Prägung und den (im Verhältnis dazu) geringeren Einfluss der Veranlagung, dann spricht sie wieder von „unterschiedlichen Begabungen“.

    Was meint sie denn mit dem „dominant Erziehenden“? Ist immer der Einfluss eines Elternteils stärker? Ich hoffe, dass es bei uns nicht so sein wird.

  2. Ähnliche Entdeckungen und Erfahrungen wie Frau Christa Meves als christliche Psychologin haben auch der französische Soziologe und Demograph und Statistiker und Politologe Emmanuel Todd und der Anthropologe David Graeber und Heilpraktiker bei Familien-Aufstellungstherapien gemacht und untersucht.
    Siehe auch die Psychologen Wilhelm Reich und C.G. Jung und die nach Wilhelm Reich arbeitenden und forschenden Judith Reisman und James Demeo und Prof. Bernd Senf aus Berlin zu VWL und psychosozialen Hintergründen (nach Wilhelm Reich und James DeMeo und Viktor Schauberger und Prof. Fritz-Albert Popp zu Biophotonen und Biophotonentherapie und Zellsignalen und Zellkommunikation und Biophotonenforschung) – siehe deren Websites und eventuell auch noch David Hatcher Childress zur alternativen Ansätzen der Wissenschaft etwa nach Wilhelm Reichs Orgon-Lehre.
    Ferner wäre aus christlicher Sicht Klagemauer.TV zu nennen, etwa nach Wilhelm Reich als positiven Sexualforscher und seriösen Wissenschaftler und Psychologen im Gegensatz zu den wissenschaftlichen Betrügern und Pädophilen Alfred Kinsey und John Money, die als Sexual-Ideologen der Pädophilie Interviews fälschten und Statistiken und Umfragen und Ergebnisse verfälschten und manipulierten.
    Auf deren falschen Ergebnissen und Daten-Material, welches unwissenschaftlich und unseriös erstellt wurde, bauten dann auch die Gender Ideologin Judith Butler als Begründerin des Gender Mainstreaming mit der Zwangs- und Frühsexualisierung von Kindern und die Haupt-Ideologin des deutschen Feminismus Alice Schwarzer mit ihrer Emma-Clique auf, die sich heute noch darauf bezieht, und welche schon früher von Feministinnen mit anderen Ansätzen wie etwa Esther Vilar und Kerstin Steinbach kritisiert wurde – schon lange vor der freilich auch erwähnenswerten christlich-konservativen Publizistin Eva Hermann und vielen anderen. Es gibt zahlreiche Websites etwa zu Wilhelm Reich und den nach ihm arbeitenden und auf seinen Forschungen aufbauenden und selbst forschenden Wissenschaftlern Judith Reisman und James DeMeo und Prof. Bernd Senf aus Berlin sowie vielen anderen in deren Nachfolge.

    Übrigens kannte schon der Heilige Augustinus, selbst philosophisch hochgebildet, das Unterbewusstsein. Und schon der Templer und Arzt Arnaldus de Villanova als christlicher Hermetiker mit seinem Buch „Tetragrammaton“ schrieb auch noch zusätzlich noch ein Buch über die Traumdeutung und das menschliche unbewusste und unterbewusste des Traumes mit seinen Symboliken und der menschlichen Seele bzw. auf griechisch Psyche. Schon der Apostel Paulus im Neuen Testament der Bibel kannte die der griechischen Philosophie entlehnte Unterteilung und Unterscheidung des Menschen in Körper und Seele (griechisch Psyche) und Geist. Diese Einteilung bzw. Dreiteilung des Menschen ist eine universelle philosophische, man findet sich auch im Hindhuismus mit seiner spirituellen Religionsphilosophie und Metaphysik wie etwa bei der Brahman-Atman bzw. Atman-Brahman Lehre zur „Weltseele“ Brahman als Logos (Weltseele und Weltvernunft beim vom Apostel Paulus im Neuen Testament der Bibel auf dem Areopag in Athen zum göttlichen Logos als Weltgesetz und göttliche Schöpfungsordnung des Kosmos in der griechischen Philosophie zitierten griechischen Philosophen und Stoiker und Dichter Kleanthes) und der Advaita-Vedanta Lehre nach Shankara und im Buddhismus. Die Buddhisten sagen Körper und REDE und Geist – Rede steht dabei für die Sprache, die Gesetzmäßigkeiten der Sprache mit ihren Symboliken und dem analogen Denken in Analogien und die Sympathie-Lehre wie in der Hermetik also als Gesetzmäßigkeiten und Schlüssel zum Unterbewußtsein und der Seele bzw. auf griechisch Psyche des Menschen. Das ist nur eine andere Sichtweise derselben Sache.
    Siehe auch die Logos-Theologie bei Justin dem Märtyrer als Kirchenlehrer und Kirchenvater und beim Heiligen Irenäus von Lyon der diese von ihm übernahm und beim Heiligen Klemens bzw. Clemens von Alexandrien und dessen Schüler Origenes und dessen Schüler Gregor Thaumaturgus und bei Lactantius als Laktanz und bei Dionysios Areopagita und noch in der gesamten Patristik bis hin zu Johannes „Scottus“ Eriugena als großen Philosophen usw.

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