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Neuer Trend: Späte Mutterschaft durch künstliche Befruchtung und Eizellspende

Von Dr. med. Edith BreburdaDr. Breburda

In den USA konnte man Anfang 2015 in einer Seniorenzeitung lesen, dass eine über 50-jährige Frau mit Hilfe der In-Vitro-Technologien noch Kinder bekommen hat.

Die 59-jährige Sarajean Grainson lebte in ihrer zweiten Ehe mit einem evangelischen Pastor zusammen. Ihr Mann, David Grainson, ist 46 Jahre alt. Als sie heirateten, war Sarajean über 50. Sie hatte schon drei  Kinder aus ihrer ersten Ehe.
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Dass sie noch Kinder haben wollte lag daran, dass sie ihrem Mann die Gelegenheit geben wollte, selber Vater werden zu können, weil er vorher noch nicht verheiratet war.
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Sie wollte ein Kind von ihm. Genetisch gesehen wollte sie seine Kinder, weil sie selber eine Eizellspenderin in Anspruch nehmen musste. Die Familie Grainson ist sich sicher, die richtige Entscheidung getroffen zu haben. Den  Stress, den alle neuen Eltern mitmachen, fürchtete sie trotz ihres Alters nicht.
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Sarajean hatte allerdings vergessen, wie anstrengend es war, Mutter von kleinen Kindern zu sein. Sie bedauerte nichts und würde alles wieder genauso machen. „Mit Gott und der Technologie kann man sogar die Menopause überwinden“, strahlt die junge und doch auch alte Mutter.
Book.
In den USA nehmen die über 50-jährigen Mütter zu. Es ist mittlerweile fast ein Trend. 2013 hatte jedes 13. Kind, das in den USA geboren wurde, eine Mutter, die 50 Jahre und älter war. Die meisten wurden durch künstliche Befruchtung schwanger.
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Sarajean G. berichtet über ihren Mann, der sich um ihre Gesundheit sorgte und das Thema Kind in ihrem Alter gar nicht erst ansprechen wollte. Dazu ihr Mann: „Wir haben 2001 geheiratet und dachten erst gar nicht an Kinder. Dann sah Sarajean eine Frau im Fernsehen, die dieses Thema behandelte.“
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Das ist meine letzte Chance“, sagte sich die Frau, die dann mit 51 und 53 Jahren noch Kinder bekam. Es ist eigentlich gar nicht so unmöglich, meint die alte Mutter. 2008 gebar die 70-Jährige Rajo Devi Lohan ein Kind in Indien. Sie wurde die bisher älteste Mutter. 
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Die Geburten bei Frauen im Alter zwischen 50 und 54 Jahren verdreifachten sich. 2000 waren es noch 255 Geburten in dieser Altersklasse. 2013 hatten 677 Kinder eine alte Mutter. Die Geburtenrate ist mit der In-Vitro-Fertilisation (IVF), also der künstlichen Befruchtung verbunden.
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Die gesellschaftliche Einstellung gegenüber Technologien, die so etwas ermöglichen, ist gespalten. Eine Umfrage im Jahr 2014 mit 2000 Probanden in Groß-Britannien zeigte, dass 75 Prozent der Befragten es unakzeptabel finden, wenn Frauen jenseits des gebärfähigen Alters noch Kinder bekommen. US-Bürger wurden diesbezüglich noch nicht interviewt. Experten vermuten aber, dass auch in den USA keine andere Meinung vorherrscht.
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Skeptiker fragen sich, wie lange wohl eine über 50-jährige Mutter fähig sein wird, sich um ihren Nachwuchs zu kümmern. Bonnie Steinbock, eine Bioethikerin der Universität in Albany im Staat New York, fürchtet, eine Mutter diesen Alters verfüge nicht über die dazu notwendige Kondition:
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Wie wird sie einem bockigem Zweijährigen behandeln? Vor allem aber, wie fühlt sich das Kind, Eltern zu haben, die so alt sind wie die Grosseltern ihrer Spielgefährten?“, fragt die Ethikerin. Andere Menschen glauben schlichtweg, es sei unnatürlich, im Alter noch eine IVF in Anspruch zu nehmen.  
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Prof. Steinbock sieht bei den älteren Damen, die sich noch zu einem Kind entschließen, eine Zunahme der „prokreativen Freiheit“: „Die Leute sollen ihre eigenen Entscheidungen treffen. Auch wenn ihre Mitmenschen das beanstanden sollten. Es ist dies letztlich keine Angelegenheit von Nörglern“, behauptet Frau Steinbock. Es gibt einige, welche die Meinung der Bioethikerin teilen.
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Es handelt sich doch um intelligente Frauen. Sie sind nicht dumm oder leichtsinnig“, sagt Dr. Mark Sauer, ein Befürworter der IVF.  Er ist Direktor der Gynäkologie und Geburtshilfe der Universitätsklinik von New York. Er hat sich auf die IVF bei älteren Damen spezialisiert. „Die Frauen sind gesund. Sie verstehen das Risiko, das eine späte Schwangerschaft mit sich bringt. Sie können dadurch auch sterben.“ IMG_5830_ergebnis-150x150
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Die Schauspielerin Laura Leggett Linney wurde mit 49 Jahren schwanger, Halle Berry mit 47, Kelly Peterson war auch schon 48, als sie ein Kind austrug. Die meisten der über 50-Jährigen verdanken ihre Schwangerschaft einer Eizelldonation. Die Fruchtbarkeit der Frau nimmt schon im Alter von 30 Jahren ab, sagen Medizinexperten.
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Auch Sarajean nahm die Eizelle einer viel jüngeren, anonymen Frau in Anspruch. Die Universitätsklinik von Columbia bietet Spenderinnen 8000 Dollars für eine Eizellengewinnung.
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Für die schwierige Entscheidung, eine Risikoschwangerschaft auf sich zu nehmen, stehen Experten zu Seite. Medizinische Tests geben letztendlich Aufschluss darüber, ob es für die über 50-Jährigen mit Kinderwunsch sicher ist, diesen Schritt zu wagen. 
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Ich würde sagen, bei weniger als zehn Prozent der über 50-jährigen Frauen, die zu uns kommen, ist es keine gute Idee. schwanger zu werden. Das liegt meist an einem hohen Blutdruck. Auch ein fibröser Tumor des Uterus ist ein Hindernisgrund.“

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Eine Studie von 2012 ergab, dass die Gesundheitsrisiken einer Schwangerschaft bei über 50-Jährigen, die eine Spendereizelle benötigen, kaum von denen bei einer jungen Mutter abweichen.
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Allerdings ist eine gute medizinische Betreuung notwendig, die noch lange nach der Geburt anhält. Trotzdem existieren medizinische Risiken. Im Alter ist die Möglichkeit von  Bluthochdruck, Diabetes oder Präeklampsie gegeben. Die Ursachen der Präklampsie, d.h. erhöhter Blutdruck, vermehrte Eiweissausscheidung im Urin, sind unbekannt. Der Bluthochdruck kann zu einer Schädigung anderer Organe führen.
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Manchmal kann man der Schwangeren und dem Kind nur durch einen sofortigen Notkaiserschnitt helfen. Auch sind Fehlgeburten, Frühgeburten oder Mehrlingsschwangerschaften mit einer In-Vitro-Fertilisation verbunden.
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Deshalb sollte jede Frau über 50, die noch ein Kind haben will, zuallererst einen Maternal-Fetal Mediziner aufsuchen Danach steht der Fortpflanzungs-Endokrinologe auf der Liste, empfiehlt Irina Burd, von der John Hopkins School of Medicine.
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Sie können die Gesundheits-Risiken benennen, die eine Schwangerschaft mit sich bringt. Manchmal sind die „Schäden“ irreversibel. Ein hoher Blutdruck oder ein sich entwickelnder Diabetes Mellitus könnte bis ans Lebensende bestehen bleiben“, sagt Burd.
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Krankheiten, die das Kind betreffen, wie Down Syndrom oder genetische Abnormalitäten, werden durch eine Spendereizelle von einer jungen Frau reduziert. Manchmal lassen junge Frauen deswegen ihre Eizellen einfrieren, um sie später zu nutzen. vaccine_2_360_250_s_c1
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Mehrlingsgeburten sind durchaus eine Folge der In-Vitro-Fertilisation, da die Ärzte empfehlen, bei Frauen über 40 bis zu vier Embryos einzupflanzen, um die Möglichkeit einer erfolgreichen Schwangerschaft zu erhöhen.
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Eine unter diesen Bedingungen induzierte Schwangerschaft für über 50-Jährige ist nicht billig. Sie kann pro Versuch bzw. Zyklus zwischen 25.000 bis 30.000 US-Dollars kosten, zusätzlich entstehen Kosten für die Eizellspende.
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Versicherungen in den USA tragen meist nicht die Kosten. Trotzdem spielen für einige Paare die Kosten keine Rolle, wenn ihr Ziel darin besteht, noch im hohen Alter Kinder bekommen zu können.
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Elisabeth Gregory, Autorin der Zeitung Ready, geht der Frage nach: „Warum begrüssen Frauen den neuen Trend zu einer späten Mutterschaft?
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Gregory, Direktorin der Gender und Sexual Studien-Programme, ist der Meinung, dass Frauen, die spät im Leben schwanger werden, sehr optimistisch, körperbewusst und fit sind. „Diese Leute sind sehr energiegeladen und meinen, sie hätten die entsprechende Energie, eine Schwangerschaft durchzuziehen“, sagt Gregory, die selber im Alter von 48 Jahren ein Kind adoptiert hat. „Ein Baby zu haben, hält einen fit“, ist ihre Auffassung.
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Einige der älteren Frauen sind zum ersten Mal Mütter. Sie hatten sich entweder auf ihre Karrieren konzentriert oder sind gerade eine neue Partnerschaft eingegangen. Einige bleiben auch weiterhin Single. Auch gleichgeschlechtliche Partnerschaften sind unter den älteren Müttern zu finden. Alle wollen die biologische Mutter sein und nicht Kinder adoptieren, wenn sie älter als 50 sind.
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Eigentlich ist dieser Satz so nicht richtig. Denn ihre Gene sind in dem Kind, welches sie austragen, ja oft nicht vorhanden. Sie greifen meist auf Eizellen einer viel jüngeren Spenderin zurück. Es handelt sich im besten Falle nur um die Gene ihres Partners. Er ist der biologische Vater.
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Einige Paare wollen eine neue Familie gründen, nachdem ihre Kinder aus erster Ehe oder auch aus der gleichen Partnerschaft schon lange erwachsen sind. „Ältere Ehepaare möchten einfach kein leeres Nest haben“, bemerkt Dr. Sauer. Im Grunde wollen sie permanent Eltern bleiben.
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Nicht jede ältere Mutter möchte über ihre Erfahrungen reden, da die Leute so viele Vorurteile haben. Sie fragen sich, warum tut diese Frau so etwasSie ist zu alt. Sie könnte doch leicht die Grossmutter des Kindes sein“, sagte die Psychologin Susan Newman aus New York.
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Cyma Shapiro, Schreiber des Blogs Motheringinthemiddle.com, der speziell Eltern in der Mitte ihre Lebens anspricht, weiß über die vielen Gründe, die ältere Mütter bewegt, nicht in die Öffentlichkeit zu gehen.
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Cyma hat viele von ihnen überall in den USA aufgesucht, um sie zu interviewen. Jedes Mal baten sich die älteren Damen höchste Diskretion aus. Sie fürchteten, ihre Arbeitgeber, Freunde oder Verwandte könnten ihnen Schwierigkeiten bereiten.
In zehn Jahren wird man anders über alte Frauen reden, denen die modernen Technologien ein so spätes Mutterglück bescherten. Dann wird so etwas das Normalste von der Welt sein“, glaubt Shapiro.
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Literaturhinweis: Saraceno J.: Last Chance Babies. Sure they Do it- but should They? AARP Bulletin. Vol 56. 1, January-February 2015

Unsere Autorin Dr. med. Edith Breburda ist Bioethik-Expertin und Veterinär-Medizinerin (Tierärztin); sie lebt in den USA (Bundesstaat Wisconsin).

Kommentare

3 Antworten

  1. Wer hat das so schön gesagt: „Ein Kind soll in der Umarmung seiner Eltern erzeugt werden.“?
    Wir wissen, dass es in der Realität tragischer Weise nicht immer so ist.
    Mag sein, dass es glückliche Eltern und Kinder aus o.g. Konstellation gibt. Die Frage ist:“Heiligt nun der Zweck die Mittel?“
    Die nächste Frage ist: „Dürfen wir alles, was wir können, nur weil wir es können?“
    Als Abbild Gottes haben wir das Vermögen, die Funktionen der von Gott festgelegten Naturgesetze zu „entschlüsseln“, und teilweise zu „korrigieren“ oder dagegen zu „kämpfen“ und nicht zuletzt zu „nutzen“. Wie weit wir diesbezüglich gehen dürfen – können wir so viel diskusstieren, wie wir wollen. Aber wie weit wir diesbezüglich gehen KÖNNEN, müssen wir Gott überlassen.
    In dem Naturhistorischen Museum von Wien wird über ein Projekte berichtet, wie man in Midwest der USA versucht hatte, ein 100% künstliches Ecosystem mit Sonnenenergie als die einzige Energiequelle aufzubauen. Die Idee war, so ein System auf einem anderen Planet zu erstellen, so dass Menschen sich dort in der Zukunft länger aufhalten können. Das Experiment wurde 1x wiederholt und beides Mal nach 5 Jahren aufgegeben. Es sind viel zu viele Faktoren, die in der Natur mitspielen, die die Wissenschaftler unmöglich alles berücksichtigt werden können. Die Probleme mit diesem System geraten außer menschlichen Kontrollen.
    Wir Menschen leiden immer unter der Versuchung „To play God“. Das ist wie mit Feuer spielen.

  2. Ich hatte in meiner aktiven Lehrerzeit oft Kinder bei dem eins oder beide Elternteile ,,ziemlich“ alt waren. Es waren IMMER glückliche und zufriedene Kinder und Eltern. Sie haben ihr (relativ) spätes Elternglück trotz aller Widrigkeiten mit Freuden angenommen. Bei der heutigen im hiesigen Kulturkreis zu erwartende Lebensdauer gestattet es im Normalfall, dass die Kinder schon lange Berufe und eventuell (wenn sie ,,flinker sind als ihre Eltern) selbst Kinder haben, bevor die Eltern sterben. Gönnt den ,,späten“ Eltern ihr Glück – und den Kindern fürsorgliche Eltern.

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