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Rezension von Magdalena S. Gmehling

BUCH-Daten: Daniel Zöllner. Mut zur Tugend. Essays zur Lebenskunst in der Gegenwart. 192 Seiten. 5 Abb., ISBN: 978-3-942605-38-0. Lepanto Verlag 2024. 19,50 Euro

In Zeiten transhumanistischer Träume ist es zweifellos ein gewagtes Unterfangen, einen Essayband mit dem Titel „Mut zur Tugend“, der zudem den Anspruch, Lebenskunst zu vermitteln erhebt, vorzulegen.

Das Wort Tugend ist nicht tot oder ausgestorben (Paul Valéry), sondern erstrahlt wie das Siebengestirn der Plejaden, wenn ein kundiger Deuter wegweisend die Verbindung der Lebenswirklichkeit mit der Philosophie aufzuzeigen vermag.

Daniel Zöllner schreibt: „Tugend, also das objektive Gutsein eines Menschen, ist nicht dem subjektiven Belieben anheimgestellt. Es ist auch kein vages Empfinden, sondern klar definierbar …“ (S. 20)

Der Autor folgt zunächst in seinen Ausführungen über die der Menschenwirklichkeit zugeordneten vier Kardinaltugenden (Klugheit, Gerechtigkeit, Tapferkeit, Zucht und Maß) weitgehend den richtungsweisenden Gedanken Josef Piepers.

Er ergänzt deren gegenseitiges Zuordnungsverhältnis durch zeitnahe Fallbespiele und tiefgründige eigene Überlegungen.

Über den Kardinaltugenden stehen die drei göttlichen oder theologischen Tugenden (Glaube, Hoffnung, Liebe). Sie sind in diesen verwurzelt. Als Antwort auf die Wirklichkeit des dreieinigen Gottes enthüllen sie dem Menschen gnadenhaft das Lebensziel der Glückseligkeit in Gott.

Das Böse und das Laster als Gegenwelt

Wer von Tugend spricht, denkt notwendigerweise auch den Gegenbegriff des Lasters mit.

So betont die Religionswissenschaftlerin Hanna-Barbra Gerl-Falkovitz in ihrem Vorwort zu Zöllners Werk: Das Böse ist das Verfehlen der Wirklichkeit, es ist leer und tödlich für das, was es berührt (vgl. S. 9).

Die heute oft belächelten Wege in das Unglück (7 Wurzelsünden: Hochmut, Neid, Habgier, Zorn, Trägheit, Wollust, Völlerei) in ihrer typischen Verflochtenheit aufzuzeigen, erscheint dem Leser als besonders hilfreich.

Hingewiesen sei hier auf die Ausführungen zu der so weit verbreiteten geistlichen Trägheit (acedia), die in Verbitterung und Überdruß endet und deren schreckliches Symbol –   der Selbstmörder  – nach Houellebeq „zur Signatur unserer Zeit gehört“ (S. 71).

Gedanken zur Lebenskunst, Wege der Selbstüberschreitung und den gefährlichen Sog zur Selbstzerstörung behandelt der Autor im 2. Teil seines Buches.

Memento mori und ars vivendi

In der Weisheitsüberlieferung aller Völker finden wir die Erkenntnis: Der Mensch ist sterblich. Memento mori (= Gedenke des Todes).

Im Angesicht des Todes leben gehört ebenso zur ars vivendi (= Kunst des Sterbens) wie die rechte Art der Selbsterkenntnis und die Lehre von der Zielgerichtetheit des Einzellebens und des Universums.

Als Voraussetzung nennt Daniel Zöllner das Vorhandensein eines Urvertrauens. Er will dieses nicht im Sinne der Psychologie als ergänzenden Pol zu den Gefühlen der Angst und des Misstrauens (Erikson) verstanden wissen, sondern als geistige Haltung: alles ist gut.

Ein Hinweis des Autors auf Juliana von Norwich und deren Überzeugung, dass es die Charakteristik Gottes ist, das Gute über das Böse siegen zu lassen wäre, hier angebracht. („All shall be well and all shall be well and all manner of thing shall be well“).

Fragen der offensichtlichen Dysteleologie des Weltgeschehens, ja die Furcht vor der heraufdämmernden Tyrannis, erläutert Zöllner vergleichend an Werken von Reinhold Schneider und Fridolin Stier. Der Autor stellt mit Schneider resignierend fest: „Und die Antwort der Abgründe auf unsere letzte Frage ist diese Frage selbst.“

Erfahrung des Heiligen als Geschenk Gottes

Dem Unheil der Welt durch die Erfahrung des Heiligen zu begegnen, das wäre des Menschen Aufgabe. Dies kann aber nur vorbereitend durch Selbsttranszendenz geschehen, sei es in der Natur, Kunst oder Liebe.

Wir sind bis zum Ende unseres Daseins im „status viatoris“, also auf dem Wege  – und wir haben die Pflicht, Ordnung ins Leben zu bringen, uns selbst zu vergessen, um offen zu sein für die Gnade Gottes.

„Am Grunde des Lebens liegen nicht Kampf, Arbeit, Mühe, Misstrauen und Zweifel. Am Grund liegen vielmehr Muße, Kontemplation, das große Ja des Vertrauens und die Seligkeit des reinen, einfachen Schauens. Denn auf all das richtet sich das Gebet aus mit dem großen Ziel der visio beatifica, der Schau Gottes.“ (S. 117 f)

In hohem Maße bedeutsam erscheinen Daniel Zöllners Ausführungen zu „Totalitarismus und Propaganda“. Er verdeutlicht hier Josef Piepers apokalyptische Perspektiven hinsichtlich der Gegenwart.

Tödlicher Sog der Selbstzerstörung

Sprachmissbrauch als propagandistisches Machtmittel, teuflische Aufrichtung eines Reiches der Lüge und Täuschung, Verfolgung durch Kontrolle (mind-controll), Überwachung und heimtückische Manipulation werden in einem „gewaltlosen Totalitarismus“ kulminieren.

Die Fraglichkeit eines Psychologisierungs-Zwanges, die Dominanz „verfallener Wahrnehmungen“ anstelle der Kontemplation, die Agonie des Eros zu Gunsten einer hemmungslosen Sexualität, ja – heute muss man es deutlich sagen – das Abgleiten ins Metaversum, also jenen digitalen Raum, der durch Verknüpfung realer und virtueller Welten entsteht, lassen den tödlichen Sog der Selbstzerstörung erahnen.

Sensibel nähert sich der Autor abschließend dem Problem der Zeit, jener Frist, die uns gegeben ist, focusiert auf den Kairós und hin geordnet auf die schöpferische Gegenwart in ihrer Transparenz bezüglich der Ewigkeit.

Schließen wir die Empfehlung für dieses, vom Verlag als „Vademekum“ bezeichnete und von Stefan Siber (Wien) sehr sorgfältig lektorierte Buch mit einem Aphorismus Zöllners: „Vielleicht sind die Tugenden unsere besten, derer wir uns nicht bewußt sind.“ (S. 178)

Weitere Besprechung unserer Gastautorin: https://christlichesforum.info/gehaltvolles-buch-klaert-auf-ueber-den-islam/

Bestellung hier: https://www.lepanto-verlag.de/buecher/philosophie/mut-zur-tugend.-essays-zur-lebenskunst-in-der-gegenwart

 

Kommentare

2 Antworten

  1. JESU WORTE: daß ich für jedes unnütze Wort gerichtet werde. Ich verschickte an jemanden, unterrichtet über eine Venedig-Reise, ein SMS: „Feiern Sie einen Fasching? Ich bin da ganz dagegen.“ Es kam aber – noch – keine Antwort, sauf erreur, französisch, wenn ich mich nicht irre.

  2. „Tugend, also das objektive Gutsein eines Menschen …“, das erinnert mich an die Aussage in Galater 6, 10 „Solange wir also noch Zeit haben, wollen wir allen Menschen Liebe erweisen, besonders denen, die mit uns durch den Glauben verbunden sind“.

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