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Märtyrer des Monats Mai 2025

Erzbischof Romeros Weg als Priester in El Salvador war ebenso wechselvoll, wie es seine weltweite Wirkungsgeschichte werden sollte: Vom zurückhaltenden Bewahrer zum nationalen Gewissen und Mahner für die Menschenwürde, vom politischen Mordopfer bis zur Anerkennung als Märtyrer: In diesem Monat vor zehn Jahren, am 23. Mai 2015, wurde Oscar Arnulfo Romero von der katholischen Kirche seliggesprochen. Am 14. Oktober 2018 erfolgte schließlich die Heiligsprechung.

Romero war während der Zeit der Militärdiktatur Pfarrer und Bischof, die 1931 begonnen hatte. Damals war der am 15. März 1917 geborene Sohn eines Fernmeldearbeiters gerade erst als Internatsschüler in ein katholisches Seminar gekommen.

Im Januar 1932, in einem seiner ersten Schuljahre dort, wurde er Zeitzeuge der ersten kommunistisch angeführten, blutigen Revolte, die sich in ihrer Propaganda gegen die Unterdrückung bürgerlicher Freiheiten richtete, aber 2.000 Menschenleben forderte.

Mehrere zehntausend Menschen fielen der brutalen Niederschlagung des Aufstands zum Opfer.

Als 20-Jähriger begann Oscar Romero sein Theologiestudium in der Hauptstadt San Salvador, die später zu seiner letzten Wirkungsstätte wurde. Während des Studiums wechselte er nach Rom und brachte seine akademische Ausbildung an der Päpstlichen Universität Gregoriana zu einem Abschluss.

Im Jahr 1942 wurde er zum Priester geweiht und widmete sich nach einem kurzen weiteren Studienaufenthalt in Rom der Pfarrseelsorge sowie der Redaktionstätigkeit für kirchliche Zeitschriften in El Salvador. In einem System, in dem reiche Oligarchenfamilien sowie das Militär den Ton angeben, trat er für Armenfürsorge ein.

Er galt durchaus als unpolitisch, als er am 25. April 1970, vor 55 Jahren, schließlich zum Weihbischof ernannt wurde. Die Unterdrückung der Menschenrechte und die Verfolgung von Regimegegnern, darunter auch von Priestern, nimmt in den siebziger Jahren enorm zu: gegen Ende des Jahrzehnts mehr als 1.000 politische Häftlinge, willkürliche, teils tödliche Gewalt gegen Demonstranten, zudem gezielt zahlreiche politische Mordopfer und Verschwundene.

Im Jahr 1974 folgte Romeros Ruf auf den Bischofsstuhl von Santiago de Maria, 1977 dann der Wechsel nach San Salvador als Erzbischof. In die Zeit seines Wechsels in die Hauptstadt fiel die Ermordung von Romeros Freund, des Jesuitenpaters Rutilio Grande Garcia, die er später als Schlüsselerlebnis beschrieb. Rutilio Grande Garcia hatte staatliche Willkür und Gewalt, insbesondere gegen priesterliche Mitbrüder, angeprangert.

Der Erzbischof vermochte es nicht mehr, dazu öffentlich zu schweigen und tat Vergleichbares, als er jeden Sonntag in seiner Predigt die Namen von Regimeopfern sowie Ort und Zeitpunkt ihrer Ermordung und – nach Möglichkeit – auch die Täter benannte. Um den Jahreswechsel 1978/1979 verfasste Romero zusammen mit einem bischöflichen Mitbruder einen Hirtenbrief.

Darin stellte er sinngemäß fest, dass sozialpolitisches Engagement aus dem Evangelium abgeleitet werden kann, da das Wort Gottes nicht nur gesprochen, sondern auch gelebt werden solle. Die Kirche gebe sich aber nicht mit bloßer Veränderung von Strukturen zufrieden, sondern sie fordere eine Bekehrung des Einzelnen, seines Herzens und Geistes und ziele auf die Erlösung und die Glückseligkeit in Gott ab. Jede Gewaltanwendung sei mit diesem Prinzip unvereinbar.

Im Jahr 1979 kam es zu einem Staatsstreich, bei der sich die „Junta Revolucionaria de Gobierno“ (Revolutionäre Regierungsjunta) an die Macht putschte, zwar für Reformen eintrat, sich aber nicht gegen das Gewaltregime höherer Militärbefehlshaber durchsetzen konnte. Anfang Januar 1980 traten die drei zivilen Mitglieder der Junta zurück: Ein Vermittlungsversuch Erzbischof Romeros war gescheitert.

Zentraler Drahtzieher der gewaltbereiten Anti-Reform-Kräfte war der Geheimdienstler und ehemalige Major Roberto D’Aubuisson Arrieta, der in einer Fernsehsendung regelmäßig Persönlichkeiten als „Verräter“ oder „Kommunisten“ brandmarkte, die kurz darauf von Todesschwadronen ermordet wurden. Schließlich fiel in diesem Kontext auch der Name Erzbischof Oscar Romeros.

Am 24. März 1980 feierte der Erzbischof in der Krankenhauskapelle „Göttliche Vorsehung“ die Heilige Messe. Er stand gerade am Altar, als ein roter Volkswagen vor dem Gebäude anhielt und ein Bewaffneter durch die offene Tür schoss. Der Geistliche wurde dabei tödlich getroffen und sank zusammen. Am Tag zuvor hatte er noch in einer Radiosendung folgende Worte gesagt:

„Kein Soldat ist verpflichtet, einem Befehl zu gehorchen, der gegen das Gesetz Gottes verstößt… Es ist an der Zeit, dass Sie Ihr Gewissen wiederfinden… Deshalb beschwöre ich Sie im Namen Gottes und im Namen dieses Volkes, das schon viel zu lange leidet und dessen Schrei zum Himmel immer lauter wird, ich flehe Sie an, ich bitte Sie, ich beschwöre Sie: Im Namen Gottes, beenden Sie die Repression!“

Bei D’Aubuissons Verhaftung im Mai 1980 wurde ein ihn im Fall Romero deutlich belastendes Dokument gefunden. In diesen Unterlagen wurde der Plan der „Operación Pina“ geschildert, der in den Details genau zum Mord an Romero passte.

Dennoch erfolgte erst viele Jahre später – knapp zwei Wochen nach der Heiligsprechung des Mordopfers 2018 – ein erster Haftbefehl. Der Geheimdienstler war schon 1992 verstorben, seit 1993 verhinderte nach dem Friedensschluss zwischen Regierung und Guerilla ein Amnestiegesetz die Strafverfolgung, das schließlich 2017 aufgehoben wurde.

Vor dem Hintergrund, dass mit dem Mord an Romero der Bürgerkrieg ausbrach, war der Blick auf sein Blutzeugnis lange Zeit verstellt: Fünf Jahre nach dem Friedenspakt begann der Seligsprechungsprozess. Lange Zeit verging über die zähe Klärung der Frage, ob das Attentat „aus Hass auf den Glauben“ erfolgte oder rein politisch motiviert war. 

Die Verehrung für diesen vorbildlichen Hirten im Volk setzte bereits unmittelbar nach Bekanntwerden der tödlichen Schüsse auf ihn ein.

Auf politischer Ebene wirkte sein Zeugnis sogar bei den Vereinten Nationen nach; sie haben 2010 seinen Gedenktag am 24. März zum Internationalen Tag für das Recht auf Wahrheit über schwere Menschenrechtsverletzungen und für die Würde der Opfer erklärt. Diese (Selbst-)Verpflichtung zur Erinnerung wäre gewiss im Sinne des Märtyrers gewesen, der nun aber selbst unvergessen bleibt.

Text: Michaela Koller –  Quelle: https://stephanus-stiftung.org/vom-mahner-fuer-die-menschenwuerde-zum-blutzeugen-fuer-die-heilsbotschaft/

Titelfoto: CC BY-SA 3.0, Douglas Radamez Barahona, Giovani Ascencio Ardón y Raul Lemus- Grupo Cinteupiltzin CENAR El Salvador 

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