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Pfeiffer-Studie: Sexueller Mißbrauch rückläufig – Priesterstand entlastet

Felizitas Küble

Für eine vorschnelle „Entwarnung“ besteht gewiß kein Anlaß, doch man wird erleichtert sein dürfen, daß die Fälle von sexuellem Mißbrauch in den letzten 20 Jahren offenbar deutlich gesunken sind, nämlich um ein Drittel.  

Warum aber spricht die „Tagesschau“ vom 18.10.2011 dennoch nur von einem „leichten“ Rückgang?   (Beleg: http://www.tagesschau.de/multimedia/audio/audio76778.html)

Angesichts massiver Medien-Vorwürfe gegen katholische Priester vor allem im Jahr 2010, die vielfach unter Generalverdacht standen, erscheint folgendes Ergebnis einer repräsentativen Studie des Kriminalistischen Forschungsinstituts Niedersachen aufschlußreich:

Von allen 11.500 Befragten im Alter zwischen 16 bis 40 Jahren hat eine einzige Person angegeben, von einem Priester sexuell mißbraucht worden zu sein.

Hierzu erklärte Prof. Pfeiffer gegenüber der „Augsburger Allgemeinen“ vom 18.10.2011 wörtlich: „Von den 11.500 befragten Personen und den 683 Opfern ist nur eine einzige Person  –  eine 28-jährige Frau  –  von einem katholischen Priester missbraucht worden.“

Was sich in den Forschungen der letzten Jahrzehnte immer klarer herauskristallisierte, wurde auch in dieser Studie bestätigt:

Zu 50% handelt es sich bei Tätern nicht etwa um mehr oder weniger unbekannte Personen, sondern um das direkte Umfeld: um Angehörige, Verwandte oder Bekannte  – und 8,6% der Opfer erwähnen Lehrer an Schulen.

Prof. Pfeiffer erläuterte das  – für viele „überraschende“  –  Priester-Resultat damit, daß jene, die einst von Geistlichen mißbraucht wurden, heute oft über fünfzig Jahre alt seien, wobei die jeweilige Tat mehr als 35 Jahre zurückliege. Der von ihm untersuchte Personenkreis sei jedoch nicht älter als 40 Jahre alt. Man könne insofern davon ausgehen, daß die Mißbrauchsdelikte bei kath. Priestern seit längerem stark zurückgehen.

Die Pfeiffer-Studie wurde im Auftrag des Bundesbildungs-Ministeriums im Rahmen des „Runden Tisches Missbrauch“ erstellt. Der frühere niedersächsische SPD-Justizminister und bekannte Kriminologe Prof. Dr. Christian Pfeiffer ist evangelischer Christ und Direktor des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen.

Aus seiner Untersuchung mit dem Titel  „Erster Forschungsbericht zur Repräsentativbefragung Sexueller Missbrauch 2011“ geht hervor, daß der sexuelle Missbrauch von Kinder und Jugendlichen seit 1992 drastisch zurückgegangen ist: Während 1992 noch 8,6% der Frauen und 2,8% der Männer angaben, bis zum 16. Lebensjahr eine Mißbrauchserfahrung erlitten zu haben, sanken diese Anteile bei der aktuellen Befragung auf 6,4% (Frauen) und 1,3% (Männer).

Hier folgt der Link zum Wortlaut der Studie:  http://www.rundertisch-kindesmissbrauch.de/documents/Erster_Forschungsbericht_sexueller_Missbrauch_2011.pd

Nachdem wissenschaftlich geklärt ist, daß sich der Priesterstand in puncto sexueller Mißbrauch deutlich unterhalb des Bevölkerungsdurchschnitts befindet, fragt man sich, weshalb die Deutsche Bischofskonferenz ihre unlängst gestartete „Priesterstudie“, die über 400.000 € auf Kosten des Kirchensteuerzahles verschlingt, nicht sofort beendet – dies umso mehr, weil diese deutschlandweite Untersuchung in datenrechtlicher Hinsicht äußerst bedenklich ist, zumal dabei auf zehntausende Priester-Akten zurückgegriffen wird.

Selbst wenn diese Akten für die Studie – die ebenfalls von Prof. Pfeiffer erstellt wird – anonymisiert herausgegeben werden, bleibt die Frage nach dem informellen Selbstbestimmungsrecht der katholischen Geistlichkeit in Deutschland – nebst sonstigen Merkwürdigkeiten wie etwa der Tatsache, daß diese von der Bischofskonferenz beauftragte Studie zwar männliche Ordensangehörige umfaßt, nicht jedoch weibliche.

Grundsätzlich stellt sich die Frage nach Sinn und Zweck dieser sündhaft teuren Studie, die derzeit schlicht überflüssig erscheint.

Felizitas Küble, Vorsitzende des Christoferuswerks eV in Münster

Kommentare

4 Antworten

  1. Hallo,

    die KFN-Studie hinterlässt bei mir einen bitteren Nachgeschmack. Ich vermisse die Erwähnung jener Missbrauchsopfer, die durch (väterliche usw.) Drohung und Unterdrückung zum Schweigen verurteilt sind. Ich bin seit Jahren Vertrauensperson eines Mädchens (jetzt: 17), das wie eine Gefangene gehalten wird. Davor war ich bereits Bezugs-/Vertrauensperson für zwei andere Mädchen. Wo sind diese Opfer in der Studie? Ich bin gern bereit, über meine Erfahrungen zu schreiben, suche aber auch Rat, wie diesen Kindern geholfen werden kann. Sie erleben oft ein zweites Trauma.

    1. Guten Tag
      und vielen Dank für Ihre Wortmeldung.
      Prof. Pfeiffer hat zu dem von Ihnen angesprochenen Problem bereits Stellung bezogen. Man kann – selbst wenn es die optimalste und gründlichste Studie der Welt wäre – nicht völlig ausschließen bzw verhindern, daß jemandes Schock so tief sitzt, daß er sich auch im Rahmen einer Befragung nicht äußern möchte. Es wird sich wohl um Ausnahmen handeln. Dieses Restrisiko kann man allerdings nicht speziell der Pfeiffer-Studie anlasten, es liegt in der Natur der Sache.
      Da Sie Vertrauensperson mißbrauchter Mädchen sind, könnten Sie sich bei kirchlichen oder kommunalen Beratungsstellen bzw. Opferschutz.Organisationen wie dem „Weißen Ring“ (gegründet von Eduard Zimmermann XY) nach Hilfsmöglichkeiten für die Betroffenen erkundigen, ohne deren Identität preisgeben zu müssen, sofern die Opfer anonym bleiben möchten.
      Eben weil diese Mädchen Sie als Kontaktperson haben, könnten sie so evtl. Hilfe erhalten, ohne sich „outen“ zu müssen.
      Freundliche Grüße!
      Felizitas Küble

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