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Prof. Söding in Münster: „Vater im Himmel: Führe uns nicht in Versuchung“

Von Felizitas Küble

Das Vaterunser wurde im Vorjahr heftig und langanhaltend diskutiert, nicht nur in kirchlichen Kreisen, auch in weltlichen Medien und in der weiten Öffentlichkeit.

Es ging dabei vor allem um die vorletzte Vaterunser-Bitte: „Führe uns nicht in Versuchung.“ – Sogar Papst Franziskus regte eine Änderung des Wortlauts bzw. eine Neu-Übersetzung an, wobei ihm zahlreiche Theologen widersprachen und auch die deutschen Bischöfe nicht folgten.

Auch der katholische Theologe Dr. Thomas Söding hält an der wörtlichen Übersetzung aus dem griechischen Urtext fest. Der Neutestamentler hielt gestern Abend (20. März) eine Betrachtung im St.-Paulus-Dom von Münster zur Auslegung dieser „umstrittenen“ Bitte aus dem Gebet des HERRN.

Der Professor – er lehrt an der Ruhr-Universität in Bochum – sprach im Rahmen der „Geistlichen Themenabende“ zur Fastenzeit. Die Bischofskathedrale war fast vollbesetzt, Dompfarrer Hans-Bernd Köppen begrüßte die vielen Gäste unter dem Leitwort „Das Vaterunser als Quelle der Erneuerung“.

Södings Frau Christine las eingangs aus dem Matthäus-Evangelium jene Abschnitte vor, in welchem das Vaterunser von Christus verkündet wird.

Aus Mt 6,1-16 geht hervor, daß Christus die Lauterkeit der guten und frommen Werke wichtig ist: Nicht aus Eigennutz, nicht im Hinblick auf Lohn, Erfolg, Ansehen, Macht und Beliebtheit sollen wir fasten, beten und handeln, sondern aus Liebe zum Vater im Himmel und zum Nächsten.

BILD: Der Paulus-Dom gestern Abend nach der Vortrags-Andacht mit Prof. Söding

Es geht also darum, die eigene „Gerechtigkeit“ nicht zur Schau zu stellen. In genau diesem Zusammenhang lehrte Christus seine Jünger das Vaterunser.

Dr. Söding verdeutlichte, daß es das Problem der Versuchung überhaupt nur deshalb geben kann, weil Gott der HERR ist und wir seine Geschöpfe – und weil wir als Menschen anfällig sind – nicht nur für einzelne Sünden, sondern für den „Abgrund der Freiheit“, den existentiellen Mißbrauch dieser Freiheit.

Negative Eindrücke von außen können nur deshalb überhaupt eine Macht über uns ausüben, eine „Versuchung“ darstellen, weil diese Anfechtungen eine „Resonanz“ in unserem Inneren finden können. Ohne Versuchbarkeit kein Problem der Versuchung!

Der Theologe erinnerte an das Wort des HERRN, wonach derjenige sein Leben gewinnt, der es „verliert“ – darunter sei nicht allein das Martyrium zu verstehen, sondern grundsätzlich unsere Hingabebereitschaft, unser Einsatz für das Gute und unsere Übereignung an den Schöpfer.

Zugleich warne uns die Bitte „Führe uns nicht in Versuchung“ davor, uns selber aus eigensüchtigen Beweggründen ein eigenes, ein falsches Gottesbild zu basteln oder den Glauben zur Unterdrückung  bzw. Beherrschung anderer Menschen zu vereinnahmen. Dieser Gedankengang führt uns zum 2. Gebot: Du sollst den Namen Gottes nicht mißbrauchen!

Die Bitten des Vaterunsers sind zugleich auch Fürbitten für andere, denn wir beten es komplett in der Gemeinschaftsform: „uns/unser“.

Dr. Söding betonte, gerade der Wortlaut „Führe uns nicht in Versuchung“ verdeutliche, daß die Bibel nicht oberflächlich sei, daß sie kein „glattes“ Bild von Gott vermittle, sondern tiefgründig und existentiell auch die uns unverständlich erscheinenden Dimensionen Gottes zur Sprache bringe, etwa die für den Menschen so schmerzliche Frage nach seiner „Gerechtigkeit“, nach dem Sinn von Leid und Verzweiflung.

Dies wird auch in den Klagerufen des Alten Testamentes deutlich, vor allem aber in der Abrahams-Geschichte von der Opferung Isaaks und im Buch Hiob. Doch diese schmerzlichen Abgründe eröffnen zugleich den Horizont auf die Verheißungen Gottes, sie verdeutlichen, daß der Höchste auch im Tal der Tränen gegenwärtig und dem Menschen nahe ist.

Christus selbst wurde vom „Geist Gottes“ in die Wüste geführt, so heißt es im NT, „um dort versucht zu werden“, wobei natürlich nicht der himmlische Vater, sondern Satan der Versucher war.  Dies Ereignis markiert, daß unser Erlöser voll und ganz Mensch geworden ist, wie wir alle mit schweren Anfechtungen konfrontiert, die er aber sündenfrei überwunden hat.

Lieber hat Jesus in der Wüste weiter gehungert, statt Steine in Brot zu verwandeln, was ihm als Sohn Gottes ein Leichtes gewesen wäre. Aber ER verzichte auf den Einsatz seiner Wunderkraft zur Erleichterung des eigenen Lebens. Nur so konnte ER das Menschsein in allen Zügen – auch den schmerzlichen – durchleben und uns so ein lebensnahes Vorbild geben, wie auch der Hebräerbrief betont: Christus wurde wie alle Menschen versucht, doch ER sündigte nicht.

Professor Söding erläuterte weiter, bereits das aufrichtige Aussprechen der Bitte „Führe uns nicht in Versuchung“ entfalte seine innere Wirksamkeit, habe eine helfende und befreiende Wirkung. 

Im Garten Gethsemane habe Christus die schläfrigen Apostel noch vor seinem Leiden eindringlich aufgefordert: „Wachet und betet, damit ihr nicht in Versuchung fallet.“ (Mt 26,41)

Das Vaterunser ist ein Gebet des Vertrauens: Wir wenden uns an Gott, weil wir zuversichtlich glauben, daß sein Reich zu uns kommt, daß sein Wille geschieht, daß ER vom Bösen befreit und Schuld vergibt.

Wir tragen ihm als Geschöpfe unser Flehen vor, weil wir um unsere Schwachheit wissen und seine beschützende Kraft nötig haben.

HIER unser Artikel aus dem Jahr 2016 über die jüdischen Wurzeln des Vaterunser-Gebets: https://charismatismus.wordpress.com/2016/11/09/die-juedischen-wurzeln-des-vaterunser-gebets/

 

Kommentare

24 Antworten

  1. Zum Gewissen:

    Das „Gewissen“ ist ein schwieriger Begriff, weil nicht jeder das Gleiche darunter versteht. Aus biblischer Sicht sehe ich dazu folgendes:

    a) Entstehung und Wirkweise des Gewissens

    Ohne die Erkenntnis von Gut und Böse war der Mensch nicht selbstreflektiv. Er war „nackt“, aber es kümmerte ihn nicht. Es ging ihm nicht um sich selbst. Der Mensch war „selbstvergessen“. Er war ein reines Beziehungswesen. In der Beziehung zu Gott und der Beziehung zwischen Mann und Frau empfing und gab er alles weiter, was das Leben ausmachte. In dieser Phase wird ein „Gewissen“ als „interne Instanz“ nicht benötigt. Auch das Verbot, vom Baum der Erkenntnis zu essen, war als einziges Gebot keine „interne Instanz“ und übrigens auch nicht „moralischer“ oder „ethischer“ Natur, sondern reines Beziehungsgeschehen. Aus der Natur der Beziehung zwischen Gott und Mensch heraus war es selbstverständlich, dass Gott ein Gebot bzw. Verbot aussprach, dass von seiner Seite aus Liebe motiviert war: Der Mensch sollte nicht zu Schaden kommen. Umgekehrt ergab sich durch die Befolgung des Gebots eine Gelegenheit für den Menschen Gott als der er ist, durch Gehorsam zu ehren. Das würde die Beziehung vertiefen und festigen.

    Dies änderte sich durch den Fall. Warum ist das so?

    Die Erkenntnis von Gut und Böse war für den Menschen, der im Gegensatz zu Gott „böse“ sein kann, eine nicht zu bewältigende Last. Denn sie wurde durch einen von ihm zu verantworteten Beziehungsbruch mit Gott ein Teil von ihm. Das Leben aus den Kategorien von Gut und Böse löste das Leben aus der Beziehung zu Gott ab. Das war die Folge:

    „Und Adam versteckte sich mit seiner Frau vor dem Angesicht Gottes des HERRN zwischen den Bäumen im Garten. Und Gott der HERR rief Adam und sprach zu ihm: Wo bist du? Und er sprach: Ich hörte dich im Garten und fürchtete mich; denn ich bin nackt, darum versteckte ich mich.“

    Das ist doch ein veritabler Beleg für ein schlechtes Gewissen. Adam kam auf einmal zu dem Schluss, er könne Gott nicht mehr genügen, er schämte sich und fürchtete die Reaktion Gottes. Adam verurteilte sich selbst zum Exil, zum Weglaufen vor Gott. Er wurde sein eigener Ankläger und Richter. Aber diese Position war für ihn nie vorgesehen.

    Gott hatte aber noch nie ein Problem mit der Nacktheit des Menschen. Er hatte aber ein Problem damit, dass diese Angst, hervorgerufen durch ein schlechtes Gewissen, den Menschen davon abhielt, einfach seine eigene Schuld zu bekennen. Schuld waren plötzlich nur die Anderen. Eva und die Schlange.

    Deswegen ist die Sache mit dem Gewissen ein Dilemma. Einerseits gilt das hier: „Und Gott der HERR sprach: Siehe, der Mensch ist geworden wie unsereiner und weiß, was gut und böse ist.“ (1. Mose 3,22) Wenn es etwas ist, was Gott weiß, kann es per se nichts Schlechtes sein. Andererseits bringt es den Menschen in die Gottferne, weil er nie dazu geschaffen wurde, die Bürde der Erkenntnis von Gut und Böse zu tragen.

    Nun haben wir also dieses Gewissen seit dem Sündenfall und jeder selbsterlösende Versuch, es wieder loszuwerden, macht die Sache noch schlimmer. Denn wir können es nicht wirklich vernichten und auch nicht ewig auf die Seite schieben. Deshalb schreibt Paulus:

    „Wenn nämlich Heiden, die das Gesetz nicht haben, von Natur aus die Forderungen des Gesetzes einhalten, dann sind die, die das Gesetz nicht haben, sich selbst Gesetz. Sie zeigen ja, dass das Werk des Gesetzes in ihren Herzen geschrieben ist, weil ihr Gewissen davon Zeugnis ablegt…“

    Das ist aber jetzt erst mal nur eine Feststellung dessen, was IST und die Bestätigung, dass das Gewissen dem Gesetzt vergleichbar ist: Es kann Sünde aufzeigen aber nicht daraus erlösen.

    Das Gewissen ist aber problematischer als das Gesetz, weil es fast immer verbogen und von Subjektivismen geprägt ist.

    b) Ein autobiographischer Einschub

    In meiner fleischlichen Zerbrochenheit bin ich ein Perfektionist. Perfektionisten stellen an sich und an die Umwelt völlig überzogene Ansprüche, die deshalb unweigerlich frustriert werden. Das bewirkt bei mir einen Teufelskreis: Erstens spiele ich mich als innerer Gesetzgeber auf, der festlegt, wie ich zu sein habe, um zu genügen. Dann klage ich mich für mein Versagen an, diesen Anforderungen nicht gerecht zu werden. Ich bin also Staatsanwalt in eigener Sache. Und schließlich verurteile ich mich dafür und erlege mir eine Strafe auf. Ich bin also mein eigener Richter. Und nachdem ich mich selbst ins Gefängnis gesteckt habe, bin ich auch noch mein Gefängniswärter, der mir Werke der Buße vorschreibt, damit ich aus der Sache wieder herauskomme. Diese Werke leiste ich aber nicht immer, sondern laufe oft weg in Lethargie. Und das alles prägt mein Gewissen.

    Wäre ich diesen Kreisläufen bis an mein Lebensende ausgeliefert, dann würde mich die perfekte Perfektionistenhölle erwarten. Denn ich machte mich ja zu meinem eigenen Gott: Gesetzgeber, Staatsanwalt, Richter, Gefängniswärter. Und ich würde automatisch denken, dass Gott genau so ist.

    Nun hat mich aber zu meinem großen Glück Jesus gesucht, gefunden, erlöst und zu einem Kind Gottes gemacht. Ich bin eine neue Kreatur, was primär meinen Geist betrifft.

    Das erlaubt es mir, zu meiner fleischlichen Zerbrochenheit auf Distanz zu gehen und immer wieder Nein dazu zu sagen. Ich komme mir besser auf die Schliche und ich kann dem die mächtigen Zusagen Gottes entgegensetzen:

    Ich bin von Gott, meinem Papa, gewollt, geliebt und als Kind angenommen in all meiner existentiellen Bedürftigkeit, ohne etwas dafür leisten zu sollen und zu können. Das Blut Jesu reinigt mich fortwährend von allem Bösen und reinigt mein Gewissen, so dass ich tadellos vor ihm stehe. Gleichzeitig führt und leitet mich Gott durch seinen Geist, so dass mein Leben immer mehr seinem Willen entspricht.

    Darauf kann ich mich verlassen. Ich bin nicht mehr der Stimme meines Gewissens überlassen, sondern kann wie der Psalmist ausrufen:

    „Erforsche mich, Gott, und erkenne mein Herz; prüfe mich und erkenne, wie ich’s meine. Und sieh, ob ich auf bösem Wege bin, und leite mich auf ewigem Wege.“ (Psalm 139, 23, 24)

    Denn es gilt:

    „Wenn uns unser Herz verdammt, ist Gott größer als unser Herz und erkennt alle Dinge.“ (1. Johannes 3, 20)

    Praktisch bedeutet das einfach folgendes:

    Wenn ich ein schlechtes Gewissen habe, frage ich Gott, was es damit auf sich hat und was zu tun ist und glaube meinem Gewissen und seinen Urteilen nicht blindlings.

    c) Die Rolle des Gewissens

    Wenn auch die Entstehung des Gewissens nicht Gottes Wille war, benutzt er es doch, so weit das möglich ist, in der Absicht, die gottfernen Menschen „im Zaum zu halten“ und zu sich zu ziehen. Wo aber der Einzelne in dem Irrtum stecken bleibt, er sei nur seinem Gewissen verpflichtet und dem daraus folgenden Selbstgericht und müsse sich deshalb nicht vor Gott beugen und erlösen lassen, hilft ihm auch sein Gewissen nicht.

    Für einen Christen kann ein „schlechtes Gewissen“ ebenfalls als Indikator dienen, dass etwas nicht stimmen könnte und dazu bewegen, sich zur Klärung vertrauensvoll an Gott zu wenden. Er muss aber dem Impuls des Gewissens, sich wie Gott aufzuspielen, entgegen treten und sich ein gesundes Mißtrauen bewahren dem gegenüber, was ihm das eigene Gewissen so erzählt.

    Das kann man sicher anders sehen. Ich halte das aber für den Ansatz, der dem biblischen Befund am Nächsten kommt.

  2. Liebe Frau Küble,

    zu den Punkten:

    1. Markus 19, 17c

    Wiederholt verweisen Sie auf Matthäus 19, 17c, ohne freilich der Dynamik des gesamten Abschnitts gerecht zu werden. Wer aber eine Aussage Jesu verkürzt aus dem Kontext herauslöst, kann nur zu falschen Ergebnissen kommen. Das sind hermeneutische Binsenwahrheiten.

    So wie Sie es zitieren „Willst Du zum Leben eingehen, dann halte die Gebote!“ muss man den Schluss daraus ziehen, dass Gesetzesobservanz der eigene Schopf ist, an dem man sich wie Münchhausen selbst aus dem Schlamm herausziehen und das ewige Leben verdienen bzw. erwirken könnte. Aber das ist natürlich weit gefehlt. Betrachten wir doch einmal den Kontext:

    „Und siehe, da kam ein Mann zu Jesus und fragte: Meister, was muss ich Gutes tun, um das ewige Leben zu gewinnen? Er antwortete: Was fragst du mich nach dem Guten? Nur einer ist der Gute. Wenn du aber in das Leben eintreten willst, halte die Gebote! Darauf fragte er ihn: Welche? Jesus antwortete: Du sollst nicht töten, du sollst nicht die Ehe brechen, du sollst nicht stehlen, du sollst kein falsches Zeugnis geben; ehre Vater und Mutter! Und: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst! Der junge Mann erwiderte ihm: Alle diese Gebote habe ich befolgt. Was fehlt mir noch? Jesus antwortete ihm: Wenn du vollkommen sein willst, geh, verkauf deinen Besitz und gib ihn den Armen; und du wirst einen Schatz im Himmel haben; und komm, folge mir nach! Als der junge Mann das hörte, ging er traurig weg; denn er hatte ein großes Vermögen. Da sagte Jesus zu seinen Jüngern: Amen, ich sage euch: Ein Reicher wird schwer in das Himmelreich kommen. Nochmals sage ich euch: Leichter geht ein Kamel durch ein Nadelöhr, als dass ein Reicher in das Reich Gottes gelangt. Als die Jünger das hörten, gerieten sie ganz außer sich vor Schrecken und sagten: Wer kann dann noch gerettet werden? Jesus sah sie an und sagte zu ihnen: Für Menschen ist das unmöglich, für Gott aber ist alles möglich. Da antwortete Petrus: Siehe, wir haben alles verlassen und sind dir nachgefolgt. Was werden wir dafür bekommen? Jesus erwiderte ihnen: Amen, ich sage euch: Wenn die Welt neu geschaffen wird und der Menschensohn sich auf den Thron der Herrlichkeit setzt, werdet auch ihr, die ihr mir nachgefolgt seid, auf zwölf Thronen sitzen und die zwölf Stämme Israels richten. Und jeder, der um meines Namens willen Häuser oder Brüder oder Schwestern oder Vater oder Mutter oder Kinder oder Äcker verlassen hat, wird dafür das Hundertfache erhalten und das ewige Leben erben. Viele Erste werden Letzte sein und Letzte Erste.“ (Matthäus 19, 16-30)

    Ginge es allein um die Gesetzesobservanz, um in das Leben einzutreten, dann wäre der Absatz nach Vers 20 a beendet gewesen. Und Jesus hätte vor den Jüngern den reichen Jüngling als Paradebeispiel der Erlösung aus guten Werken gepriesen. Genau das aber ist nicht passiert. Denn es geschieht eine Wendung. Der junge Mann fragt nämlich in Vers 20 b:

    „Was fehlt mir noch?“

    Das ist eine extrem gute Frage. Denn ganz offensichtlich realisierte der junge Mann, dass ihn die brennende Frage nach dem wahren Leben weiter verfolgte, OBWOHL er doch die genannten Gebote erfüllt. Und genau an diesen Punkt wollte ihn Jesus, der große Pädagoge, bringen.

    Tatsächlich wird die Geschichte bei Markus auch etwas anders erzählt. Dort heißt es:

    „Du kennst doch die Gebote: Du sollst nicht töten, du sollst nicht die Ehe brechen, du sollst nicht stehlen, du sollst nicht falsch aussagen, du sollst keinen Raub begehen; ehre deinen Vater und deine Mutter! Er erwiderte ihm: Meister, alle diese Gebote habe ich von Jugend an befolgt. Da sah ihn Jesus an, umarmte ihn und sagte: Eines fehlt dir noch: Geh, verkaufe, was du hast, gib es den Armen und du wirst einen Schatz im Himmel haben; dann komm und folge mir nach! Der Mann aber war betrübt, als er das hörte, und ging traurig weg; denn er hatte ein großes Vermögen. Da sah Jesus seine Jünger an und sagte zu ihnen: Wie schwer ist es für Menschen, die viel besitzen, in das Reich Gottes zu kommen! Die Jünger waren über seine Worte bestürzt. Jesus aber sagte noch einmal zu ihnen: Meine Kinder, wie schwer ist es, in das Reich Gottes zu kommen! “ (Markus 10, 19 – 24)

    Dort ist gar keine Rede davon, dass Jesus gesagt habe, er solle die Gebote einhalten, um in das ewige Leben einzugehen. Und es ist Jesus selbst, der dem jungen Mann sagt, dass ihm etwas fehlt.

    Wir können uns jetzt noch darüber austauschen, ob Markus oder Matthäus ursprünglicher sind. Das Markusevangelium ist nach historisch-kritischer Mehrheitsmeinung das älteste Evangelium. Gemäß der sogenannten Zweiquellentheorie diente es neben einer Sammlung von Aussprüchen Jesu (Logienquelle) als schriftliche Vorlage für das Matthäus- und das Lukasevangelium.

    Es spricht daher manches dafür, dass Matthäus die Stelle ausgeschmückt bzw. ergänzt hat.

    Aber unabhängig von dieser Fragestellung, die ich hier nicht abschließend beantworten will, bleibt bestehen, dass eben die Gesetzesobservanz nach beiden Quellen NICHT ausreichte, um das ewige Leben zu erlangen. Sondern dass etwas FEHLTE, was der junge Mann nicht zu erbringen fähig und bereit war, weshalb Jesus ausrief: „Wie schwer ist es für Menschen, die viel besitzen, in das Reich Gottes zu kommen! Die Jünger waren über seine Worte bestürzt.“

    2. „Gut und böse“

    Wir halten fest, dass von Anfang an der Mensch NICHT vom Baum der Erkenntnis von Gut und Böse essen sollte, weil ihn dies töten würde. Und dass sein Ungehorsam ihn alles kostete.

    Ich hoffe, wir stimmen darin überein.

    Wenn Sie also behaupten, Gott freue sich darüber, dass wir Gut und Böse erkennen, dann steht das in einem eindeutigen Widerspruch dazu. Dann müssten Sie schon erklären, inwieweit Gott jetzt seine Meinung dazu geändert haben soll.

    Die meisten Exegeten gehen jetzt nicht von einem wortwörtlichen Baum aus, sondern von einer Bildersprache. Das heißt, der „Baum der Erkenntnis von Gut und Böse“ und dessen „Früchte“ stehen für etwas. Auch hier ist der Kontext zu beachten. Die Versuchung bestand in folgendem: „Gott weiß vielmehr: Sobald ihr davon esst, gehen euch die Augen auf; ihr werdet wie Gott und erkennt Gut und Böse.“ (Genesis 3,5) Es geht also nicht primär um Autonomie, sondern darum, sich zu überheben und Gott gleich werden zu wollen. Gleichzeitig aber wird so Mißtrauen in Gott gesät. Denn Gott erscheint hier als jemand, der eifersüchtig seine Privilegien vor dem Menschen beschützt und ihn bewusst klein und dumm halten will.

    Es geht nicht nur um „intellektuelles Wissen“ als solches, sondern um Einverleibung, darum, etwas sich wesenhaft zu eigen zu machen. Deshalb wird die Frucht gegessen. Es kommt etwas in den Menschen hinein, was ihn von Gott abtrennt und tötet und was gleichzeitig Satan die Möglichkeit gibt, durch Menschen zu herrschen.

    „Da sah die Frau, dass es köstlich wäre, von dem Baum zu essen, dass der Baum eine Augenweide war und begehrenswert war, um klug zu werden.“ (Genesis 3,6)

    Das war die Motivation. Und sie war falsch.

    „Da gingen beiden die Augen auf und sie erkannten, dass sie nackt waren. … Er antwortete: Ich habe deine Schritte gehört im Garten; da geriet ich in Furcht, weil ich nackt bin, und versteckte mich. Darauf fragte er: Wer hat dir gesagt, dass du nackt bist? Hast du von dem Baum gegessen, von dem ich dir geboten habe, davon nicht zu essen?“ (Genesis 3, 7, 10, 11)

    Während die eigene Nacktheit für den Menschen ursprünglich kein Problem war (vgl. Genesis 2, 25) kam plötzlich die Scham vor der eigenen Nacktheit als großes Problem für ihn auf.

    Ich schlussfolgere daraus, dass die „Erkenntnis von Gut und Böse“ bewirkt, dass der Mensch in zerstörerischer Art und Weise selbstbezogen wurde. „Incurvatus in se ipsum“ nennen das die Theologen und Martin Luther sagte dazu:

    „Unsere Natur ist durch die Schuld der ersten Sünde so tief auf sich selbst hin verkrümmt (lat.: tam profunda est in se ipsam incurva), daß sie nicht nur die besten Gaben Gottes an sich reißt und genießt, ja auch Gott selbst dazu gebraucht, jene Gaben zu erlangen, sondern das auch nicht einmal merkt, daß sie gottwidrig, verkrümmt und verkehrt alles […] nur um ihrer selbst willen sucht.“

    Und er bezieht sich dabei auf Augustinus und Thomas von Aquin.

    Jetzt frage ich Sie, Frau Küble: Wie kann sich Gott an der Fähigkeit, Gut und Böse zu unterscheiden, freuen oder darauf Wert legen, die wir erst durch den Sündenfall erlangt haben, der derart desaströse Auswirkungen auf uns hat?

    Im Garten Eden gab es einen „Gegenentwurf“ zum Baum der Erkenntnis. Das war der Baum des Lebens. Ich denke, die überwiegende Anzahl der Theologen sehen hier eine Vorschattung auf Jesus Christus am Kreuz. Hierzu schreibt Paulus:

    „Er hat den Schuldschein, der gegen uns sprach, durchgestrichen und seine Forderungen, die uns anklagten, aufgehoben. Er hat ihn dadurch getilgt, dass er ihn an das Kreuz geheftet hat.“

    Die Dinge, deren uns das Gesetz zu Recht anklagte, wurden am Kreuz durchgestrichen. Das Gesetz aber ist Ausfluss der Erkenntnis von Gut und Böse.

    Paulus folgert daraus: „Ich bin aber durchs Gesetz dem Gesetz gestorben, auf dass ich Gott lebe; ich bin mit Christus gekreuzigt. Ich lebe aber; doch nun nicht ich, sondern Christus lebt in mir.“ (Galater 2, 19 und 20)

    Christus ist an die Stelle des Gesetzes getreten. In seinem Kampf gegen die Judaisten wird Paulus nicht müde zu betonen, dass Christen, die erneut die Thoraobservanz zum Mittelpunkt ihres Lebens machen vom Glauben an Christus abgefallen sind.

    Wir können nicht gleichzeitig vom Baum der Erkenntnis und vom Baum des Lebens leben. Vielmehr bringt uns der Baum der Erkenntnis den Tod.

    Die Erkenntnis von Gut und Böse ist allein Gott vorbehalten. Und nur er kann damit gut umgehen. Wir aber nicht. Deshalb sagt Paulus, dass das Gesetz gut ist, aber uns dennoch den Tod bringt und nicht erlösen kann. So dient der Fall dazu, uns unserer Ausweglosigkeit bewusst zu werden und woanders die Erlösung zu suchen.

    3. Aufweichung der Gebote durch Nichtkatholiken?

    Die Tendenz, Gottes Gebote inhaltlich aufzuweichen, ist keineswegs eine Spezialität von Nichtkatholiken. Das wissen Sie selbst, Frau Küble. Diese Tendenz gibt es in allen Gruppen innerhalb und außerhalb des Leibes Christi. Wie leben 90 % der Katholiken in Deutschland? Was denken sie über Ehescheidung, Wiederheirat, Abtreibung, Sex vor der Ehe, „Homoehe“ u.a.? Genau. Nach meiner Erfahrung waren es die Freikirchen – auch die charismatischen – die wesentlich strenger waren, was das Gesetz betrifft als die Praxis in der römisch-katholischen Kirche.

    Mir ist nicht klar, ob Sie auch mir vorwerfen, Gottes Gebote inhaltlich aufzuweichen, da ich ja nicht römisch-katholisch bin. Falls das so wäre, könnte ich es nicht nachvollziehen. Ich hatte betont, dass Jesus mit seinen „Ich aber sage Euch“ Aussagen, die Gebote inhaltlich sogar verschärft. Während die 10 Gebote auf horizontaler Ebene fast ausschließlich Schranken beschreiben, die man nicht durchbrechen soll (sogenannte „Do not´s“), geht es bei Jesus Christus in der Bergpredigt um das, wodurch sich ein Leben als Christ im Bereich der inneren Haltung und des äußeren Tuns auszeichnet. Und das ist eine ganz andere Qualität als die 10 Gebote. Es geht einfach viel weiter.

    Der springende Punkt aber ist folgender:

    Nach dem Neuen Testament gilt die Verheißung, dass uns Gottes Gebote „ins Herz geschrieben sind“, wenn wir wirklich aus dem Geist Gottes von neuem geboren wurde. „Christus in uns“ ist das Geheimnis des Neuen Bundes. Wir sind nicht mehr daran gebunden rein äußerlich geschriebene Gebote „im Fleisch“ zu befolgen, sondern lernen, dem innewohnenden Christus in der Kraft und Führung des Heiligen Geistes zu gehorchen. Das ist kein Gehorsam, der fleischlich mit zusammen gebissenen Zähnen unter Druck erfolgt, sondern der „natürlich übernatürlich“ ist, getrieben von Liebe. Wie Augustinus sagte: „Liebe und dann tue, was Du willst!“ Das ist die herrliche FREIHEIT der Kinder Gottes.

    Dann wird auch klar, dass dieser Gehorsam im Glauben Gebote inhaltlich nicht verwässert.

    1. @Anonymous: Zitat: „Die Erkenntnis von Gut und Böse ist allein Gott vorbehalten.“
      Was halten Sie denn dann vom Begriff des „Gewissens“? Hat nicht Thomas von Aquin die Gewissensfreiheit betont? Wenn nur Gott Gut und Böse erkennen kann und nicht wir Menschen, dann gibt es nach Ihrer Meinung auch für uns Menschen kein Gewissen.

      1. Guten Tag,
        tatsächlich hat Thomas die Bedeutung des Gewissens betont und z.B. erklärt, der Mensch sei subjektiv sogar an ein irrendes Gewissen gebunden (solange er sich über den Irrtum nicht im klaren ist).
        Das Gewissen ist von Gott geschaffen und mit der menschlichen Natur verbunden und es wird nicht erst durch den Glauben wirksam – aber der Glaube erleuchtet es stärker, als dies die Natur allein vermag.
        Daher das Prinzip: Die Gnade baut auf der Natur auf und vollendet sie.

        Paulus schreibt in Röm 2,12-16:
        „Welche nämlich ohne Gesetz (des Moses) gesündigt haben, werden auch ohne Gesetz zugrunde gehen; und welche unter dem Gesetz gesündigt haben, werden durch das Gesetz gerichtet werden. Denn nicht die Hörer des Gesetzes sind gerecht bei Gott, sondern die Täter des Gesetzes werden gerecht gesprochen.
        Wenn nämlich Heiden, die das Gesetz nicht haben, von Natur aus die Forderungen des Gesetzes einhalten, dann sind die, die das Gesetz nicht haben, sich selbst Gesetz. Sie zeigen ja, dass das Werk des Gesetzes in ihren Herzen geschrieben ist, weil ihr Gewissen davon Zeugnis ablegt…“

        Somit sind wesentliche moralische Forderungen dem Menschen „ins Herz geschrieben“, wie die Bibel bezeugt.
        Freundlichen Gruß!
        Felizitas Küble

  3. Hallo gelbkelchen,

    Sie schreiben:

    „Wir haben aber nichts anderes als unseren Verstand, um zu erkennen, was gut und richtig ist. Und wenn Sie auf die Bibel und Jesus verweisen, da gibt es enorm viele Widersprüche, für mich ein Grund, den Gott der Bibel abzulehnen.“

    Die Frucht vom Baum der Erkenntnis von Gut und Böse zu essen, anstatt in einer vertrauenden Beziehung zu Gott zu bleiben, verursachte den Fall des Menschen. Jesus Christus hat uns den Weg zurück zum Herzen Gottes frei gemacht.

    Für Christen ist es nicht der menschliche Verstand, der uns befähigt, die grundlegenden Wahrheiten des Lebens zu erkennen, sondern Gottes Geist, der uns zuteil wird. Leider nutzen die wenigsten von denen, die sich Christen nennen, diese Quelle.

    Ohne den Heiligen Geist kann man letztlich auch die Bibel nicht verstehen. Was dem menschlichen Verstand als „widersprüchlich“ erscheint, löst sich in Jesus Christus auf.

    Ich denke auch, dass die Schöpfung auf Gott hinweist; und zwar auch auf einen wohlwollenden Gott. Aber einen Gott, zu dem ich eine persönliche Beziehung haben kann, der mir Identität gibt, der mein Vater ist, der mich erlöst, offenbart allein Jesus Christus in der Kraft des Heiligen Geistes. Und darauf weist das Neue Testament unablässig hin.

    Öffnen Sie Jesus Ihr Herz. Es wird nicht vergebens sein.

    „Denn wer bittet, dem wird gegeben, wer sucht, der findet und wer anklopft, dem wird aufgetan.“

    Und das alles findet seinen Anfang mit der schlichten Bitte an Jesus Christus, sich zu offenbaren. Bei mir war das auch so.

    1. @Anonymous: Zitat: „Die Frucht vom Baum der Erkenntnis von Gut und Böse zu essen, anstatt in einer vertrauenden Beziehung zu Gott zu bleiben, verursachte den Fall des Menschen. “
      Genau da fing bei mir als Erstklässler glaube ich schon das Unverständnis an. Wenn dieser Gott Wert legt auf Gut und Böse, hätte er doch darüber erfreut sein müssen, dass die Menschen vom Baum der Erkenntnis von Gut und Böse gegessen haben. Sie werden mich nicht zu einem blinden Glauben bewegen können. Auch habe ich den Heiligen Geist noch nie erfahren, da kann ich bitten, wie ich will. Letztendlich bleibe ich immer auf meinen eigenen Verstand sitzen oder etwa nicht? Ich behaupte auch, dass Sie nichts anderes haben.

      1. Guten Tag,
        natürlich freut sich Gott, wenn der Mensch Gut und Böse unterscheiden kann, aber darum geht es nicht beim Sündenfall, sondern vielmehr darum, daß der Mensch autonom – ohne Gott und sein Wort – über Gut und Böse entscheiden und hierüber befinden will. Damit erhebt sich das Geschöpf über den Schöpfer.
        Dieser selber hat den Menschen mit Vernunft und freiem Willen begabt, aber nicht, damit der Mensch diese Gaben mißbraucht und sich quasi an die Stelle Gottes setzt bzw. setzen will.
        Durch den Sündenfall hat der Mensch seinen eigenen freien Willen geschwächt (aber nicht zerstört) und der Verstand ist auch ins Zwielicht geraten (irrtumsanfällig), aber nicht ganz verdunkelt.
        Das ist die katholische Position dazu (der Protestantismus geht im Unterschied dazu von der völligen Verderbnis der menschlichen Natur durch den Sündenfall aus).
        Übrigens haben Sie völlig recht, wenn Sie einen „blinden Glauben“ ablehnen. Das sieht auch die katholische Kirche so. Denn mit der Leicht- oder gar Blindgläubigkeit könnte man auch jeder x-beliebigen Sekte oder Abart des Glaubens (= Aberglaube) oder politischen Ideologie/“Heilslehre“ verfallen. Deshalb soll der Glaube sehr wohl auch vom Verstand her erkannt und fundiert sein – trotz aller Begrenztheit der menschlichen Vernunft.
        Daher der alte katholische Spruch: „Glaube, um zu erkennen!“ – aber auch: „Erkenne, um zu glauben!“
        Beides – die Erkenntnis und der Glaube – sollen sich wechselseitig ergänzen und bereichern, wobei der Glaube höher steht – aber der Vernunft nicht widerspricht.
        Freundlichen Gruß!
        Felizitas Küble

      2. Hallo gelbkelchen,

        sie urteilen, wie Sie schreiben, nach Ihrem eigenen Verständnis. Und genau hier sitzt das Problem. Die Frucht des Baumes war verboten und das Verbot wurde hinreichend begründet. Es war nur ein Akt des Vertrauens in Gott selbst nötig, um sich an das Verbot zu halten. Das Vertrauen darin, dass dieser Gott weiß, was er tut und dass sein Verbot gut ist, weil er selbst gut ist. Das war alles. Mehr gibt es dazu nicht zu sagen.

        Die Erklärung, es gehe nur um die „autonome Entscheidung über Gut und Böse“ halte ich daher für falsch. Dazu kommt noch folgendes:

        Das Beziehungsmuster ist in der Bibel durchgehend sehr einfach: Wir sollen aus dem unmittelbaren Hören auf Gott, aus der Beziehung zu ihm leben und nicht nach anderen Kriterien. Auch nicht nach „Gut und Böse“. Denn wenn wir ein Prinzip an die Stelle von Gott setzen, handeln wir unweigerlich „autonom“.

        Ich würde fast wetten (was ich nicht tue), dass Sie mir im weiteren Gespräch vorhalten werden, dass Gott im AT befiehlt, Menschen zu töten u.a., was doch böse sei usw. Das genau passiert dann, wenn wir uns am Prinzip „Gut und Böse“ orientieren.

        Im AT wird dieses Prinzip auf die Spitze getrieben durch das Gesetz. Es bringt den Menschen nicht nur in Knechtschaft unter den toten Buchstaben und tötet ihn. Es kann ihn auch nicht erlösen.

        Gott, der große Pädagoge, bringt den Menschen damit gezielt an den Punkt, wo er mit seine Selbstzufriedenheit und Selbstgerechtigkeit ans Ende kommt und erkennt, dass er dem Prinzip „Gut und Böse“ nicht gerecht werden kann. Wo er mit Paulus ruft:

        „Denn das Gute, das ich will, übe ich nicht aus, sondern das Böse, das ich nicht will, das tue ich.“ (Römer 7,19)

        So lange man sich noch für einen einigermaßen guten Menschen hält, kann man das Angebot der Erlösung nicht verstehen. Der einzige Sinn, den die Erkenntnis von Gut und Böse für uns noch hat, ist der, dass sie uns ans Kreuz Jesu führt und auf die Knie bringt, damit das geschieht, was Jesus hier beschreibt:

        „Er sagte aber zu einigen, die überzeugt waren, fromm und gerecht zu sein, und verachteten die anderen, dies Gleichnis: Es gingen zwei Menschen hinauf in den Tempel, um zu beten, der eine ein Pharisäer, der andere ein Zöllner. Der Pharisäer stand und betete bei sich selbst so: Ich danke dir, Gott, dass ich nicht bin wie die anderen Leute, Räuber, Ungerechte, Ehebrecher, oder auch wie dieser Zöllner. Ich faste zweimal in der Woche und gebe den Zehnten von allem, was ich einnehme. Der Zöllner aber stand ferne, wollte auch die Augen nicht aufheben zum Himmel, sondern schlug an seine Brust und sprach: Gott, sei mir Sünder gnädig! Ich sage euch: Dieser ging gerechtfertigt hinab in sein Haus, nicht jener. Denn wer sich selbst erhöht, der wird erniedrigt werden; und wer sich selbst erniedrigt, der wird erhöht werden.“ (Lukas 18, 9-14)

        Wir werden auch nicht dazu erlöst, damit wir danach in der Lage sind, aus der Erkenntnis von Gut und Böse zu leben. Sondern aus einer lebendigen Beziehung zu Jesus Christus, der behauptet, dass seine Schafe seine Stimme kennen.

        Die Wahl besteht also darin, aus eigenem Gutdünken die Erkenntnis von Gut und Böse auszuleben oder aus einer Beziehung zu Jesus Christus. Das Erste tun wir „automatisch“, sozusagen aus dem Bauch heraus, weil wir so geprägt sind. Das Letztere bedarf der lebenslangen Schulung und inneren Umpolung.

        Was den Grad der menschlichen Verderbtheit betrifft, hat Frau Küble die theologischen Positionen zutreffend referiert. Man muss sich allerdings dabei immer im Klaren darüber sein, dass in der Theologie mit ähnlichen Worten nicht immer Gleiches gemeint ist. Ich fand es sehr gewinnbringend, Luthers Antwort an Erasmus über den „unfreien Willen“ zu lesen. Eine deutsche Übersetzung finden Sie hier:

        https://www.heiligenlexikon.de/Literatur/Martin_Luther_unfreier_Willen.htm

        Denn es geht bei der Frage nach der Verderbtheit des Menschen ja genau um diese Frage: „Inwieweit ist der (unerlöste) Mensch aus sich heraus überhaupt in der Lage, Gottes Willen zu erkennen und zu tun?“

        Wenn Jesus über die Menschen, die ihn ablehnen sagt, sie seien „tot in ihren Sünden“ wie auch der verlorene Sohn in dem Gleichnis „verloren und tot“ war, bis er zurückkam, wie groß war dann ihre Fähigkeit, aus eigener Kraft, ein Leben nach Gottes Willen zu führen? Was vermag ein Toter zu tun?

        Ich jedenfalls bin überzeugt davon, dass es dereinst keinen einzigen Menschen im Himmel geben wird, der erklärt, er habe aus eigener Kraft die Erlösung in Jesus Christus gefunden. Jeder hingegen wird berichten, dass es Jesus selbst war, der sich auf die Suche nach ihm gemacht und ihn gefunden hat.

        Damit hat sich für mich auch die Frage nach dem Grad der menschlichen Verlorenheit erledigt. Denn sie ist jedenfalls so groß, dass wir sie aus eigener Kraft weder aufheben wollen noch können.

        Da hier sicher wieder entgegnet werden wird, Jesus habe selbst gesagt, dass das Gesetz erfüllt sein müsse und jeder Buchstabe darin zu beachten sei, gehe ich gleich darauf ein:

        1. Es ist Jesus selbst, der das Gesetz erfüllt hat und weiterhin erfüllt. Er wohnt im Gläubigen und wo immer der Gläubige mit ihm kooperiert, wird er nichts tun, was dem Gesetz entgegen steht. Für den Christen ist dann aber eben nicht das Gesetz das Gegenüber, dem er verpflichtet ist, sondern Christus.

        2. Der Wille Jesu geht über das mosaische Gesetz hinaus. Mehrfach betont dies Jesus mit seinem „Ich aber sage Euch!“ Es handelt sich um Verschärfungen des Gesetzes, nicht um Erleichterungen.DESHALB wendet sich Jesus gegen die Aufweichung des Gesetzes. Aber auch hier gilt Punkt 1: Wir sind nicht mehr dem Gesetz verpflichtet, sondern Christus.

        3. Ein kleines Beispiel: Ich kann an meine Schlafzimmertür ein paar geschriebene Gebote hängen wie z,B.

        a) Ich schreie meine Frau nicht an.
        b) Ich vergewaltige meine Frau nicht.
        c) Ich schlage meine Frau nicht.

        Oder ich LIEBE meine Frau in der Kraft Jesu wie Christus die Gemeinde. Dann brauche ich meinen Zettel nicht, weil ich all das von a) bis c) ohnehin nicht tun werde, dafür noch Anderes Gutes, das gar nicht im Gesetz steht. Und es wird nichts sein, auf das ich stolz sein muss. Denn Christus wird mich dazu befähigen;

        „Denn Gott ist es, der in euch wirkt beides, das Wollen und das Vollbringen, nach seinem Wohlgefallen.“ (Phil 2, 13)

        1. Guten Tag,
          Sie antworten auf meinen Leserkommentar und erwähnen mich, ohne meinen Standpunkt richtig darzustellen. Erstens habe ich nicht allgemein geschrieben, der Sündenfall bestehe in einer Autonomie der Entscheidung über Gut und Böse, sondern habe konkret auf den speziellen Punkt von „gelbkehlchen“ geantwortet, warum denn Gott – wie es beim Sündenfall scheine – etwas dagegen habe, wenn der Mensch Gut und Böse erkenne, das sei doch in Gottes Interesse. Genau HIERAUF schrieb ich dann, dies sei richtig erkannt, aber der Mensch solle eben nicht autonom (!) über Gut und Böse befinden, sondern in Orientierung an Gott und seinem Wort.
          Daß es beim Sündenfall – allgemein betrachtet – um einen verweigerten Glaubensgehorsam und um fehlendes Vertrauen gegenüber dem Schöpfer ging, ist mir auch klar (eine Binsenweisheit), daß es also um die vom Menschen mutwillig zerstörte Freundschaft mit Gott geht.
          Sodann verwechseln Sie die Lehre von der „Verderbtheit“ mit dem Punkt der „Verlorenheit“. Es ist doch klar, daß auch die katholische Kirche in Übereinstimmung mit dem NT verkündet, daß der Glaube das entscheidende Fundament ist („Ohne Glauben ist es unmöglich, Gott zu gefallen“).
          Konsequenterweise lehrt daher die katholische Kirche, daß die guten Werke von Unläubigen keinen Wert für den Himmel haben, weil sie ja gar nicht in Verbindung mit Gott stehen (wollen). Nur die guten Werke auf der Grundlage des Glaubens werden in der Ewigkeit durch Gottes Gnade (!) belohnt.
          Der Mensch – so sagt es auch die Kirche – ist ohne Glaube und ohne Taufe „verloren“, er kann nicht von sich aus – ohne Gottes Gnade in Christus – das Heil erlangen.
          Aber dieses Verlorensein des „natürlichen Menschen“ (ohne Gott) ist doch nicht dasselbe wie eine angeblich völlige „Verderbtheit“ seiner Natur, seines Verstandes, seines Willens usw.
          Auch hier bringen Sie – wie beim Sündenfall-Thema – wieder einmal die verschiedenen Ebenen durcheinander (das tun Sie ständig!).
          Der natürliche Mensch ist sehr wohl zu einer gewissen grundlegenden Erkenntnis fähig, wie Paulus ausdrücklich schreibt, auch zur Einsicht, daß Gott existiert und über Recht und Unrecht, weshalb – so Paulus – auch die Heiden nicht entschuldigt sind, denn dieses Grundlegende können sie allein aufgrund ihrer Natur und Vernunft – auch ohne Glauben – erkennen.
          Typisch für Nichtkatholiken ist Ihre Relativierung von Gesetz und Geboten. Als der reiche Jüngling Christus fragte, wie er das ewige Leben erlangen könne, antwortete der HERR:
          „Willst Du zum Leben eingehen, dann halte die Gebote!“
          Natürlich geht die Lehre Christi über die Gebote noch weit hinaus, aber damit behalten sie ja erst recht ihre Gültigkeit und Verbindlichkeit, sie werden nämlich bestätigt und sogar noch übertroffen.
          Freundlichen Gruß!
          Felizitas Küble

        1. Guten Tag,
          was soll dieser künstliche Gegensatz?
          Im Gehorsam gegenüber Gott sollen wir das Gute tun!
          Natürlich legt Gott Wert auf Gut und Böse, die ganze Heilige Schrift ist voll davon.
          Wer gehorsam sein soll, muß zudem auch wissen, in welcher Weise und w a s er tun soll.
          Freundlichen Gruß!
          Felizitas Küble

      3. Guter Anonymous, ein Zitat von Ihnen: „Hallo gelbkelchen,
        sie urteilen, wie Sie schreiben, nach Ihrem eigenen Verständnis. Und genau hier sitzt das Problem.“
        Wenn Sie Ihr Tagwerk beginnen, orientieren Sie sich bei jeder Ihrer Handlungen an Jesus? Jesus hat doch in der Bibel für das praktische Leben keine Handlungsanweisungen gegeben, er konnte das ja gar nicht, dazu ist das Leben viel zu komplex. Und er konnte gar nicht bei jeder Handlung oder jeder unterlassenen Handlung Gut und Böse vorgeben. Und da setzt dann die Vernunft oder der Verstand ein. Ob wir uns dann daran orientieren, ist eine andere Sache. Auch wenn er viele Gleichnisse erzählt hat, die dazu auch noch oft unterschiedlich interpretiert werden und oft widersprüchlich sind. Das Gleichnis z.B. von den Arbeitern im Weinberg, die zu unterschiedlichen Zeiten beginnen und dann doch den gleichen Lohn bekommen. Im Gegensatz dazu die Gerichtsrede, wo gute Werke und Leistung als Eintrittskarte für den Himmel notwendig sind. Und der Jakobusbrief, der besagt, dass der Glaube ohne Werke tot ist.
        Ohne die Beurteilung durch Vernunft und Verstand kommen wir in diesem Leben gar nicht aus, denn das Leben ist zu komplex, um für jede Handlung eine Maßregel vorzugeben. Das, was Sie beschreiben, ist in meinen Augen Schwärmerei.

  4. Verheerend wirkte sich aus die Aufgabe der alten lateinischen tridentinischen Messe als traditionaler „Heiliger Messe aller Zeiten“ und traditioneller Messe für Katholiken durch die katholische Kirche – diese war und ist lebendige spirituelle christliche Tradition und Mystik.

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  5. Ingrid Steeger nicht gerade meine Kragenweite, aber symphatischer wie Iris Berben, wo Gott Mammon an ihrer Seite ist. Es zeigt, wie asozial unsere Gesellschaft ist, wenn Rentner trotz Geld durch krankhafte Erziehungspolitik wegen ihrer Verfehlungen wie Obdachlose auf der Straße landen. Natürlich muss einem Missstand Abhilfe geschaffen werden, aber wie human oder grausam, das ist die Frage. Nur eine Lobby kann sich eine Seniorenresidenz heute leisten, wo sie würdevoll dem Alter begegnen kann. Da werden auch Tiere als seelische Therapeuten eingesetzt und wer wirklich tierlieb ist, der begrüßt die Kombination Seniorenresidenz und Tierpark, wo Senioren ihre Liebe zu den Tieren ausleben können. Das bleibt aber für viele Menschen in schlimmen Situationen verschlossen und ihnen bleibt nur bis zur Bahre die Verwahranstalt. . .

  6. Hallo gelbkelchen,

    Frau Küble schreibt:

    „Eigennutz bezieht sich auf weltliche Wünsche und Erfolgsaussichten.“

    Was aber sind denn „weltliche Wünsche und Erfolgsaussichten“ in der Praxis?

    Menschen kamen zu Jesus, um ganz eigennützig von Krankheiten befreit zu werden und er heilte sie. Bei einer Hochzeit vermehrte er den Wein, was zu einer Steigerung des Alkoholkonsums führte. Andere Menschen suchten seine Freundschaft, weil sie ihnen gut tat.

    Tatsächlich gehört es zu einer lebendigen Beziehung mit Christus auf ihn in allen Schwierigkeiten und Notlagen zu vertrauen und seine Hilfe zu erwarten.

    Im Hebräerbrief lesen wir, dass Gott die belohnt, die glauben, dass er ist und ihn suchen.

    Jesus spricht des Öfteren vom Lohn im Himmel UND von positiven Auswirkungen des Glaubens in diesem Leben. Beides appelliert an unser Eigeninteresse.

    Der entscheidende Faktor scheint mir zu sein, worauf ich vertraue:

    Auf mich und meine Fähigkeiten, glücklich zu sein oder auf Gottes Gegenwart, Kraft und Zusagen. Und die Letzteren darf ich gerne „für mich“ annehmen.

    Wenn ich mich selbst verleugne, dann bedeutet es genau das:

    Dass ich nicht mehr im Mittelpunkt stehe, dass es nicht mehr auf mich und meine Fähigkeiten, oder meine Fehler ankommt, sondern allein darauf, was ich Jesus erlaube, aus meinem Leben zu machen. Und mein Mitwirken ist nicht kausal, sondern drückt die reine Gnade und Freundlichkeit Gottes aus, die es mir erlaubt, an Gottes Wirken teilzuhaben.

    „Vertraue auf den HERRN mit deinem ganzen Herzen und stütze dich nicht auf deinen Verstand! Auf all deinen Wegen erkenne nur ihn, dann ebnet er selbst deine Pfade! Sei nicht weise in deinen Augen, fürchte den HERRN und weiche vom Bösen! Das ist Heilung für deinen Leib, Labsal für deine Gebeine. Ehre den HERRN mit deinem Besitz, mit den Erstlingen all deines Ertrages! Dann füllen deine Speicher sich mit Vorrat, und von Most fließen über deine Keltern. Die Zucht des HERRN, mein Sohn, verwirf nicht, und lass dich nicht verdrießen seine Mahnung! Denn wen der HERR liebt, den züchtigt er wie ein Vater den Sohn, den er gern hat.“
    Sprüche 3,5-12

    1. Guten Tag,
      bei der Hochzeit von Kana ging es nicht um die „Steigerung des Alkoholkonsums“, vielmehr erkannte Maria aufmerksam die peinliche Situation, daß dem Brautpaar der Wein ausging – und um ihm aus der Verlegenheit zu helfen, sprach sie Christus vertrauensvoll darauf an, der erst zögerte, aber dann sein erstes Zeichen wirkte, worauf es heißt: „….und seine Jünger glaubten an ihn“.
      Sie schreiben: „Tatsächlich gehört es zu einer lebendigen Beziehung mit Christus auf ihn in allen Schwierigkeiten und Notlagen zu vertrauen und seine Hilfe zu erwarten.“ – Was heißt „erwarten“? Der HERR ist nicht zur Hilfe verpflichtet, so daß wir etwas zu „erwarten“ haben, aber wir können seine Hilfe erbitten – in WELCHER ART dann Gott uns hilft, bleibt IHM überlassen, immerhin beten wir bei jedem Vaterunser: DEIN Wille geschehe!
      DAS ist die christliche Haltung, wie sie unser HERR selber vorgelebt hat im Garten Gethsemane: „Vater, nicht mein, sondern Dein Wille geschehe!“
      Gott ist nicht unser Befehlsempfänger!
      Zudem hat ER nicht alle geheilt, übrigens auch Paulus nicht in seiner Krankheit, obwohl dieser ihn dreimal darum bat. Vielmehr sagte der HERR zu ihm: „Laß Dir an meiner Gnade genügen.“
      Freundlichen Gruß!
      Felizitas Küble

      1. Ich habe nicht behauptet, es sei in Kanaa um die Steigerung des Alkoholkonsums gegangen, sondern dass diese unmittelbare Folge des Wunders waren. Oder anders gesagt: Hätte Jesus den erhöhten Alkoholkonsum vermeiden wollen, hätte er das Wunder nicht getan.

        Ja, wir dürfen Hilfe und noch mehr ERWARTEN! Und zwar als etwas, was Gott uns gerne schenken will. So wie meine Kinder von mir Gutes ERWARTEN dürfen. Deshalb bin ich ja ihr Vater! Die ERWARTUNG hat ihre Grundlage NICHT in einer „Verpflichtung“, die wir Gott auferlegen würden, sondern in seiner SELBSTVERPFLICHTUNG.

        Wir bitten als solche Menschen, die schon jetzt darauf vertrauen, dass unsere Bitten erhört werden. Ja, der Vater weiß schon, was wir brauchen, BEVOR wir ihn bitten und er will uns das auch von Herzen geben.

        Gott ist LIEBE. Und LIEBE will das BESTE für den Geliebten.Darauf kann ich mein Leben bauen als geliebtes Kind Gottes.

        Natürlich decken sich menschliche Vorstellungen davon, was jetzt gerade das Beste für uns ist, nicht immer mit Gottes Vorstellungen. So wie ein verständiger Vater seinem 2 jährigen Sohn nicht das scharfe Fleischermesser geben wird, und wenn der Kleine noch so sehr danach verlangt.

        Ich habe mit keinem Wort behauptet, ich könne Gott etwas „befehlen“. Wie kommen Sie nur auf diesen absurden Gedanken?

        Welches der Stachel im Fleisch des Paulus war, wissen wir nicht. Es muss keine Krankheit gewesen sein. Wir wissen allerdings aus den Evangelien, dass oft berichtet wird, Jesus habe alle geheilt. (Lukas, Kap. 6, 19; Matth. 8, 16; Lukas 4, 40; Matth. 9, 35 und 12, 15 usw. usf.) Die einzige Grenze, die es zu geben scheint, ist der Glaube (vgl. Markus 6, 5 und 6) Jesus hat nie jemanden abgewiesen, der ihn um Heilung bat. Manchmal heißt es auch, er heilte „viele“, was aber rein sprachlich nicht den Schluss zulässt, er habe Bittsteller nicht geheilt.

        Langer Rede – kurzer Sinn: Ja, es werden heutzutage nicht alle, die darum bitten, von Krankheiten geheilt. Der Grund muss aber nie sein, dass Jesus die Heilung verweigert. Es kann viele andere Gründe dafür geben.

        Gethsemane ist eingebettet darin, dass Jesus schon weiß, was der Wille des Vaters ist: Durch sein stellvertretendes Leiden Menschen zu erlösen. Jesus muss also nicht rätseln, ob es jetzt Gottes Wille ist, ihn zu verschonen oder nicht. So ist das auch mit jeder klaren Berufung, die Menschen empfangen. Was immer diese Berufung gefährdet oder gar beendet, kann nicht der Wille des Vaters sein. Das ist also eine komplett andere Fragestellung.

        Jesus bekennt im Ergebnis dem Vater seine verständliche menschliche Angst vor dem Leidensweg, der vor ihm liegt. „Wenn es möglich ist, dann laß diesen Kelch an mir vorübergehen!“ ist ist eine verzweifelte emotionale Anfrage danach, ob es einen anderen Weg gibt, die Mission zu leben, obwohl Jesus natürlich genau weiß, dass es nur diesen einen Weg gibt. Die Einschränkung „Wenn es möglich ist“ verrät uns schon, dass er das weiß. Der Nachsatz „Nicht mein Wille, sondern Dein Wille geschehe“ sagt ja nicht aus, dass Jesus einen Moment lang ungehorsam gewesen sei und jetzt wieder zum Vater umkehrt. Damit bekräftigt er vielmehr, dass er trotz seiner emotionalen Ergriffenheit, daran festhält, den Willen des Vaters zu tun und die Mission zu erfüllen.

        Oder wollen Sie mir jetzt im Ernst sagen, Jesus hätte einen Willen konträr zum Willen des Vaters gehabt? Nein, er schüttet nur sein Herz aus, ohne den Willen des Vaters wirklich zu verlassen.

    2. @anonymous: Bezüglich des Verstandes, den uns Gott gegeben hat, zitiere ich aus dem Katechismus der Katholischen Kirche (Weltkatechismus, KKK, http://www.vatican.va/archive/DEU0035/_INDEX.HTM). Und ich meine, Gott hat uns den Verstand oder die Vernunft zum eigenen Gebrauch gegeben:
      159 Glaube und Wissenschaft. ,,Auch wenn der Glaube über der Vernunft steht, so kann es dennoch niemals eine wahre Unstimmigkeit zwischen Glauben und Vernunft geben: denn derselbe Gott, der die Geheimnisse offenbart und den Glauben eingießt, hat in den menschlichen Geist das Licht der Vernunft gelegt; Gott aber kann sich nicht selbst verleugnen, noch (kann] jemals Wahres Wahrem widersprechen“ (1. Vatikanisches K.: DS 3017).
      ,,Deshalb wird die methodische Forschung in allen Disziplinen, wenn sie in einer wirklich wissenschaftlichen Weise und gemäß den sittlichen Normen vorgeht, niemals dem Glauben wahrhaft widerstreiten, weil die profanen Dinge und die Dinge des Glaubens sich von demselben Gott herleiten. Ja, wer bescheiden und ausdauernd die Geheimnisse der Dinge zu erforschen versucht, wird, auch wenn er sich dessen nicht bewußt ist, gleichsam an der Hand Gottes geführt, der alle Dinge trägt und macht, daß sie das sind, was sie sind“ (GS 36,2).

      1. Verstand und Glaube sind zwei verschiedene Kategorien. In der von mir zitierten Bibelstelle geht es nicht darum, den Verstand zu verteufeln. Es geht um die Frage, WORAUF wir vertrauen = WORAUF wir uns verlassen.

        Der menschliche Verstand ist begrenzt und von Sünde beeinflusst. Dennoch soll auch er befreit und geheilt werden zum Lob Gottes. Aber das macht ihn nie zur Grundlage meines Seins vor Gott.

        Deshalb muss niemand besonders intelligent sein, um Gott wohl zugefallen. Die einzig relevante Frage ist, worauf er sein Herz gründet. Wer sein Herz auf Jesus Christus gründet und nicht auf seinen Intellekt, dem wird zugesagt, dass sein Leben gelingt.

      2. @Anonymous: Zitat: „Der menschliche Verstand ist begrenzt…“
        Wir haben aber nichts anderes als unseren Verstand, um zu erkennen, was gut und richtig ist. Und wenn Sie auf die Bibel und Jesus verweisen, da gibt es enorm viele Widersprüche, für mich ein Grund, den Gott der Bibel abzulehnen.
        Allerdings ist die Durchdringung des ganzen Universums mit hochintelligenter Mathematik für mich ein starker Hinweis auf einen Schöpfergott. Und ich hoffe wie Sie auch auf einen liebenden Schöpfergott, der seine Schöpfung liebt.

  7. Zitat: „Aus Mt 6,1-16 geht hervor, daß Christus die Lauterkeit der guten und frommen Werke wichtig ist: Nicht aus Eigennutz, nicht im Hinblick auf Lohn, Erfolg, Ansehen, Macht und Beliebtheit sollen wir fasten, beten und handeln, sondern aus Liebe zum Vater im Himmel und zum Nächsten.“
    Gibt es denn überhaupt selbstlose gute Werke? Selbst Mutter Teresa hatte doch im Hinterkopf, für ihre guten Werke mit dem Himmel belohnt zu werden. Jesus selbst bietet ja in Mt 25, 31-46 (Gerichtsrede) den Himmel als Lohn für gute Werke und die ewige Hölle als Strafe für nicht getane gute Werke an.Er hat also ein Belohnungs- und Bestrafungssystem und das hat dann nichts mehr mit Selbstlosigkeit zu tun. Nur Heuchler können sich dann Selbstlosigkeit einreden.

    1. Guten Tag,
      Eigennutz bezieht sich auf weltliche Wünsche und Erfolgsaussichten. Das gläubige Wissen, daß Gott das Gute belohnt und das Böse bestraft, ist eine schlichte Ableitung der Tatsache, daß Gott gerecht und heilig ist. Zudem haben wir auch durch gute Werke keinen „Anspruch“ auf dem Himmel, dieser ist und bleibt ein Geschenk des Höchsten, aber Gott bleibt sich selber treu – und deshalb dürfen wir uns über seine Güte freuen, ohne daß wir uns vor Gott rühmen – das wäre wirklich Heuchelei.
      Natürlich ist kein Mensch völlig selbstlos, es geht hier um ein Ideal, dem wir näherrücken können und sollen.
      Freundlichen Gruß!
      Felizitas Küble

  8. Dass es Versuchung gibt und wir auch dieser Gefahr grundsätzlich ausgesetzt sind, ist ja nicht das Problem. Und auch nicht, dass der Gläubige auch für Bewahrung in der oder vor der Versuchung beten kann. Aber der springende Punkt ist doch die Frage:

    Führt GOTT Menschen in Versuchung?

    Und muss deshalb der Mensch Gott bitten, dies nicht zu tun? So, dass der Mensch sozusagen durch die Bitte Gott in den Arm fällt und ihn abhält, etwas zu tun, was dem Menschen schadet?

    Die grundlegende Problematik wird hier ganz gut referiert:

    https://www.evangelisch.de/inhalte/147361/08-12-2017/papst-franziskus-vaterunser-uebersetzung-versuchung

    Ja, Jesus wurde in die Wüste gesandt, um versucht zu werden. Aber der Versucher dort war nicht Gott. Es war eher eine Art „Test“ wie auch das Wort Gottes an Abraham, seinen Erstgeborenen Isaak auf dem Berg Moria zu opfern. In beiden Fällen dürfen wir aber davon ausgehen, dass der Vater nicht wollte, dass Jesus der Versuchung anheim fällt und dass Gott NICHT das blutige Opfer Isaaks wollte. Der „Test“ bestand also gerade darin, NICHT zu fallen.

    Sollten wir beten, nicht auf diese Weise „versucht“ zu werden? Warum? Wäre es falsch „getestet“ zu werden? Oder wie es sonst im wieder heißt „geprüft“ zu werden?

    Wenn aber nun Jesus den Jüngern angeblich als Gebet beibringt, Gott selbst zu bitten, dass ER sie nicht in Versuchung führt, was sagt das über Gott aus? Versucht Gott den Menschen zum Bösen und muss er durch das Gebet davon abgebracht werden?

    Jakobus sagt uns das Gegenteil:

    „Niemand sage, wenn er versucht wird, daß er von Gott versucht werde. Denn Gott kann nicht versucht werden zum Bösen, und er selbst versucht niemand. Sondern ein jeglicher wird versucht, wenn er von seiner eigenen Lust gereizt und gelockt wird. Darnach, wenn die Lust empfangen hat, gebiert sie die Sünde; die Sünde aber, wenn sie vollendet ist, gebiert sie den Tod. Irret nicht, liebe Brüder. Alle gute Gabe und alle vollkommene Gabe kommt von oben herab, von dem Vater des Lichts, bei welchem ist keine Veränderung noch Wechsel des Lichtes und der Finsternis. Er hat uns gezeugt nach seinem Willen durch das Wort der Wahrheit, auf daß wir wären Erstlinge seiner Kreaturen.“ (Jakobus 1, 13 – 18)

    Danach steht fest: Gott versucht uns nicht zum Bösen. Im Gegenteil: Von Gott kommt nur Gutes.

    Die entsprechende Bitte im Vaterunser kann das also schlicht nicht meinen. Und wir haben einen unauflösbaren Widerspruch in der Bibel über eine wichtige Frage.

    Tatsächlich heißt es ja:

    „Führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen!“

    Das Ziel des Gebets ist daher Erlösung und Errettung aus Versuchung. Das aber entspricht dem Willen und dem Wesen Gottes. Wie auch immer der Satzteil „Führe uns nicht bin Versuchung“ zu verstehen ist. Er KANN NICHT bedeuten, dass Gott uns zum Bösen versuchen will und wir ihn durch Gebet davon abhalten sollen. Denn das widerspricht seinem Wesen.

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