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Regensburg: 200 junge Männer laden Passanten persönlich in die Kirche ein

Priesteramts-Kandidaten gehen raus auf die Straße

Wie kann man heutzutage Menschen für den katholischen Glauben begeistern? Wie gewinnt man jung und alt für die Sonntagsmesse? Wie bringen wir die Menschen dazu, sich für die Kirche zu interessieren?

Ganz einfach, dachten sich 200 junge Männer: Wir gehen auf die Straßen der Regensburger Altstadt, sprechen die Passanten persönlich an und laden Sie ein, am Sonntag die hl. Messe im Dom zu besuchen. Otto Neubauer Referent

Als kleine Erinnerungshilfe bekommt jeder eine Postkarte mit einer freundlichen Einladung an die Hand, dazu die Gottesdienstzeiten. Die Vorderseite der Karte zeigt die Silhouette der Kathedrale St. Peter, übertitelt mit dem Logo „Gott Zeit Dank“.

Hintergrund dieser Idee war das Alumnentreffen der bayerischen Priesterseminare. Die Priesteranwärter waren mit ihren Ausbildern am Samstag zu Gast im Regensburger Priesterseminar St. Wolfgang, um dieses Thema zu erörtern, sich auszutauschen und schließlich auf die Straße zu gehen.

Bevor es soweit war, gab es ein Coaching durch Otto Neubauer (siehe Foto), der eigens aus Wien angereist war. Dort leitet er die Akademie für Evangelisation. Bekannt ist Neubauer auch als Verantwortlicher bei der Umsetzung der Wiener Stadtmission im Jahr 2003 oder als Autor für sein Buch über Neuevangelisation mit dem Titel „Mission possible“.

„Wo meinen Sie, würde Jesus Christus sich aufhalten wollen, wenn er heute in Ihrer Pfarrei zu Gast wäre?“, fragte Neubauer die  Seminaristen. Sicher würde er sich nicht verstecken, sondern in die belebteste Einkaufsstraße der Stadt gehen, wo die Menschen sind, beantwortete der Referent seine Frage selbst. Strassenmission1

Auch Papst Franziskus rufe immer wieder dazu auf, hinauszugehen auf die Straßen, am die Hecken und Zäune, mitten ins tägliche Leben.

Wir leben heute in einer Zeit, in der Priester die Menschen aufsuchen müsse, wie ein Hirte seinen verlorenen Schafen nachgeht. Dies sei eine wichtige Chance für die Kirche. 

Im Wesentlichen sei, so Neubauer, die Mission absichtslos. Vielmehr gehe es dabei darum, zu lieben, denn Liebe sei in sich absichtslos: Die Menschen wieder neu entdecken, von Herz zu Herz, in der persönlichen Begegnung. Dabei müsse man viel zuhören, viel wahrnehmen und weniger darstellen.

Erst dann folge Schritt für Schritt der Versuch, Antworten zu geben. Diese Antworten gebe letztendlich Gott, denn der Priester sei ja immer Sprachrohr des HERRN. Wichtig sei dabei aber, dass man einfach, aufmerksam und freundlich ist, rät Neubauer den jungen Seminaristen, erinnert aber auch an seine eigenen Erfahrungen auf der Strasse: „Man wird nie Profi, man bleibt immer Anfänger, denn jede Begegnung ist neu und man stellt sich neu darauf ein“.

Seine Erlebnisse zeigten, dass die Menschen offen und auch dankbar seien, angesprochen zu werden, um sich mitteilen zu können. Dazu brauche es aber den Schritt hin zu einer kleinen Demütigung, die Kultur des „Sich-Aussetzens“, auch wenn das den Menschen oft Angst mache. Strassenmission4

Die Kirche, appellierte Otto Neubauer, müsse unbedingt aus ihren geschlossenen Milieus hinaustreten, dann gäbe es sicher einen frischen Wind in der Kirche. Zwar nicht in der Masse aber für die, die da sind werde es dadurch ein neues Netzwerk geben. Dafür brauche es aber Zeit und auch viel Geduld.

Dann ging es hinaus auf die Straßen der Regensburger Altstadt  –  mitten in der Haupteinkaufszeit des frühen Samstagnachmittags. Was die jungen Männer erlebt hatten, wussten sie nachmittags zu erzählen:

„Es braucht wirklich viel Zeit“, erklärt der 26-jährige Dominic Ehehalt aus dem Bistum Augsburg: „Wir sind auf viel Ablehnung gestoßen, zwar war niemand aggressiv aber man muss sich auch vor Augen halten, dass man ein Anbieter unter vielen ist, wenn man persönlich auf die Menschen zugeht“.

Teilweise haben sich aber gute Gespräche entwickelt. Sein Highlight war, als man ihm sagte, wie gut es sei, dass sich junge Menschen wie er für die Kirche einsetzten.

Ramon Rodriguez, der das Regensburger Priesterseminar besucht, hatte sich einen besonderen Spruch für die Übergabe seiner Einladungskarte ausgedacht: „Darf ich Ihnen einen Gutschein für einen erholsamen Sonntagvormittag überreichen?“ – Das zog bei den Passanten!

Sebastian Lesch aus Eichstätt und David Böhm, der aus der Erzdiözese Berlin kommt und derzeit im Priesterseminar in Bamberg sein Propädeutikum absolviert, waren zu zweit in der Stadt unterwegs.

Positiv überrascht hatte sie dabei, dass gerade die jungen Menschen sich sehr offen zeigten und auf ihre Ansprache hin stehen blieben, um sich mit ihnen zu unterhalten. Zwei junge Damen wollten anfangs gar nicht glauben, dass sie vor zwei angehenden Priestern standen. Oft, so vermuten beide, herrsche wohl ein falsches Bild über Priester bei vielen Menschen vor.

Einig waren sich aber alle: Wir müssen raus zu den Menschen. Über unseren Tellerrand hinausblicken und offen auf alle zugehen. Nur so können wir glaubwürdig unseren Glauben unter die Leute bringen und von Gottes Botschaft überzeugen.  

Quelle (Text/Fotos): Jakob Schötz
Bischöfliches Presseamt Regensburg
Niedermünstergasse 2 – 93047 Regensburg
Tel: 0941/597-1061     Fax: 0941/597-1063
Email: jschoetz.medien@bistum-regensburg.de

 

Kommentare

3 Antworten

  1. Daß Seminaristen auf die Straße gehen und für den Gottesdienst werben, finde ich mutig und sympathisch.
    Aber die Sache ist ja nicht, daß jemand über die Möglichkeit des Gd.-Besuches informiert werden müßte, denn viele Menschen sind irgendwann früher ab und zu mal im Gd. gewesen – und sie haben sich dort nicht wiedergefunden, haben sich nicht angesprochen, sich nicht heimisch gefühlt.
    Es ist also nicht die Frage, wie man Menschen einlädt und begeistert, sondern wie man Gottesdienst so gestaltet, daß sie sich angesprochen fühlen – und wiederkommen.
    Es sollten m.E. viel mehr Jugendgottesdienste angeboten werden, die junge Leute selbst gestalten, und wir sollten sie machen lassen, um erst danach über ihre Ergebnisse zu debattieren.
    Wer soll noch in 25, 3o Jahren den Gottesdienst besuchen, wenn wir nicht der Jugend die Möglichkeit einräumen, ihre Vorstellungen zeigen zu können? (Und selbst wenn es einen Bruch geben sollte, einen Knick: Ist es nicht besser, mit diesem als Kirche weiterzuleben als ohne Knick und mit immer weniger Menschen?)
    In den letzten 2o Jahren sind fast 25o Kirchen bzw. Kirchengebäude entweiht, verkauft, verpachtet, umgebaut worden… Steht die Kirche nicht mehr im Dorf, ist von regelmäßigem Gottesdienstbesuch immer weniger die Rede.

    Liebe MitchristInnen, es liegt eine große Verantwortung in unserer Generation… Oder?

  2. „Wo meinen Sie, würde Jesus Christus sich aufhalten wollen, wenn er heute in Ihrer Pfarrei zu Gast wäre?“

    Weiß ich nicht. Entweder in der feierlich ausgesetzten Monstranz, oder doch auf dem Altar, auf dem das Meßopfer dargebracht wird, oder im Mund des Gläubigen. Hm.

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