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Sind wir auf dem Weg zum Designerbaby?

Von Dennis Riehle

Um zu verhindern, dass Menschen mit Behinderung einer zusätzlichen Diskriminierung ausgesetzt werden, ist es nun von großer Dringlichkeit, eine gesetzliche Grundlage für oder gegen die Übernahme von Kosten eines vorgeburtlichen Tests auf Trisomie 21 durch die Krankenkassen zu schaffen. Nur wer rechtzeitig mit einer gesellschaftlichen Debatte beginnt, kann verhindern, dass Dämme brechen.

Denn werden vorgeburtliche Untersuchungen auf Krankheiten und Behinderungen zur Standardleistung der gesetzlichen Krankenversicherung, so ist der Weg zum Designerbaby geebnet. Die Welt mag um manches Leiden ärmer werden, wenn wir künftig mit staatlicher Fürsprache heranwachsende Babys auf allerlei Handicaps überprüfen können – und damit Eltern die Ungewissheit über eine spätere Behinderung ihrer Kleinsten nehmen.

Doch ist es nicht genau dieser Gedanke, der die abstruse Fehlhaltung von „Nicht-Behinderten“ widerspiegelt? Wer sagt, dass ein Leben ohne Behinderung glücklicher, wertvoller, problemloser verlaufen wird?

Die Kategorie der „Erkrankung“ als aufbürdende Last missachtet die immense Lebenserfahrung, die Besonderheit und Einzigartigkeit von Menschen mit Handicap, die in ihrer Fröhlichkeit und Freundlichkeit zum Pluralismus unserer Zivilgesellschaft beitragen.

Der Mensch ist in der stetigen Ausformung eines neuen technischen, medizinischen und wissenschaftlichen Fortschritts vor die Herausforderung gestellt, sich von seinem Zielstreben nach Perfektion nicht selbst überholen zu lassen. Wer den Lauf der Dinge, die Vielfalt der Natürlichkeit durch vorzeitiges Eingreifen zu unterbinden vermag, spielt sich nicht nur als Gott auf, sondern missachtet die grundsätzliche Würde jedes Lebens.

Wir überhöhen den narzisstischen Drang nach unserer eigenen Sicherheit und Zufriedenheit über das Grundrecht auf Existenz eines anderen Menschen. Zweifelsohne wünschen wir unseren Kindern nur das Beste, doch es hat viel mit der Trägheit einer ganzen Nation zu tun, die sich nicht mehr aufzuraffen wagt, um Krankheit und Behinderung mit Empathie und Resonanz zu begegnen, sondern das Handicap als alleinige Last abzutun. Die Scheinheiligkeit einer „besorgten Gesellschaft“, die sich allein um das Wohl ihrer Kleinsten zu kümmern vorgibt, ist unter diesem Gesichtspunkt kaum zu überbieten.

Gerade bei Trisomie 21 gibt es aus meiner Sicht keinen nachvollziehbaren Grund, einem vorgeburtlichen Test die besondere Legitimation durch die Kostenübernahme der Krankenkassen zu gewähren. Viel eher bedarf es der Diskussion darüber, ob wir weiterhin bereit sind, Menschen mit Down-Syndrom unsere unvoreingenommene Solidarität zu demonstrieren – oder ob wir bereits dabei sind, uns insgeheim in ein Land ohne Ecken und Kanten verwandeln zu wollen.

Webpräsenz: www.Dennis-Riehle.de

 

Kommentare

8 Antworten

  1. Guten Tag,
    die Kassenfinanzierung dieser Tests war die aktuelle Fragestellung – und auch andere Lebensrechtler oder Verbände sprechen sich dagegen aus, wobei sie zugleich grundsätzlich gegen PND eintreten. Bei der Kritik an der Kassenfinanzierung geht es darum, daß es sich bei diesen Untersuchungen nicht um eine Heilbehandlung bzw. Gesundheitsmaßnahme handelt, sondern um das schlichte Gegenteil, wenn man z.B. bedenkt, daß 90% der Down-Syndrom-Babys nach einer PND abgetrieben werden.
    Freundlichen Gruß!
    Felizitas Küble

  2. Der Weg zur „Selektion“ der Ungeborenen ist schon beschritten – und führt weiter. Bemerkenswert ist nur die Wut unserer „politisch Korrekten“ gegen jeden Hinweis auf die im Grundsatz gleiche „Selektion“ Unerwünschter unter den National-Sozialisten.

    1. Bei der Gegendemonstration zum 1000 Kreuze-Gebetszug in Münster wird jedes Jahr das Denkmal von Kardinal von Galen beschmiert – als Prostest gegen die Kirche, welche das „Frauenrecht für Abtreibung“ nicht anerkennen will. Kardinal von Galen, der als mutiger Nazi-Gegner gegen die Euthanasie aufgestanden ist. Sein Einsatz gegen die Nationalsozialisten müsste doch von den Gegendemonstranten anerkannt werden? Warum hat man es dennoch auf sein Denkmal abgesehen? Weil die „Selektion“ ungeborenen Lebens, vergleichbar mit der Euthanasie, nicht beim Namen genannt werden darf. Weil er sich für das damals so bezeichnete „lebensunwerte“ Leben einsetzte, welches man auch heute gerne aus unserer perfekten Welt verbannen möchte.

      1. Die Frage stellt sich doch, welches politische und geschichtliche Hintergrundwissen solche „Gegendemonstranten“ besitzen, welche Denkmale beschmieren, verunstalten? Ihnen geht es letztlich nur darum, ihr politisches Kalkül, welches ich an dieser Stelle lieber nicht näher definieren möchte, störungsfrei umzusetzen. Wenn man mal hinterfragt, welche Gruppierungen, Verbände und Parteien hinter dieser Gegendemonstration stehen, erübrigen sich beinahe weitere Fragen und Unklarheiten bezüglich derer Motivation.

  3. Die Debatte um Früherkennung möglicher Trisomie 21 bei Embryonen im Mutterleib wird zur Zeit heiß diskutiert, wobei jedoch eigentlich der Mensch welcher von Trisomie 21 betroffen ist und damit leben muß, eher zu kurz kommt.

    Ich bin mir bewusst, daß meine Einwände auf Unverständnis und Widerspruch stoßen werden, dennoch muß ich sie in die Diskussion mit einfließen lassen, denn es geht um ein möglichst menschenwürdiges Leben.

    Man sollte nicht glauben, daß Trisomie 21, auch wenn es vereinzelt anders erscheinende Beispiele gibt, ein freies, uneingeschränktes, selbstständiges Leben ermöglicht, wie bei Menschen ohne Trisomie 21.

    Ich selbst habe etliche Jahre in einem Betrieb für behinderte Menschen gearbeitet, und auch viel mit Menschen zusammengearbeitet, welche Trisomie 21 hatten. Dabei konnte ich deren Möglichkeiten und Grenzen sehr deutlich studieren, beobachten. Ich selbst hatte in dem Betrieb die Funktion eines Vorarbeiters inne, welcher auch für die Koordination, Anleitung der Mitarbeiter, auch eben jener mit Trisomie 21 zuständig war.

    Trisomie 21 ist nicht unbedingt einheitlich in seinen Auswirkungen bezüglich der geistigen Auffassungsgabe oder motorischen Verhaltens, es gibt sehr starke Differenzen, bis hin zur fast vollständigen „Fremdabhängigkeit“, welche ein selbstständiges Leben unmöglich macht.

    Verinnerlicht man sich das als Frau und Mann, deren Kind von möglicher Trisomie 21 betroffen sein kann, habe ich durchaus Verständnis für den Gedanken des Schwangerschaftsabbruchs, denn als Eltern trägt man auch Verantwortung für das Leben seiner Kinder und deren möglichst unbeschwerte Entwicklung für ein Leben mit möglichst all seinen Genüssen und Freiheiten.

    Zudem ist es nicht allen Eltern möglich, die Aufgabe zu bewältigen, ein in der Form behindertes Kind großzuziehen, denn das erfordert u. U. viel psychische wie physische Energie, auch in finanzieller Hinsicht

    Ich plädiere daher eher für die Beibehaltung der Früherkennung sowie die Kostendeckung des Tests durch die Krankenkassen.

    Leider werde ich auch den Verdacht bei dem Thema nicht los, daß es nicht nur um den Menschen geht, sondern dass sich die öffentliche Diskussion eher zu einem Politikum entwickelt hat, nämlich jenem der bedingungslosen Akzeptanz, wobei Aspekte wie persönliche Möglichkeiten und auch die Gesunderhaltung der Gesellschaft in den Hintergrund tritt. Pflege von behinderten Menschen ist für den Einzelnen Bürger wie die gesamte gesellschaft sehr kostenintensiv. Auch hier wird es, da ich das Thema anspreche, einen Aufschrei mancher möglicher Diskussionsteilnehmer geben, welcher diese Überlegung übereilt als „gefühlskalt“ deklarieren könnte. Dennoch muß sich die gesellschaft auch mit diesem Thema der Folgekosten auseinandersetzen, soll sie nicht früher oder später kollabieren.

    Als erwähnenswert erachte ich auch die medizinische Möglichkeit, daß bei der Früherkennung und positivem Nachweis einer möglichen Trisomie 21 es medizinische Einwirkungen gibt (Injektionen entsprechender Wirkstoffe), welche die Unverträglichkeit der Blutgruppen von Frau und Mann, die Trisomie 21 hervorrufen können, so beeinflussen, daß Trisomie 21 weitgehend ausgeschlossen werden kann.
    Diese Injektion ist beständig, so daß nachfolgende Schwangerschaften bezüglich des Risikos von Trisomie 21 ausgeschlossen sind. Ich bin medizinisch nicht so bewandert, daß ich es besser beschreiben könnte.
    Da ich die vorgenannte Möglichkeit aus eigener Erfahrung kenne, stimme ich eindeutig zu der Früherkennung, ohne welche die Chance, Trisomie 21 durch Injektion weitgehend auszuschließen, nicht möglich wäre. Auch sehe ich diese Injektion als wertvolle Chance, Abtreibungen zu verhindern, was seinerseits gegen die Ablehnung der Früherkennung spricht.

    1. Ich neige normalerweise ja nicht zum „motzen“, aber in dem Fall fällt mir nichts anderes ein als:

      Das ist also der Hardliner „wolfsattacke“. Ultrakonservativ (und wohl auch christlich), aber wenn’s ans Geld geht, dann auf wundersame Weise „pragmatisch“ und auch verachtend gegenüber dem menschlichen Leben.

      Deswegen meine Antwort: Ja, alle Menschen mit Trisomie 21 sind geistig behindert, die einen mehr, die anderen weniger. Dort aber von „Folgekosten“ zu sprechen, ist zynisch und menschenverachtend. Wenn manche Familien die Pflege finanziell nicht stemmen können, sollte der Staat und die Allgemeinheit eher überlegen, wie man solche Familien entlasten kann. Und Trisomie 21 tritt nicht in solchen Massen auf, dass die Gesellschaft „früher oder später kollabieren“ würde. Sonst wäre sie es schon am Anfang der Menschheit (oder spätestens nach dem Sieg des Christentums), weil damals die Möglichkeit der Abtreibung nicht bestand und das Aussetzen von Kindern verpönt war.

      „als Eltern trägt man auch Verantwortung für das Leben seiner Kinder und deren möglichst unbeschwerte Entwicklung für ein Leben mit möglichst all seinen Genüssen und Freiheiten.“ Ja richtig – und gerade deswegen darf man sie nicht im Mutterleib zerreißen und auf den Klinikmüll werfen lassen.

      Am Ende verwechseln Sie übrigens etwas. Bei Blutgruppenunverträglichkeit zwischen Frau und Kind (nicht direkt zwischen Frau und Mann) kann es zu einer Behinderung des Kindes kommen. Diese rührt aber von einer Unterversorgung des Kindes mit Sauerstoff und hat mit Trisomie 21 nichts zu tun.

      1. Zitat: „Dort aber von „Folgekosten“ zu sprechen, ist zynisch und menschenverachtend. Wenn manche Familien die Pflege finanziell nicht stemmen können, sollte der Staat und die Allgemeinheit eher überlegen, wie man solche Familien entlasten kann. Und Trisomie 21 tritt nicht in solchen Massen auf, dass die Gesellschaft „früher oder später kollabieren“ würde. Sonst wäre sie es schon am Anfang der Menschheit (oder spätestens nach dem Sieg des Christentums), weil damals die Möglichkeit der Abtreibung nicht bestand und das Aussetzen von Kindern verpönt war.“ Zitat Ende

        Nein, von den Folgekosten zu sprechen ist keineswegs zynisch, sondern in der gesellschaftspolitischen Diskussion durchaus gängig und auch notwendig. Ich wage auch zu behaupten, daß Trisomie 21 nur deshalb nicht so häufig auftrat, weil es eben die Früherkennung schon lange gibt und die Paare halt die Wahl haben, ob sie einen Schwangerschaftsabbruch bzw. die von mir genannte Injektion erhalten wollen, deren genaue Bezeichnung ich jetzt nicht wiedergeben kann.

        Zitat: „Am Ende verwechseln Sie übrigens etwas. Bei Blutgruppenunverträglichkeit zwischen Frau und Kind (nicht direkt zwischen Frau und Mann) kann es zu einer Behinderung des Kindes kommen. Diese rührt aber von einer Unterversorgung des Kindes mit Sauerstoff und hat mit Trisomie 21 nichts zu tun.“ Zitat Ende

        Da muß ich widersprechen, denn genau aus diesem Grund, weil die Blutgruppen von mir und meiner Ehefrau das Risiko beinhaltete, daß unser Kind „Trisomie 21-gefährdet“ sein könnte, hat sie die besagte Injektion in Bremen im Klinikum links der Weser erhalten, mit dem Hinweis, daß dadurch die Gefahr der Blutgruppenunverträglichkeit mit dem Risikofaktor Trisomie 21 auch für weitere Geburten nicht mehr gegeben ist. Allerdings weiß ich nicht, ob meine Frau noch die Unterlagen über den Injektionsstoff aufbewahrt hat, sonst könnte ich dazu gern mehr sagen. Die damalige Frauenärztin hat uns wegen der „Trisomoie 21-Möglichkeit“ für unser Kind direkt an das Krankenhaus überwiesen.

        Wenn man Trisomie 21 so verhindern kann, ist das doch grundsätzlich positiv zu bewerten.

  4. Die Trisomie 13 (Pätau-Syndrom) ist eine meist schwere, genetische Erkrankung mit Fehlbildungen mehrerer Organsysteme. Die Diagnose wird oft schon vor der Geburt gestellt. Es gibt keine heilende, aber eine begleitende Behandlung der Trisomie 13. Die Mehrzahl der Betroffenen verstirbt noch im Mutterleib oder im ersten Lebensjahr.
    Die Trisomie 13, auch als (Bartholin-)Pätau-Syndrom bezeichnet, wurde erstmals 1657 von Erasmus Bartholin beschrieben. 1960 fand Klaus Pätau durch die Einführung neuer technischer Methoden auch die Ursache heraus: Bei einer Trisomie 13 kommt das Chromosom 13 drei- statt normalerweise nur zweifach vor. Durch das überzählige Chromosom kommt es bereits in einer sehr frühen Phase der Schwangerschaft zu Fehlbildungen und einer schweren Entwicklungsstörung beim ungeborenen Kind.

    https://www.netdoktor.de/krankheiten/trisomie-13/

    In den meisten Fällen ist eine Abweichung von dieser Chromosomenzahl (Aneuploidie) nicht mit dem Leben vereinbar. Der Embryo kann sich nicht entwickeln und eine Fehlgeburt ist die Folge. Allerdings gibt es einige wenige Formen der Aneuploidie, mit der betroffene Kinder lebensfähig sind. Neben der Trisomie 13 gehört dazu auch die wesentlich bekanntere Trisomie 21 (Down-Syndrom) mit drei Chromosomen 21, oder die Trisomie 18. Bei allen Trisomien beträgt die Anzahl der Chromosomen 47 statt 46.

    In Einzelfällen tragen bereits jetzt die Krankenkassen die Kosten für einen pränatalen Bluttests, wenn es Hinweise auf eine Chromosomenanomalie beim Ungeborenen gibt.

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