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Trotz sprudelnder Kirchensteuer-Einnahmen werden hunderte Gotteshäuser abgerissen oder „umgenutzt“

KIRCHENSTERBEN: „Ein Bildersturm fegt über das Land“

Die größtenteils völlig unnötige Zerstörung oder „Umwidmung“ von Kirchen ist ein verhängnisvoller, die Seelsorge schädigender Dauerskandal, der von katholischen Bischöfen in Deutschland zu verantworten ist  –  und dieses Abbruchunternehmen geht ungehindert weiter, obwohl in diesem und im vorigen Jahr geradezu traumhaft hohe Kirchensteuereinnahmen erzielt werden konnten. Die gern verwendete Ausrede mit der Geldknappheit zieht also nicht.

Das unbegründete Kirchenabreißen fällt allmählich auch der weltlichen Presse als merkwürdiges Ärgernis auf. Kein Wunder: selbst jene bürgerlichen Kreise, die man nicht jeden Sonntag im Gottesdienst sieht, verfügen noch über soviel christlichen Rest-Verstand und kulturelles Bewußtsein, daß sie das Entweihen und Demontieren von Gotteshäusern unverständlich und befremdlich finden.

Foto: Dr. Bernd F. Pelz
Foto: Dr. Bernd F. Pelz

Das belegt ein ausführlicher Artikel in der Tageszeitung DIE WELT vom 22. Juli 2013 unter dem Titel „Deutsche Kirchen  – entweiht, umgenutzt, abgerissen“. In diesem Beitrag von Dankwart Guratzsch wird der „Trend zur Umnutzung“ deutlich kritisiert und die vermeintlichen Begründungen unter die Lupe genommen.

Der Autor stellt klar: „Die Kirche, die einmal Träger der Zivilisation, der Kultur und der gesellschaftlichen Entfaltung war, zieht sich aus der Fläche zurück… Geräumt werden jahrhundertealte Positionen, Orte, an denen einmal die Christianisierung des Landes begann, Knotenpunkte abendländischer Kultur.“

Sodann wird der Architektur-Historiker Wolfgang Pehnt wie folgt zitiert: „Von dem Verlust, der die deutsche Kulturlandschaft bedroht, hat sich die Öffentlichkeit noch keine Vorstellung gemacht. Ein Bildersturm fegt über das Land.“

Obwohl allein in dem kleinen Bistum Essen ca. 100 Kirchen abgerissen oder umgenutzt wurden, soll dieser fatale Trend nach Vorstellung der Bischofskonferenz munter weitergehen. Hierzu schreibt DIE WELT:

„Von 700 Gotteshäusern, deren Bedeutung und Verwendung sich in den nächsten zehn Jahren ändern werde, geht die Deutsche Bischofskonferenz allein für die katholische Kirche aus.“

Die an den Haaren herbeigezogenen „Begründungen“ halten keiner ernsten Überprüfung stand, wie der WELT-Redakteur an einem Beispiel erläutert:

„Die Kirchenleitungen erklären die Entwicklung mit dem Schrumpfen der Gemeinden, der Bevölkerung, der Glaubensüberzeugungen. Aber die Zahlen, mit denen sie es unterlegen, sind wenig überzeugend. Bei der Pfarrgründung von St. Mariae Empfängnis in Neersen 1798 zählte die Gemeinde 1200 Katholiken. Die waren glaubensstark genug, die alte Klosterkirche der Minoriten in eigener Regie zu übernehmen und fortzuführen. Heute zählt die Gemeinde 3500 Mitglieder – und muss nach Nutzungen suchen, um ihrem Kirchengebäude einen Sinn zu verleihen.“

Der Verfasser läßt den Münchner Theologen,Prälat Ludwig Mödl zu Wort kommen, der darauf hinweist, daß früher „viele der mittelalterlichen Klosterkirchen nicht deswegen so groß gebaut, weil sie viele Leute aufnehmen sollten. Für oft nur 30 bis 50 Mönche wurden die riesigen Hallen errichtet, die bis zu 500 Personen fassen könnten. Die Dimensionen und der Hall und die Raumqualität sollten Hinweis auf das Große sein, dem man zu begegnen hoffte.“

Zu Recht heißt es in dem WELT-Artikel:

„Auch das Argument der schrumpfenden kirchlichen Finanzen muss hergeholt erscheinen…Und wie sonst könnte nun auch Ruhrbischof Franz-Josef Overbeck auf die Idee kommen, die prachtvolle St.-Antonius-Kirche in Bochum für zehn Millionen Euro zu einem Altersheim umzubauen und dabei für jeden der 84 Plätze 120.000 Euro auszugeben?“ PICT0054

Offenbar müssen sich die Bischöfe von einem kath. Managerberater die reale  Vergleichslage erklären lassen: Thomas von Mitschke-Collande, ehem. Direktor des bekannten  McKinsey-Unternehmens, rechnet ihnen in seinem Sachbuch „Schafft sich die katholische Kirche ab?“ vor:

„In den letzten 20 Jahren hat sich die Kirchensteuer von 3,8 Milliarden Euro im Jahr 1991 auf knapp fünf Milliarden Euro 2011 gesteigert. Vergleicht man die heutige Situation mit 1960, so verfügt die katholische Kirche in realen Größen über ein Kirchensteueraufkommen, das etwa viermal so groß ist wie damals.“

Wie bereits in unserem CHRISTLICHEN FORUM berichtet, wird neben dem Bistum Essen auch in Münster ein unverforener Kirchenabriß betrieben, meist trotz starker Proteste der Gläubigen und Pfarreivertretungen einschließlich der Pastoren. Immerhin droht dem großen Dom zu Münster (siehe Foto) keine Zerstörung, doch ansonsten sind ein halbes Dutzend Kirchen sogar in der Innenstadt der westfälischen Metropole betroffen bzw. bereits entweiht.

Bischof Felix Genn, der zuvor im Bistum Essen das Kirchensterben massiv vorantrieb, setzt diese Beschädigung der Seelsorge und des kirchlichen Kulturraums in seinem neuen Bistum Münster ungehindert fort.

Hierzu heißt es im WELT-Bericht:

„So hat Felix Genn (…) aus 259 eigenständigen Gemeinden seines Bistums 43 Pfarreien gemacht. Reihenweise wurden Kirchen entweiht, umgenutzt und abgerissen oder zu „weiteren Kirchen“ herabgestuft, die nur noch sporadisch gottesdienstlich betreut werden. Sein Nachfolger Franz-Josef Overbeck sieht diese „Schrumpfkur“ noch längst nicht als ausreichend an. Im Ruhrgebiet werde es „zu noch ganz anderen territorialen Strukturen kommen, die noch viel größer sind als heute“, verkündete der Bischof Anfang Juli in Mülheim.“

Der Rückgang der Kirchenbesucher ist beileibe kein Grund für diese Demontage der Gotteshäuser, im Gegenteil, erläutert der WELT-Autor:

„Schon im 19. Jahrhundert hatten Pastoren beklagt, dass der Kirchenbesuch zu wünschen übrig lasse, allein, es wurden die entgegengesetzten Schlüsse daraus gezogen. Nach einer Bestandsaufnahme von 1853 wurden in einer Gemeinde mit 40.000 Seelen nurmehr 20 Kirchgänger gezählt. Eine „Kommission zur Abhülfe kirchlicher Nothstände“ schätzte, in ganz Berlin seien es gerade mal noch fünf Prozent.

Diesem Verlust an öffentlicher Geltung der Kirchen trat die Kirche nicht mit Rückzug, sondern mit einem beispiellosen Bauprogramm entgegen  –  exakt dem Gegenteil dessen, was Kirchen heute praktizieren. Mit ebenso großen wie großartigen Kirchenneubauten im Stile einer neuen Gotik positionierte und verankerte sich die Kirche im öffentlichen Bewusstsein der Industriegesellschaft als wichtig, zukunftsfähig und expansiv.“

Die Strategie des Kirchen-Abreißens oder „Umnutzens“ geht weder von den Pfarrern noch von den Gläubigen an der Basis aus, sondern von bischöflichen Ordinariaten   –  vor allem in Norddeutschland. Es gibt freilich Ausnahmen, etwa in Regensburg oder Augsburg. Der Augsburger Oberhirte Konrad Zdarsa hat sich klar gegen das Entweihen und Demontieren von Kirchen und Kapellen geäußert  –  auch dann, wenn die Gotteshäuser nicht allsonntäglich genutzt werden.

Felizitas Küble, Leiterin des Christoferuswerks in Münster

Kommentare

6 Antworten

  1. Ich empfinde jede Umfunktionierung einer Kirche als Sakrileg. Eine geweihte Kirche, in dem Gottesdienst und Wandlung stattgefunden haben, kann niemals profan werden! In meiner tieferen Seele spüre ich immer wieder ein stummes Entsetzen, wenn sowas höre oder sehe. Möglicherweise spielt ja der in dem o.a. Artikel nicht erwähnte Priestermangel bei dem Verkauf von Gotteshäusern eine Rolle. Vielleicht haben unsere Bischöfe aber auch resigniert. Warum sollten nicht auch sie ihre Glaubenskräfte verlieren? Es ist ein allgemeiner Trend, dass wir unsere tieferen psychischen Kräfte verlieren. In meinem früheren Beruf als Sängerin konnte ich das auch beobachten: Wir müssen seit 1970 den Bühnen-Nachwuchs importieren, weil wir die erforderlichen Kräfte des Gemüts im eigenen Land nicht mehr haben. Wir haben unsere leibseelische Potenz an den Zeitgeist verloren. Wie sollen wir dann noch Gott aus allen unseren Kräften lieben können?

  2. Vornehmlich in den von Schrumpfungsprozessen gezeichneten Gebieten in Ost- und Mitteldeutschland, aber auch in westdeutschen Regionen, wie z. B. im Ruhrgebiet , kommen viele Kirchengemeinden nicht umhin, ihren Gebäudebestand zu reduzieren, Gotteshäuser zu verkaufen, umzunutzen oder abreißen zu lassen. Es ist eine gesellschaftliche Frage, wie viele bzw. welche Kirchen man als kulturelles Erbe rezipiert, zum Denkmal erklärt und für folgende Generationen erhält. Kirchen konkurrieren hier mit anderen alten Gebäude, z. B. Industriedenkmälern . Seit Ende der 1990er Jahre reichen die finanziellen Mittel der Denkmalpflege nicht mehr aus, um sie vor dem Verfall zu bewahren. Die Profanierung von Sakralbauten, etwa zu Kulturkirchen, Konzertsälen, Museen, Bibliotheken oder durch Einbindung in den Wohnungsbau ist deshalb eine Chance, städtebauliche Dominanten und gemeinschaftliche Bezugspunkte langfristig zu bewahren. Das Kirchengebäude als privater Ort der Gemeinde und öffentlicher Raum der Gesellschaft steht dabei in einem Spannungsverhältnis zwischen Veränderungswünschen der Kirche und Erhaltungsansprüchen der Denkmalpflege.

    1. So eben ist die Sprache der Betriebswirte, nicht die der Seelsorger. Sie ist verweltlicht und kümmert sich weder um die Ehre Gottes und die Not der Menschen. Die Fröhlichkeit, mit der man Pfarreien in „Geistlichen Räumen“ verdunsten lässt, schreit zum Himmel. Dürfen unsere Oberhirten resignieren? Wo bleibt ihr Stemmen gegen den diabolischen Zeitgeist?

  3. Lieber ist es den finanziell Reichen, aber geistig Armen „Körperschaften öffentlichen Rechts katholische Kirche des deutschsprachigen Raumes“, lieber Kirche abzureißen, zu profanieren, umzuwidmen, oder wie im Fall der „Modern(d)en“ Kirchenarchitektur, diese zu schänden, als dass diese Kirchen wahrlich aufstrebenden, Gott dem Herrn, seinen Heiligen Willen, der Glaubenslehre und der Heiligen Tradition der Einen, Heiligen, Katholischen und Apostolischen Kirche treuen Gemeinschaften und Orden zur Verfügung gestellt werden. Denn wie es scheint, fürchten die „Mietlinge“, die diese geldgierigen Körperschaften regieren, nichts mehr als wahrlich katholisches. Denn die altrituellen Priesterbruderschaften, Institute und Orden, werden ja vom weltlichen Klerus so gescheut wie „Der Teufel das Weihwasser scheut“

    Gottes und Mariens Segen auf allen Wegen

  4. Dies ist nicht nur der größte „Bildersturm“ aller Zeiten (noch weit größer als der nach dem II.Vaticanum), sondern die diabolische („durcheinanderwerfen, verwirren“) Umkehrung des christlichen Missionsauftrages. Da Betriebswirte keine Unternehmer sind, herrschen in der großen Mehrheit unserer Diözesen nicht leidenschaftliche Seelsorger, sondern seelenlose Manager. Die Gaben des Hl Geistes: Weisheit, Verstand, Rat, Stärke, Wissenschaft, Frömmigkeit, Furcht des Herrn! So stand es auf der Kanzel meiner Kinderzeit – eine der schönsten Schnitzwerke des Nordens, nach dem II.Vaticanum ausgeweidet, zerlegt, verschleudert… Heute nimmt sich der Verwirrer ganze Kirchen!

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