Was wir momentan in Limburg um Bischof Tebartz-van Elst erleben, ist ein Skandal.
Skandal nicht nur in dem Sinne, dass es skandalös wäre, wie man mit dem Bischof umgeht. Das freilich auch. Aber es ist auch ein Skandal im Sinne eines bestimmten Typus von Medienereignis.
Ein Skandal ist für die Medien das Beste, was ihnen passieren kann. Denn Medien verkaufen nicht nur Informationen, was sie offen zugeben. Sie verkaufen auch Emotionen, was sie seltener zugeben. Und nichts weckt so viele Emotionen wie die Menschen selber, ihre Taten, besonders ihre Fehler. Denn nichts liebt der Mensch so sehr, wie sich über andere Menschen zu echauffieren.
Dann kann er sich selber moralisch überlegen fühlen, dann befriedigt er seinen Neid auf die da oben – wie es bei einem Skandal stets der Fall ist – und träumt von einer Welt, in der gute, ehrliche Menschen wie er selbst das Sagen haben.
Der Skandal kennt zwei Sorten. Da ist zum einen der Boulevard-Skandal, von kleinen und großen Sternchen und Sternen. Der Boulevard lebt von nichts anderem als von den Skandälchen dieser Leute. Doch diese Skandale nimmt keiner wirklich ernst. Sie gelten bei den wichtigen Medien, die den Ton in der großen Debatte vorgeben, als Bääh.
Ganz tief blicken die Kollegen von der FAZ schon auf ihre Kollegen von „Bild“ hinab und es graust ihnen allein bei der Vorstellung, sich einmal in die Vorhölle von Blättchen wie Woche der Frau oder Das Goldene Blatt zu begeben.
Die zweite Sorte ist der Politik-Skandal und er ist der einzige, der den medialen Leitwölfen würdig ist. Nicht, dass er sich substanziell von den Skandälchen vier Stockwerke tiefer unterscheiden würde.
Auch hier geht es um menschliche Irrungen, auch hier werden emotionale, zumeist plumpe Bedürfnisse des Publikums bedient. Was diese Form Skandal von der anderen unterscheidet, ist das Personal, um das es geht. Nicht mehr um Sternchen aus der letzten Doku-Soap oder angehalfterte Nachgeborene längst untergegangener Duodezfürstentümer. Hier geht es um wichtige Menschen, über deren Worte und Werke man auch sonst berichten könnte.
Emotionen können sich leicht umkehren
Doch wohnt jedem Skandal auch eine Gefahr inne. Denn anders als die Information, die wenigstens dem Anspruch nach nüchtern und sachlich ist, ist die Emotion fluide, formbar wie Knete aber auch unberechenbar wie ein Flummi, den man auf den Boden donnert.
Wenn man Pech hat kommt er einem mit Wucht wieder entgegen und knallt einem ins Gesicht. Was heute noch bei der Mehrheit der Menschen Wut und Selbstgerechtigkeit, kann bei ihnen morgen schon Mitleid und Trauer auslösen. Dann können sich die Emotionen zumindest teilweise gegen ihre Erreger richten, verlieren die Medien an Glaubwürdigkeit und Respekt.
Ihre Kollegen in der Vorhölle wissen das. Daher haben sie es schon lange aufgegeben, sich um so etwas wie Glaubwürdigkeit zu scheren und um den Respekt des Publikums zu werben. Doch für ihre großen Brüder ist Glaubwürdigkeit und Respekt eine Notwendigkeit. Jetzt mehr denn je, wo ihnen die Werbung ins Internet davon läuft und ein Ableger der Huffington-Post den Redakteuren Albträume beschert.
Daher macht sich im Fall Tebartz-van Elst auch Nervosität in den Medien breit. Der Skandal-Bischof ist einfach nicht tot zu kriegen. Zwar steht er schon lange nicht mehr, aber er kriecht noch. Am Wochenende hat er den Journalisten ein Schnippchen geschlagen und hat es fast ungesehen bis nach Rom geschafft. Hier in Rom, mit Abstand zu den Medienanstalten, ist er deren direkten Zugriffen entzogen. Und man sieht den Angstschweiss der Journalisten langsam perlen.
QUELLE und FORTSETZUNG dieser trefflichen Analyse hier: http://demut-jetzt.blogspot.de/2013/10/limburg-ein-skandal.html
Eine Antwort
Das war aber jetzt ein wahrhaft erhellender Kommentar.
Er hilft, seine eigenen Gefühle und Einstellungen einem Ereignis (Skandal!) gegenüber zu überprüfen und sie nicht so ohne weiteres an den Karren der öffentlich verbreiteten Meinung der Journalisten anzuhängen.
Danke für die Veröffentlichung dieses Beitrag aus dem blog „demut jetzt“.