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VATIKAN: Glaubenspräfekt Gerhard L. Müller über Heimweh nach Regensburg, Rückgrat gegenüber dem Zeitgeist, Laien in der Politik, Frauen in der Kirche und "kreuz.net"

Die Mittelbayerische Zeitung (MZ) veröffentlichte am heutigen Abend (14.12.) auf ihrem Web-Portal ein ausführliches Interview mit Erzbischof Gerhard Ludwig Müller, dem Präfekten der römischen Glaubenskongregation und früheren Oberhirten des Bistums Regensburg.
MZ-Mitarbeiterin Christine Schröpf stellte dem Kurien-Erzbischof eine Reihe von Fragen, wobei die erste lautete: „Seit fünf Monaten leben und arbeiten Sie nun im Vatikan. Sind Sie schon ein echter Römer?“
Hierauf antwortete der Glaubenspräfekt: 
„Meine Wohnung wird erst nächste Woche fertig. Erst wenn ich dort eingezogen bin, bin ich richtig angekommen. Noch lebe ich im Gästehaus der Deutschen Bischofskonferenz im Provisorium auf etwa 50 Quadratmetern. Es ist dort etwas spartanisch: Ich habe keinen Schreibtisch, kein Telefon, keinen Fernseher. Und ich schlafe in einem Bett, das von der Länge gerade mal so zu meiner Größe passt.“
Zudem erklärte der Erzbischof, er habe durchaus Heimweh nach Regensburg („ja, das kann man sagen“), zugleich sei er gut im Bilde, was dort passiert, wobei er sich durch das Internet informiere.
Die Interviewerin stellte zudem einige Fragen hinsichtlich des noch amtierenden Diözesan-Administrators Dr. Wilhelm Gegenfurtner, der unlängst mit öffentlichen Seitenhieben gegen Erzbischof Müller von sich reden machte:

„In der PresseClub-Runde forderte Gegenfurtner von einem neuen Bischof unter anderem „Herzenswärme“ und „Rückgrat gegenüber Rom“. Verstehen Sie das als persönlichen Vorwurf gegen Sie, herzenskalt und rückgratlos zu sein?“
Darauf folgte die knappe, aber treffliche Antwort des Erzbischofs:
„Es ist immer gut, wenn sich jeder selbst diese Frage in einer gesunden Gewissenserforschung stellt. Und das Urteil über Andere dem lieben Gott überlässt.“

Ein Bischof soll Rückgrat gegenüber dem Zeitgeist zeigen

Auf die Frage „Hat der Auftritt Gegenfurtners das Verfahren der Bischofsernennung in Regensburg beschleunigt?“, reagierte der Erzbischof mit einer klaren Ansage: 
„Es ging sowieso schon schnell. Ein Bischof muss übrigens gegenüber dem Zeitgeist Rückgrat haben und dem Druck standhalten, der auf die Kirche ausgeübt wird, von der Wahrheit des Evangeliums abzuweichen.“
Zudem wollte die Journalistin gerne wissen: „Überschattet die aktuelle Debatte im Bistum Regensburg den Amtsantritt des neuen Bischofs Rudolf Voderholzer?“
„Ich glaube, die künstliche und überflüssige Aufregung ist schon wieder ein bisschen verflogen. Das kann nicht sein, dass einem neuen Bischof die Bahnen seines Episkopats vorgezeichnet werden.
Rudolf Vorholzer spielt theologisch in einer höheren Liga als selbsternannte Ratgeber und hat zum Bischofsamt sehr reflektierte Gedanken. Er möchte wie ich dem Bischofsideal des Zweiten Vatikanums entsprechen.“
Zum Dauerbrenner „Laien in der Kirche“ erläuterte der römische Glaubenspräfekt:

„Wer nicht an Macht, sondern an die Mitverantwortung denkt, wiederholt nicht diese Leier von der angeblichen Nichtbeteiligung der katholischen Laien am kirchlichen Leben. Laien noch stärker in die Kirche einzubinden, geht eigentlich gar nicht mehr.
Im Bistum Regensburg haben wir die größten Vereine und Verbände bundesweit in allen Sparten  –  fast 300 000 Gläubige sind dort organisiert. Wir haben 14.000 Pfarrgemeinderatsmitglieder, davon sind mindestens die Hälfte Frauen.
An den kirchlichen Schulen gibt es zumeist Direktorinnen. Überall sind die Frauen voll und ganz präsent. Im Ordinariat gibt es mit Maria Luise Öfele eine Ordinariatsrätin  –  sie ist auf dieser Ebene den Domkapitularen gleichgestellt.“
Der Erzbischof bemängelte sodann, daßwir nicht genug überzeugte Katholiken haben, die auf allen Ebenen in der Politik tätig sind.“

„Der politische Atheismus ist die größte Gefahr“

Er fügte hinzu:  „Wir überlassen das Feld oft anderen ideologischen Gruppierungen und wundern uns dann, wenn die Kirche plötzlich zurückgeschoben wird und Gläubige als geduldete Minderheit betrachtet werden.
Unsere ganze Kultur ist vom Christentum geprägt. Wenn wir diese Wurzeln verlieren, enden wir nicht einem neutralen Feld, sondern im Negativen und Abgründigen. Das haben wir schon zwei Mal durchbuchstabiert in Deutschland. Die größte Gefahr für Deutschland und Europa ist der politische Atheismus und aggressive Säkularismus.“
Abschließend stellte Christine Schröpf  folgende aktuelle Frage:
Muss die Kirche weiter nach den Hintermännern  den anonymen Schmähportals kreuz.net forschen? Wissen Sie, wer im Bistum Regensburg bei kreuz.net mitmischte?“
„Wahrscheinlich niemand. Aber wie soll man nachforschen? Es ist ja anonym. Wer will wissen , ob die überhaupt katholisch sind im Sinne des katholischen Glaubens und der Moral. Der Papst und die Bischöfe  –  auch ich persönlich  –  sind immer wieder scharf angegriffen worden.
Da stand zwar ,katholisch‘ drauf, aber das kann jeder hinschreiben. Das sind keine katholischen Fundamentalisten  –  das wäre ein Widerspruch in sich  –  sondern irgendwelche Extremisten, die nicht argumentieren, sondern nur diffamieren können.
Ein anständiger Mensch sagt über andere nichts Negatives, ohne dass er seinen Namen preis gibt und damit dafür Verantwortung übernimmt. Das ist ein Nachteil unseres Internets und müsste entsprechend gesetzlich geregelt werden. Aber auch die Öffentlichkeit muss kritisch reagieren und darf Anonymes nicht ernst nehmen  –  genauso wie man anonyme Briefe in den Papierkorb wirft.“
Quelle und vollständiges Interview hier: http://www.mittelbayerische.de/index.cfm?pid=10009&lid=0&cid=0&tid=0&pk=860444

Foto: Bischöfliches Presseamt Regensburg

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