Ohlau: Der Visionär Kasimir Domanski und die „Seherin Anna“
Um den 8. Dezember, an dem Katholiken das Hochfest der Immaculata feiern, reihen sich etliche „Andachtsformen“ aus gewissen Privatoffenbarungen, die kirchlich nicht anerkannt sind.
Dazu gehört zB. die weitverbreitete „Gnadenstunde“ am 8. Dezember um 12 Uhr mittags, die auf Montichiari zurückgeht – oder die sog. „Verheißung der Gottesmutter“, die sich auf eine ganze Serie von Erscheinungen in Ohlau (Polen) beruft.
Diese „Verheißung“ wurde mehrfach im Internet verbreitet, zB. hier: http://www.kreuz-jesus.de/printable/ablass/8-dezember–unbefleckte-empfaengnis-mariens/index.php
Es heißt dort, die „Königin des Friedens“ habe im Ohlauer Sanktuarium (Heiligtum) ein besonderes Stoßgebet mit wunderbarer „Wirkung“ geoffenbart – und zwar genau am 8. Dezember 1997, also auf den Tag genau vor fünfzehn Jahren.
Empfängerin der Marienvision sei die „im Verborgenen lebende Seherin Anna“ gewesen.
Haargenau 33 „Botschaften für die ganze Welt“ (diese Zahl entspricht den Lebensjahren Christi) soll die „Begnadete“, eine ältere Dame aus Warschau, in Ohlau erhalten haben.
Die Erscheinungsmadonna hat ihr angeblich vor 15 Jahren das folgende Stoßgebet als besonders wirkungsmächtig geoffenbart:
„O Maria, Mutter Gottes, Miterlöserin der ganzen Menschheit, bitte für uns.“
Der Titel „Miterlöserin“ gehört nicht zur lehramtlichenVerkündigung der Kirche über Maria. Wie hier im CHRISTLICHEN FORUM bereits erläutert wurde, hält Papst Benedikt diesen Ausdruck für mißverständlich bis irreführend – und dies sicher zu Recht.
Gerade am 8. Dezember, dem Hochfest der Immaculata, feiern wir doch die Gottesmutter als Erst-Erlöste und Voll-Erlöste des Neuen Bundes: Gott hat Maria in seiner gnädigen Huld und im Hinblick auf die erlösenden Verdienste Christi vor der Erbsünde bewahrt.
Die Madonna ist also eine Erlöste – dann kann sie logischerweise wohl kaum gleichzeitig eine „Erlöserin“ sein, auch keine Miterlöserin im eigentlichen Sinne, sondern lediglich im un-eigentlichen Sinne, nämlich als geschöpfliche Mitarbeiterin am Heilswerk ihres göttlichen Sohne, als eine vorzügliche Helferin von Gottes Gnaden!
Zurück zur „Seherin“ Anna aus Ohlau, die von der Gottesmutter angeblich erfuhr, daß dieses erwähnte Stoßgebet zur „Miterlöserin“ mit einer großartigen Verheißung verbunden sei:
„Für jedes andächtige, aus offenem Herzen kommende Stoßgebet erlöst mein Sohn tausend Seelen aus dem Fegefeuer.“
Ist das Gebet selbst schon fraglich genug, so ist die daran geknüpfte „Verheißung“ offensichtlicher Unfug, der zudem mit der kirchlichen Ablaßlehre nicht übereinstimmt.
Aber in Ohlau – wie gesagt: kirchlich nicht anerkannt! – ging es ohnehin wundersam drunter und drüber, gab es dort doch hunderte von Erscheinungen, die dem bekannten polnischen Seher Kasimir Domanski angeblich zuteil wurden.
Der „stigmatisierte“ Visionär erhielt vor allem die in diesen Kreisen üblichen „Droh-Botschaften“ über göttliche Strafgerichte, den Dritten Weltkrieg und sonstige kommende „Züchtigungen“ – alles durchaus geeignet, um im erscheinungsbewegten Spektrum recht viel Pankstimmung zu erzeugen.
Für spätetens 1999 wurde diese weltweiten Strafgerichte vorausgesagt – und als das Jahr 2000 unbeschadet eintraf, hieß es, durch gar so viele Gebete und Bußleistungen frommer Seelen, zumal derer aus Ohlau, sei der Menschheit noch einmal eine „Gnadenfrist“ vom Himmel gewährt worden etc – also die typische Ausrede in jenen Kreisen, wenn man sich wieder einmal mächtig mit falschen Ankündigungen vergaloppiert hat.
Dem Seher Kasimir Domanski sollen freilich nicht allein Gott-Vater höchstselbst, sondern auch Christus und die Madonna erschienen sein, nicht zu vergessen Pater Pio und Sr. Faustyna, die heutzutage häufig bei Visionen verschiedenster Herkunft „anzutreffen“ sind.
Zudem berichtete man in Ohlau, das zeitweise von zehntausenden Pilgern heimgesucht wurde (siehe Foto), von „mystischen Ereignissen“ und spektakulären Schauwundern aller Art, von angeblichen Sonnenwundern, Bluttränen-Madonnen, Hostienwundern, Duft-Phänomenen, der Stigmatisation des „Sehers“ usw.
Als dieser verstarb, erhielt die ihm geistlich verbundene, „verborgene“ Seherin Anna weitere Visionen, so daß der wundersüchtige Botschaftszirkus munter weiterging…
Felizitas Küble, Leiterin des Christoferuswerks in Münster
Eine Antwort
Für Gott ist nichts unmöglich.